Vorbereitung:
Nach meinem ersten Studienjahr an der Universität Bremen habe ich begonnen, über das Praxissemester nachzudenken. Nach dem zweiten Semester hatte ich ein vierwöchiges freiwilliges Praktikum in einem Forschungsinstitut absolviert und daraufhin dort als studentische Hilfskraft begonnen. Dann stand für mich schnell fest, dass ich mein Praktikum auch mit einer forschenden Tätigkeit verbringen möchte. Durch meine Arbeit habe ich vom Centre for Research in Evidence-based Practice (CREBP) in Gold Coast, Australien gehört. Das Zentrum gehört zu einer der führenden Adressen im Bereich der evidenzbasierten Medizin und hat neben mehreren Publikationen im British Medical Journal, im The Lancet publiziert und einige der Mitarbeitenden sind Mitglieder der Cochrane Collaboration.

Für die Bewerbungsphase habe ich mir mit Beginn des dritten Semesters einige Termine mit Herrn Obieglo vom Career Center gemacht. Er hat mir bei meinem Anschreiben und Lebenslauf sehr geholfen. Neben der Bewerbung in Australien, habe ich mich noch bei einigen Instituten in den USA und in Großbritannien sowie Irland beworben. Meiner Bewerbung habe ich ein Empfehlungsschreiben beigelegt, das mir die Betreuer meiner studentischen Hilfskraftstelle ausgestellt haben.

Anfang Januar 2018 habe ich die Bewerbungen versendet. Zunächst kamen zwei Einladungen zu Skype Gesprächen aus Schottland und Irland. Ein paar Tage später kam dann aber eine Zusage vom Direktor des CREBP, mit der Einladung für meinen gewünschten Zeitraum von September bis Dezember 2018. Er hat mir die Kontaktdaten der Centre Managerin Chrissy hinterlassen, mit der ich fortan in Kontakt getreten bin, um alles Organisatorische zu klären. Den Stellen aus Irland und Schottland habe ich höflich abgesagt und mich anschlie- ßend um die Bewerbung für PROMOS, Visum und Versicherung gekümmert.

Formalitäten im Gastland:
Die Zusage am CREBP war zunächst vorläufig, solang bis ich mein Visum und die Versicherung nachweisen konnte. Der Prozess bis hin zum Praktikumsvertrag am CREBP war sehr lang. Zunächst habe ich einen neuen Reisepass beantragt, daraufhin das Working Holiday Visum. Das geht ganz einfach online und kostet 400 AU$. Die Zusage für mein Visum und eine Kopie des Reisepasses musste ich der Centre Managerin schicken, die das ganze an die HR-Abteilung der Bond University, an die das CREBP angegliedert ist, gesendet hat. Die HR-Abteilung forderte jedoch noch eine Berufshaftpflichtsversicherung. Diese Form der Berufshaftpflicht ist in Deutschland nur bei Ärzten und Juristen üblich, sodass ich mich viel umhören musste (von MLP bis über meine private Haftplicht) bis ich zu dem Punkt kam, dass ich einfach keine extra Versicherung finde. Das war ein kurzer Tiefpunkt und ich hatte schon die Befürchtung, dass sie mich unter diesen Umständen wieder ablehnen würden. Ende Februar stand die PROMOS Bewerbung an und ich habe noch einen DAAD Sprachtest abgelegt. Daraufhin habe ich mich noch weiter mit der Gruppenversicherung des DAAD befasst.

Nachdem ich die Zusage für PROMOS bekommen habe, habe ich die Versicherung beim DAAD online abgeschlossen. Am nächsten Tag hatte ich die Police und habe diese an Chrissy und die HR-Abteilung der Bond University gesendet. Damit haben sie sich zufrieden gegeben, denn die Versicherung enthält auch eine Haftpflicht, die genau das Praktikum abdeckt. Daraufhin war ich natürlich sehr erleichtert. Die HR-Abteilung hat dann noch einen weiteren Praktikumsvertrag aufgesetzt, der von unserem Dekan unterschrieben werden sollte. Das hat mit Hilfe von Frau Heitzhausen auch super geklappt und ich konnte den Vertrag zurück senden und hatte alles in trockenen Tüchern.

Im April habe ich dann meinen Flug gebucht. Man sollte sich unbedingt den internationalen Studentenausweis beantragen, mit dem bekommt man bei STA Travel Rabatt auf die Flüge.

Allgemeine Informationen zum Praktikum:
Das Centre for Research in Evidence-Based Practice ist an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin auf dem Campus der Bond University. Der Campus liegt in Robina, einem kleineren Ort der Stadt Gold Coast. Der nächste Strand ist 20 Minuten mit dem Bus oder Fahrrad entfernt. Die Gold Coast ist ein Urlaubsort, der aber viel mehr beherbergt als das bekannte Surfers Paradise. Der Strand scheint endlos lang und es gibt viele bewachte Abschnitte, die zum Schwimmen einladen. Auch für Surfer oder andere Wassersportler bietet die Gold Coast viele Möglichkeiten. Ich bin nach Brisbane geflogen, von dort aus gibt es einen Zug der eineinhalb Stunden später in Robina ist. Die Universität ist gut an das Busnetz angebunden. Empfehlenswert ist die GoCard des Nahverkehrs in Queensland. Damit bekommt man Rabatt auf die Fahrten. Diese kann man im Bookshop der Bibliothek in der Universität kaufen. Leider bekommen nur die in Queensland immatrikulierten Studenten den zusätzlichen Rabatt.

In der ersten Septemberwoche habe ich an den Orientierungsveranstaltungen der Erstsemester und Gaststudierenden teilgenommen. Als Praktikantin war ich nicht immatrikuliert, das Programm war aber auf der Website der Bond einzusehen und man konnte sich für die Veranstaltungen anmelden. Ich war beim Kinoabend, bei der Trivia Night und beim Whale Watching. Dort habe ich sofort ein paar Leute kennen gelernt, sogar eine Studentin von der Universität Bremen. Die Bond University veranstaltet viele soziale Interaktionen, sodass es wirklich nicht schwer fällt, neue Leute kennen zu lernen. Besonders ist, dass hier sehr viele Austauschstudierende aus Europa ihr Auslandssemester absolvieren. Die Veranstaltungen sind aber sehr empfehlenswert und auch wenn ich keine eingeschriebene Studentin war, konnte ich an allen teilnehmen. Die Studierendenvereinigung war da sehr kooperativ.

Der Campus ist sehr imposant und gepflegt. Es gibt einen riesigen Bogen in der Mitte, darunter einen Brunnen und einen See. Die Bibliothek hat mehrere Etagen und sehr viele Gelegenheiten zum Arbeiten und Lernen. Zudem gibt es ein Café im Eingang, dessen Kaffeepreise vielleicht etwas teuer erscheinen. Essen auf dem Campus ist zudem im Restaurant Lakeside möglich. Studierende, die auf dem Campus wohnen, müssen sich vor Semesterbeginn ein Budget aufladen und essen dann dort. Es gibt alle Mahlzeiten und immer wieder wechselnde Gerichte. Der Campus hat auch ein Fitnessstudio und Sportkurse. Da ich nicht immatrikuliert und auch kein offizielles Staff-Mitglied war, durfte ich die kostenlosen Angebote leider nicht nutzen. Die anderen Studierenden waren aber von der Ausstattung sehr begeistert und haben das regelmäßig in Anspruch genommen. Ich habe am wöchentlichen Morgen-Yoga teilgenommen.

An der Bond gibt es viele verschiedene Clubs, darunter auch der Yoga Club. Jeden Mittwoch um sieben Uhr gab es kostenlos Yoga am See, mit anschließendem Bliss Ball Frühstück. Natürlich bietet das Umfeld der Bond University noch weitere Freizeitmöglichkeiten. In der Nähe befinden sich zwei große Einkaufszentren. Das Robina Town Centre ist etwas näher und auch direkt mit dem Bus zu erreichen. Dort findet man alles was man brauchen könnte. Etwas schöner ist das Pacific Fair, das sich im nahegelegenen Broadbeach befindet. Diese Mall ist noch etwas moderner und größer. Schön ist zudem die Café-Szene. Es gibt viele verschiedene Cafés an der Gold Coast, deren Frühstück sehr empfehlen ist. Das ist ein ganz großer Trend und gerade die Einheimischen lieben es.

Ablauf des Praktikums:
Von Chrissy habe ich schon vor meinem Abflug erste Termine bekommen. Ich sollte an meinem ersten Tag um 9 Uhr im Institut eintreffen und hatte direkt um 10 Uhr einen Termin mit meiner Betreuerin Prof. Tammy Hoffmann, um meine Aufgaben zu besprechen. Mein erster Tag begann dann damit, dass eine Kollegin mich in mein Büro geführt hat. Das ist das Büro der PhD-Studenten. Dort bin ich dann auf meinen Kollegen getroffen, der die Aufgabe hatte,mir den Campus zu zeigen und mir eine kleine Sicherheitsbelehrung zu geben. Anschlie- ßend habe ich mich dann auf den Weg zu Tammy gemacht, die mich gefragt hat, was ich bisher so gemacht habe und was ich im Praktikum lernen möchte. Sie hat mir daraufhin eine Aufgabe vorgeschlagen, die sie für passend für mich hielt. Ich sollte eine Übersichtsarbeit über frei verfügbare Entscheidungshilfen online erstellen. Ich war damit sehr einverstanden und habe direkt mit ihr über mögliche Quellen gesprochen. Wir haben verabredet uns einmal die Woche zu treffen und meinen Fortschritt zu besprechen. Das Ziel war es eine publikationsfähige Arbeit zu generieren.

Danach habe ich mich direkt an die Arbeit gemacht. Wir haben gemeinsam die Quellen besprochen und eine Excel-Tabelle zur Analyse generiert. Für die Recherche habe ich vier Wochen gebraucht. Nach der Sammlung haben wir über Ausschlüsse diskutiert und ich hatte meine Ergebnisse gesammelt. Für die Analyse kam noch mein zweiter Betreuer Prof. Chris del Mar hinzu, der mir bei der inhaltlichen Analyse geholfen hat. Zudem musste ich einfache deskriptive Statistik anwenden, sowie alles was ich bisher über Excel wusste. Bei Fragen konnte ich mich immer an meine Betreuer oder Kollegen wenden, die sehr hilfsbereit waren. Neben den wöchentlichen Meetings mit meinen Betreuern, fand alle zwei Wochen der Journal Club statt. Hier wurden immer von einem Mitglied eine Studie vorgestellt und gemeinsam analysiert. Zum Schluss wurden die Ergebnisse diskutiert. Das war auch immer sehr spannend, da die Mitarbeitenden aus verschiedenen Disziplinen stammen und man daher sehr viel Abwechslung hatte. Mittags haben wir immer zusammen gegessen. Meistens haben sich alle gegen 12 Uhr im Meeting Raum versammelt, manchmal ging es aber auch raus an den See. Das war immer super nett und die Gespräche gingen über alles mögliche. Mein Kollege hat mir sogar für die Zeit sein Fahrrad geliehen – das war zum Einkaufen super praktisch. Meine Betreuer haben mich auch an einem Wochenende zu sich nach Hause zum Tee eingeladen. Insgesamt ist das Team einfach super herzlich und man hat sich direkt sehr willkommen gefühlt.

Unterkunft:
Auf der Website der Bond University habe ich mich über Wohnmöglichkeiten informiert. Im Mai habe ich mich für ein Zimmer in einer nahegelegenen Wohnanlage (Varsity Shores) beworben. Die Vermietungsgesellschaft hat die Wohnungen im Juli verteilt und mir daraufhin eine Zusage per Mail geschickt. Um das Zimmer zu reservieren musste ich Kaution und zwei Wochenmieten überweisen. Das war viel Geld auf einmal, aber so musste ich vor Ort nicht mehr suchen. Die Miete wird in Australien wöchentlich bezahlt. Das geht einfach per Kreditkarte oder auch in bar. Die Kaution wird aber nur auf australische Konten zurück überwiesen. Deshalb ist es sinnvoll sich vor Ort ein australisches Bankkonto anzulegen, welches man online wieder schließen kann. Wie auch generell das Preisniveau ist auch das Wohnen teurer als in Bremen. Für meine Wohnung habe ich 195 AU$ pro Woche bezahlt und habe damit eine günstige Unterkunft gefunden. Unsere Wohnanlage verfügte über Pools, einen Fitnessraum und eine Sauna, sodass man auch zuhause viele Möglichkeiten zum Entspannen fand. Mein Haus habe ich mir mit zwei weiteren Mädchen geteilt. Die Hausgemeinschaften sind eher zweckmäßig, aber für ein Semester völlig ausreichend. Mein Zimmer war auch voll möbliert, sodass ich am ersten Tag direkt einziehen konnte. Besonders gut an dieser Wohngegend war, dass sehr viele Studenten dort lebten. Somit war es wie ein kleines Studi-Dorf und wir trafen uns gelegentlich am Pool oder zum Grillen.

Sonstiges:
Auf dem Campus der Bond University gibt es ein Reisebüro, über das man Ausflüge und Trips buchen kann. So war ich mit ein paar Freunden im Springbrook National Park und jeweils ein Wochenende in Cairns, auf Fraser Island, auf den Whitsunday Islands und in Noosa. Das waren wirklich tolle Erlebnisse. Zudem haben wir einen Surfkurs in Byron Bay gemacht. Die Gold Coast ist gut angebunden und man ist auch schnell in Brisbane. Brisbane bietet als Großstadt Museen, Ausstellungen und viele verschiedene Cafés.

Generell ist Australien ein sicheres Reiseland und auch in unserer Wohngegend habe ich mich stets sicher gefühlt. Das Preisniveau ist wirklich höher als in Deutschland, weshalb es empfehlenswert ist mit genug finanziellen Ressourcen einzureisen. Das Land ist wunderschön, es gibt sehr viel zu entdecken, aber gerade Lebensmittel und Essen sind teuer. Wir haben meistens im Aldi eingekauft, der zwar fußläufig 30 Minuten von der Wohngegend entfernt war, jedoch um einiges günstiger als die anderen Supermärkte ist.

Tunlichst zu vermeiden:
Sich dem entspannten und unorganisierten Lebensstil in Australien zu verschließen. Man muss sich einfach drauf einlassen und das Leben leicht nehmen, so wie es die meisten Landsleute hier tun! No worries.

Nach der Rückkehr:
Das Praktikum ist Teil meines Studiums, sodass die Bescheinigungen direkt an das Praxisbüro gehen. Wichtig ist jedoch, dass man nicht vergisst sich für die Module in PABO anzumelden.

Fazit:
Insgesamt bin ich überglücklich mit der Entscheidung ins Ausland gegangen zu sein. Das Praktikum war einfach nur toll. Ich habe viel von meinen lieben Kollegen gelernt und das Praktikum hat mir unheimlich viel gebracht. Es ist nicht nur ein Baustein in meinem Studium, sondern auch eine Erfahrung, die ich nicht mehr vergessen werde. Ich habe viele neue Leute aus verschiedenen Ländern kennen gelernt und konnte meinen englischen Wortschatz nochmal erweitern. Die Wahl fiel gerade auf Australien, da das Centre hier angesiedelt ist und ich gerne in ein englischsprachiges Land gehen wollte. Meine neuerlernten Fähigkeiten werde ich in meiner Bachelorarbeit anwenden können und sie werden mich auch in meiner beruflichen Laufbahn weiterbringen.