Die Bedeutung der sozialen Medien während der Corona Pandemie

Wie in unseren bisherigen Beiträgen bereits mehrmals angedeutet, haben die sozialen Medien in jeglicher Form mit Verlauf der Pandemie vermehrt Einzug in das Zuhause Vieler gehalten. Doch was genau steckt hinter diesem auffälligen Anstieg der Nutzung während der Lockdowns?

Auf der Hand liegt natürlich der private Gebrauch von Apps wie WhatsApp oder Skype, um nicht den Kontakt zur Familie oder engen Freunden zu verlieren, während man sich im eigenen Zuhause isoliert. Da ist es gut, sich per Videochat zu sehen und die Verbindung zu spüren, auch wenn man physisch nicht nebeneinander auf dem Sofa sitzt, sondern kilometerweit voneinander entfernt.

Doch in den vergangenen Monaten wurde auch deutlich, dass die sozialen Medien leicht missbraucht werden können. So verbreiteten sich im Internet schnell Verschwörungstheorien über den Virus und die Landesregierungen. Diese Falschinformationen, die teilweise gezielt ins Netz gesetzt werden, sind für manch einen nicht von anderen Nachritendienstbeiträgen zu unterscheiden und wirken daher wie echt. Diese Posts werden also oft geteilt und verbreiteten sich dadurch rasant auf allen möglichen Plattformen. Besonders auf Telegram, einem Privatnachrichtendienst, gibt es zur Zeit vermehrt Gruppen, denen jeder beliebig beitreten kann und in denen eben diese Theorien nur noch weiter getragen werden.

Doch zurück zur Nutzung der Medien im Alltag. Gegen die Stille anzukämpfen versuchen viele junge Menschen über Streaming-Plattformen, wie Twitch. Zu jeder Tages und Nachtzeit findet man dort jemanden online, der Gedanken aus seinem Zuhause teilt oder Gamer, die live Trendspiele wie Among Us spielen.

Diese Streams schauen Viele bewusst, aber oftmals lässt man sie auch als Hintergrundgeräusche laufen. Auch die besondere Streamform des „Mukbangs“ ist beliebt. In diesen essen Menschen vor der Kamera (teils übergroße Mengen) und so isst man in seiner eigenen Wohnung nicht allein, sondern mit Fremden auf einem Bildschirm.

Selbst Dating findet seit der Pandemie online statt. Auf Dating-Apps, wie Tinder, findet man sich und da kein persönliches Treffen möglich ist, hat nun manch einer Dates über Zoom und Skype.

 

Ob all diese Möglichkeiten sich auszutauschen und sich über einen Bildschirm zu sehen persönliche, „echte“ Interaktionen mit den Mitmenschen ersetzen können ist fragwürdig. Vereinsamt man nicht umso leichter, sobald der Bildschirm ausgeht?

Um genau diesem völligen Alleinsein entgegenzuwirken scheint es oft so, als ob wir uns einer regelrechten Sinnesüberflutung aussetzen:

Auf dem Handy checkt man Instagram, Twitter und Tiktok. Nebenbei läuft die Lieblingsserie und auf der Switch spielt man so nebenbei noch Animal Crossing. (Genannte Elemente sind hier beliebig auszutauschen.)

Sind wir vielleicht alle schon längst in eine Vereinsamung gerutscht und setzen uns all diesen  Medien so vermehrt aus, um diese Gefühle zu verdrängen?

Der positive Effekt des Ablenkens und der Sicherheit kann auch leicht kippen. Auf den sozialen Medien folgen viele größeren Influenzern und Stars. Dabei wird leicht vergessen, dass auch diese dort vorrangig ihre besten Seiten und Tage zur Schau stellen. Vergleicht man da das eigene Leben mit dem des Anderen auf dem Bildschirm, so wird einem vor Augen gehalten, dass das eigene Leben ganz anders ist. Schnell rutscht man hier ab in Selbstmitleid und sogar Selbsthass.

Trends wie Sauerteigbrot und Bananenbrot backen oder auch Hulahoopen gehen bereits seit Anfang des ersten Lockdowns im letzten Jahr um die Welt. Werden einem diese immer und immer wieder vor Augen geführt, so vergleicht man sich ungewollt mit diesen „erfolgreichen“ Menschen. Hat man selber kaum etwas am Tag geschafft, so fühlt man sich automatisch schlechter, obwohl man gar keinen persönlichen Bezug zu den Personen denen man folgt hat.

So gerät man leicht unter einen fiktiven Leistungsdruck, ebenso viel in seiner Freizeit zu leisten und lässt dabei außer Acht, dass für die meisten Influenzer eben dieser Lebensstil der Mittelpunkt des Berufes ist. Der Postingzwang, den manch einer daher fühlt ist also vollkommen fiktiv und unangebracht.

 

Das Zuhause, dass eigentlich gemütlich und angenehm sein soll, kann sich bei Zeiten wie ein Gefängnis oder sehr bedrängend anfühlen.

Flüchten sich daher viele in die sozialen Medien und leben dort in den hunderten kleinen Bruchstücken der Leben anderer, die eigentlich in derselben Situation sind?

Und wie wird sich all dies in der Zukunft auf unser gemeinsames Leben ausüben? Werden wir uns überhaupt noch von den Geräten loseisen können, um uns zu treffen, wenn es denn wieder möglich ist? Oder haben wir vielleicht jetzt schon das Interesse an persönlichem, menschlichem Kontakt verloren?

Ich für meinen Teil freue mich immer sehr, wenn ich meine Wohnung einmal am Tag verlassen kann, um mich mit meiner Freundin auf einen langen Spaziergang an der frischen Luft zu machen.

Ganz ohne Handys. Ganz ohne Druck immer direkt zu posten, was ich grade mache, wo ich grade bin.

Social Media Umfrage

Um unsere Fragestellung richtig beantworten zu können müssen wir nicht nur unsere Ansichten, sondern auch die Ansichten anderer mit einfließen lassen. Hierzu haben wir im ersten Schritt eine Umfrage mit dem Story Tool des sozialen Netzwerkes Instagram gemacht. Diese haben wir an 116 Menschen im Alter von 18-30 gerichtet, also die Altersgruppe die wir wohl am Besten mit sozialen Medien erreichen konnten.

In diesem Beitrag wollen wir die Antworten auf die Umfrage vorstellen und dadurch einfach ein erstes Meinungsbild aufbauen und eine kleinen Einblick in die Köpfe der Teilnehmer gewähren.

1.Frage: Hast du das Gefühl, dass seit dem ersten Lockdown der Begriff „Zuhause“ bzw. was „Zuhause“ bedeutet sich für dich geändert hat?

Dies war eine Ja / Nein Abstimmung bei der insgesamt 74 Personen abgestimmt haben.

39% haben für Ja und 61% für Nein gestimmt.

Das Ergebnis dieser Abstimmung hat uns sehr überrascht, da wir Blogmitglieder, aufgrund unserer eigenen Erfahrungen, der Ansicht waren, dass die Meisten diese Frage mit Ja beantworten würden. Das zeigt uns noch einmal deutlich, warum es notwendig ist auch andere Meinungen in unsere Forschung miteinzubeziehen.

2.Frage: Falls du gerade mit „Ja“ geantwortet hast: Was hat sich deiner Meinung nach für dich verändert?

Hier haben wir viele ähnliche Antworten bekommen und diese zu zwei Themengebieten zusammengefasst.

Dankbarkeit & „Zuhause-Gefühl“:

„[Zuhause] ist ein Gefühl von Geborgenheit und nicht ein Gebäude oder Raum.“

„Nur weil man alleine wohnt sind nicht die eigenen vier Wände das Zuhause, sondern dort wo die Familie ist.“

„Es ist nicht selbstverständlich ein Zuhause mit lieber & gesunder Familie zu haben.“

„Man schätzt kleinere Dinge am Zuhause viel mehr.“

„Mehr Zeit für die Familie und das „Zuhause-Gefühl“ hat sich dadurch verstärkt.“

„Ich bin mittlerweile gerne zuhause und habe mich neu & anders an das „zuhause sein“ gewöhnt.“

Tätigkeiten Zuhause:

„Sich wohler fühlen und auf jeden Fall mehr [zuhause] machen, produktiver sein.“

„Ich mag es, alles getrennt zu machen: Lernen in der Bibliothek, trainieren im Gym usw. Mein Zimmer war zum chillen und schlafen gedacht, jetzt ist alles dort.“

„Gleiches Umfeld für Arbeit und Freizeit.“

„Man hat gemerkt wie wenig man vorher zuhause war.“

„Ich hab mich viel mehr mit Ordnung und Struktur zuhause beschäftigt.“

3.Frage: Hast du in der Zeit seit dem ersten Lockdown angefangen vermehrt Dinge zuhause zu tun, die vorher nicht zuhause sondern wo anders, nicht so viel zuhause oder gar nicht zuhause gemacht hast?

Dies war eine Ja / Nein Abstimmung bei der insgesamt 75 Personen abgestimmt haben.

65% haben für Ja und 35% für Nein gestimmt.

Das Ergebnis fanden wir nicht überraschend, da wir uns mit den zugehörigen Erklärungen, die in der nächsten Frage folgen, gut identifizieren können.

4.Frage: Falls du gerade mit „Ja“ geantwortet hast: Was sind das für Dinge, die du nun neuerdings zuhause machst, die du normalerweise nicht (dort) machen würdest?

Bei dieser Frage haben wir quasi identische Antworten bekommen, die sich so zusammenfassen lassen können:

„Sport, Workout, Training“

„Lernen – sonst in der Bibliothek/Uni oder in Cafés“

„Kochen“

„Vorlesungen, Seminare“

„Arbeiten (Home Office)“

„Intensiv aufräumen“

„Freunde über Zoom treffen“

„Erste Dates“

„Viele Gesellschaftsspiele spielen“

„Neue Beschäftigungen finden: Malen, zeichnen, Instrument oder Sprachen lernen“

5.Frage: Fühlst du dich freier in deinen Entscheidungen oder fühlst du dich eher eingeschränkt?

Dies war wieder eine Abstimmung bei der insgesamt 59 Personen abgestimmt haben.

17% haben für „Freier“ und 83% für „Eingeschränkter“ gestimmt.

In der sechsten und letzten Frage haben wir nach den Gründen gefragt, warum sich die Teilnehmer freier/eingeschränkter fühlen. Interessant fanden wir vor allem die Antworten derjenigen, die für „Freier“ gestimmt haben.

6.Frage: Warum fühlst du dich freier bzw. eingeschränkter?

Stimmen für „Eingeschränkter“:

„Einschränkungen in der Freizeit (Lockdown)“

„Weniger Möglichkeiten sich auszuleben“

„Ich denke viel mehr darüber nach was für Konsequenzen meine Entscheidungen haben.“

„Man kann nicht alles machen was man möchte, da man zum Wohl Aller diese Eingeschränktheit akzeptieren muss.“

„Viele Dinge die mich am glücklichsten machen sind im Moment geboten.“

„Es wird schnell langweilig, alles ist jeden Tag gleich, da fehlt dann die Motivation.“

„Man kann Freunde/Familie nicht mehr so einfach sehen durch die Kontaktbeschränkungen.“

„Eingeschränkter in spontanen Entscheidungen, der soziale Ausgleich im Alltag fehlt.“

Stimmen für „Freier“:

„Weil ich lernen und Vorlesungen besuchen kann wann ich will.“

„Meiner Meinung nach ist es teilweise schon fremdbestimmt, aber wenn man die Zeit richtig nutzt ist es einem frei gegeben wie man sie verbringt und Zeit ist meiner Meinung nach Luxus.“

„In der Uni fühle ich mich freier.“

„Ich habe viel mehr Kontrolle, z.B. in der Schule.“

„Ich fühle mich freier in meiner Zeiteinteilung, vor Allem im Bezug auf mein Studium.“

 

Für uns war es sehr interessant die Meinungen unserer Gleichaltrigen zu sehen, besonders die, die nicht unserer Ansicht entsprechen.

Welches Fazit ziehen wir jetzt aus dieser Umfrage?

Es hat sich ganz klar Zuhause etwas verändert seit dem Beginn der Corona Pandemie.

Was sich genau verändert hat und wie, das ist so divers und individuell wie all die Teilnehmer unserer Umfrage.

Forschungsexposé zum Thema „Zuhause während Corona – die Pandemie in den eigenen vier Wänden erleben“

Unser Zuhause ist der Mittelpunkt unseres Lebens, sozusagen unsere „Zentrale“. Hier kommen wir zur Ruhe, hier können wir abschalten und Abstand zur Außenwelt schaffen.

Seit dem ersten Lockdown verschwimmen die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum immer mehr. Dadurch bekommt der Begriff des Zuhauses eine neue Bedeutung.

Einerseits werden wir eingeschränkt auf unsere vier Wände, andererseits entdecken wir dort neue Tätigkeiten für uns. Dinge, die vorher im öffentlichen Raum stattgefunden haben, halten nun Einzug in unser Zuhause. Sei es durch das Home Office, online Sportkurse oder exzessives Online-Shopping, der persönliche Raum scheint gleichzeitig zu wachsen und zu schrumpfen.

Wir haben immer weniger persönlichen und dafür immer mehr virtuellen Kontakt mit Familie, Freunden und Arbeitskollegen. Wir laden sie über den Bildschirm in unser Zuhause ein und obwohl wir oft mehr kommunizieren als vor der Pandemie, neigen wir leichter dazu einsam zu sein.

Auf diesem Blog wollen wir uns damit beschäftigen, wie wir unser Zuhause vor der Corona Pandemie wahrgenommen haben und jetzt mittendrin wahrnehmen und welche Veränderungen stattgefunden haben.

Befinden wir uns vielleicht noch in einem Veränderungsprozess?

Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf uns als Gesellschaft und als Individuen?

Was passiert, wenn unser Alltag auf vier Wände komprimiert wird?

Und was passiert, wenn es keine Abgrenzung mehr zwischen unserer Arbeit beziehungsweise der Schule oder Uni, und unserem Privatleben gibt?

 

Ziel unseres Projektes ist es die aktuelle Lage in einer Momentaufnahme festzuhalten und das „neue Normal“ darzustellen.

Gibt es dieses „neue Normal“? Oder betreffen diese Veränderungen vorranging Studenten in unserem Alter? Wie äußern sich diese Veränderungen im eigenen Zuhause?

Diese teilweise sehr großen, aber manchmal auch kleine Veränderungsprozesse und ihre Ambivalenz sollen Gegenstand unserer Beobachtung und Forschung sein.

In Form von narrativen Interviews, Umfragen und Erfahrungsberichten wollen wir diese Vorgänge festhalten.

Um unseren Forschungsprozess festzuhalten, soll dazu jede Woche mindestens ein neuer Beitrag auf unserem Blog erscheinen.