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Vielleicht doch ein MP3-Player? Wer weiß…

PRÜFUNGSLEISTUNG BEOBACHTUNGSAUFGABE

– INTERPRETATIONSTEIL

Hallo, liebe Leser:innen!

Ich möchte euch den Interpretationsteil meiner Beobachtungsaufgabe zeigen. Den Beobachtungsteil findet ihr hier: KLICK.

Ich habe mich gefragt, ob ihr auch ähnliche Erfahrungen gemacht habt oder ob ihr weitere Beispiele habt, also freue ich mich auf den Austausch in den Kommentaren!

Los geht’s! Ich habe angefangen mit einer Art Vorwort. Dann folgte meine Beobachtung (die hier natürlich fehlt) und anschließend kam mein Interpretationsteil.

 

Bevor ich über die Menschen schreibe, die ich gesehen habe, möchte ich auf die Genderthematik eingehen. Die Personen, die ich gesehen habe, trugen meistens nämlich beispielsweise geschlechtertypische Kleidung oder hatten deutlich erkennbare sekundäre Geschlechtsmerkmale, sodass ich oft automatisch an eins der beiden durch kulturellen Einfluss geprägten Geschlechter (also weiblich und männlich) denken musste, obwohl mir bewusst ist, dass es diverse Geschlechter gibt, die durchaus durch grobe Äußerlichkeiten nicht klar festgelegt werden können. Aus diesem Grund werde ich vor den Geschlechtsangaben – die meiner Meinung nach ein wichtiger Teil der Beobachtung sind – das Wort „vermuteter/vermutete“ setzen, sodass möglichst deutlich wird, dass diese Angaben nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. Andererseits möchte ich diese Angaben nicht im Interpretationsteil nachholen, da es vermutlich den Lesefluss im Beobachtungsteil stören würde.

Schon bereits am Anfang meiner Forschung fiel mir auf, dass man im Alltag gewissermaßen permanent interpretiert und Vermutungen aufstellt. Die erwähnte Geschlechterthematik war das erste, was mir auffiel, doch es gab noch weitere Fälle. Beispielsweise im Bezug auf das Alter der Personen und die daraus resultierenden Beziehungen zwischen ihnen. Bei einer vermuteten Frau mit einem vermuteten Mädchen denkt man z.B. sehr schnell an eine Mutter mit ihrem Kind. Sähe die Erwachsene aber z.B. jugendlicher aus, würde man vielleicht eher an Geschwister denken. Auch bei Menschen, die eine bestimmte Art von Kleidung tragen, denkt man plötzlich an dazu passende Berufe, obwohl es auch andere Berufe mit ähnlicher Kleidung sein können. Des Weiteren habe ich bei Menschen, die zügig unterwegs waren gemutmaßt, dass sie in Eile sind oder ein konkretes Ziel haben, wobei ich hingegen Personen, die langsam liefen, für Spaziergänger hielt, da sie entspannter auf mich wirkten. Außerdem versuchte mein Kopf immer, fehlende Informationen selbst hinzuzufügen. Als ich beispielsweise den vermuteten Mann mit Kopfhörern sah, führte das Kabel in seine Jackentasche, wo ich ein Handy erwartete, da es für unsere Kultur und unseren technischen Standard typisch ist. Stattdessen könnte sich dort allerdings auch einfach ein altmodischer MP3-Player befinden. Anhand verschiedener Gesichtsausdrücke kam ich beim Beobachten auch immer auf bestimmte Stimmungen, die vielleicht auch nicht der Wahrheit entsprechen. Jemand der ernst guckt, kann dadurch schlecht gelaunt aussehen. Ich habe außerdem angefangen, mich für die Leben dieser eigentlich fremden Menschen zu interessieren. Der vermutete Mann, der bei unserer zweiten Begegnung einen volleren Rucksack trug als bei unserer Ersten, war meiner Einschätzung nach wahrscheinlich beim Supermarkt am Ende der Straße und brachte nun seine Einkäufe nach Hause. Ob das stimmt, kann man ohne weitere Informationen nicht wissen, aber die Interpretation des Gesehenen und Geschehenen passiert regelrecht automatisch. Mir fiel auf, dass er mich etwas länger anschaute, als würde er bemerken, dass ich vorher auch schon in dieser Straße war.

 

Also, habt ihr noch weitere Beispiele?

Wo seid ihr vielleicht angeeckt?

Wo kamt ihr ins Stocken?

Worüber macht ihr euch noch immer Gedanken?

Lasst uns darüber in den Kommentaren sprechen. Ich freue mich auf eure Eindrücke!

Schirin 

10 Kommentare

  1. Janina

    Hey Schirin,
    Ich hatte auch diese Probleme und habe immer versucht, die Bewertung des Gesehenen beim Aufschreiben sofort wegzulassen…. geklappt hat es allerdings nicht immer:)
    Ich hatte auch einmal die Situation „Mutter und Kind“, was einen ziemlich verwirrt, weil man es schon so fest im Kopf hat… .
    Auch sind Gefühle in den Gesichtern bei mir ein Fall gewesen. Ich habe dann versucht, nicht zu sagen „sie sieht glücklich aus“, sondern „sie hat ein Lächeln im Gesicht“.

    Aber im Allgemeinen finde ich es genau wie du sehr kompliziert eine richtige Beschreibung zu finden, bei der man dennoch größtenteils objektiv bleibt (komplett objektiv ist ja nie möglich).

    Janina

    • Schirin

      Ja, total schwierig…aber gut dass es nicht nur mir so erging:D
      Lg Schirin

  2. Elisa

    Hey Schirin,

    Super wie viele Gedanken du dir bezüglich der Geschlechtsmerkmale gemacht hast.
    Auf die Idee bin ich in meiner Beobachtung gar nicht gekommen, dass wenn ich schreibe “ ein Mann“ oder “ eine Frau“ das ja auch schon eine Bewertung ist bzw. die Kleidung und das Aussehen wenig über das Geschlecht der Person aussagt. Da sieht man mal wieder wie stark vorgeprägt man ist.
    Dein Text hat mich auf jeden Fall sehr zum nachdenken gebracht und ich werde versuchen, in der nächsten Beobachtung darauf zu achten. 🙂

    LG
    Elisa

    • Schirin

      Hey Elisa,

      cool, dass ich dir da so einen Denkanstoß geben konnte. Ist total interessant, worauf jede*r Einzelne so seinen Fokus legt. Ich habe auch erst gedacht, dass das vielleicht „übertrieben“ ist, andererseits ist es 2021 und neben möglichst geschlechterneutraler Sprache sollte man vielleicht auch insgesamt seinen Blick auf Geschlechter verändern und für neue Gedanken offen bleiben. Das lässt sich sicher auch auf andere Bereiche übertragen.

      Lg zurück:)

  3. Maria

    Hey Schirin,

    ich habe auch mit den meisten deiner Probleme gekämpft und fand es ziemlich schwer objektiv zu bleiben ohne den Text zu vage erscheinen zu lassen. Außerdem hatte ich oft das Gefühl eine andere Situation zu „verpassen“, wenn ich gerade etwas/jemanden detaillierter beschrieben habe.
    In deiner Interpretation scheint es aber so als ob es dir relativ gut gelungen ist, deine Beobachtung neutral zu halten :).

    Liebe Grüße
    Maria

    • Schirin

      Hey Maria,
      danke für das Feedback!:) Es freut mich total zu lesen, dass meine Beobachtung so neutral wirkt.
      Ich weiß genau, was du mit vage meinst. Ich hatte auch durchweg das Gefühl, viel zu viel drumherum zu schreiben, besonders wegen meines Ausdrucks „vermutete*r“…Zwischendurch habe ich auch schon überlegt, ob ich das Ganze einfach wie üblich klar in männlich und weiblich einteilen soll, aber das kam mir wiederum dann doch zu ignorant und falsch rüber. Mittlerweile bin ich ganz froh, dass ich es so „vage“ geschrieben habe, da ich durch die Kommentare bemerkt habe, dass ich Denkanstöße geben konnte, was sehr viel wert ist.
      Bis dann!:)
      Schirin

  4. Christin

    Hii Shirin,

    mir ging es total ähnlich. So oft hatte ich Sätze formuliert wie „der Mann…“ oder „das Paar..“, dabei wusste ich überhaupt nicht, ob dies auch so der Fall war.
    Ich musste quasi meine gesamte Beobachtunsgaufgabe umschreiben, da ich andauernd diese Fehler gemacht hatte.
    Ich finde es super, dass du das Thema in deinem Beitrag so angesprochen hast. Das bringt mich wirklich zum Nachdenken, wie normalisiert diese Stereotypen in meinem Kopf sind.
    LG Christin

    • Schirin

      Hey Christin,

      vielen Dank!:)
      Oh man, das klingt nach sehr viel Arbeit und einem großen hin- und her, dass du alles anpassen musstest. Aber ich denke, je häufiger man das macht, desto einfacher fällt einem das objektive Beobachten und man gewöhnt sich daran, die Sprache dementsprechend anzupassen.
      Das mit den Stereotypen ist mir auch erst beim Verfassen meines Textes so wirklich bewusst geworden…

      Lg Schirin
      P.S.: ich werde mit „sch“ geschrieben, aber ist nicht schlimm, das passiert den meisten:)

      • Christin

        Hii Schirin,

        das tut mir so so leid. Ich hatte es auch gemerkt, nachdem ich meinen Kommentar schon abgeschickt hatte. Ich hoffe du nimmst es mir nicht Übel.

        Aber du hast definitv Recht, dass man sich diese ganzen Stereotypen so wirklich bewusst machen muss. Dein Beitrag hat da auf jeden Fall schon sehr geholfen!
        LG Christin

        • Schirin

          Hey, ach das ist kein Problem:)
          Vielen Dank!:)
          LG Schirin

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