Stil und Ich

Mode und Stil war bei uns zuhause lange nicht wirklich ein Thema. Bis ich etwa zehn Jahre alt war, trug meine Mutter weite Leinen-Kleider und mein Vater hatte lange Haare und bunte, längs-gestreifte Hemden  und rote Hosen, die er immer bei der ,,Hosen-Oma‘‘ kaufte. Blaue Jeans waren uns ein Fremdwort.  Ich wollte neue Schuhe kaufen und mein Vater fuhr mit mir los in ein Out-Door-Geschäft und kaufte mir klobige, ,,praktische‘‘ Wanderschuhe. Es war  ein Missverständnis und er hat es nur gut gemeint. Das erste Kleidungsstück, an das ich mich erinnere, das ich selber kaufte weil ich anderen gefallen wollte, war ein Unterhemd in einem Secondhand-Laden.

Als ich ca. 11 Jahre alt war und auf die weiterführende Schule ging, lernte ich, dass die coolen Kids bei H&M kauften und nicht bei C&A. Also kaufte ich ab dem Zeitpunkt meine Kleidung bei H&M. Ich wurde eines der coolen Kids. Ich wusste ab dieser Zeit immer was im Trend war und fühlte mich am Zahn der Zeit. Nie trug ich extravagante Sachen oder hatte meinen ,,eigenen Stil‘‘- Ich wollte dazugehören und die Grundvoraussetzung war da das Aussehen. Ich habe mich maskiert- wichtig war nicht meine Persönlichkeit, sondern die Kleidung die ich trug. Unter diesem Motto stand auch mein Jura-Studium, das für vier Semester in Köln mein Leben bestimmte. Ich war jetzt Jura-Studentin, also trug ich einen Seiten-Scheitel, eine große Brille, Rollkragenpullover und einen weißen Kragen. Dazu passte mein Zimmer. Fein säuberlich lagen die Gesetze auf der Fensterbank, ich machte häufig Fotos von meinem, mit Lernzetteln überfüllten, Schreibtisch: Es ging um Äußerliches, Oberflächliches. Um den Anschein.

Was meinen Stil ebenfalls stark beeinflusst hat waren die zahlreichen Mode-Geschäfte in denen ich gearbeitet habe. Dort habe ich immer bis zu 40 % Rabatt bekommen und war dementsprechend immer der Mode des jeweiligen Geschäfts entsprechend gekleidet. So trug ich zeitweise auch Sachen einer schicken Boutique und hielt mich in jener Zeit für ein Mager-Model. Ich aß ein Dinkelbrötchen am Morgen ohne alles und abends eine vegane Mahlzeit. Die Fotos von mir in den schicken Sachen der Boutique lud ich auf Instagram hoch und wieder war es die Oberflächlichkeit, die mich beherrschte. Es bedurfte der Zeiten von Corona, die mich zusammenbrechen ließen, und mir zeigten worauf es wirklich ankam. Ich zog von Köln zurück zu meinen Eltern. Zu meiner Familie, meinen alten Freunden- und fand mich selbst.

Ich trage die große Brille nicht mehr, aus Angst wieder die künstliche Truus zu werden (vielleicht setz ich sie irgendwann wieder auf, denn ich habe tatsächlich eine kleine Sehschwäche). Ich kaufe Kleidung  bei ,,Vinted“ (Internetplattform für gebrauchte Kleidung) und trage Schlaghosen und Jeans mit weitem Bein- weil sie gerade modern sind, doch auch weil ich sie wirklich gerne mag.

,,In“ und ,,out“ spring ’24

Die Vogue schreibt, dass die Mode des kommenden Frühlings sich vom knalligen Rot- das im Winter dominiert hat- abkehrt und Pastelltöne im Kommen sind. Ein blasses Lila zeigt sich zum Beispiel bei einem Trenchcoat des Designers Michael Kors. Auch die Cosmopolitan beobachtete den Trend zu den Pastelltönen und nennt die vom Trendinstitut Pantone gekürte Nuance ,,Peach Fuzz‘‘- ein pastelliger Pfirsichton. Als weiteren Trend nennt die Zeitschrift bunte Sneaker, die das langjährige Must Have, den weißen Sneaker, ablösen sollen. Trends müssen ihre Ursprünge haben und alles kommt irgendwann wieder. Diese Fakten machen den von der Cosmopolitan benannten Trend vielleicht weniger verwunderlich:  Absolut In ist der Grandpa- Style. Pullunder, Rautenpullover, Buntfaltenhosen und Krawatten- und zwar nicht nur für den Mann. Auch die Instyle greift in ihren Artikeln zu den Trends diesen Jahres die Krawatte auf und zeigt ein Bild des Modehauses Valentino mit zwei Models mit Krawatten. Die eine mit elegantem weißen Hemd mit Blumen-Applikation und schwarzem Sacco, die andere mit einem schwarzen Trägerkleid über ihrem weißen Hemd.

Hipster

Ein weiteres Phänomen der Modewelt ist der Hipster. Der Ausdruck ,,Hipster‘‘ wurde um das Jahr 2015 zum Begriff (zum ersten Mal wurde er jedoch ca. 1940 genannt, zur Bezeichnung der Bebob-Musiker). Heute ist der Begriff weitestgehend wieder verschwunden, was jedoch deshalb der Fall sein kann, da sich der Kleidungsstil und die Lebensweise derart mit den Idealen der urbanen Mittelschicht vermischt haben, dass man typische Hipster kaum mehr erkennen kann. Hier liegt jedoch auch der Widerspruch. Hipster (zumeist nennen sie sich nicht selbst so) legen großen Wert auf Individualität, sind jedoch selbst Teil einer großen Ansammlung gleichgerichteter Menschen. Die Klischees sind ein Jutebeutel, Skinny Jeans, Lederjacke- und Schuhe, Hemdkragen, bunte Hemden und bei den Männern häufig ein Schnurrbart und eine nerdige Brille, sowie eine Mütze, die nicht die Ohren bedeckt. Die Kombination wirkt schnell bemüht intellektuell, weshalb der Begriff ,,Hipster‘‘ häufig belustigt verwendet wird.  Was ihm zugutegehalten werden muss, ist sein Nachhaltigkeitsgedanke. Zumindest in Bezug auf seine Kleidung. Jedes Stück muss individuell sein, wenn möglich von einem unbekannten Designer. Vielleicht ist es teilweise den Hipstern zuzuschreiben, dass Second Hand Läden heute derart boomen. Neu sind außerdem Konzepte bei denen ,,Vintage‘‘-Kleidung pro Kilogramm verkauft wird. Auf speziellen Events geschieht dies dann in Begleitung von neuster Indie-Musik. ,,In‘‘ sind zudem Kleidertauschpartys: Es zeigt sich, dass Secondhand-kleidung  voll in den 20ern angekommen ist.  Dabei muss jedoch beachtet werden, dass hauptsächlich gut situierte Personen Vintage kaufen. Menschen aus ärmeren Verhältnissen wählen nach wie vor häufiger die günstigen Mode-Ketten.

Wie ich Trends erlebe

Cargo-Jeans, Highwaist 3/4- Jeans, Diesel Original 80er-Jahre, Skinny Jeans

Als ich 2016 mein Abitur gemacht habe, waren bei Frauen High Waist Jeans (hoch geschlossene Jeans) angesagt. Wer Low Rise- Jeans getragen hat war Schnee von gestern und auf keinen Fall up to date. Doch die Hosen hatten noch zwei weitere Kriterien zu erfüllen. Sie mussten ,,skinny‘‘ sein (eng geschnitten) und unglaublich wichtig war der Abschluss der Hose: Kurz über dem Knöchel mussten die Jeans abschließen, und zwar eng anliegend. Wer damals Schlaghosen trug hatte den Schuss nicht gehört. Heute sieht es anders aus. Wir werden nostalgisch und sehnen uns nach dem Spirit der alten Zeiten: Drum tragen wir 2024 wieder Oversized-Blazer mit Schulterpolstern à la 80er, Crop Tops (Bauchfreie Tops) wie in den 90ern und die 60er lassen eben mit tief geschnittenen Schlaghosen grüßen. All diese Modeerscheinungen sind in diesen Tagen wieder bei Zara und H&M zu finden, weshalb man sagen könnte, dass sie sich ,,durchgesetzt‘‘ haben und Mainstream geworden sind.  Auffallend sind auch die Trends bezüglich der Schuhe. Seit Anfang der 2010er setzt der trendbewusste 15- bis 30-Jährige auf die weißen Nike Air Force One-Sneaker, dazu weiße Adidas-Socken mit schwarzen Streifen. Nerds können von sich behaupten wahre Sneaker-Sammlungen zu besitzen, mit seltenen Sammlerstücken.

Twiggy

Die ,,Swingin Sixtees‘‘ waren eine brodelnde Zeit. Mit politischen Konflikten, wie dem Vietnamkrieg und der Kubakrise nahmen die damalige Fiedensbewegung sowie das freiheitliche Denken neue und andere Dimensionen an. Das Gesicht  für den Umbruch und für den Freiheitsgedanken war Twiggy, ein Model der 60er Jahre. Eigentlich hieß sie Lesley Hornby, doch wegen ihres dünnen Körperbaus wurde sie eben ,,Zweiglein‘‘- auf englisch: ,,Twiggy genannt. Die Süddeusche Zeitung beschreibt Twiggys Einfluss in der Welt mit einem Kontrast: Die Schönheitsikonen der 1950er Jahre seien ,,üppig‘‘ gewesen: großer Mund, Busen, Po. À la Marylin Monroe, oder Sophia Loren. Doch der Minirock war gerade erfunden und Twiggy, mit ihren eben nicht so üppigen Proportionen konnte ihn hervorragend präsentieren. Schnell war der Minirock DAS modische Must-Have der ,,Swinging Sixtees‘‘. Er repräsentierte  die Neuerrungenschaft von (Bein-)Freiheit der Frau. Heute wird der Minirock eher als sexy Beinverlängerungsmaßnahme genutzt. Auch sonst war Twiggys Look symbolisch für die neue ,,ideale‘‘ Frau anzusehen. Der Pixie- Kurzhaarschnitt befreite vom zeitzerrenden und schmerzenden Einwickeln von Lockenwicklern und der insgesamt freche, kindliche und neugierige Look Twiggys inspirierte eine ganze Generation.

Hip-Hop

Eminem

Die Hip Hop-Kultur entstand in den 1970er Jahren in den Ghettos von New York City mit Ursprüngen in der afroamerikanischen Soul- und Funk-Musik.  Zu den Haupt-Merkmalen zählen DJIng, Breakdance und vor allem Rap, ein schneller Sprechgesang. Zu den größten Rappern aller Zeiten zählen Tupac, J Cole, Eminem und seit Ende der 2000er auch Nicky Minaj. In Deutschland sind es hauptsächlich Capital Bra und Juju 44. Die typische Hip-Hop Kleidung zeichnet sich durch Baggys (sehr weite, tiefhängende Hosen), oder die heutigen Jogging-Hosen aus. Übergroße T-Shirts in hellen, farbenfrohen Farben werden getragen. Der Rapper Eminem ist bekannt für seine tief ins Gesicht gezogenen Kaputzen-Pullis oder Strickjacken. Auch Caps und Goldschmuck zählen zu den Hauptmerkmalen des Hip Hop-Kleidungsstils. In Rap-Texten werden häufig soziale Missstände und Ungleichheiten thematisiert, doch geschieht dies vorallem dadurch dass sich der Sänger in Kontext zu Anderen setzt. So ist ein prototypisches Beispiel für einen Rap-Text ein solcher, in dem der Sänger beschreibt, wie er in der Schule als einziger Schüler abgenutzte Kleidung und keine Markenschuhe getragen hatte, weil die Eltern kein Geld hatten. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass heutzutage viele Rapper ein plakatives Markenauftreten an den Tag legen, zum Ausdruck ihres Aufstiegs und Erfolgs. Ein Beispiel hierfür ist einer der erfolgreichsten deutschen Rapper, Capital Bra, der sich vor allem in Gucci und Louis Vuitton präsentiert, auf der die Logos der Firmen immer deutlich zu sehen sind. In diesem Zusammenhang muss jedoch auch Gangsta Rap von anderem Rap und Hiphop unterschieden werden, deren Angehörige in ihrem modischen Auftreten stark variieren können.

Punk

Die Namen bekannter Punk-Bands lösen eventuell Ekel, Unbehagen oder Belustigung aus: Jedenfalls eine Emotion, jenseits der Grenzen des Angepassten oder des Angenehmen. So gibt es deutsche Punkbands mit den Namen ,,Pisse‘‘, ,,Schleimkeim‘‘, oder ,,slime‘‘, zu deutsch ,,Schleim‘‘. Der Punk entstand in den 1970er Jahren in England und drückte sich durch nonkonformistisches Verhalten und als Gegenbewegung zur damaligen Hippiebewegung aus. Die Hippies waren bunt, blumig, ihr Aushängeschild: Flowerpower. Punkmusik zeichnete sich im Gegensatz dazu durch Kraft, Lautstärke, und Wut aus, man assoziiert Punkmusik mit einem ,,Kaputtmachen‘‘.

Anaya und ein Freund

Kaputtmachen der Strukturen, der Regeln, des Konformen. ,,Macht kaputt was euch kaputt macht‘‘, war  ein Spruch von Ton Steine Scherben, die zwar keine Punk Band war, doch einen ähnlichen Spirit mit sich getragen hatte. Ihrem Motto zufolge trugen Punks auch kaputte Kleidung: Zerfetzte Hosen, die häufig mit Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden. Die Sicherheitsnadeln wurden zum wichtigen Symbol des Punks und wurden auch zu Verzierungszwecken genutzt, ebenso wie Nieten auf den Lederjacken, um dem Aussehen eine rebellische Note zu verleihen. Die typischen Schuhe waren schwere schwarze Stiefel und obwohl grundsätzlich viel mit dieser Farbe gearbeitet wurde, ist ein Markenzeichen des klassisches Punks der buntgefärbte Irokesen-Schnitt. Als prägende Designerin des Punk gilt Viviane Westwood, die die Punkband Sex Pistols modisch ausstattete.

 

Punk

Die Namen bekannter Punk-Bands lösen eventuell Ekel, Unbehagen oder Belustigung aus: Jedenfalls eine Emotion, jenseits der Grenzen des Angepassten oder des Angenehmen. So gibt es deutsche Punkbands mit den Namen ,,Pisse‘‘, ,,Schleimkeim‘‘, oder ,,slime‘‘, zu deutsch ,,Schleim‘‘. Der Punk entstand in den 1970er Jahren in England und drückte sich durch nonkonformistisches Verhalten und als Gegenbewegung zur damaligen Hippiebewegung aus. Die Hippies waren bunt, blumig, ihr Aushängeschild: Flowerpower. Punkmusik zeichnete sich im Gegensatz dazu durch Kraft, Lautstärke, und Wut aus, man aussoziiert Punkmusik mit einem ,,Kaputtmachen‘‘. Kaputtmachen der Strukturen, der Regeln, des Konformen. ,,Macht kaputt was euch kaputt macht‘‘, war  ein Spruch von Ton Steine Scherben, die zwar keine Punk Band war, doch einen ähnlichen Spirit mit sich getragen hatte. Ihrem Motto zufolge trugen Punks auch kaputte Kleidung: Zerfetzte Hosen, die häufig mit Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden. Die Sicherheitsnadeln wurden zum wichtigen Symbol des Punks und wurden auch zu Verzierungszwecken genutzt, ebenso wie Nieten auf den Lederjacken, um dem Aussehen eine rebellische Note zu verleihen. Die typischen Schuhe waren schwere schwarze Stiefel und obwohl grundsätzlich viel mit dieser Farbe gearbeitet wurde, ist ein Markenzeichen des klassisches Punks der buntgefärbte Irokesen-Schnitt. Als prägende Designerin des Punk gilt Viviane Westwood, die die Punkband Sex Pistols modisch ausstattete.

David Bowie

Artwork by Ed Finnell, David Bowie as The Thin White Duke - Station to Station Tour, Made of gelatin silver print on Ilford Multigrade V RC paper
https://www.mutualart.com/Artwork/David-Bowie-as-The-Thin-White-Duke—Sta/BD43857546AAE442

David Bowie gilt als einer der einflussreichsten Musiker der Rock- und Popmusik. Gerade den Glam Rock, der sich durch schrille und feminine Kostüme auszeichnet, prägte David Bowie durch sein Spiel mit den Geschlechterrollen. Er trug zudem den Spitznamen ,,Das Chamäleon der Popkultur.‘‘ Der Sänger hätte den konstanten visuellen Wechsel zum Prinzip erhoben, meint die Süddeutsche Zeitung. An seinem Vorbild orientierten sich später Madonna, Björk und Lady Gaga. Als ,,Thin White Duke‘‘ trug Bowie ein weißes Hemd, schwarze Weste und Anzughose und streng gekämmte blonde Haare. Im Gegensatz dazu stand er als ,,Ziggy Stardust‘‘ als androgyner Alien-Rock Star auf der Bühne: Ein roter Vokuhila, bunte Schlaghosen, Schulterpolster sowie ein freier Blick auf die Brust waren Ziggys Markenzeichen.

David Bowie’s Ziggy Stardust and The Spiders from Mars: The Motion Picture Returning to Theaters
https://consequence.net/2023/06/david-bowie-ziggy-stardust-motion-picture-theatrs/

Mit diesen kündigte er der Menschen in einer bis dahin noch nie dagewesenen Bühnenshow ihren bevorstehenden Untergang an.  David Bowie verstand es Grenzen zu überschreiten: Seien es jene zwischen männlich und weiblich, sowie Grenzen zwischen Rock und Pop.