Prüfungsleistung Exzerpt

Hallo zusammen!

Meine große Schwester veröffentlicht bald ihr erstes Kinderbuch. Sie hält mich immer auf dem Laufenden und ich helfe so gut ich kann, falls Fragen aufkommen. Ein Thema haben wir in dem Zuge besonders ausführlich besprochen, nämlich Diversität und Repräsentation von Minderheiten in Kinderbüchern. Seitdem bin ich sensibilisiert für dieses Thema. Generell bin ich das schon seit ein paar Jahren, allerdings nie in Bezug auf Kinderbücher, da ich damit  sonst keine Berührungspunkte habe.

Hier folgt nun mein Exzerpt zu diesem Thema. Ich befasse mich mit dem Artikel „Mehr Vielfalt in Kinderbüchern“ von Luise Sammann. Der Text erschien am 15.02.2021 auf der Webseite der „deutschlandfunkkultur“ unter der Kategorie „Zeitfragen“. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Konzept „Exzerpt“ richtig umgesetzt habe, also falls ihr Verbesserungsvorschläge habt, immer her damit!:)

Luise Sammann beginnt ihren Text mit der Forderung vieler Wissenschaftler*innen: Die Anzahl der Darstellung von Immigrationsgesellschaften in Kinderbüchern soll in Zukunft steigen. Als Stütze dieser Forderung wird dann ein Kontext genannt, in welchem dies bereits Realität ist: Der Online-Shop „Tebalou“, der 2018 von Tebogo Nimindé-Dundadengar gegründet wurde. Der virtuelle Bücher- und Spielzeughandel bietet keine Produkte an, die ausschließlich weiße, binärgeschlechtliche Kinder ohne Migrationshintergrund ansprechen sollen, sondern es werden z.B. Bücher angeboten, die die diverse Gesellschaft realistisch repräsentieren. Zum Sortiment gehören also u. A. Malstifte mit unterschiedlichen Hauttönen, statt das veraltete Hellrosa, das als sogenannte Hautfarbe gilt, aber eben nicht auf alle Kinder, die damit spielen, zutrifft. Außerdem wird ein Fokus auf die Bild- und Symbolebene in Bilderbüchern für Kleinkinder gelegt, denn es sei wichtig, „dass schwarze Menschen vorkommen, dass Kinder mit Behinderungen vorkommen oder auch unterschiedlichste Familienmodelle. Also alles, was ein bisschen aus der sogenannten Norm fällt, nehmen [sie] in [ihren] Bestand auf.“ (Abs.4, Z.2ff.). Aber Diversität muss nicht zwingend zum Hauptthema eines Buches gemacht werden, sondern sie kann auch ganz nebensächlich auftauchen, wie etwa statt – wie meistens – ein hellhäutiges Kind als Protagonist*in, stattdessen mal ein dunkelhäutiges Kind darzustellen. Menschen mit Behinderungen, verschiedene Hautfarben usw. gehören zum Bild dieser Welt dazu, also sollte es laut Autorin des Artikels auch völlig normal sein, diese darzustellen, ohne den Schwerpunkt darauf zu legen. Beispielsweise schadet es den in Deutschland überrepräsentierten weißen Kindern meiner Meinung nach nicht, wenn sie damit konfrontiert würden; aber die Kinder, die sich nun vielleicht endlich mal mit einer Hauptfigur identifizieren können, profitieren womöglich enorm davon, da sie als Teil der Gesellschaft anerkannt werden. Ihre Existenz wird also schlichtweg beachtet. Mir fällt auf, wie absurd es ist, dass wir im Jahr 2021 leider noch diese Diskussion aufgreifen müssen. Es sollte selbstverständlich sein, dass auch Minderheiten oft genug in Kinderbüchern auftauchen. In dieser Debatte wird oft mit der niedrigeren Wirtschaftlichkeit solcher Nischen argumentiert. Aber bedeutet das, dass ein Buch, das die Abenteuer eines Kindes mit dunkler Haut zeigt, nicht von den Menschen gekauft wird, die beabsichtigen, das Buch einem Kind mit heller Haut zu geben? Und wenn das so wäre, warum erwartet man dann mit einer erschreckenden Doppelmoral dasselbe andersherum? Warum lässt man also den Eltern, deren Kinder zu Minderheiten gehören, nicht die Wahl, welches Buch sie haben möchten, sondern erwartet, dass sie sich mit den „immerblonde[n] Prinzessinnen und Charaktere[n] wie de[m] Dauerbrenner Conni“ (Abs.8, Z.5f.) abfinden? „Bücher sollen Spiegel und Fenster sein[.]“ (Abs.7, Z.1.). „Spiegel, um sich selbst und seinen Platz in der Welt in Büchern wiederzufinden. Fenster, um auch Einblicke in andere Lebensrealitäten zu erhalten.“ (Abs.7, Z.1ff.). Denn ungefähr die Hälfte der Kinder, die in deutschen Großstädten leben, haben heutzutage einen ausländischen Hintergrund. Kinder fangen schon früh an, ihren Platz in der Gesellschaft zu suchen und orientieren sich da an verschiedenen Rollenbildern, die ihnen vorgelebt werden. Aber was ist, wenn Kinder, die zu Minderheiten gehören, keine Vorbilder haben können, weil es diese schlichtweg nicht in Büchern, Filmen usw. gibt? Es fehlt ihnen oft an positiven Selbst- und Weltbildern. Ein Phänomen, das man meiner Meinung nach doch ganz einfach verhindern könnte, indem man ein realistisches Bild der Variabilität innerhalb der deutschen Gesellschaft zeichnet.

Welche Fortschritte gibt es in Sachen Diversität in Kinderbüchern?

Mein Eindruck ist, dass die Sensibilität für dieses Thema in der Gesellschaft insgesamt steigt, wobei sie in unterschiedlichen Kreisen auch unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Es gibt nach wie vor Menschen, die der Diversität unseres Landes und unserer Welt sehr kritisch gegenüberstehen und kein Problem im aktuell vorherrschenden Angebot für Kinderbücher sehen. Jedoch sorgt diese Ignoranz bezüglich der Notwendigkeit solcher Diskussionen und Angebote, die vielmals wissenschaftlich belegt wurde, für Steine im Weg der Menschen, die das Thema ernst nehmen und etwas verändern wollen. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass das KMI-Siegel seit ca. 3 Jahren Bücher für Jugendliche, Kinder und Babys ehrt, die besonders divers gestaltet wurden und auch viele Verlage ziehen aus eigenem Interesse dabei mit. „Wir haben als Marktführer im Kinderbuch[bereich] eine große Verantwortung, Kinderbilder in Büchern so zu prägen, dass sie […] [Diversität] als Selbstverständlichkeit [darstellen] […].“, sagte z.B. der Programmleiter des Carlsen-Verlags Frank Kühne (Abs.12, Z.2 ff.). Zudem helfen sogenannte sensivity reader innerhalb des Verlags dabei, Texte auf Diversität bzw. kulturelle Sensibilität hin zu überprüfen.

Welche Kritiken nennt der Text?

Kritisiert wird  beispielsweise die Anhäufung von Geflüchteten-Geschichten auf dem deutschen Kinderbuch-Markt: Kinder mit Migrationshintergrund könnten dadurch stärker stigmatisiert werden. Allerdings halte ich persönlich es für überaus sinnvoll, auch die Geschichten der Flüchtlingskinder in die deutschen Kinderbücher mit aufzunehmen, da dies eben auch zu einem Teil unserer Kultur geworden ist und in Zukunft auch noch weiterhin ein Teil bleiben wird. Beispielsweise sind viele Gastarbeiter*innen letztendlich nicht in ihre Heimatländer zurückgekehrt sondern haben sich langfristig ein Leben in Deutschland aufgebaut und somit die deutsche Kultur zum Teil mitgeprägt. Dies wird ebenfalls vermutlich  der Fall sein, wenn geflüchtete Menschen auf lange Sicht in Deutschland bleiben. Des Weiteren wird Kritik an den Menschen geübt, die Kinderbücher verfassen: Meist sind es weiße, weibliche Autorinnen, die gut in die Gesellschaft integriert sind. Es sollte laut Luise Sammann auch unter der Autorenschaft mehr Diversität geben. Zuletzt wird im Text die Kritik an der Umsetzung der Ideen für mehr Diversität genannt: Oft richten sich die Bücher an Kinder der Mehrheitsgesellschaft, denen beigebracht werden soll, Minderheiten z.B. gerechter zu behandeln. Die Kinder, die tatsächlich persönlich betroffen sind, werden dadurch aber nicht angesprochen, sondern manchmal sogar auf Podeste gestellt und durch die neue Einheit der Kinder der Mehrheitsgesellschaft noch weiter ausgeschlossen bzw. als fremd angesehen. Als Beispiel wird eine Geschichte verwendet, in der weiße, satte Schafe ein schwarzes Schaf aufnehmen und ihr Essen mit ihm teilen. Dies ist zwar im Kerngedanken ein guter Ansatz, aber es impliziert trotzdem, dass es ein schwarzes Schaf innerhalb einer Gesellschaft gibt, um das sich gemeinsam gekümmert werden muss und für dessen Unterstützung die restlichen Schafe zusammenhalten müssen. Es fördert keinen gegenseitigen Respekt und bietet keine adäquate Identifikationsmöglichkeit für die Kinder, für die in dem Fall das schwarze Schaf steht.

Wie wird es mit der Diversität in deutschen Kinderbüchern weitergehen?

Es wird noch Jahre dauern, bis diese Themen in den Köpfen der Menschen wie selbstverständlich verankert sind, da bestimmte Rollen- und Gesellschaftsbilder sich über Jahrhunderte hinweg festigen konnten und der Abbau dieser Denkmuster und das Verstehen und Anerkennen verschiedener Lebensrealitäten durchaus mit Aufwand und Offenheit seitens der Gesellschaft und einzelner Personen verbunden ist. Eine Veränderung ist aber deutlich spürbar und wird auch weiterhin von verschiedenen Interessensgruppen angestrebt.