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Im Rahmen des Seminars „Mediendidaktik & Medienbildung. Reflexion und Bewertung von
Einsätzen digitaler Elemente in die Lehre“ im Wintersemester 19/20 hat meine Gruppe sich
näher mit dem „Inverted Classroom Model“ (ICM) beschäftigt. In dieser Gestaltung haben wir
versucht, mit Hilfe eines Informationsvideos die Teilnehmer*innen des Seminars auf das
Thema vorzubereiten, sowie die Essenz des ICM in den Ablauf unserer Gestaltung mit
einzubauen. In der Präsentation selbst haben wir zunächst den Ablauf einer Unterrichtsstunde
in der traditionellen Lehre mit dem Ablauf einer Unterrichtsstunde nach dem ICM verglichen,
um den Seminarteilnehmer*innen den Unterschied graphisch näherzubringen. Bevor mehr in
die Theorie des Modells eingegangen wurde, fanden wir es sinnvoll, dessen geschichtlichen
Hintergrund zu recherchieren und vorzustellen, damit die Intentionen der Begründer, sowie
das ursprüngliche Umfeld des Modells zu erläutern. Als Basis der Theorie wurde Benjamin
Blooms „Taxonomie der Lernziele“ herangezogen (vgl. Sams 2017, S. 15), welche laut den
Begründern Bergmann und Sams nicht Bottom- up, sondern Top- down durchlaufen werden
sollen (vgl. ibid., S. 16-17). Nachdem wir darauf eingegangen sind, stellten wir verschiedene
Probleme dar, die aufkommen könnten, Anreizsysteme um einigen davon entgegenzuwirken,
sowie Vor- und Nachteile der Einbindung des ICM in den eigenen Unterricht.
Bevor ich mich mit diesem Thema im Rahmen des Seminars beschäftigt habe, wusste ich nicht
viel darüber. Die Vorgehensweise war mir jedoch schon unterbewusst bekannt, da es in
meiner eigenen Schulzeit nicht unüblich war, dass man zur Vorbereitung auf den Unterricht
schon ein Video über das Thema bei Youtube schauen sollte. Dies war allerdings nicht in einer
größeren Einheit inmitten anderer, ähnlicher Videos eingebettet und von der Lehrkraft selbst
erstellt, sondern so wie in unsere Gestaltung von einer anderen Person erstellt und losgelöst
von dem Aufbau der Einheit vorgeschoben. Auch die Struktur mancher Seminare bzw.
Blockseminare ist ähnlich aufgebaut, wenn Student*innen das Material vor der Veranstaltung
lesen sollen, damit im Seminar die Inhalte besprochen, vertieft und aufgebaut werden
können.
Nachdem ich den schon vorhandenen Alltagsbezug erkannt habe, stieg mein Interesse für das
Thema. Denn bei der Wahl der Themen überließ ich meinen Gruppenmitgliedern die
Entscheidung, da ich alle Themen gleichwertig unbekannt und gleichzeitig interessant fand.
Besonders interessant fand ich jedoch, was für Möglichkeiten sich auftun, wenn die Lehrkraft
einen Großteil der Unterrichtszeit für produktiven und aktiven Unterricht MIT den SuS nutzen
kann, und nicht für Frontalunterricht nutzen muss. So bleibt im Idealfall Zeit für größere
Projekte oder Gruppenarbeiten, welche sonst den Rahmen einer Unterrichtseinheit
übersteigen würden. Dennoch dürfen auch die Risiken der Methode nicht unterschätzt
werden, da ein gewisses Maß an Selbstdisziplin von Lehrer- wie auch Schüler*innenseite
benötigt wird. Zum einen müssen die Materialien zeit- und ortsunabhängig zu jeder
Unterrichtsstunde vorbereitet und allen SuS zur Verfügung gestellt werden, aber auch die SuS
müssen die Motivation und die Disziplin aufbringen, die Materialien zuverlässig vor den
Stunden zu schauen oder zu bearbeiten. Dieses Aufbringen von Motivation von beiden Seiten
kann, je nach Lehrkraft und Lerngruppe, zu einem unproduktiven Unterricht führen.
Besonders verwundert war ich über die verschiedenen Anreizsysteme, welche SuS dazu
motivieren sollen, das bereitgestellte Material gewissenhaft und zuverlässig vor dem
Unterricht zu bearbeiten. Als wir uns über das Thema informiert haben, ist uns sofort die feine
Grenze zwischen Motivationsanreiz und belastender Kontrolle aufgefallen, die eine Lehrkraft
mit der Implementierung verschiedener Anreizsysteme balancieren muss. Besonders bei
traditionellen Kontrollsystemen wie KPIs (Key Performance Indicator) oder frei zugänglichen
Ranglisten der erbrachten Leistungen der SuS unterstützen die soziale
Bezugsnormorientierung und somit eine Form von, meiner Meinung nach, nicht unbedingt
motivierendem Leistungsdruck unter den SuS. Integrierte Übungsfragen ohne Konsequenzen
und Vergleiche mit den Ergebnissen Anderer, oder Belohnungssysteme für erreichte
Leistungen ohne Konsequenzen für nicht erreichte Leistungen empfinde ich als motivierender.
Damit ist nicht die Leistung im Unterricht selbst gemeint, sondern die
Leistung in kleinen Abfragungen in den Lernvideos selbst, um ein aufmerksames Zuschauen
zu fördern.
Zuletzt gingen wir auf ein paar Vor- und Nachteile des ICM ein. Da die Methode von der
Lehrkraft idealerweise erwartet, dass für jede Lerngruppe spezielles Lernmaterial in Form von
Lernvideos erstellt wird, ist dies ein enormer Zeitaufwand. Wohingegen es große Pools bei
traditionellem Material gibt, die der Lehrkraft die Unterrichtsplanung bzw. die
Materialbeschaffung oder -erstellung erleichtern, gibt es bei Erklärvideos eine hohe rechtliche
Barriere was das Copyright und die Nutzungsrechte angeht, dass dies den Pool der
verfügbaren Materialien erheblich einschränkt. Zudem wären diese Videos nicht von der
Lehrkraft selbst erstellt, sondern von Außenstehenden, die die Lerngruppe nicht kennen.
Anders als bei traditionellem Material, können Lernvideos nicht so leicht angepasst werden.
Wenn die Lehrkraft jedoch diesen Einsatz zeigt und alle Materialien eigens für die individuellen
Lerngruppen erstellt, kann aktives Lernen und Individualisierung von Lerntempo und Lernweg
gefördert werden. Lernerzentriertere Materialien könnten somit die Problematik des
homogenen Lehrkörpers (Lehrkraft), die einem heterogenen Lernkörper (die SuS) gerecht
werden soll, entgegenkommen.
Abschließend lässt sich sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich das ICM in meinen eigenen
Unterricht integrieren werde. Auf der einen Seite scheint der Arbeitsaufwand relativ groß zu
sein, auf der anderen Seite scheinen die Individualisierungsmöglichkeiten endlos. Ich kann mir
sehr gut vorstellen, diese Methode bei längeren Projektarbeiten im Fach Geographie zum
Beispiel einzusetzen, wenn die Projektarbeit an sich sinnvoller wäre, im Klassenverband zu
erarbeiten und das nötige Theoriewissen vor den Unterricht ausgelagert werden kann.
Allgemein fand ich die Gruppenarbeit für dieses Thema sehr angenehm und problemlos, was
auch daran lag, dass uns so viele Freiheiten bei der Gestaltung gegeben wurden. Auch die
anderen Seminarthemen fand ich weitestgehend sehr interessant, da ich mich zuvor noch
nicht viel mit dem Thema „Medien in der Lehre“ beschäftigt hatte. Zukünftig möchte ich mich
auf jeden Fall tiefer mit dem Thema der Rechtsgrundlagen beschäftigen, aber auch
Gamification finde ich sehr interessant, da es einen Lebensweltbezug für die SuS darstellen
kann.

Bibliographie:
Sams, Aaron. Der „Flipped” Classroom. In: Das Inverted Classroom Model. Begleitband zur
ersten deutschen ICM-Konferenz. Handke, Jürgen und Alexander Sperl (Hrsg.). München:
Oldenbourg, 2012. S. 13-23.