Das Coronavirus, auch COVID-19 genannt, hält uns seit Anfang des Jahres in Atem und hat unseren Alltag gravierend verändert. Es dürfen sich nur eine bestimmte Anzahl an Menschen treffen, es muss ein Mindestabstand eingehalten werden und in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Einkaufen muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Zeitweise waren ein Großteil der Geschäfte geschlossen oder sind es bis heute noch, Kindergärten und Schulen mussten geschlossen werden, zahlreiche Betriebe mussten ihre Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit schicken oder gar Insolvenz beantragen. Die Wirtschaft wurde weitgehend heruntergefahren, was sich nicht nur auf jeden einzelnen von uns auswirkt, sondern auf ganz Deutschland.
Bis zum 30.6.2020 haben sich 194.259 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert (Robert Koch-Institut (RKI) 2020). Von denen sind ungefähr 179.100 Menschen wieder genesen, 8973 Menschen starben an den Folgen, sodass momentan noch ungefähr 6186 Fälle in Deutschland aktiv sind (RKI 2020). Insgesamt hat sich die Lage in Deutschland und Bremen etwas beruhigt und es gibt mittlerweile neue Erkenntnisse über das Coronavirus. Dies hat dazu geführt, dass zahlreiche Lockerungen in Kraft getreten sind. Das heißt jedoch nicht, dass das Virus aus der Welt ist, wie beispielsweise der Ausbruch des Virus in einem Schlachthof in Gütersloh zeigt (Tagesschau 2020). Der Ausbruch hat dafür gesorgt, dass die Zahl der aktiven Fälle in Deutschland innerhalb von 10 Tagen von ca. 4800 auf knapp 7000 anstieg (Gersemann 2020). Damit ist die Zahl der aktiven Fälle zwar immer noch fast zehnmal kleiner als zum Höhepunkt der Pandemie Anfang April, dennoch muss achtsam mit dieser Entwicklung umgegangen werden.
Quelle: Olaf Gersemann (WELT) 2020.
Auch wenn sich das Virus scheinbar langsamer verbreitet und sich Stand jetzt nicht so viele Menschen mit dem Virus infizieren, so hat das Virus jetzt schon fatale Folgen hinterlassen. Wie im ersten Absatz beschrieben, mussten zahlreiche Betriebe und Unternehmen Kurzarbeit anmelden und leiden unter der Pandemie. So auch die Bremischen Häfen.
Insgesamt gibt es acht Häfen im Land Bremen, je vier in Bremen und Bremerhaven (Raveling 2019). Der flächenmäßig größte Hafen ist das Container Terminal in Bremerhaven. Dieser ist zugleich der viertgrößte Containerhafen Europas. Insgesamt arbeiten im Land Bremen ca. 40.000 Menschen in der Hafen- und Logistikwirtschaft. Werden zusätzlich alle daran anknüpfenden Jobs hinzugezählt, fällt jeder dritte Arbeitsplatz in Bremen und Bremerhaven auf die Hafen- und Logistikwirtschaft zurück! (Raveling 2019). Der Güterumschlag für alle acht Häfen in Bremen und Bremerhaven lag 2019 bei 69,4 Millionen Tonnen, von denen wurden ungefähr 17,5% in Bremen umgeschlagen, 82,5% entfallen auf die Häfen in Bremerhaven. (Hafenspiegel 2019: 9ff.).
Quelle: Bremenports Hafenspiegel 2019 S. 9
Aufgrund der Coronakrise wird für 2020 ein weiterer Rückgang der Zahlen erwartet. Im Land Bremen sind die Exporte allein im April 2020 im Vergleich zum April 2019 um ca. 62% zurückgegangen (Boekhoff 2020). Damit ist der Rückgang doppelt so hoch, wie im Bundesschnitt. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das für das Land Bremen, dass im April 2020 nur noch Ausfuhren im Wert von 600 Millionen Euro exportiert worden sind, während es im April 2019 noch Ausfuhren im Wert von 1,5 Milliarden Euro waren (Boekoff 2020). Besonders der Fahrzeugumschlag in den Bremer Häfen ist seit der Coronakrise enorm eingebrochen. Im April 2020 wurden nur noch 88.000 Autos umgeschlagen, das sind mehr als 50% weniger als im März 2020 oder im April 2019 (Boekhoff 2020). Es kann noch nicht abgeschätzt werden, wie hoch die gesamten Verluste sein werden und wie diese sich auf die Hafen- und Logistikwirtschaft und allgemein auf die Bremer Wirtschaft auswirken werden. Allerdings werden die Zahlen als dramatisch bezeichnet und es ist unbedingt nötig, den Abwärtstrend so schnell wie möglich zu stoppen.
Aus: Boekhoff / Marx (2020): Exporteinbruch macht auch Bremen zu schaffen. Weser Kurier
Quelle: Bremenports Monatliche Schnellstatistiken April 2020
Die Coronakrise hat dazu geführt, dass zahlreiche Hafenarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden mussten. Teilweise wurden sogar Kündigungen ausgesprochen, hierbei handelt es sich ausschließlich um befristete Verträge (Harbers / Florenkowsky 2020). Wie lange die Kurzarbeit andauern wird, kann bis zum heutigen Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden. Der Logistikdienstleister BLG betreibt unter anderem das Autoterminal in Bremerhaven und hat Zahlen veröffentlicht, die verdeutlichen, wie groß der Einfluss der Coronakrise ist. Im April 2020 wurden dort 20% weniger Container umgeschlagen, im Mai 2020 waren es 15% weniger(Lenz 2020). Diese Zahlen bedeuten für das Unternehmen große Verluste, die sich wiederum auf die Bremer Häfen auswirken. Laut des Unternehmens sind mittlerweile 1/3 der Mitarbeiter in Kurzarbeit. (Lenz 2020).
Aufgrund der Pandemie wurde seitens des Bremer Senats die Taskforce „Bremische Häfen“ gegründet, die zur Bewältigung der Krise ins Leben gerufen wurde (Schilling 2020). Es wurden bereits erste Maßnahmen getroffen, um den Bremer Häfen unterstützend zur Seite zu stehen. So gab Claudia Schilling (SPD), die Senatorin für Wissenschaft und Häfen, bekannt, dass neben der Miet- und Pachtzahlungen für den Zeitraum 1.4.2020-30.6.2020 auch die Hafengebühren gestundet werden können (Schilling 2020). Dies ermöglicht den Reedereien und Hafennutzern, Zahlungen aufzuschieben und diese zu einem späteren Zeitpunkt zu zahlen. Des Weiteren kündigte die Senatorin an, auf die geplante Erhöhung des Erbbauzins zu verzichten. Sie bezeichnet die Häfen als „Motor der Wirtschaft im Land Bremen“ (Hanuschke 2020), daher ist es notwendig diese Maßnahmen zu treffen. Je nach Situation kann die Stundung jederzeit um weitere drei Monate verlängert werden, allerdings können die Forderungen nach aktuellem Stand nur bis zum 31.12.2020 gestundet werden. (Schilling 2020).
Insgesamt stehen die Bremer Häfen, genau wie die gesamte Wirtschaft des Landes Bremen vor einer ungewissen Zukunft. Es kann nicht eingeschätzt werden, wie lange wir noch mit der Pandemie zu kämpfen haben und wie weitreichend die Folgen für die Wirtschaft sein werden. Fest steht nur, dass die Pandemie gravierende Folgen für die Wirtschaft haben wird und sich das ganze Wirtschaftswesen verändert wird, aber wie und in welcher Form, das bleibt offen. Die bisher bekannten Zahlen zeigen jedoch, dass enorme Verluste zu erwarten sind bzw. bereits eingetroffen sind. Die Politik muss Lösungen finden und den Unternehmen zur Seite zu stehen, denn daran hängen Existenzen und tausende Jobs. Es darf nicht passieren, dass noch mehr Unternehmen und Betriebe Insolvenz anmelden müssen oder tausende Menschen ihre Jobs verlieren. Ein Anfang ist mit der Taskforce und mit der Stundung der Hafengebühren gemacht, jedoch wird noch mehr nötig sein, damit alle Unternehmen und Betriebe die Pandemie überleben und die Bremer Häfen weiterhin wirtschaftlich stark bleiben. Die Bremer Häfen sind nicht nur für das Land Bremen von großer Bedeutung, sondern für die gesamte Wirtschaft Deutschlands.
Quellenverzeichnis:
- Boekhoff, Lisa (2020): Bremer Exporte sinken um fast 62 Prozent. Weser Kurier. https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-wirtschaft_artikel,-bremer-exporte-sinken-um-fast-62-prozent-_arid,1919078.html letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Boekhoff, Lisa / Marx, Friederike (2020): Exporteinbruch macht auch Bremen zu schaffen. Weser Kurier. https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-wirtschaft_artikel,-exporteinbruch-macht-auch-bremen-zu-schaffen-_arid,1917560.html letzter Zugriff: 30.6.2020.
- bremenports (2020): Hafenspiegel Bremische Häfen 2019. Freie Hansestadt Bremen. https://bremenports.de/wp-content/uploads/2017/03/2019_Hafenspiegel_.pdf letzter Zugriff: 30.6.2020.
- bremenports (2020): Monatliche Schnellstatistiken Bremische Häfen April 2020. Freie Hansestadt Bremen. https://bremenports.de/wp-content/uploads/2017/05/Seeg%C3%BCterumschlag_04_2020.pdf letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Gersemann, Olaf (2020): Aktive Coronafälle seit Anfang Juni. https://twitter.com/OlafGersemann/status/1277844786322575366 letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Hanuschke, Peter (2020): Stundung von Hafengebühren soll ermöglicht werden. Weser Kurier. https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-wirtschaft_artikel,-stundung-von-hafengebuehren-soll-ermoeglicht-werden-_arid,1907613.html letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Harbers, Sonja / Florenkowsky, Patrick (2020): BLG, Eurogate, GHB: So trifft die Corona-Krise diese 3 Hafenbetriebe. buten un binnen. https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/coronavirus-kurzarbeit-hafen-bremerhaven-100.html letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Lenz, Folkert (2020): BLG erwartet 2020 offenbar Verlust. buten un binnen. https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/kurz-notiert/blg-verlust-corona-hafen-100.html letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Raveling, Jann (2019): Die 8 Bremer Häfen im Portrait. Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. https://www.wfb-bremen.de/de/page/stories/maritime-wirtschaft-und-logistik/hafen-in-bremen letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Robert Koch-Institut (2020): COVID-19-Dashboard. https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_0/ letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Schilling, Claudia (2020): Stundung der Hafengebührenforderungen nach den §§ 6 bis 9 der Bremischen Hafengebührenordnung für die Zeit vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 aufgrund der Coronakrise. Die Senatorin für Wissenschaft und Häfen. https://www.wissenschaft-haefen.bremen.de/detail.php?gsid=bremen109.c.51562.de letzter Zugriff: 30.6.2020.
- Tagesschau (2020): Mittlerweile 1029 Infektionen bei Tönnies. https://www.tagesschau.de/inland/toennies-corona-fleischindustrie-103.html letzter Zugriff: 9.7.2020.
Der Export-Einbruch um 62% ist schon enorm und es ja noch nicht absehbar, ob es nach der Krise wieder auf das alte Niveau hochgeht oder der Welthandel im Abwärtstrend bleibt (schon vor Corona gab es ja Einbrüche und eine Krise des multilateralen Handelsregimes, wie wir in Lerneinheit 4 gesehen haben). Die Krise kann auch zu Veränderungen von Marktanteilen der Nordrange-Häfen untereiander und gegenüber dem Mittelmeerraum führen. Es wäre wirklich spannend zu erfahren, wie im Senatsressort über diese Fragen nachgedacht wird.
Was könnte denn die Bremer Hafenpolitik in dieser Situation sonst noch machen?