Kongressthema

[An English version of this call and further information is available / Die englische Version dieses Calls und weitere Informationen stehen zur Verfügung]

zum Stand der Planung
zu Formaten auf dem Bremer Kongress
zu Einreichungsfrist und Auswahlprozess
zur Preconference

Der DGfE-Kongress 2022 Ent|grenz|ungen richtet den Blick auf Ent- und Begrenzungen in ihrer Bedeutung für Prozesse von Bildung, Erziehung und Sozialisation. Die Festlegung, Bearbeitung und Überschreitung von Grenzen kann ebenso konkret, wie auch im übertragenen Sinne als eine Kernaufgabe von Bildung und Erziehung verstanden werden. Hier wäre etwa zu denken an räumliche, zeitliche, disziplinäre, paradigmatische, politische, soziale, kulturelle und andere Be- und Entgrenzungen. Angesichts von gesellschaftlich tiefgreifenden Veränderungen werden Grenzen und ihre Überwindung zu immer zentraleren Herausforderungen des Anthropozäns. Innerhalb der Grenzen zwischen dem praktisch Machbaren und dem ethisch Vertretbaren findet die Erziehungswissenschaft in der Gestaltung von Lebenswelten und der Auseinandersetzung mit pädagogischen Praktiken vieldimensionale Aufgaben und nicht zuletzt ihre Verantwortung. Wir wollen diese Beobachtungen unter der Metapher Ent|grenz|ungen zum Anlass nehmen, im Rahmen des DGfE-Kongresses 2022 an der Universität Bremen den Raum für eine disziplinäre Auseinandersetzung mit erziehungswissenschaftlich relevanten Grenzen, Entgrenzungen, Begrenzungen, Grenzziehungen, Grenzverletzungen und Grenzüberschreitungen zu öffnen. Es stellt sich insbesondere die Frage, welchen Beitrag die Erziehungswissenschaft aufbauend auf bisherigen Forschungsergebnissen als Disziplin leisten kann und welche Verantwortung pädagogisch Tätige in ihrem Handlungsfeld übernehmen können, um auf Ent|grenz|ungen zu reagieren und diese zu moderieren.

Mit Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel und Migrationsbewegungen lassen sich vier gesellschaftliche Entwicklungen benennen, die sich auf nahezu alle pädagogischen Handlungs- und erziehungswissenschaftlichen Forschungsfelder unmittelbar auswirken. Sie irritieren etablierte Selbstverständlichkeiten und werfen die Frage der Verantwortung der Erziehungswissenschaft für die (Mit-)Gestaltung dieser Prozesse auf.

So fordert die Globalisierung dazu heraus, eine aktuelle und historische Verhältnisbestimmung globaler und lokaler Einflussfaktoren auf Rahmenbedingungen und Prozesse von Erziehung, Bildung und Sozialisation in ihren nationalen wie transnationalen Kontexten vorzunehmen. Wissen, Waren und Menschen überwinden Grenzen analog wie digital. Sie tragen damit zu einer ‚Schrumpfung ́ der Welt genauso bei, wie zu einer Erweiterung des Gedanken-, Wissens- und Warenaustausches sowie der Möglichkeit, Beziehungen einzugehen und – grenzüberschreitend – in Interaktion zu treten. Damit einher gehen zugleich aber auch Verunsicherungen. Diese wecken zuweilen Ängste und motivieren neue Abgrenzungen und den Rückzug in die überschaubare Lokalität bzw. stabilisieren das Vertrauen in die Sicherheitsversprechen autoritärer, antidemokratischer und antipluralistischer Bewegungen. Welche Erklärungs- und Handlungsansätze stellen erziehungswissenschaftliche Gesellschaftsanalysen sowie präventive Angebote hier zur Verfügung?

Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten der Vernetzung und Beschleunigung, überwindet Begrenzungen von Ort und Zeit ebenso wie in den Zugängen zu Wissen und eröffnet damit auch neue Chancen für selbstgesteuerte Lernformate. Sie erlaubt zudem wissenschaftliche Kooperation weltweit in Echtzeit und befördert so eine internationale Vernetzung. Sie wirft u.a. aber auch die Frage auf, welcher Stellenwert lokalen Wissensstandorten zukünftig noch zukommt oder inwieweit eine solche Ent|grenz|ung lokale Besonderheiten noch berücksichtigen kann. Hier werden Fragen nach den durch Digitalisierungsprozesse entstehenden Ungleichheiten, nach neu entstandenen Grenzsetzungen, aber auch nach Chancen und neuen Möglichkeiten der Grenzüberwindung aufgeworfen.

Angesichts des globalen Klimawandels, dessen lebensbedrohliche Konsequenzen den globalen Süden ungleich stärker betreffen als den Norden und damit Ungleichheit in besonderer Weise hervortreten lassen, stellt sich ebenfalls die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen erziehungswissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Inwiefern kann es ihr in den vielen Facetten ihrer disziplinären Ausformungen gelingen, zur Schärfung eines Bewusstseins für die begrenzten Ressourcen unserer Welt beizutragen oder auch ihren Beitrag zur Suche nach Antworten für den Umgang mit einschneidenden Veränderungen von Lebens(um)welten zu leisten?

Die weltweit zunehmenden Migrationsbewegungen verweisen darauf, dass Menschen – z.T. unter Lebensgefahr – gewillt oder gezwungen sind, nationalstaatliche Grenzen zu überwinden, um ihre und die Zukunft ihrer Angehörigen zu sichern. Unterstützend wirken dabei transnationale Netzwerke, die klassische, nationalstaatlich-verfasste Grenzziehungen und Unterscheidungen infrage stellen und die Chance bieten, hegemoniale Epistemologien zu überwinden. Wie geht Erziehungswissenschaft mit dem Spannungsverhältnis zwischen nationalstaatlich vermittelter Bildung und Erziehung und parallel stattfindenden migrationsgesellschaftlichen Transformationen um, die diese irritieren und herausfordern? Welche Rolle spielen in- und non-formelle, häufig zivilgesellschaftlich organisierte Institutionen bei der Eröffnung neuer Möglichkeitsräume der Bildung und Erziehung?

Ent|grenz|ungen werden aber auch über den Vierklang der oben beschriebenen Themen hinaus in der Erziehungswissenschaft relevant. So ist es schwer vorstellbar, die pädagogische Aufgabe ohne Bezug auf die Grenzziehung zwischen den Generationen zu definieren. Gleichzeitig lässt sich eine zunehmende Ent|grenz|ung des Pädagogischen beobachten, die letztlich die Vorstellung einer durchgängigen, ja lebenslangen Bildsamkeit und Bildungsbedürftigkeit von Menschen befördert hat. Entsprechend umfassen Gegenstände der Erziehungswissenschaft gegenwärtig alle Lebensphasen und -bereiche von Menschen. In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen: Welchen Beitrag leisten Bildungs- und Erziehungsinstitutionen mit ihren spezifischen Strukturen und Routinen zur (un)bewussten Be- und Entgrenzung von eben dem, was sie als (Aus-)Bildung und Erziehung zu vermitteln bzw. zu stärken beabsichtigen? Was bedeuten diese Fragen für die Anforderung an professionelles Handeln und die damit einhergehende Aufgabenvielfalt auf den verschiedenen Ebenen von Erziehungs- und Bildungsinstitutionen und außerschulischen Erziehungs- und/oder Bildungsangeboten?

In den konkreten Auseinandersetzungen mit den oben skizzierten globalen Einflussfaktoren lassen sich erziehungswissenschaftlich hoch relevante Tendenzen der Ent|grenz|ung und der Auseinandersetzungen mit ihr ausmachen, die im Rahmen des Kongresses ebenso diskursiv wie konstruktiv in den Blick genommen werden sollen. Mit Fragen nach den Konsequenzen, die sich aus Tendenzen der Ent|grenz|ung für die Erziehungswissenschaft und ihre Referenzinstitutionen ergeben, will sich der Kongress in Bremen aus historischer wie auch gegenwartsbezogener Perspektive beschäftigen. Wir möchten dazu einladen, die Metapher der Ent|grenz|ungen aus den unterschiedlichen Perspektiven der Erziehungswissenschaft aufzugreifen, zu entfalten und zu bearbeiten.


Mit diesem Call möchten wir zudem über den Stand der Planungen des Kongresses in Bremen informieren [aktualisiert Mitte April 2021]:

Aufgrund der unvermindert fortbestehenden Planungsunsicherheit für Großveranstaltungen hat das lokale Organisationskomitee für den DGfE-Kongress 2022 in Bremen in Abstimmung mit dem DGfE-Vorstand beschlossen, den DGfE-Kongress 2022 digital abzuhalten.

Grund für diese Entscheidung sind aktuell anstehende Festlegungen insbesondere bezüglich der Raum- und Technikausstattung, die nicht ohne Ausfallrisiken getroffen werden könnten. Die Umstellung der Planung auf ein digitales Kongressformat ist unter den gegebenen Umständen die einzige Möglichkeit, die Vorbereitung für den Kongress unabhängig von dem weiteren Pandemiegeschehen zu treffen.

Nach der aktuellen Planung ist eine vollständige Re-Finanzierung des Kongresses – wie bei den bisherigen Kongressen auch – aus den Teilnahmegebühren vorgesehen. Entsprechend wird auch bei der Teilnahme am rein digitalen Angebot ein (gestaffelter) Tagungsbeitrag erhoben.


Formate auf dem Bremer Kongress
Auch in der digitalen Variante bietet der 28. Kongress der DGfE zahlreiche traditionelle Formate zum Austausch, zur Kontroverse und zur Information an, um das Kongressthema und weitere aktuell relevante erziehungswissenschaftliche Themenschwerpunkte vorstellen und bearbeiten zu können. Neben den Parallelvorträgen werden Symposien, Arbeitsgruppen, Forschungsforen sowie eine Postersession angeboten.

Der fokussierte thematische Bezug zum Kongressthema stellt insbesondere das Charakteristikum der Symposien dar. Arbeitsgruppen, Forschungsforen sowie Posterbeiträge können dagegen in der Themenwahl freier gestaltet werden. Auf die Einrichtung von Themenforen und AdHoc- Gruppen wurde zur Komplexitätsreduktion in der Planungsphase bewusst verzichtet.

Die im Plenum stattfindenden Parallelvorträge stellen Impulse für den DGfE-Kongress dar, deren Referent*innen durch den DGfE-Vorstand und das LOK Leitungsteam persönlich eingeladen werden.

Symposien (150 Min.) haben einen direkten Bezug zum Tagungsthema und sollten maximal vier fachwissenschaftliche Vorträge umfassen, wobei mindestens ein Vortrag von einer*m Wissenschaftler*in in der Qualifikationsphase gehalten werden muss. Internationalität und Interdisziplinarität sind darüber hinaus bei der Auswahl der Vortragenden für die Symposien erwünscht.

Arbeitsgruppen (120 Min.) sind in ihrer Gestaltung der Arbeitsgruppen thematisch frei, ein Bezug zum Kongressthema jedoch wünschenswert. Es liegen keine Regeln zur Auswahl der Referent*innen für die Arbeitsgruppen vor, die Beteiligung von Wissenschaftler*innen in Qualifikationsphasen ist aber ebenso erwünscht wie die Mitwirkung internationaler Kolleg*innen oder auch das Angebot internationaler Arbeitsgruppen. Auch Anmeldungen englischsprachiger Arbeitsgruppen sind ausdrücklich willkommen.

Forschungsforen (120 Min.) sind in ihrer inhaltlichen wie formalen Gestaltung frei. Sie bieten nationalen wie internationalen Forschungsprojekten oder -verbünden sowie Nachwuchs- resp. Doktorand*innengruppen eine Möglichkeit des fachlichen Austauschs.

Die Poster dienen der Vorstellung von erziehungswissenschaftlichen Forschungsarbeiten, -projekten und -vorhaben in einer graphisch zugänglichen und zugleich interaktiven Form. Insbesondere noch nicht publizierte Arbeiten sind hierbei von Interesse. Den separaten Call für die Einreichung von Postern finden Sie unter: www.dgfe2022.de. Wir möchten ausdrücklich Wissenschaftler*innen in Qualifikationsphasen zur Einreichung von Postern auffordern. Die Postersession findet digital in einem Rahmen von 90 Minuten statt. Während der Postersession steht mindestens ein Mitglied der verantwortlichen Autor*innengruppe zum Gespräch bereit. Das vorzustellende Poster ist von den Autor*innen als PDF im Vorwege einzusenden.


Einreichungsfrist und Auswahlprozess

Aus allen Einreichungen wählt die vom DGfE-Vorstand berufene Programmkommission auf der Basis der anonymisierten Begutachtung durch die Gutachter*innen der Sektionen und Kommissionen die Beiträge aus, die im Rahmen des 28. DGfE-Kongresses in Bremen präsentiert werden. Beiträge müssen bis spätestens 23. April 2021 online über Conftool eingereicht werden. Ausnahmen stellen die Posterabstracts dar, die bis 31. August 2021 per Conftool übermittelt werden können. Weitere Details zum Verfahren (etwa die Kriterien der Begutachtung) finden sich auf der Website des Bremer Kongresses: www.dgfe2022.de. Benachrichtigungen über die Annahme oder Ablehnung der Beiträge für die unterschiedlichen Formate (außer den Postern) werden Ende Juli 2021 verschickt.

Um möglichst zahlreichen Kolleg*innen eine aktive Teilnahme am 28. DGfE-Kongress anbieten zu können, sind während des Kongresses Mehrfachauftritte als Referent*in in Symposien und Arbeitsgruppen ausgeschlossen. Sie können in diesen zwei Veranstaltungsformaten insgesamt nur ein Referat halten. Sofern die Programmstruktur dies zulässt, ist es allerdings möglich, sich neben der Präsentation in einem dieser Formate auch an der Organisation und Durchführung weiterer Kongressveranstaltungen als Diskutant*in oder Moderator*in zu beteiligen.

Die Einreichung erfolgt über das ConfTool. Für die Einreichung von Symposien, Forschungsforen und Arbeitsgruppen wird eine max. Zeichenanzahl von 4.000 (inkl. Leerzeichen) für das Mantelabstract (beitragsübergreifende Beschreibung von Konzept und Inhalt der Einreichung) festgelegt, für die Einzelbeiträge max. 1.500 Zeichen (inkl. Leerzeichen).


Preconference
Traditionell finden am Sonntag vor der Hauptkonferenz bereits Angebote, insbesondere für early career researchers, statt. Der 28. DGfE-Kongress in Bremen bietet hier erstmals das Format einer Preconference für alle Interessierten, ganz im Zeichen der Leitmetapher der Ent|grenz|ungen, an. Die Preconference soll konzeptionell Raum für den Austausch über Forschungsfragen und -kontexte bieten, welche alle Wissenschaftler*innen betreffen: z.B. die Erhebung, Sammlung und Sicherung von Forschungsdaten, Barrierefreiheit in der Forschung oder internationale Forschungszusammenarbeit. Aber sie soll auch das Zusammenkommen und den Austausch unter individuell bedeutsamen Perspektiven in und für die Wissenschaft ermöglichen: z.B. als Personen of Color, Frauen* oder Mütter/Väter/Eltern in der Wissenschaft. Die Veranstaltung umfasst eine Prenote und themenfokussierende Fishbowl- Diskussionen und findet rein digital statt. Es wird eine separate Möglichkeit zur Anmeldung über Conftool angeboten.

Bremen im Februar 2021
Das Lokale Organisationskomitee des 28. DGfE-Kongresses 2022 an der Universität Bremen und der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE)

Call for Papers: Entgrenzungen DGfE 2022 zum Download