Schöffenamt

Im Namen des Volkes“ eine Aussage, die wir so meist nur aus dem Fernsehen kennen. Eine Aussage, die am Anfang der Urteilsverkündung ausgesprochen wird. Doch wie genau spricht der/die Richter:in im Namen des Volkes? Aufgrund der bestehenden Gesetze? Nicht nur. Hier kommt das Schöffenamt ins Spiel oder auch Schöff:in genannt.

Schöff:innen sind ehrenamtliche Richter:innen. Am Amts– und Landgericht wirken sie bei Strafprozessen mit. Dabei kann es um schwerwiegende Straftaten, wie z.B. Mord gehen, aber auch um Drogenhandel, Beschaffungskriminalität, Betrug und Körperverletzung. Es geht darum die Stimme der Gesellschaft im Gericht zu vertreten.

Voraussetzung:

  • zwischen 25 und 69 Jahren
  • deutsche Staatsangehörigkeit
  • straffrei
  • nicht vom Fach
  • Wohnhaft in der Gemeinde des Amtsgerichtsbezirks
  • ausreichend Kenntnisse der deutschen Sprache

Wer alle Voraussetzungen erfüllt und bereit ist, sich für 5 Jahre zu verpflichten, kann sich bei seiner Gemeinde bewerben. Die Kommunen erstellen daraufhin Vorschlagslisten und legen sie dem Amtsgericht vor. Gibt es zu wenige freiwillige Bewerbungen, so werden nach dem Zufallsprinzip Bürger:innen von den Behörden kontaktiert. Das Schöffenamt abzulehnen und ist nur selten möglich. Und tatsächlich werden zur Zeit laut ZDF am 2.3. deutschlandweit bis zu 60.000 Schöff:innen gesucht! Bei weitem melden sich jedoch nicht genügende freiwillig für das Ehrenamt.

Pro Jahr sollen durch das Gericht dabei nicht mehr als 12 Sitzungstage angesetzt werden. Diese Sitzungstage können aus mehreren Verhandlungstagen bestehen. Dafür muss dich dein/e Arbeitgeber:in immer freistellen. Ebenso erhält man eine Aufwandsentschädigung von 7€/ Std., Fahrkostenerstattung, bspw. Kosten für eine/n Babysitter:in, sowie Übernahme des Verdienstausfalles bis zu einer bestimmten Höhe.

Neben all den Voraussetzungen, Kosten und Aufwandsaspekten geht es im Kern jedoch um etwas anderes. Die Aufgabe der Schöff:innen ist es, sich ein unvoreingenommenes Bild von der angeklagten Person zu machen. Ohne vorherige Informationen oder Akteneinsicht erfahren sie kurz vor der Sitzung worum es heute geht, wer angeklagt und was passiert ist. Schöff:innen entscheiden mit, ob die angeklagte Person schuldig ist und welche Strafe sie bekommt. Sie haben das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter:innen. Da immer 2 Schöff:innen und 1 Berufsrichter:in bei einer Verhandlung sind, können Schöff:innen die Entscheidung der/des Richter:in mit einer zwei-drittel-Mehrheit überstimmen.

Um die Sachlage der Verhandlung bestens verstehen zu können, nehmen Schöff:innen an allen Beratungen und Abstimmungen teil. Ebenso dürfen sie selbst Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige stellen. Auch über Beweisanträge der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung entscheiden sie mit oder können selbst zur weiteren Beweisaufnahme (Vernehmung von Zeugen, Einholung eines weiteren Gutachtens usw.) anregen. Natürlich erfordert das ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, Offenheit, Einfühlungsvermögen für individuelle Situationen und Menschenkenntnis.
Sollte das Urteil im Nachgang angefochten und aufgehoben werden durch Berufungs- oder Revisionsinstanzen, kann ein/e Schöff:in für jenes „falsche“ Urteil nicht zivilrechtlich haftbar gemacht werden. Nur bei nachweisbarer Pflichtverletzung wie bspw. Bestechung.

Bei so einer großen Verantwortung wundert es mich persönlich nicht, dass weniger Menschen als benötigt das Ehrenamt ausführen möchten. Man kann einem Menschen seine Freiheit nehmen. Gleichzeitig kann man aber auch die angeklagte Person „retten“ und das Strafmaß mildern, sodass es mehr eine Verwarnung ist. Gerade deswegen finde ich dieses Ehrenamt extrem wichtig. Zudem ermöglicht es uns Laien einen Blick in die Justiz zu bekommen und darauf zu achten, dass eben nicht nur im Namen des Volkes gesprochen wird, sondern vom Volk selbst. Wir sind ein Teil dieser Gesellschaft und wenn wir möchten, dass sich etwas ändert, müssen wir auch mitwirken. Ich bin aber auch der Meinung, dass es mehr Unterstützung, Informationen, Aufklärung und vor allem eine kürzere Amtsperiode als 5 Jahre benötigt, um es attraktiver zu gestalten. Denn gerade in den jungen Jahren ist es schwer auf fünf Jahre im voraus zu planen. Es ist nicht mehr zeitgemäß. Gleichzeitig ist aber der Wunsch da, das Durchschnittsalter der Laienrichter zu senken. Laut Angaben des Schöffenverbandes liegt dieses aktuell bei 55 Jahren. Wir erinnern uns, das höchst Alter ist 69. Eine Verjüngung würde dem System, nicht nur hier, gut tun. Denn mal ehrlich, dass das Urteil anders ausgeht, wenn bspw. um Cannabisbesitz geht und eine 60 jährige Person urteilt, statt eine 25 jährige, ist wenig wunderlich. Zumindest ist das meine Annahme. Es treffen diverse Lebensrealitäten in einem Gericht zusammen und demnach sollten auch Richter:innen, sowie Schöff:innen, für ein besseres Verständnis, unterschiedlich sein.

Ein letzter und für mich fast der wichtigste Punkt, wieso es mehr Wandel und Engagement im Schöffenamt bedarf: Die Gefahr von rechts. Vermehrt wurde über rechts gesinnte Kanäle und Parteien,wie die AfD dazu aufgerufen, sich für das Amt zu bewerben. Bundesjustizminister Marco Buschmann möchte die Verfassungstreue als Voraussetzung für das Schöffenamt gesetzlich festlegen. „Unter keinen Umständen dürfen wir zulassen, dass Extremisten in unserem Land Recht sprechen“, so Buschmann. Ein passender Vorschlag und der entsprechende Gesetzesentwurf kamen aus den Bundesländern und liegt bereits vor. Außerdem sollen Schöff:innen zustimmen, dass bei Bedarf eine Überprüfung durch den Verfassungsschutz stattfinden darf. Dies soll vielmehr der Abschreckung dienen als der tatsächlichen regulären Anwendung.

Es ist also ohne Zweifel ein Ehrenamt mit viel Macht, aber auch viel Verantwortung. Könntest du dir vorstellen dieses Amt anzutreten? Was wäre, wenn du ausgewählt wirst, aufgrund des Mangels an Freiwilligen?

 

* Dieser Artikel enthält die eigene Meinung der Autorin*

 

Links

www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/schoeffen-gericht-101.html

www.zdf.de/nachrichten/panorama/schoeffen-wahl-laien-richter-100.html

www.malteser.de/aware/engagement/ungewoehnliche-ehrenaemter-als-schoeffe-an-strafprozessen-mitwirken.html

www.schoeffen-bw.de/index.php/das-schoeffenamt/das-schoeffenamt

www.schoeffenwahl2023.de

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