Feindbild Smartphone?

Feindbild Smartphone?

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Das Thema vom 06. November war: „Feindbild Smartphone?“ Voreinstellungen und Mediennutzung im schulischen Kontext. Der Vortrag soll an dieser Stelle kurz zusammengefasst und anschließend durch meine Erfahrungen im Praxissemester reflektiert sowie entsprechend der Gesamtsituation bewertet werden.

Zunächst wurden die Erfahrungen der Student*innen hinsichtlich des Einsatzes von Medien und Technik im schulischen Umfeld gesammelt und der Begriff Medienkompetenz aufgegriffen und definiert. Laut Prof. Gerhard Lemke (Professor für Digitale Medien) sind es vor allem beim Umgang mit Medien, Prozesse die relevant sind. Kognitive Fähigkeiten müssen durch die Schüler*innen in vorhandenes Kontextwissen eingebunden werden, um sich eindringlich mit den Medien beschäftigen zu können.

Infolgedessen wurde eine JIM (Jugend, Information, Medien) – Studie präsentiert, in der das Medienverhalten von Jugendlichen erhoben wurde. Insgesamt wurden 1200 Jugendliche im Alter von 12-29 Jahren telefonisch befragt. Im Jahr 2018 waren fast alle Haushalte mit einem Smartphone und/oder einem Computer/Laptop ausgestattet. Auch einen Internetzugang und einen Fernseher war für die meisten Befragt*innen verfügbar. 97 Prozent der Jugendlichen besaßen ein Smartphone und nutzten dies hauptsächlich für die Nutzung des Internets, Online Videos und zum Musik hören. Einen Computer/Laptop nutzten wiederum nur etwa zwei Drittel von ihnen. Aufgrund der Ergebnisse der Studie ist es also ein berechtigter Ansatz sich mit der Mediennutzung im schulischen Umfeld auseinanderzusetzen, da alle Jugendliche zumindest mit einem Smartphone auch eine Anbindung zum Internet und der „Digitalen Welt“ besitzen. Im Anschluss wurden über Seafile Apps und Dienste gesammelt, die die Studierenden schon kennen und ihrer Meinung nach geeignet für den Einsatz in der Schule sind. Diese wurden wiederum hinsichtlich des Faches kategorisiert und die Vor- und Nachteile bewertet sowie das mögliche  Einsatzgebiet  angegeben.  Einige  dieser  Dienste  habe  ich  auch  in  meinem Praxissemester  wiederfinden  und  den  Einsatz  im  Unterricht  beobachten  können.  Die Lernplattform der Bremer Schulen „itsLearning“ bietet zum Beispiel für alle Schüler*innen den kostenfreien Zugang zu allen Sofatutor-Erklärvideos.

Im Allgemeinen sind insbesondere Dienste interessant, die Kollaboratives Arbeiten ermöglichen oder fachspezifisch einen Lernvorteil mit sich bringen, wie Wörterbuch-Apps im Fach Englisch zum Beispiel.

Im Anschluss wurde das Konzept „MIAU-Digitales Lernen ermöglichen“ vorgestellt. MIAU steht für:

 

 

Medientechnischer Rahmen:

Eine medientechnische Grundausstattung muss hinsichtlich technischer Geräte und Verbindungen gegeben sein. Außerdem sollte man sich nicht auf die technischen Lösungen beschränken, sondern weiterhin analoge Möglichkeiten wahren.

 

Informatik:

Das Unterrichtsangebot muss entsprechend angepasst werden, sodass die Schüler*innen beispielsweise Informatikunterricht oder Medienbezogene Schul-AGs wählen und besuchen können. Um diese Angebote optimal nutzen zu können, müssen bei den Schüler*innen Grundfertigkeiten im Umgang mit Technik und eine generelle Akzeptanz dieser, vorhanden sein.

 

Austausch und Fortbildung:

Den Lehrkräften müssen Fortbildungen und Schulungen angeboten werden, sodass sie ihren Unterricht an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen und dahingehend entwickeln können. Außerdem sollten an den Schulen Unterstützungsstrukturen geschaffen werden. Beispielsweise in Form eines designierten Medienberaters.

 

Ubiquitäre Fortführung:

Der Einsatz von Medien hängt von den Lehr- und Lernbedürfnissen der Lerngruppe ab. Wichtig ist deswegen, dass sowohl die Technik als auch die Fortbildungsmöglichkeiten stetig an den Bedarf angepasst und diesem entsprechend weiterentwickelt werden.

 

Festzustellen ist, dass diese Punkte alle mit erheblichen Kosten verbunden sind. Sowohl die Anschaffungs- als auch die Personalkosten würden die jeweiligen Budgets zusätzlich belasten. Häufig werden solche Projekte angestoßen und nicht final geplant und fortgeführt, sodass es in den Schulen zwar Technik gibt, diese aber kaum zum Einsatz kommt oder wenn sie benutzt werden soll dann  nicht funktioniert.  Diese Erlebnisse sorgen schnell für Frustration  bei Lehrenden und Lernenden und dafür, dass sie in Zukunft von einem weiteren medialen Einsatz in dieser Form absehen.

 

Am Ende der Präsentation wurden noch kurz im Plenum Möglichkeiten diskutiert, um den medienfeindlichen Einstellungen von Kolleg*innen oder Schulen zu begegnen und wie man dem  Missbrauch  von  Smartphones  entgegenwirken  kann.  Im  Allgemeinen  kann  dort

 

 

grundsätzlich eine umfangreiche Aufklärung und eine generelle Akzeptanz von verschiedenen Meinungsbildern weiterhelfen. Ferner können durch einen regen Austausch Befürchtungen abgelegt und Sicherheiten mitgegeben werden.

An dieser Stelle möchte ich die Punkte der Präsentation auf mein Praxissemester, das ich an einem Bremer Gymnasium absolviert habe, abbilden und die angesprochenen Themen, insbesondere das „MIAU“-Programm, hinsichtlich meiner dort gesammelten Erfahrungen vertiefend reflektieren.

Grundsätzlich ist nur den Schüler*innen der SEK II die Benutzung des Smartphones auf dem Schulgeländer erlaubt, jedoch waren auch die jüngeren Schüler*innen im Besitz eines solchen und  haben  es  gelegentlich,  vermeintlich  unbemerkt,  benutzt.  Im  Unterricht  wurde  das Smartphone allerdings ohne vorherige Nachfrage oder direkte Aufforderung nicht verwendet. Der Unterricht wird an der Schule in Fachunterrichtsstunden und Dalton-Zeit aufgeteilt. Eine 90-minütige Unterrichtsstunde besteht dann aus 60 Minuten Fachunterricht und 30 Minuten Dalton-Zeit.  Während  der  Dalton  Zeit  können  die  Schüler*innen  eigenständig  an  ihren Lernplänen arbeiten. Im Folgenden möchte ich den Einsatz von Medien kategorisiert darstellen und anschließend das Gesamte reflektieren:

 

Einsatz von Medien im Fachunterricht:

In den Unterrichtsstunden wurde fast ausnahmslos der Tageslichtprojektor zum Einsatz von Medien miteingebracht. Die Lehrkräfte haben Folien vorbereitet, konnten diese vor Ort in der Schule drucken und die Informationen für die Schüler*innen an die Wand werfen. Obwohl in vielen Klassenräumen ein Beamer vorhanden ist, sehen die Lehrkräfte meist von der Benutzung ab, da sie dahingehend häufig schon mit technischen Problemen zu kämpfen hatten. Auch ich habe dieses Medium häufig für meine Unterrichtseinstiege genutzt, da ich es für den schnelleren und einfacheren Weg gehalten habe. Meist wurden die Folien nur kurz gezeigt oder dienten dem Vergleich von Aufgaben. Der Aufwand, dafür extra den Beamer an einen Laptop anzuschließen und  häufig an- und auszuschalten, wäre meiner Meinung nach für meine Absichten zu groß gewesen. Ferner konnte so parallel auch die Tafel genutzt werden, die bei der Benutzung des Beamers ganz nach unten geschoben werden musste und nicht mehr benutzbar gewesen wäre. Gegebenenfalls wäre deswegen die Platzierung des Beamers in einer anderen Position sinnvoller gewesen. In den Gesprächen mit den Lehrkräften fiel auf, dass sie sich weitestgehend mit den technischen Möglichkeiten allein gelassen fühlen und ferner haben sie das Gefühl, dass wenn sie sich miteinbringen wollen, dies nicht möglich ist.

 

 

In der Schule gibt es zwei Räumlichkeiten, die mit interaktiven Whiteboards ausgestattet sind. Auch diese werden sehr selten genutzt und bei meinem ersten Besuch konnte ich direkt Zeuge davon werden, wie die Technik versagt hat und die Schüler*innen anschließend im Chemie- Raum ihren Matheunterricht durchführen mussten. Mir wurde berichtet, dass dies schon häufiger der Fall war und deswegen die Benutzung des Raums vermieden wird.

 

Einsatz von Medien in der Dalton-Zeit:

In der Dalton-Zeit haben die Schüler*innen häufig viel Zeit an ihrem Smartphone verbracht. Teil ihrer Lehrpläne war es zum Beispiel Videos auf der Erklärvideo-Plattform Sofatutor zu schauen oder Mathematik-Aufgaben über itsLearning, die Online-Plattform der Bremer Schulen, direkt zu bearbeiten. Außerdem diente das Smartphone, der Laptop oder das Tablet für Schüler*innen aller Klassenstufen häufig zur Recherche von verschiedenen Themen. Die Aufforderung zur Recherche war dann Bestandteil des Lehrplans.

 

Insgesamt denke ich, dass viele Schüler*innen während der Dalton-Zeit das Smartphone sinnvoll genutzt haben. Allerdings glaube ich auch, dass die freie Gestaltung der Nutzung dafür sorgt, dass viele Lernende das „Vertrauen“ missbrauchen. Wenn eine Schüler*in auf dem Smartphone ein Video mit Kopfhörern schaut, ist es nicht gesagt, dass es sich tatsächlich um ein Erklärvideo handelt und wiederum ein leichtes schnell die Apps zu wechseln. Das Verhalten der Lehrkräfte war dahingehend sehr unterschiedlich. Viele haben die Benutzung des Smartphones überprüft, wiederum andere hat es nicht gekümmert. Die Nutzungsmöglichkeit halte ich aber im Allgemeinen für sinnvoll, da die Schüler*innen insbesondere das Recherchieren so steig erlernen. Auch das interaktive Bearbeiten von Aufgaben sorgt für Abwechslung im Schulalltag und macht ihnen häufig mehr Spaß, als Aufgaben auf einem Zettel zu bearbeiten.

 

Umgang mit dem Home-Schooling in der Corona-bedingten Pause:

Während der Corona-bedingten Pause des Präsenzunterrichts, haben die Schüler*innen ihre Aufgaben via itsLearning zur Verfügung gestellt bekommen. Dabei fiel die Bereitstellung der Aufgaben durch die Lehrkräfte sehr unterschiedlich aus. Manche luden eine PDF-Datei hoch, die die im Buch zu bearbeitenden Aufgaben auflistete, wiederum andere nutzten die Möglichkeiten der Plattform und erstellten interaktive Aufgaben oder kleinere Tests, die die Schüler*innen direkt auf der Seite bearbeiten konnten. Im Gespräch mit den Lehrkräften stellte sich heraus, dass viele sehr unerfahren mit der Lernplattform sind und sich der Möglichkeiten,

 

 

die es dort gibt, um beispielsweise Aufgaben zu erstellen und Schüler*innen zu unterrichten, gar nicht bewusst sind.

 

Im Nachhinein, als der Präsenzunterricht wieder möglich war, hat sich durch die Gespräche mit den Schüler*innen herausgestellt, dass sie häufig mit dem Home-Schooling überfordert waren. Probleme, die immer wieder Erwähnung fanden, waren:

  • Sie hatten keine Möglichkeit zuhause die Materialien oder die Aufgaben zu
  • Sie hatten keinen Computer/Laptop
  • Sie waren es nicht gewohnt mit dem Computer/Laptop oder dem Smartphone zu arbeiten und deswegen häufig überfordert.
  • Es fiel  ihnen  schwer  ihren  Tagesablauf  dahingehend  zu  strukturieren,  dass  sie vernünftig arbeiten können.
  • Aufgrund ihrer Wohnsituation konnten sie zuhause keine Ruhe zum Arbeiten

 

 

Auch Kurse, denen ich interaktive Materialien zur Verfügung gestellt habe, haben häufig ihre Ergebnisse aus zeitlichen Gründen und aus reiner Überforderung nicht abgeben können.

 

Insgesamt konnten einige Punkte, die das Programm „MIAU“ vorsieht, in dieser Schule wiedergefunden werden. Allerdings haben sich meiner Meinung nach auch viele Probleme in der Schule bemerkbar gemacht. Dadurch, dass der Medientechnische Rahmen zwar vorhanden, aber nicht standardisiert ist, wird er im Allgemeinen sehr wenig genutzt. Hinzukommend fehlt es den Lehrkräften an Unterstützung und an Möglichkeiten sich dahingehend fortzubilden. Die technischen Möglichkeiten werden deswegen außer Acht gelassen, da sie bei Misserfolg oder Verzögerung zu viel Zeit des 60-minütigen Fachunterrichts stehlen. Wenn ein Medientechnischer Rahmen in einer Schule gegeben ist, dann muss meines Erachtens dafür gesorgt werden, dass dieser durch alle Lehrkräfte problemlos genutzt werden kann. Ansonsten wird die weiterführende Technik nach ersten schlechten Erfahrungen, nicht mehr in Betracht gezogen. Hier würde vor allem ein Experte, der sich für die einwandfreie Benutzbarkeit der technischen Möglichkeiten zuständig fühlt, (wie von MIAU vorgesehen) meiner Meinung nach schon direkt weiterhelfen.

 

Rückblickend sollte den Schüler*innen im Unterricht oder in einer AG der Umgang mit der Lernplattform und den, dort vorhanden Materialien, immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden. So wird verhindert, dass einige von ihnen frustriert sind, weil sie die Aufgaben nicht

 

 

bearbeiten können. Gleiches gilt für die Lehrkräfte, die während der Corona-bedingten Pause zum Teil Schwierigkeiten darin hatten, ihre Kurse mit Materialien und Aufgaben zu versorgen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass das „MIAU-Programm“ meiner Meinung nach zukunftsweisend ist und uns auch gerade die Schulzeit während Corona aufgezeigt hat, wie wichtig es ist, sich mit Digitalen Medien und  deren Einsatz im schulischen Umfeld zu beschäftigen. Der Erfolg eines solchen Programmes hängt jedoch vom Etat und von der Bereitschaft der Lehrkräfte, sich und seinen Unterricht weiterentwickeln zu wollen, ab. Aufgrund dessen sollten im Vorfeld entsprechende Strukturen geschaffen werden, sodass es beispielsweise einheitliche Ausstattungen und Experten vor Ort gibt. Ferner sollten dann, sobald diese Strukturen geschaffen wurden, sowohl Lernende als auch Lehrende in die Pflicht genommen werden, diese zu nutzen. Dabei sollte auch insbesondere darauf geachtet werden, dass im Kollegium keine negative Stimmung aufkommt und die Möglichkeiten kollektiv mitgetragen werden.

Mir persönlich ist während dieser Zeit aufgefallen, dass ich mich in meiner Lehrerausbildung fortlaufend mit den Lernplattformen und hilfreichen Online Diensten beschäftigen möchte. Meiner Meinung nach bieten diese sehr einfache und hilfreiche Möglichkeiten, den Unterricht abwechslungsreich für mich selbst und für die jeweilige Lerngruppe zu gestalten.

 

Dieses Werk ist unter der CC-0-Lizenz veröffentlicht.

Auseinandersetzung mit der Bedeutsamkeit von Datenschutz

Auseinandersetzung mit der Bedeutsamkeit von Datenschutz

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Einleitung und kurze Zusammenfassung Seminarvortrag

Im Rahmen des Seminars “Mediendidaktik & Medienbildung. Reflexion und Bewertung von Einsätzen digitaler Elemente in die Lehre” habe ich zum Thema Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) und ihrer Bedeutung in der Schule für uns angehende Lehrkräfte referiert. Dabei ging es um

  1. die DSGVO im allgemeinen, ihre Entstehung und um die wesentlichen Grundsätze
  2. die Bedeutung der DSGVO für uns als Privatpersonen, v.a. im Sinne der Rechte, die Privatpersonen haben (wie das Marktortprinzip, die Datenübertragbarkeit )
  3. die Bedeutung der DSGVO in der Schule im Kontext des bremischen Schuldatenschutzgesetzes (dies war der ausführlichste Teil des Referats und soll in diesem Reflektionsbericht aber keine Rolle spielen)
  4. und als Ausblick habe ich auf das große Thema “Daten als Währung” verwiesen für das im Seminar leider kein weiterer Platz

Ich habe mich für das Referat intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und würde sagen, dass ich für den Vortrag tief im Thema “‘drin” war. Jetzt, rund drei Monate später, beobachte ich überrascht an mir selbst wie wenig präsent mir das Thema noch ist – insbesondere in Hinblick auf die obigen Punkte zwei und vier:

Warum bleibt die Bedeutung des Schutzes von persönlichen Daten für einen selbst (sogar nach intensiver Auseinandersetzung damit) so schwer zu greifen?

 

Die Schwierigkeiten der Frage warum Datenschutz für eine Privatperson wichtig ist

Warum ist Datenschutz denn überhaupt wichtig?

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zitiert eine Begründung des Bundesverfassungsgerichts1:

 

Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen.

 

Oder etwas knackiger formuliert der Bundesbeauftragte an anderer Stelle2:

 

Denn wer die Sammlung, Auswertung und Weitergabe von Daten zu seiner Person durch die verschiedensten Stellen in Staat und Wirtschaft nicht mehr nachverfolgen kann, verliert die Kontrolle darüber und damit auch einen Teil dieser Selbständigkeit und Mündigkeit

All dies erscheint erst einmal nachvollziehbar und einleuchtend. Warum wird Datenschutz dann nicht mehr von Privatpersonen “gelebt”?

Ich kann vor allem zwei Aspekte erkennen:

 

1.  Datenschutz im Alltag nervt.

Ein konkretes, persönliches Beispiel: meine Frau und ich haben gerade ein Problem mit unserer KFZ-Versicherung. Ich kann gut tagsüber mal telefonieren, meine Frau nicht. Meine Frau ist allerdings die Vertragsinhaberin. Die Versicherung sieht sich an der telefonischen Hotline aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in der Lage mir Auskunft zum Bearbeitungsstand zu geben.

Ständig muss man neuerdings Datenschutzerklärung unterschreiben. Beim Arzt, beim Arbeitgeber, bei Behörden. Die Uni Bremen tut sich intern(!) mit der Kommunikation zwischen verschieden Stellen schwer – aus Datenschutzgründen.

Im Internet klickt man ununterbrochen Consent Banner weg.

Hier muss man auch die Perspektive all dieser Anbieter und Institutionen betrachten: die Datenschutzauflagen zu berücksichtigen und umzusetzen kostet Geld und Zeit. Oftmals wird dies wohl als lästige Pflicht wahrgenommen und dann mitunter auch nicht besonders kundenfreundlich umgesetzt – “ist ja schließlich verordnet”.

Ich denke um hier Abhilfe zu schaffen muss sich zum einen eine stärkere gesellschaftliche Gewöhnung an das noch recht neue Thema entwickeln und zum anderen muss die Vorbereitung durch die Gesetzgeber besser werden. Aktuell sind die entsprechenden Vorgänge zu sperrig und zu umständlich oder auch in der realen Praxis einfach völlig ungeeignet: z.B. die Tatsache, dass man heutzutage auf praktisch jeder Webseite erst einmal den Cookie Consent Canner wegklicken muss, ist sicherlich nicht zielführend. Die wenigsten werden die Canner lesen und das Wegklicken bewusst tun. Hier sehe ich großes Potenzial und Bedarf für Verbesserungen.

Und sobald Datenschutz im Alltag weniger sperrig zu nutzen ist, sollte hoffentlich automatisch auch die Akzeptanz und die Gewöhnung steigen.

 

2.  Es werden praktisch keine ernsthaften Probleme für Privatpersonen bekannt, die mit (mangelndem) Datenschutz zu tun haben

Ein Thema sind beispielsweise Betrugsfälle in Bezug auf Zugangsdaten zu online Konten oder Bankkonten. Dass so etwas problematisch und die entsprechenden Daten zu schützen sind, ist offensichtlich und möchte ich an dieser Stelle abgrenzen von dem generellen Schutz personenbezogener Daten um den es wesentlich in der DSGVO geht.

Mir persönlich ist kein einziger Fall bekannt, wo eine Privatperson bewusst signifikante Nachteile auf Grund herausgegebener persönlicher Daten erlitten hat. Auch eine kurze Internetrecherche dazu bleibt praktisch ergebnislos. Unbewusst kann dies natürlich anders aussehen. Hier käme man schnell auf Themen wie Wahlmanipulation, was aber ebenfalls für Einzelpersonen schwer zu greifen ist und den Rahmen dieses kurzen Berichts sprengt.

Vielleicht bräuchte es das Bekanntwerden von Problemen für Einzelpersonen um das Thema mehr in der Gesellschaft bewusst zu machen. Allerdings könnte man auch die Frage aufwerfen, wenn keine Probleme entstehen, vielleicht ist der Datenschutz dann auch doch nicht so wichtig?

Die meiner Meinung nach eigentlich zu beantwortende Fragen lauten: Wodurch entstehen mir Nachteile, dadurch dass z.B. Amazon, Apple, Facebook, Google und co meine Daten haben? Oder viel mehr, wie merke ich diese Nachteile? Und wie wird darüber informiert? Die einzige sehr bekannte Konsequenz ist individualisierte Werbung. Wie sehr und ob das überhaupt ein Problem ist, wäre zu diskutieren. Die Möglichkeiten sich zu informieren sind begrenzt. Z.B informiert die Bremer Verbraucherzentrale in ihrem Artikel “Im Visier von Unternehmen: Die Jagd nach Kundendaten”3:

Persönliche Daten haben einen echten Wert und sollten auf diesem Wege [im Rahmen von Gewinnspielen] nicht preisgegeben werden.

Die Frage nach dem genauen Warum bleibt allerdings im Wesentlichen unbeantwortet. Und weiter

Wägen Sie ab, ob die meist mageren Preisnachlässe beim Einsatz von Kundenkarten die Offenlegung Ihres Konsumverhaltens wert sind!

Hier fehlt jeglicher Hinweis darauf wie man so etwas abwägen soll.

Ein letztes Problem, dass ich aus persönlicher Erfahrung nennen möchte, ist die bereits resignierte Einstellung vieler Personen. Nach dem Motto “Die haben doch eh schon alles, jetzt ist es auch egal” wird das Thema oftmals abgetan. Solang es keine sichtbaren Folgen gibt, fällt es schwer gegen dieses “egal” zu argumentieren.

 

Fazit

Mir scheint es noch ein weiter Weg zu sein, bis die Bedeutsamkeit des Schutzes von persönlichen Daten in der Gesellschaft “richtig ankommt”. Ich vermute die Gesellschaft benötigt Zeit sich an das Thema zu gewöhnen – vielleicht auch über die Generationen. Im Gegensatz zu beispielsweise meiner Schulzeit ist Datenschutz (hoffentlich) zunehmend Thema in den Schulen. Dies schlägt auch den Bogen zu unserer Lehramtsausbildung. Es ist auch an uns angehenden Lehrkräften in dem Thema fit zu werden und es in die Schulen zu tragen.

Außerdem ist es an der Politik den Umgang mit Datenschutz komfortabler zu gestalten und das Bewusstsein für seine Bedeutsamkeit in der Bevölkerung zu schärfen.

Der Ausblick meines Seminarvortrages bleibt: ein besonders wichtiges Anschlussthema wäre die Beleuchtung von Daten als Währung. Außerdem fände ich es auch spannend, das Thema Datenschutz einmal global einzuordnen. Wie sind die kulturellen Unterschiede?

Welchen Stellenwert hat Datenschutz in anderen Gesellschaften? Wie geht die Politik dort damit um?

Man könnte vermutlich leicht ein ganzes Seminar sinnvoll füllen.

 

1

h ttps://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Ueberblick/Was_ist_Datenschutz/Artikel/InformationelleSel b stbestimmung.html, zuletzt aufgerufen: 19.02.2020

2

h ttps://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Ueberblick/Was_ist_Datenschutz/Artikel/DasBundesdatens c hutzgesetzSichertPers%C3%B6nlichkeitsrechte.html, zuletzt aufgerufen am 19.02.2020

3

h ttps://www.verbraucherzentrale-bremen.de/wissen/digitale-welt/datenschutz/im-visier-v o n-unternehmen-die-jagd-nach-kundendaten-10688, zuletzt aufgerufen am 19.02.2020

 

Dieses Werk ist unter der CC-0-Lizenz veröffentlicht.

Die Sache mit der Online-Lehre…

Die Sache mit der Online-Lehre…

Während die Politik nicht müde wird, uns Studierende zu bedauern, weil wir unsere Zeit aktuell leider nicht so verbringen können, wie sich die breite Masse das Student:innenleben eben vorstellt, und die Medien von Corona-Müdigkeit und Lockdown-Langeweile berichten, habe ich ganz andere Sorgen. Langweilig war mir in den vergangenen Monaten mit Sicherheit nicht, ganz im Gegenteil: Das gesamte Semester über war ich dermaßen beschäftigt damit, irgendwelche Texte vor oder zwischen den Konferenzen, die auf verschiedensten Plattformen mal mehr, mal weniger erfolgreich stattfanden, zu lesen, „Hausaufgaben“ zu machen, abweichende Termine aus kryptischen E-Mails (gerne auch ohne Betreff, Anrede und/oder Grußformel), unterschiedlichen hochgeladenen Seminarplänen, Ankündigungen auf der Stud.IPVeranstaltungsseite und wieder anderen Ankündigungen unter dem Reiter „Meetings“ zu einem wöchentlich wechselnden Stundenplan zusammenzufügen und einfach (das war ein Witz) irgendwie mit dem Stoff mitzukommen, dass ich bis Mitte Januar gebraucht habe, mir einen Überblick über sämtliche Prüfungs- und Studienleistungen zu verschaffen. Dann kam der Schock-Moment: Für viele der Prüfungen war die Deadline wegen der ab März anstehenden Praxisphase vorgezogen. Dazu kam, dass das Semester coronabedingt später angefangen hatte und demnach auch später enden würde. Ich hatte also knapp eineinhalb Monate um zwölf verschiedene Hausarbeiten, Klausuren, Portfolios oder mündliche Prüfungen zu schreiben beziehungsweise abzulegen. Das bedeutete durchschnittlich zwei Leistungen pro Woche – zusätzlich zu all den Konferenzen und Co.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch ich bin nicht perfekt. Da ich allerdings bisher ohne größere Katastrophen durch mein Studium gekommen bin, möchte ich nicht so recht glauben, dass einzig und allein meine mangelnde Organisation an der Situation schuld wäre – zumal ich nicht den Eindruck habe, mit meinen Sorgen allein zu sein. Egal welche Kommiliton:innen oder Freund:innen ich frage: Keine:r sagte mir, das Semester liefe gut. Stattdessen wird sich über mangelnde Kommunikation, einen viel zu hohen Workload und undurchsichtige Angaben beschwert.

Aber was läuft denn eigentlich schief? Wir leben doch schließlich in einer digitalisierten Welt! Selbst mit meinen Eltern kommuniziere ich mittlerweile hauptsächlich über WhatsApp und Face-Time, wenn ich nachts aufwache und unbedingt wissen muss, ob Pinguine Knie haben, gebe ich die Frage bei Google ein, Häkeln und Seifesieden habe ich durch das Ansehen von Youtube-Tutorials gelernt und wenn ich mitten im Shutdown ganz dringend eine Heißklebepistole brauche, bestelle ich sie bei Amazon. Mein halbes Leben spielt sich online ab. Wieso scheint es da unmöglich, auch die Uni für ein paar Monate ins Netz zu verlegen?

Meine Theorie ist recht simpel: Weil nicht alle Beteiligten zu begreifen scheinen, dass auch online die gleichen Regeln gelten müssen, wie in der realen Welt. Das betrifft nicht nur die Lehre und vielleicht wird durch die folgenden, zugegebenermaßen etwas plakativen, Beispiele aus anderen Bereichen etwas einfacher ersichtlich, was ich meine. Seien es Trolle, die sich in sozialen Netzwerken… nun ja… nicht unbedingt den gesellschaftlichen Vorgaben betreffend respektvoller Kommunikation entsprechend verhalten, Menschen, die ihre Rechnungen vom Online-Händler ewig liegen lassen oder solche, die auf eine Frage per SMS einfach nicht antworten – ich wage zu bezweifeln, dass sich sonderlich viele von diesen Personen im wahren Leben trauen würden, auf einem öffentlichen Platz Leute niederzumachen, ohne zu bezahlen aus dem Supermarkt zu marschieren und der Kassiererin zuzurufen „Ich bezahle dann in einem halben Jahr“ oder inmitten eines Gespräches vis-à-vis ohne vorige Ankündigung aus dem Raum zu spazieren. So funktioniert gesellschaftliches Zusammenleben einfach nicht. Warum sollte das online anders sein?

Was bedeutet diese Theorie also für die „Home-Uni“? Betrachten wir dafür zunächst nur die Lehre an sich. Probleme in diesem Semester waren unter anderem, dass oft nicht klar war, was eigentlich das Lernziel der Sitzung oder auch des ganzen Kurses war, dass in manchen Seminaren nur die Hälfte der Termine überhaupt stattfanden, dass die einzelnen Sitzungen teils wenig strukturiert erschienen und dass sich, ob absichtlich oder nicht, nicht immer an grundlegende Kommunikationsregeln, wie zum Beispiel „nicht ins Wort fallen“ gehalten wurde – weder seitens der Studierenden noch der Dozent:innen. Dazu kam, dass es in einigen Kursen keine begleitenden Präsentationen gab, die Dozierenden zum Teil nicht einmal selbst die Kamera angestellt hatten, teilweise noch drei Tage vor der Prüfung die Modalitäten neu definiert wurden und dass der zusätzliche Workload, der durch einige Arbeitsformen in der Fernlehre entsteht (beispielsweise wenn Seminarsitzungen durch seitenweise Text, der in der Stunde sonst zusammengefasst vorgetragen worden wäre, zum selbst erarbeiten ersetzt werden) oft nicht einberechnet wurde. All diese Sachen, von mangelnder Struktur bis hin zum Fehlen von Respekt in der Kommunikation und von Anerkennung in Form von Credits für geleistete Arbeit sind nicht deshalb schlimm, weil sie online stattfanden. Sie hätten auch in der Präsenzlehre zu Unmut geführt. Ich möchte nicht verschweigen, dass auch viele Studierende sich nicht angemessen verhalten haben. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wenn die Lehrenden keine Lust haben, den ganzen Tag gegen eine Wand aus kleinen schwarzen Rechtecken zu sprechen, hinter denen sich nicht selten Student:innen verbergen, die nur mit halbem Ohr zuhören, weil sie nebenbei Geschirr spülen oder Candy Crush spielen. Dies geschah allerdings, meinen Beobachtungen nach, viel weniger in „guten“ Veranstaltungen als in den Negativbeispielen. Die große Frage lautet also „Was ist gut?“. Um sie zu beantworten, möchte ich im Folgenden eine Liste mit Aspekten aufstellen, von denen „die Forschung und ich“ uns wünschen würden, dass sie von allen Lehrenden berücksichtigt würden:

  1. Lehre will geplant sein. Das bedeutet nicht nur, dass von vornherein deutlich kommuniziert werden sollte, wie sich die Rahmenmodalitäten gestalten (Taktung, Dauer, Prüfungsform, et cetera), sondern, dass auch die Lernziele und die Didaktik als Weg, über den die angestrebten Kompetenzen erreicht werden sollen, klar sein müssen (Ulrich, 2016, S. 37-49).
  2. Lehrende brauchen gewisse Präsentationskompetenzen. Dazu gehört neben Kenntnissen aus den Bereichen Rhetorik, inhaltlicher Strukturierung und Mediennutzung auch das große (und wichtige!) Feld der Kommunikation (ebd., S. 75-84).
  3. Ein dritter sehr wichtiger Aspekt ist der der zwischenmenschlichen Interaktion: Freundlichkeit und Respekt sowie Fairness und Erreichbarkeit sind nur einige der Schlagwörter, die das Lernklima und so auch das Lernen an sich maßgeblich beeinflussen können (ebd., S. 89-98). Auch die persönliche Beratung (zum Beispiel im Rahmen von Sprechstunden) von Studierenden fällt in diese Kategorie und stellt eine Kernaufgabe der Lehre dar (ebd., S. 149-152).
  4. Gewisse Kenntnisse aus den Bereichen der Lerntheorie (Wie fördere ich Lernen? Wie didaktisiere ich Material? Wie motiviere ich Studierende? Wie kann ich auf die Bedürfnisse einer konkreten Lerngruppe besser eingehen?) wären ebenfalls für jede:n Lehrende:n, egal ob in der Schule, dem Studium oder der Erwachsenenbildung, wünschenswert, da sie nachhaltiges Lernen stark erleichtern können (ebd., S. 103-136).
  5. Last but not least: Weil kein Mensch perfekt ist und sich die Anforderungen an Lehre im Laufe der Zeit ständig ändern, sind auch Evaluation, Reflexion und letztlich Innovation nicht aus dem Kontext des Lehrens und Lernens wegzudenken (ebd., S. 157-194).

Reicht es denn dann, wenn ich einfach diese fünf grundsätzlichen Gebote der Hochschullehre einhalte, egal ob ich mich online oder offline bewege? Ich fürchte nicht. Beiden „Welten“ liegen verschiedene Umstände zu Grunde, an die sich zusätzlich angepasst werden muss. Bezüglich des Beispiels „Einkaufen“ müssen Käufer und Käuferinnen akzeptieren, dass es im Netz zwar häufig ein größeres Angebot gibt, es aber sehr viel schwieriger ist, fachkundige Beratung zu erhalten. Stattdessen müssen gegebenenfalls Testberichte und Rezensionen gelesen und Informationen eigenständig recherchiert werden. Ebenso bietet auch die Online-Lehre Vor- und Nachteile, die gegebenenfalls berücksichtigt beziehungsweise ausgeglichen werden wollen. So zum Beispiel erfordert E-Learning von den Studierenden große Anstrengungen im Bereich der Selbstregulation und auch eine erhöhte „Gefahr einer kognitiven Überlastung der Lernenden aufgrund komplexer Instruktionsdesigns“ besteht (ebd., S. 140). Vor diesem Hintergrund erscheint es umso wichtiger, dass Online-Lehre nicht so umfangreich, sondern so didaktisch passend wie möglich konzipiert wird. Zudem sollte auf technische Aspekte, Lernpersönlichkeiten, Nachvollziehbarkeit und Ähnliches geachtet werden (ebd., S. 141-143).

Eine besondere Rolle kommt außerdem der Kommunikation zu. Dass sie die Basis einer jeden erfolgreichen Zusammenarbeit, ob online oder offline, ist, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass sie für vier der fünf aufgeführten Hauptaspekte (lediglich Punkt vier könnte sich, wenn auch nur eingeschränkt, ohne umsetzen lassen) überaus bedeutsam ist. Doch nicht nur das: Gerade in einer so ungewöhnlichen Situation wie jetzt, wo wir alle einer gewissen Pandemie wegen soziale Isolation betreiben, sollten wir, meines Erachtens nach, darauf achten, zumindest noch unsere Kommunikation aufrecht zu erhalten. Wie sonst sollten wir noch Brücken schlagen? Wie, wenn nicht durch offene Kommunikation, sollten Lehrende erfahren, wie es gerade den Lernenden geht und anders herum? Und außerdem: Was ist ein Mensch ohne andere Menschen? Ich denke, dass wir gerade jetzt, während wir uns körperlich voneinander entfernen, zumindest im Gespräch mehr denn je aufeinander zugehen sollten – um unserer eigenen Menschlichkeit willen!

Ein Gedanke, der mir während des Schreibens kam, ist, dass interessanterweise viele der aufgelisteten Punkte in meinen Augen nicht nur für die Hochschullehre, sondern auch für das „ganz normale Leben“ von Bedeutung sind: Strukturen vorgeben und sich daran halten, auf die (Körper-)Sprache achten, Höflichkeit zeigen, empathisch handeln, die eigene Sichtweise darstellen und die persönlichen Denk- und Handlungsmuster hinterfragen – all das sind Sachen, die auch zum Alltag irgendwie dazugehören. Sich mit ihnen zu beschäftigen, könnte aus uns also nicht nur bessere Lehrende und Lernende machen, sondern auch bessere Menschen.

Genug des Philosophierens. Zum Schluss möchte ich nur noch einen kleinen Hinweis aussprechen: Während der Recherche für diesen Artikel, bin ich auf ein Buch gestoßen, welches mir schlicht und ergreifend aus der Seele sprach. Die Rede ist von Immanuel Ulrichs „Gute Lehre in der Hochschule. Praxistipps zur Planung und Gestaltung von Lehrveranstaltungen.“, erschienen 2016 im Springer-Verlag. Es war keine Faulheit, derer wegen ich in diesem gesamten Text keine andere Quelle zitiert habe. In diesem Buch stand einfach kurz und simpel erklärt alles drin, was ich im letzten Semester vermisst habe, daher habe ich keine Notwendigkeit gesehen, mich noch anderweitig umzuschauen. Vor diesem Hintergrund möchte ich dessen Lektüre allen Lehrenden und solchen, die es werden wollen, wärmstens ans Herz legen. Studentische Dankbarkeit wäre Ihnen gewiss! 😉

 

Bibliographie

Ulrich, Immanuel (2016): Gute Lehre in der Hochschule. Praxistipps zur Planung und Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Reflexionsbericht: Das Inverted Classroom Model und Gamification

Reflexionsbericht: Das Inverted Classroom Model und Gamification

Photo by Liam Shaw on Unsplash

 

Im Rahmen des Seminars habe ich mich vertiefend mit dem Inverted Classroom Model

(ICM) auseinandergesetzt, sowie mit Gamification in diesem Zusammenhang. Im Fol-

genden Bericht werde ich die Ergebnisse meiner Recherche reflektieren und auf die mei-

ner Meinung nach größten Chancen sowie die Risiken eines gamifizierten ICMs einge-

hen.

Durch das ICM soll die Zeit im Klassenraum, die zuvor für die Vermittlung von Inhalten

benötigt wurde, für Vertiefungs- und Übungsphasen genutzt werden. Dies setzt voraus,

dass die Schüler_innen (SuS) sich zuvor mit den Inhalten auseinandergesetzt haben, was

bereits der erste kritische Punkt in diesem Modell ist. Zunächst muss nämlich sicherge-

stellt sein, dass alle SuS nach Unterrichtsende Zugang zu den Materialien haben und die

nötige Technik bedienen können, um die Inhalte abzurufen. Dies stelle ich mir unter Um-

ständen und je nach dem sozioökonomischen Umfeld der SuS schwierig vor und kann zu

Mehraufwand für die Lehrkraft führen. Nur weil der Zugang sichergestellt ist, bedeutet

dies aber nicht automatisch, dass die SuS sich auch mit den Inhalten befassen und sie

verstehen, wenn dies nicht unter der Aufsicht der Lehrkraft geschieht. Dieser Punkt gilt

zwar auch für traditionelle Hausaufgaben, aber dabei werden Inhalte vertieft, geübt und

diskutiert und nicht wie beim ICM von den SuS in Eigenregie erschlossen. Es erscheint

mir daher riskanter, den SuS derart viel Verantwortung für ihr Lernen zu übergeben.

Wenn die SuS die Inhalte nämlich nicht verstehen oder sich nicht mit ihnen auseinander-

gesetzt haben, kann die Vertiefungsphase im Unterricht nicht zielführend oder nur einge-

schränkt stattfinden. Daher gilt es meiner Meinung nach besonders bei der Einführung

des ICM, dass die Lehrkraft zunächst eine Sicherung des Wissensstandes der SuS macht,

bevor mit der Übung und Vertiefung der Inhalte fortgefahren wird.

Um die SuS dazu zu motivieren, sich mit den Inhalten zu befassen und Verantwortung

für ihr eigenes Lernen zu übernehmen, kann Gamification eingesetzt werden. Das bedeu-

tet, dass spieltypische Elemente in das ICM eingebaut werden, ohne dass daraus ein Lern-

spiel wird. Hierbei wird in strukturelle und inhaltliche Gamification unterschieden. Struk-

turell heißt, dass das System gamifiziert wird, also auf der Plattform, wo die Lerninhalte

bereitgestellt werden, Abzeichen erteilt werden, wenn die SuS alle Inhalte einer Lernein-

heit abgeschlossen haben oder dass ein Skillbaum ihnen den Lernweg aufzeigt, den sie

durch das Bearbeiten der Inhalte einschlagen. Solche Elemente können meiner Meinung

nach zu einer besseren Übersicht für die SuS dienen und manche SuS anspornen, besser

als ihre Klassenkamerad_innen sein zu wollen. Andererseits kann gerade letzteres im

Umkehrschluss auch dazu führen, dass SuS den Anschluss verlieren beziehungsweise re-

gelrecht demotiviert werden, wenn sie als letzter das Lernziel erreichen und das im

schlimmsten Fall auch noch von allen SuS eingesehen werden kann. Es muss also sicher-

gestellt sein, dass die Veröffentlichung von Ergebnissen nur unter Einverständnis der SuS

erfolgt und sie auf einen sensiblen Umgang miteinander geschult werden. Dies gilt aber

ebenso für den traditionellen Unterricht.

Um wirkliches Interesse an dem Material, das es zu bearbeiten gilt, hervorzurufen, ist

inhaltliche Gamification besser geeignet als strukturelle, denn hierbei werden die Inhalte

selbst gamifiziert. Das kann in Form einer Geschichte, in die der Lernstoff eingebettet

wird, geschehen oder dadurch, dass die SuS aus unterschiedlichen Medien wie Text, Au-

dio oder Video auswählen können. Hierdurch kann die im ICM gewünschte Verantwor-

tungsübernahme der SuS für ihr eigenes Lernen meiner Meinung nach gefördert werden,

aber es bedarf auch zusätzlicher Arbeit und Kompetenzen der Lehrkraft, um die Lernin-

halte inhaltlich zu gamifizieren. Ich möchte abschließend auf das Thema der Medienkom-

petenz und Materialbeschaffung eingehen, da es meiner Meinung nach das größte

Problem bezüglich eines gamifizierten ICMs darstellt.

Inhaltsvermittlung findet im traditionellen Unterricht in Form von Lehrervorträgen oder

durch Medien wie Texte, Videos oder Audiodateien statt. Im ICM sollen vor allem circa

zehnminütige Videos genutzt werden, was dazu führen kann, dass der Umgang mit ande-

ren Medienarten nicht ausreichend gelehrt wird und bestimmte Kompetenzen, wie das

Leseverstehen, nicht im selben Maße gefördert werden wie es in der traditionellen Unter-

richtsgestaltung der Fall ist, sofern die Lehrkraft unterschiedliche Medien verwendet. Da-

her sollten im ICM meiner Meinung nach entweder auch andere Medienarten eingesetzt

werden und die Videos immer um Untertitel ergänzt werden. Diese Forderung verstärkt

allerdings den Kritikpunkt der Materialbeschaffung und den Aufwand für die Erstellung

geeigneter Materialen. Mit steigender Klassenstufe erhöht sich die Komplexität der In-

halte und es wird zunehmend aufwändiger, die Inhalte so zu überarbeiten, dass sie in

Form von zehnminütigen Videos dargestellt werden können, die dann im besten Fall auch

noch für den inklusiven Unterricht differenzierbar sind. Hier muss es Unterstützung für

die Lehrkräfte geben in Form von Fortbildungen auf geeignete Software und Datenban-

ken, wo Inhalte geteilt und optimiert werden können, sowie in Form von einem Ausbau

an mediendidaktisch ausgebildetem Personal, das die Lehrkräfte bei der Auswahl, Opti-

mierung und Erstellung von Inhalten unterstützen. Hier sehe ich besonders in Bremen

fortschrittliche Angebote durch die landesweite Lernplattform für Schulen, itslearning.

Für sie gibt es beispielsweise eine Kooperation mit der Firma sofatutor, durch die Videos

für unterschiedliche Fächer und Jahrgangsstufen bereitgestellt werden. Inwiefern diese

Angebote weiter ausgebaut werden und es ausreichend Fortbildungen für die Lehrkräfte

gibt, kann ich allerdings noch nicht beurteilen. Damit werde ich mich im weiteren Verlauf

meines Studiums und meiner Forschung befassen.

Alles in allem kann durch ein gamifiziertes ICM meiner Meinung nach viel gewonnen

werden, besonders da SuS in ihrem Tempo und nach ihren Kompetenzen und Vorlieben

die Lerninhalte bearbeiten und sich aneignen können. Für die Lehrkraft erscheint es al-

lerdings zunächst sehr viel Arbeit zu sein, die Inhalte angemessen zu gestalten und be-

reitzustellen. Hier bedarf es Möglichkeiten des Austausches und der Kollaboration zwi-

schen mehreren Lehrkräften, denn das vorteilhafte an digitalen Materialien ist ja, dass sie

einfach zu reproduzieren sind, sofern die Technologie kompatibel ist. Sofern diese Hürde

überwunden wird, sehe ich einen großen Vorteil in der Verwendung des ICMs darin, dass

die SuS bei der Übung und Vertiefung der Lerninhalte von der Lehrkraft und ihren Mit-

schüler_innen unterstützt werden können.

 

 

 

 

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