RV02: Soziokulturelle Heterogenität

Die Ergebnisse der PISA Studien von 2000 und 2003 haben in Deutschland erschreckende Ergebnisse hervorgerufen: Kinder aus sozial schwachen Familien werden eindeutig im bestehenden Bildungssystem benachteiligt. Durch Maßnahmen, Projekte und Initiativen soll der Benachteiligung entgegengewirkt werden. An der Schule, an der ich mein POE im Rahmen des Studienfaches „Inklusive Pädagogik“ absolviert habe, konnte ich mehrere solcher Maßnahmen und Projekte kennenlernen.

Diese Schule hatte beispielsweise eine Kooperation mit dem SV Werder Bremen. Jährlich wird die Grundschule in verschiedenen Bereichen unterstützt, damit die Schüler_innen die Chance bekommen an Sportunterrichtseinheiten teilzunehmen, die über den Regelsportunterricht hinausgehen. Darüber hinaus hat die Schule eine Kooperation mit den Bremer Philharmonikern. Vor dem Hintergrund, dass die Schüler_innen größtenteils aus eher sozial benachteiligten Familien kommen und nur einen schweren Zugang zu musikalischer und kultureller Bildung haben, hat sich die Kooperation als Ziel gesetzt „… einen nachhaltigen, musikalischen Bildungscharakter für die an dem Projekt beteiligten Schülerinnen und Schüler …“ (Grundschule am Ellenerbrokweg 2017, o.S.) anzustreben. Durch diese Kooperation werden nicht nur Schul- und Klassenprojekte durchgeführt, sondern Schüler_innen mit besonderem Interesse haben die Chance an wöchentlichem Instrumentalunterricht teilzunehmen. Die hierfür benötigten Instrumente werden von den Bremer Philharmonikern gestellt und es fallen keine weiteren Kosten an. Der Schule ist ebenfalls sehr wichtig, dass alle Lernenden gestärkt in den Schultag starten können. So wird jeden Morgen von sieben bis acht Uhr der „Müsliclub“ angeboten. Hier können die Schüler_innen, die möchten, ein gesundes Frühstück zu sich nehmen. Einmal pro Woche findet das „Gesunde Frühstück“ statt, bei dem sich die Kinder sehr kostengünstig belegte Brötchen, Obsttüten oder Spieße kaufen können. Diese Initiativen sind nur durch Spenden, Eltern und Ehrenamtliche machbar. Außerdem findet an der Schule ein Sprachvorkurs statt, in dem die Kinder, die neu nach Deutschland gekommen sind, jahrgangsübergreifend die neue Sprache erlernen können.

Die Kooperationen mit dem SV Werder Bremen und den Bremer Philharmonikern sowie die Projekte des „Müsliclubs“ und des „Gesunden Frühstücks“ sind unter dem Konzept der Diversity Education zu fassen. Denn hier liegt das Ziel nicht nur darin ausländische Schüler_innen zu unterstützen, sondern es werden weitere Heterogenitätsdimensionen, wie zum Beispiel, zu den genannten Projekten passend, die soziale Lage mit einbezogen wird. Dadurch wird versucht, egal aus welcher sozialen Schicht die Kinder kommen, gleiche Chancen und Möglichkeiten zu schaffen. Im Gegensatz hierzu ordne ich den Sprachvorkurs der Ausländerpädagogik zu. Denn dieser ist nur an ausländische Schüler_innen adressiert und soll zu einer sprachhomogenen Klasse führen.

Als Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika stellt sich die Frage, ob ein Sprachvorkurs überhaupt Sinn macht oder ob die Schüler_innen genauso gut während des Regelunterrichts die Sprache erlernen können. Diese Fragestellung halte ich für sehr interessant. Diese lässt sich aber nicht ganz einfach an nur einer Schule durchführen. Hierfür wären mindestens zwei Schulen nötig, eine mit einem Sprachvorkurs und eine Schule, in denen die Sprachanfänger ohne Vorbereitung den Regelunterricht besuchen. Ebenfalls halte ich es für sehr betrachtenswert herauszufinden, ob Projekte, wie das der Bremer Philharmonikern, den Zugang zu kultureller Bildung für die Kinder erleichtert wird, die möglicherweise ohne ein solches Projekt gar keinen Kontakt zu musikalischer und kultureller Bildung haben.

Im Allgemeinen spielt es eine große Rolle, eine Gemeinschaft zwischen allen Schüler_innen zu schaffen. Durch Projekte in denen jedes einzelne Kind etwas bewirken kann und es auch nur klappt, wenn alle zusammenhalten, wird diese Gemeinschaft gestärkt. Auf der Ebene des Unterrichts sind hier meiner Meinung nach Gruppenarbeiten sinnvoll, da hier alle Kinder der Gruppe zusammenarbeiten müssen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Dadurch können auch eher leistungsschwache Kinder von leistungsstarken Kindern Hilfe bekommen, beziehungsweise jedes Kind den Part der Arbeit erledigen, der seinen/ihren Anforderungen entspricht. Auf der Ebene der gesamten Schule ist es wichtig, Angebote zu schaffen, die nicht nur auf den schulischen Erfolg der Kinder abzielen, sondern ebenso auf eine gesamte Verbesserung der Lebenslage und -qualität der Kinder.

Ein Gedanke zu „RV02: Soziokulturelle Heterogenität“

  1. Liebe Tomke,
    vielen Dank für deinen Beitrag zum Thema Umgang mit soziokultureller Heterogenität und deinen Erfahrungen damit. Ich halte die geschilderten Projekte auch für sehr sinnvoll, da durch sie Chancengleichheit versucht wird zu ermöglichen: Familien, die finanziell nicht in der Lage sind, ihre Kindern in Sportvereine beizutreten und an kultureller Bildung Teilhabe zu lassen oder gar ihnen eine gesunde Lebensweise anzubieten oder auch vorzuleben, werden so von ihrer Benachteiligung entlastet. Dies bezüglich finde ich deine Beobachtungsfrage auch sehr spannend. Ich bin allerdings fest überzeugt, dass diese Projekte (Ermöglichung von Zugang zu gesunder Ernährung und kultureller Bildung und Sport) eine starke positive Wirkung haben und frage mich so eher welche Unterschiede genau zu vermerken und wie tiefgreifend diese sind.
    Anfangs hast du von „Kinder[n] aus sozial schwachen Familien“ gesprochen. In der Vorlesung sprachen wir von einer Umgehung dieses Ausdrucks durch „sozioökonomisch benachteiligte Kinder“. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt und ich stimme Dir ansonsten vollkommen zu und finde, dass du deine Erfahrungen sehr gelungen dargestellt und eingeordnet hast. Dein Fazit fasst die Thematik noch einmal sehr gut zusammen und ich stimme dir vollkommen zu. Ein sehr gelungener Beitrag!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert