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Die Menschen an der Brücke

Es ist 12:03 Uhr und ich sitze auf einer nassen Bank am Werdersee mit Blick auf die Fahrrad- und Fußgängerbrücke. Ich habe mich nur auf den Rand der Bank gesetzt, es ist also nicht ganz so bequem.
Auf der anderen Seite sehe ich ein blaues Zelt, kann aber in den 15 Minuten keine Menschen drumherum entdecken. Die Weser ist ruhig, man kann aber kleine Wellen vom Wind erkennen. Zwischendurch hört man Möwen schreien.

Die meisten Menschen, die ich sehe, fahren Fahrrad. Ich kann also nicht jeden genau beobachten. Ich sehe eine Frau auf einem Fahrrad mit gestresstem Blick. Eine Frau mit einer lila Hose, einer pinken Jacke und pinken Ohrenschützern auf einem Fahrrad. Einen jungen Mann auf einem Fahrrad, der einen dünnes Schlautuch bis unter seine Augen gezogen hat mit einem Fahrradhelm. Ich sehe nur seine Augen, die einen bösen Blick vermuten. Viele Menschen auf dem Fahrrad haben es eilig. Oder fahren einfach schnell Fahrrad.  Wie eine Frau, die eine Bomberjacke mit dem Schriftzug „Evolution“ trägt.
Dann sehe ich eine Frau, ich schätze sie auf Mitte 40, sie trägt einen langen Zopf. Sie hat zwei größere Hunde an 2 langen,  neongrünen Leinen. Sie ruft ihnen ein paar Mal hinterher. Sie scheinen gerade nicht gut zu hören.
Eine ältere Dame läuft hektisch an mir vorbei. Sie ist vollkommen in schwarz gekleidet, trägt lediglich einen regenbogenfarbenen Regenschirm. Eine junge Frau mit einem Kinderwagen, um den sie einen Regenschutz gelegt hat läuft an meiner Bank vorbei. Sie hat das Kind jedoch vor ihre Brust gebunden, schaut lächelnd nach unten in das Gesicht des Babys. Dabei telefoniert sie.  Währenddessen joggt ein sehr sportlich aussehender jüngerer Mann an mir vorbei. Er hat schwarze Sportklamotten mit neongelben Streifen an. Die Rückseite seiner Beine und sein Rücken sind etwas schmutzig.
Die Frau mit den beiden Hunden kommt wieder an mir vorbei und geht diesmal über Brücke. Sie lobt ihre Hund mit „super fein“.
Ein Mann transportiert auf einem Fahrrad auf dem Gepäckträger eine Kiste Wasser.  Ein älterer Mann mit einer hellbauen Jacke spaziert alleine an mir vorbei und schaut mir direkt ins Gesicht.
Als ich auf die andere Seite schaue, sehe ich die Frau mit den zwei Hunden wieder. Ihre langen, neongrünen Leinen schleifen auf dem Boden hinter ihr.
Die letzten beiden Menschen, die an mir vorbeilaufen sind eine ältere Dame und ein älterer Herr. Sie trägt grüne Schuhe und eine lilane Mütze, er ist vollkommen in schwarz gekleidet. Die Dame hat sich bei dem Herrn eingehakt. Während er spricht schaut er mich für ein paar Sekunde an, lässt sich aber von mir nicht stören.
Jetzt ist es 12:17 Uhr. Es ist etwas regnerisch und ich mache mich auf den Weg nach Hause.

Es fiel mir schwer, auszublenden, dass es für die Lesenden interessant sein soll. Ich hoffe, es ist nicht all zu langwierig.

4 Kommentare

  1. Annika (Tut)

    Hey Christina,
    vielen Dank für deine Beobachtung!
    Ich merke, dass du viele Eindrücke aufgeschrieben hast und auch mehr als die visuellen Eindrücke geschildert hast. Super! Es ist ganz normal und auch erwünscht, dass du erst einmal alles versuchst, zu dokumentieren, was dir wichtig erscheint. Wenn du später das richtige Beobachtungsprotokoll nach der Anleitung im StudIP Ordner verfasst, konzentrierst du dich nach der Beobachtung beim Schreiben auf die Aspekte, die dir in einer gewissen Fragestellung oder in einem bestimmten thematischen Fokus in deiner Interpretation sinnvoll oder wichtig erscheinen. Es ging in dieser Übung ja erst einmal darum, sich mit der Aufgabe vertraut zu machen, und das hast du ja wunderbar geschafft! 🙂 Versuche vielleicht bei der nächsten Beobachtung auch deine olfaktorischen Eindrücke zu schildern, manchmal kommen dabei auch noch interessante Aspekte der Situation ans Tageslicht. Insgesamt lässt sich aus deinen Beobachtungen doch auch schon einiges herauslesen: Wie wird die Brücke genutzt? Ist es vielleicht ein Transit Raum (Augé), da so viele Fahrradfahrer wirken, als hätten sie es eilig? Oder nutzen manche diese Brücke auch als Aufenthaltsort? Warten sie dort? Usw. usw. usw. 🙂
    Ein paar Gedanken und Ideen von mir, vielleicht können sie dich inspirieren für die richtige Beobachtungsaufgabe.

    LG Annika

  2. Isabella

    Hey Christina 🙂 ich finde deine Beobachtung sehr eindrücklich & die hast die gesehenen Personen schön detailreich beschrieben. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass du etwas zu bewertend/interpretierend die Leute beobachtest, aber ansonsten finde ich deinen text super 🙂

    • Christina

      Hey Isabella, danke für dein Feedback. Du hast recht, ich muss auch echt sagen, dass mir die Aufgabe, auch im Seminar, echt schwer fiel. Wollte am liebsten direkt alles interpretieren, ansonsten kam es mir irgendwie langweilig. Hoffe, es ist trotzdem ganz ok geworden 🙂

  3. Jona

    Christina, ich finde deine Beobachtung sehr gelungen! Ich kann das Gefühl, welches du am Ende geschildert hast, auf jeden Fall gut nachvollziehen. Man selber nimmt den Moment natürlich viel lebendiger und detaillierter wahr. Dennoch konnte ich mir sehr gut die Menschen und den Ort vorstellen. Klingt aus meiner Erfahrung auf jeden Fall wie ein typischer Tag am Werdersee mit den schnellen Radfahrern 🙂

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