Containern
Nicht erst seit gestern taucht das Thema „Containern“ in der Gesellschaft und in der Politik immer wieder auf. Dabei liegt der Fokus meist auf dem gesetzlichen Aspekt. Noch gilt Container, also das Herausfischen von noch genießbaren Lebensmitteln aus (Supermarkt-) Mülltonnen, als strafbar. Obgleich Müll gerne mit herrenlosem Zeug gleichgesetzt wird, ist dem nicht so. Auch Müll hat eine*n Besitzer*in. Daher zählt Container als Diebstahl. Wie häufig diesbezüglich Anzeige erstattet wird, kann leider nicht faktisch belegt werden, da es eben unter Diebstahl in Statistiken aufgelistet wird. Jetzt soll aber die Strafverfolgung aufgehoben werden. Das bedeutet, dass Containern zwar entkriminalisiert, aber nicht komplett legalisiert wird, was schnell irreführend ist. Per se wird es weiter strafbar sein. So sieht es der aktuelle Vorschlag der FDP und Grünen vor. Solange die Tonnen frei zugänglich sind, dann soll das Containern nicht mit Diebstahl bestraft werden. Sachbeschädigung und Hausfriedenbruch in diesem Zusammenhang durch bspw. Schlösser aufbrechen oder über den Zaun klettern, werden weiter strafrechtlich verfolgt.
Diese Maßnahme soll die Verschwendung von Lebensmittel durch den Handel reduzieren. Aktuell landen in Deutschland 11 Mio. Tonnen Lebensmittel jährlich im Müll. Davon sind 7% durch den Handel verursacht und fast 60% durch den privaten Haushalt. Der WWF gibt in ihrer Studie sogar 18 Mio. Tonnen an, wobei der Einzelhandel hier sogar auf 14%-Anteil kommt. Der Handelsverband Lebensmittel ist gegen eine Legalisierung. Sie argumentieren mit den 7%-Anteil und dass am privaten Haushalt angesetzt werden müsse. Andreas Steppuhn, Landesvorsitzender der Tafel Sachsen-Anhalt, geht noch weiter. Er ist für das Entkriminalisieren, jedoch wünsche sich die Tafel mehr im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. Es dürfe erst gar nicht so viel im Müll landen. So wie er wünschen sich daher viele ein Lebensmittelrettungsgesetz, ähnlich wie in Frankreich. Dort müssen Supermärkte mit einer Ladenfläche über 400qm unverkaufte Lebensmittel an örtliche soziale Einrichtungen spenden.
Der Aspekt der Lebensmittelrettung ist zudem nicht nur ein moralischer Punkt, wenn zeitgleich auf der Welt weiterhin Menschen hungern. Es ist auch ein nachhaltiger Gedanke. Denn es werden nicht nur genießbare Lebensmittel verschwendet, sondern auch alle Ressourcen, die dafür aufgebracht werden mussten, wie z.B. Verpackungsmaterial, Anbau, Energie und Transport. Außerdem werden danach bei der Verbrennung der Lebensmittel jährlich 22 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente in Deutschland in die Atmosphäre gepustet. Das Containern ist Zeichen für ein umweltgerechtes Verhalten und bekämpft die Verschwendung. Das Gegenargument auf vielen Portalen „, wenn das legal wird, dann geht jeder nur noch Containern“ trifft meiner Meinung nach nicht zu. Das Retten von Essen aus dem Müll machen Menschen meistens nicht nur aus monetären Gründen, sondern um ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft, den Konsum und den Kapitalismus zu setzen. Wohl kaum wird man mit der Entkriminalisierung dann beim Containern zwischen Bovenschulte, privat Ärzt*innen und Polizist*innen stehen. So überspitzt das klingt, ist es das, was das oben genannte Gegenargument aussagt. Gleichzeitig sind laut einer forsa-Umfrage aus dem September 2020 86% der Deutschen gegen die Kriminalisierung des Containerns. Bis 2030 möchte Deutschland nur noch halb so viele Lebensmittel verschwenden. Neben dem Entkriminalisieren und dem Lebensmittelrettungsgesetz gibt es auch die Vorschläge Bezeichnungen zu ändern. So könnte man das Mindesthaltbarkeitsdatum ändern in „best before“. Ähnlich macht es Penny bereits seit 2019. Die Molkereiprodukte der Penny-Eigenmarke sind mit einem Hinweis versehen, dass diese womöglich nach Ablauf noch verzehrbar sind. Außerdem könnten z.B. Essen, dass nur Druckstellen o.Ä. aufweist in einer Rettungsbox verschenkt/reduziert verkauft werden.
Was kannst du tun?
- Gerade weil fast 60% der Verschwendung von Lebensmittel im privaten Haushalt anfallen, müssen wir mehr machen. Es gibt schon viele Möglichkeiten achtsamer und reduzierter zu leben, ohne auf wesentliche Dinge zu verzichten. Neben den unten folgenden Tipps kannst du dich auf Insta unter #zerowaste inspirieren lassen.
- Apps: to good to go, beste reste, ResQ Club, Zu gut für die Tonne!
- Backwaren im ½ Preis Laden in der Neustadt. Dort werden Backwaren von gestern verkauft.
- Supermärkte reduzieren fast abgelaufene Ware. Kaufe diese, wenn du es eh bald essen wolltest und rette es vor dem Müll.
- Öfter einkaufen statt auf lange Sicht, wenn du dazu neigst, dass du mitten in der Woche auf etwas keine Lust mehr hast. So kannst du eher auf deine Bedürfnisse eingehen, kaufst das was du bald essen möchtest und verschwendest weniger.
- ACHTUNG: Geh nie hungrig einkaufen!!
- Auf die Sinne verlassen und zur Not googlen welche Anzeichen für das Produkt als verdorben gelten
- In großen Mengen haltbare Lebensmittel kaufen und in der WG teilen, Bsp. Koro
- Generell in der WG Essen teilen und weiter geben, wenn man weiß, man ist länger weg
- Lebensmittel gut verpacken und lagern für Haltbarkeit
- Essen haltbar machen, durch einfrieren oder Herstellen von Chutney, Pesto, Aufstrich, usw.
- Foodsharing.de oder foodwatch.org. Ähnliche Gruppen gibt es auch auf Facebook.
- SOLAWI
- Unverpacktladen
Analysiere deinen Müll, was landet bei dir drin? Verpackung & Co. oder Lebensmittel? Wenn ja, welche Lebensmittel und warum? Weil du es im Kühlschrank vergessen hast? Das MHD vorbei ist?
Quellen:
https://www.geo.de/geolino/wissen/gute-frage-sollte-containern-erlaubt-sein–30696120.html
https://www.deutschlandfunk.de/berliner-gespraech-containern-legalisieren-dlf-7e616e34-100.html
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