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How can you tell me not to be happy?

There’s snow all around me

A never-ending winter

How can you tell me not to smile?

When my heart is full of love

And full of life

Let me shine through the dark for you

Let me show you what you miss;

Let me show you that the world

Is beautiful

 

Ich lebe an einem Ort, wo es immer schneit. Ich liebe den andauernden Winter und die Kälte. Lächelnd begrüße ich alle Personen, die in meinem Winterwunderland vorbeikommen. Es macht die Leute glücklich den Schnee um mich herum zu beobachten. Es erfüllt sie mit Freude.

Ich laufe immer mit warmen Wintersachen umher. Graue Wollmütze, roter Schal mit weißen Punkten und rote Fäustlinge. Obwohl ich ein dickes Fell habe, will ich nicht riskieren, bei der Kälte krank zu werden, meine rote Nase ist schon immer kalt genug und um krank zu sein ist die Zeit einfach zu kostbar. Die Leute, die mich allerdings betrachten, müssen sich nicht warm anziehen um nicht krank zu werden, weil der Schnee sie nicht erreicht. Es ist, als wäre der Schnee durch etwas begrenzt, dass meine Winterlandschaft beschützt. Wie eine Kuppel, die alles Böse und Gute fernhält.

Aber lasst mich euch eine Geschichte über den Tag  erzählen, an dem sich alles änderte. Es war ein ruhiger Morgen, der Schnee hatte sich schon vor Stunden niedergelegt und bisher war auch kein neuer Schnee zu erahnen. Dennoch roch ich den Schnee in der Luft und es war immer noch kalt. Also zog ich mir pflichtbewusst meine Wintersachen über. Die Sonne strahlte hell und es war keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Friedlich, so dachte ich.

Doch dann erzitterte die Erde. Alles bebte auf einmal. Schnee fiel wahllos von den Bäumen um mich herum und landete auf dem vibrierenden Boden. Was war das nur? So etwas war hier vorher noch nie passiert. Noch nie war die Welt erzittert. Noch nie hatte ich solche Angst.

Und noch nie… konnte ich schweben. Denn das war, was in diesem Moment geschah. Plötzlich gab es keine Schwerkraft mehr. Meine Angst verschwand und ich wackelte mit meinen Armen und Beinen, die einfach so in der Luft hingen. Ich lachte vor Begeisterung; Ich konnte schweben!

Die wirkliche Magie nahm aber erst dann ihren Lauf. Der ganze Schnee, der auch gerade noch von den Bäumen gefallen war, begann sich vom Boden zu lösen. Alles glitzerte, während der Schnee immer höher stieg und am Ende überall um mich herum verteilt war. Sogar der Schneemann, den ich vor ein paar Tagen gebaut hatte schwebte mit einem Lächeln aus Knöpfen durch unsere Winterlandschaft. Die Schneeflocken hüllten ihn fast komplett ein. Sie waren wie kleine Sterne, die das Licht reflektierten und an uns weitergaben.

Doch dann hörte man einen Knall und der ganze Schnee, mein Schneemann und ich selbst rasten dem Boden so schnell entgegen, dass mir schwindelig wurde. Auf einmal war meine Angst wieder da und überdeckte mit voller Wucht meine Begeisterung, die ich vor einem Moment noch empfunden hatte.

Der Boden kam näher und näher… und dann war er da. In dem Moment, in dem ich den Boden berührte, dachte ich, es wäre vorbei. Doch zum Glück gab es ja den Schnee. Dieser machte meine Landung zwar nicht weich, allerdings dämpfte der Schnee meinen Aufprall gut genug. Dennoch war mir kurz schwindelig und ich musste mich erst wieder orientieren.

Als ich mich dann umschaute, sah ich nur Chaos. Der Schnee wirbelte wie wild hin und her und es dauerte ein paar Sekunden, bis dieser sich wieder legte, dann aber sah ich meinen Schneemann. Meinen Schneemann der jetzt platt auf den Boden lag, nun mit einem halben Lächeln, weil ein paar Knöpfe fehlten und die Bäume um mich herum ihre Wipfel hängen ließen.

Doch nachdem ich diese Sachen bemerkt hatte, blendete mich etwas aus meinem Augenwinkel heraus. Es war ein Licht, dass von hoch oben auf mich herab schien. Normalerweise gab es solches Licht hier nicht; Solch helles, blendendes Licht. Und dieses Licht kam aus einem Spalt, einem Riss in der Kuppel. Das Licht war so schön, ich konnte es nur noch anstarren. Es machte mich fröhlich. Langsam stand ich auf und ging auf das Licht zu. Immer und immer weiter. Ich war noch nie so weit gegangen, nie zuvor hatte ich das Bedürfnis danach, doch jetzt packte mich die Abenteuerlust und als ich schon sehr lange gegangen war, lief ich plötzlich gegen etwas Unsichtbares. Ich tastete die unsichtbare Wand vor mir ab und merkte dann auch, dass ich mittlerweile direkt unter dem Riss in der Kuppel stand. Doch deswegen bemerkte ich auch etwas anderes; es war gar keine Kuppel, die sich über mein Winterwunderland spannte. Es war eine Kugel, die es einhüllte. Ich saß in einer Kugel aus Glas fest. Es war immer noch wunderschön hier drinnen, trotz des Chaos. Aber durch den Riss im Glas fragte ich mich, was da draußen wohl für eine Welt ist und in diesem Moment beschloss ich etwas: Ich würde hier rauskommen!

Ich bin ein Rentier. Ich werde das Rentier sein, dass die Kuppel bezwingt. Ich lebe in dieser Kugel, die mit Schnee gefüllt ist, einer Schneekugel. Doch irgendwann werde ich zu dem Riss in der Kuppel meiner Schneekugel gelangen und dann werde ich sehen, was da draußen auf mich wartet. Vielleicht wartet ja sogar ihr da draußen auf mich. Wünscht mir Glück!

Euer Rentier

6 Kommentare

  1. Anna Keppel

    Hey Janina,

    was ein schöner Text! Ich finde es eine sehr kreative Idee, die Perspektive eines Rentiers aus der Schneekugel zu beschreiben . Dein Schreibstil ist total lebhaft und führt einem den Gegenstand gut vor Augen. Irgendwie passt die kleine Schneekugel-Welt auch gut zu der Situation in der wir uns alle gerade befinden. Im Lockdown, der Blick auf eine (vielleicht) verschneite Welt außerhalb des Fensters und der Blick auf den Laptop-Bildschirm mit der Hoffnung eines Tages von all den Einschränkungen befreit zu sein.
    Unser Winter ist bestimmt auch irgedwann vorbei!
    Danke für deinen Text:)

    Anna

    • Janina

      Hey Anna,
      ich habe das bisher gar nicht bedacht, dass man die Beobachtung auf die Corona Situation beziehen kann. Finde ich gut, dass du darauf gekommen bist:).
      Janina

  2. Vivien

    Hi Janina!
    Super schöner Text 🙂 Ich glaube du hattest schon einmal erwähnt, dass du hobbymäßig schreibst? Zumindest liest sich der Text schön und wirkt auch vom Stil her sehr poetisch und tiefgründig! Man könnte ihn auf die derzeitige C-Situation beziehen und die dadurch entstandene Einsamkeit, bezüglich der Isolation etc.

    Liebe Grüße 🙂

    • Janina

      Hey Vivien,
      ja, hatte ich tatsächlich erwähnt, dass ich gerne schreibe:). Danke für dein Feedback!

  3. Christina

    Heeey Janina,
    ich musste so oft grinsen, als ich deinen Text gelesen habe. Richtig niedlich, wenn man dazu noch das kleine grinsende Rentier vor Augen hat und super kreativ 🙂
    Hab nichts auszusetzen!

    • Janina

      Danke für dein Lob! Manchmal war ich mir nicht sicher, ob das grinsende Rentier in meiner Geschichte auch mal geschockt oder entschlossen sein kann, aber dann scheine ich das ja richtig gemacht zu haben;).

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