Clean Up Your City!
Sonntagvormittag in der Bremer Neustadt. Das Wetter ist grandios und ich treffe mich das erste Mal mit Freiwilligen des eingetragenen Vereins „Clean Up Your City“.
Pünktlich um 11 Uhr begegne ich am Delmemarkt einem Duzend weiterer sammelfreudiger Menschen. Wir sind uns zum Teil völlig unbekannt, unser Ziel eint uns jedoch: die Neustadt ein klein wenig sauberer zu machen. Eine freundschaftliche Stimmung herrscht vor, man fühlt sich direkt willkommen und hat Lust, mit anzupacken.
Ausgestattet werden wir alle mit Eimern, Zangen, Handschuhen und neongrünen Westen, auf welchen das Logo des Vereins prangt – so machen wir gleich noch etwas Werbung für den seit 2018 bestehenden Verein. Das von der Bremer Stadtreinigung zur Verfügung gestellte Sammelmaterial ist schnell verteilt und schon ziehen die ersten Grüppchen los in die verschiedenen Seitenstraßen des Flüsseviertels.
Schön ist das, denke ich mir, so ein Spaziergang an der frischen Luft, nette Leute kennenlernen und dabei noch etwas Gutes für die Umwelt und unsere Wohngemeinde tun, während ich Zigarettenstummel und Schokoriegelverpackungen vom Boden auflese. Und ist der Eimer mal voll, wird dieser mit dem Lastenrad abgeholt und schon kann es weitergehen – tolles Konzept!
Zigarettenkippen bereiten uns tatsächlich die meiste Arbeit – wahllos in den Rinnstein geworfene, fertiggerauchte Glimmstängel, die mit ihren schadstoffgefüllten Filtern bis zu 1000 Liter Wasser verseuchen können. Pro Kippe! Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich der Verein „Clean Up Your City“ in verschiedenen Projekten explizit dieser Problematik angenommen hat.
So werden beispielsweise regelmäßig in Handarbeit aus alten Tetra Paks sogenannte „Kippenfänger“ gebastelt und an verschiedenen Plätzen innerhalb Bremens angebracht. Zudem findet jährlich der „Bremer Kippenmarathon“ statt, welcher durch den Verein initiiert und durch die Bremer Stadtreinigung seit 2021 umgesetzt wird. Hierbei treten einzelne Stadtteile Bremens gegeneinander im Kippensammeln an, dieses Jahr im Zeitraum vom 05. bis zum 12. Juni. Zu gewinnen gibt es dabei Preisgelder im vierstelligen Bereich, welche an ausgewählte Vereine der jeweiligen Stadtteile gehen. Im Wettbewerb des vergangenen Jahres wurden auf diese Weise bereits 149kg an Zigarettenstummeln gesammelt – ganz schön viel, wenn man darüber nachdenkt, dass ein einzelner Stummel gerade mal 0.2 Gramm wiegt.
Doch zurück zu den Clean Ups – so nennt der Verein „Clean Up Your City“ seine regelmäßig stattfindenden Sammelaktionen. Diese finden in verschiedenen Stadtteilen etwa einmal im Monat statt; in der Neustadt beispielsweise jeden letzten Sonntag im Monat.
Während des Aufräumens entstehen nebenbei noch anregende Gespräche – sowohl mit den Freiwilligen, als auch mit Passant:innen. Oft wurde uns gedankt für unser Engagement und es gab auch Interesse an zukünftigen Teilnahmen. So wird durch das Saubermachen nicht nur die unmittelbare Umgebung verändert, sondern auch die Wahrnehmung Beobachtender. Plötzlich wird der Müll „präsent“, er wird zum Thema und co-existiert nicht mehr einfach nur.
Ein interessantes Gespräch führte ich gegen Ende mit einem älteren Bremer. Dieser wusste unser Engagement zu schätzen, erklärte mir aber, dass er den Müll anderer nicht wegräumen würde, „damit sie lernten, dass dieser nicht einfach von alleine verschwinde“. Diese Meinung teile ich nicht.
Natürlich wäre es ideal, würden alle Menschen sich direkt um ihren eigenen Müll kümmern, doch so ist es (aktuell) nun einmal nicht. Daher schaffe ich lieber eine äußere Veränderung meiner Umgebung, in der Hoffnung, so ein Bewusstsein für mehr Sauberkeit auf den Straßen zu schaffen, anstatt vielleicht vergeblich auf eine innere Veränderung meiner Mitmenschen zu warten. Müll zieht Müll an – ähnlich der „Broken Window Theorie“ von Kelling und Wilson.
„Clean Up Your City“ hat meiner Meinung nach in nur wenigen Jahren etwas ganz Tolles auf die Beine gestellt. Etwas, bei dem es sich lohnt, daran teilzuhaben oder sich inspirieren zu lassen. Sei es in Form einer Teilnahme an einem der Clean Ups oder indem man einfach mal beim Spazierengehen oder auf dem Weg zur Uni den ein oder anderen Müll beseitigt. Denn wie heißt es so schön: „Nicht mein Müll, aber mein Planet“.
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