Praxis des Forschens

In der Vorlesung vom 09.12.2021 ging es um die Praxis des Forschens. Dafür wurden die beiden Gastdozierenden Andrea Muehlebach und Götz Bachmann eingeladen und es entstand eine Art Diskussionsrunde.

Da ich diese Vorlesung besonders interessant und auch hilfreich für das kommende Beobachtungsprotokoll fand, welches wir über die Weihnachtsferien schreiben müssen, möchte ich in diesem Blogeintrag versuchen, sie etwas zusammen zufassen und meine Gedanken dazu festhalten.

Bachmann erzählte zu Beginn der Vorlesung direkt von einigen seiner Feldforschungen. In dieser Vorlesung bezog er sich allerdings primär auf seine längste Forschung, welche über vier Jahre andauerte. Ich frage mich hier, ob es wohl schwer ist über einen so langen Zeitraum zu forschen, sich dabei intensiv mit dem Ort und den Menschen zu beschäftigen und eventuell freundschaftliche Beziehungen zu den einzelnen Menschen aufbaut, um nach Abschluss der Forschung dann wieder alles hinter sich lassen zu müssen. Bleibt der Kontakt zu den Menschen dann noch bestehen oder löst man die neu gewonnenen Beziehungen dann wieder komplett auf? Das ist sicherlich ein Punkt, der von der Situation abhängt und den jede Person für sich selbst entscheiden muss. Vielleicht lernt man aber auch, im Laufe der unterschiedlichen Forschungen damit umzugehen und findet eine Lösung, die am besten für einen selbst passt und funktioniert.

Bachmann erklärte außerdem, dass der schwierigste Schritt in die Forschung der Einstieg sei und erzählte von der „Angst des Forschens“ und der Prokrastination, um den Start der Forschung hinauszuzögern. Tatsächlich ist es auch für mich persönlich eine komische Vorstellung, an einen mir fremden Ort zu gehen und dort zu forschen. Dieser Schritt wird für mich wohl jedes Mal eine Überwindung sein und so hat es mich doch sehr beruhigt, dass diese Angst offenbar gängig zu sein scheint.

Bachmann betitelte die ersten Schritte in der Forschung als „hingehen und abhängen“. Hört sich für viele sicherlich erst mal leicht an, wenn ich allerdings länger darüber nachdenke, ist dies wohl wirklich der schwerste Schritt. Vor allem, als er anhand eigener Beispiele aufzeigte, dass man manchmal gar nicht wirklich reinkommt und das Forschen dadurch eventuell nicht funktioniert, weil man keinen sogenannten „Türöffner“ findet. Natürlich ist es einerseits gut zu hören, dass es absolut normal ist, sollte die Forschung mal nicht so gut voran kommen, andererseits würde es mich vermutlich dennoch sehr demotivieren, sollte das bei mir passieren.

Da das Forschen nach Muehlabach und Bachmann sehr unangenehm sein könne und speziell die ersten Tage und Wochen wirklich hart seien, gaben sie uns noch hilfreiche Tipps mit auf den Weg. Sie erklärten beispielsweise, dass es ganz wichtig sei, sich einen „Türöffner“ zu suchen, durch den der Start in die Forschung leichter gemacht wird. Also eine Person innerhalb des Forschungsbereiches, die kein Problem damit hat, dass über ihren Bereich geforscht wird und direkt bereit ist Fragen zu beantworten. Dadurch wird es auch für die anderen Personen normalisiert. Außerdem dürfe man sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Man sollte sich dementsprechend kurz und knapp vorstellen und seinem Gegenüber dadurch vermitteln, dass man sich nicht über sie stellt. Man sollte vorsichtig an die Forschung herangehen, aber auch nicht zu vorsichtig. Darüber hinaus könne es manchmal auch sinnvoller sein, einfach nur Geräusche aufzunehmen oder eine Skizze von der Situation zu zeichnen, anstatt etwas aufzuschreiben. Es wurde auch betont, dass es sehr wichtig sei, die Menschen zum sprechen zu bringen, um dann auch Zitate in die Forschung mit aufnehmen zu können.

Die Vorlesung hat mich nun viel näher mit dem Beobachtungsprotokoll beschäftigen lassen, welches ich demnächst verfassen muss. Ich habe mich im Anschluss intensiv damit auseinander gesetzt, an welchem Ort ich dieses schreiben möchte und zu welcher Zeit es dann am sinnvollsten für die Beobachtung wäre. Ich bin auch sehr froh, dass es sich erst mal lediglich um eine Beobachtung in einem Zeitraum von einer Stunde handelt. Das wird sicherlich ein guter Einstieg sein. Ich weiß nun auch ungefähr, wie ich am besten in die Beobachtung starten und mich dementsprechend vorbereiten kann und dass es auch nicht schlimm ist, dass ich nicht objektiv in eine Situation reingehen kann, ich mir dessen allerdings bewusst sein muss und es dadurch sehr wichtig ist, mich selbst zu reflektieren.

von Hanna Lossau

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2 Kommentare

  1. Liebe Hanna,
    das klingt nach einer wirklich interessanten Vorlesung, die ich selber in meinem ersten Semester nicht hatte. Die Punkte die du hier nochmal aufgeschrieben hast, sind wirklich wichtige Eckpunkte für eine Forschung. Gerade der Einstieg kann schwer fallen. Der „Türöffner“, andere nennen es auch „Patron“, ist definitiv hilfreich. Da kann man sich auch zwei Fragen stellen: 1. gehe ich in ein wirklich fremdes Feld und muss mir meinen Zugang hart erarbeiten?, oder 2. Gehe ich in ein bekanntes Feld oder in ein Feld in dem ich schon bin?
    Ethnologie und Kulturwissenschaft wird traditionell immer mit dem „Fremden“ verbunden. Mittlerweile gibt es aber auch Richtungen, die einen ermöglichen in der eigenen Kultur/Gesellschaft und dem eigenem Umfeld zu forschen. Dabei spielt die „Angst vorm Forschen“ auch nochmal eine andere Rolle. Ich habe einmal in meiner Arbeitsstelle geforscht. Dann kam es zu Problemen und das war am Ende auch einer der Gründe weshalb ich den Job verlassen habe. Wenn man also im privaten Raum Forscht, kann das auch zu Problemen führen, auch wenn der Zugang am Anfang leichter ist. Man muss sich immer bewusst sein, was für Auswirkungen die Forschung haben kann, und dann auch auf Rückschläge gefasst sein und davon lernen. Vielen dank für deinen interessanten Beitrag.
    VG
    Jan

  2. Ich kann die „Angst des Forschens“ absolut nachvollziehen. Mir geht es da genauso, denn mir fällt es auch immer sehr schwer einfach fremde Menschen anzusprechen und mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Gerade in den letzten 1,5 Jahren hat man den Kontakt zu anderen Menschen ja eher vermieden, weshalb es möglicherweise noch schwerer wird auf sie zuzugehen und sie einfach anzusprechen. Ich bin mir sicher, dass ich diese Aufgabe nur mit einem „Türöffner“ bewältigen kann, da ich von Natur aus in gewissen Dingen eher introvertiert bin. Es ist eine gute Möglichkeit einen einfacheren Einstieg zu finden.
    Ich hoffe es klappt alles so, wie du dir das bei deiner Forschung vorstellst! Viel Erfolg!

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