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Marwa-El-Sherbini-Platz im Steintor
Juli 1, 2020 | | Schreibe einen Kommentar
Genau heute vor elf Jahren wurde die damals 31-jährige Marwa Ali El-Sherbini in Dresden ermordet. Marwa El-Sherbini wuchs in Alexandria, Ägypten auf, wo sie Pharmazie studierte und ihren Bachelor abschloss. Im Jahre 2005 wanderte sie mit ihrem Ehemann nach Bremen, Deutschland aus und zog im Jahre 2008 aufgrund von beruflichen Bedingungen nach Dresden um (vgl. Schade 2009).
Marwa El-Sherbini (Quelle: mdr Sachsen 2019)
Im August des Jahres 2008 wurde Marwa Ali El-Sherbini auf einem Dresdner Spielplatz, während sie mit ihrem zu diesem Zeitpunkt 2-jährigen Sohn dort war, von Alex Wiens unbegründet als „Islamistin“, „Terroristin“ und „Schlampe“ beschimpft. Eine ebenfalls anwesende Person informierte daraufhin die Polizei, wodurch Anzeige gegen Wiens gestellt und eine Hauptverhandlung eröffnet wurde. Da Wiens El-Sherbini noch während der Verhandlung erneut beleidigte und behauptete, „’solche Leute‘ könne man gar nicht beleidigen, weil sie ‚keine richtigen Menschen‘ seien“ (Heitkamp 2009), legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, um ein höheres Strafmaß wegen eines ausländerfeindlichen Hintergrunds zu erwirken (vgl. Heitkamp 2009).
Am 01.07.2009 fand die Berufungsverhandlung statt. Nachdem El-Sherbini ihre Zeugenaussage abgelegt hatte und den Gerichtssaal verlassen wollte, griff Wiens sie daraufhin an und tötete sie mit 16 Messerstichen. El-Sherbini war im dritten Monat schwanger gewesen und hinterließ eine Familie, die ebenfalls angegriffen und teilweise lebensgefährlich verletzt wurde (vgl. Friedrichsen 2009).
Fast zehn Jahre nach der Ermordung Sherbinis ist am 18.10.2018 im Bremer Steintor der Marwa-El-Sherbini-Platz eingeweiht worden. „Der bisher namenlose Platz, auf dem der Gedenkpavillon steht, wurde zeitgleich mit der Einweihung des neuen Gedenkpavillons in Marwa-El-Sherbini-Platz benannt. Marwa El-Sherbini ist eines der Gewaltopfer, an deren Geschichte und Schicksal mit einem Porträt am Pavillon gedacht wird. Sie lebte von 2005 bis 2008 in Bremen“ (Köfte Kosher o. J.). Sherbinis Gedenktafel ist Teil eines gesamten Pavillons, der das Ergebnis zweier Jugendprojekte gegen Diskriminierung und rechte Gewalt ist. Der Pavillon besteht aus 12 Portraits von Menschen, die aufgrund ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung, einer Behinderung oder ihrer Obdachlosigkeit getötet worden (vgl. Köfte Kosher o. J.). „Sie stehen stellvertretend für alle Opfer rechter Gewalt in Deutschland“ (Köfte Kosher o. J.). „Das bereits 2012 zu einem Gedenkort umgestaltete Trafohäuschen zeigt zwölf Porträts von Opfern rechtsextremer Gewalt und musste nach wiederholten Schmierereien restauriert werden. Die von den Übermalungen befreiten Porträts befinden sich künftig unter graffitiabweisenden Acrylglasscheiben. Schülerinnen und Schüler der Wilhelm Wagenfeld Schule haben kurze Biografien der Opfer erarbeitet, die auf das Acrylglas geschrieben wurden“ (Holthaus 2018).
Marwa-El-Sherbini-Platz (Quelle: Till Schmidt 2019)
Der Mord an Marwa El-Sherbini zeigte auch internationale Konsequenzen auf, inwiefern Islam- und Muslimfeindlichkeit Folgen haben können. „Als internationaler Tag gegen antimuslimischen Rassismus steht der 1. Juli seitdem für entschiedenes Eintreten für eine solidarische, demokratische, freiheitliche und multireligiöse Gesellschaft“ (Allianz gegen Hass 2020).
Im Viertel, in Bremen, in Deutschland und in der gesamten Welt sollte #keinplatzfürhass sein.
Quellen:
Allianz gegen Hass: 1. Juli 2020. Der Tag gegen antimuslimischen Rassismus. In: allianzgegenhass.de (2020). URL: https://www.allianzgegenhass.de (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
Friedrichsen, Gisela: „Moslems sind Feinde“. In: spiegel.de (2009). URL: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-67682692.html (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
Heitkamp, Sven: Polizei ermittelt wegen heimtückischen Mordes. In: welt.de (2009). URL: https://www.welt.de/vermischtes/article4051592/Polizei-ermittelt-wegen-heimtueckischen-Mordes.html (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
Holthaus, Matthias: Gedenkort im Bremer Steintor. Marwa-El-Sherbini-Platz im Viertel eingeweiht. In: weser-kurier.de (2018). URL: https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-marwaelsherbiniplatz-im-viertel-eingeweiht-_arid,1776974.html (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
Köfte Kosher: Willkommen. In: koefte-kosher.de (o. J.). URL: https://koefte-kosher.de (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
mdr Sachen: Stipendium erinnert an Ermordung der schwangeren Ägypterin El-Sherbini. In: mdr.de (2019). URL: https://www.mdr.de/sachsen/dresden/stipendium-gedenken-mord-aegypterin-marwa-el-sherbini-100.html (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
Schade, Thomas: „Die lächelnde Schöne“. In: archive.vn (2009). URL: https://archive.vn/20120912132818/http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2209078 (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
Schmidt, Till: Die Menschen nicht vergessen. In: juedische-allgemeine.de (2019): URL: https://www.juedische-allgemeine.de/gemeinden/migration-gestern-und-heute/ (zuletzt abgerufen am 07.10.2020).
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