Auf den ersten Blick mag es nicht so scheinen, doch das Wilhelm Wagenfeld Haus am Ostertor Bremen diente über 150 Jahre lang als Gefangenenhaus, Gestapogefängnis, Polizeigewahrsam und Abschiebehaftanstalt. Nur ein einziger Zellentrakt mit fünf Zellen erinnert heute noch an die ursprüngliche Geschichte dieses Ortes. Er befindet sich im rechten Seitenflügel des edel wirkenden Gebäudes (Grundriss siehe weiter unten) und ist zu einer Dokumentationsstätte umgebaut worden, die sicher schon bald wieder besichtigt werden kann (aufgrund von Corona bleibt der Trakt zur Zeit geschlossen).

Es gibt einen Grund dafür, weshalb das Gebäude nach außen hin nicht als Gefängnis identifizierbar ist. Obwohl es zu gegebener Zeit sehr unüblich war, war es Teil des Bauauftrags, „den wahren Charakter des Gebäudes zu verstecken“ (Bartetzko, Fricke und Lubricht 1998: 31). Grund dafür war die Nähe des Standorts zu öffentlichen Spazierwegen und den „entstehenden Sommerhäusern betuchter Bürger“ (ebd.). Es war ursprünglich darauf ausgelegt, ca. 50-60 Gefangene beherbergen zu können. Da es nicht selten aber doppelt so viele wurden, kam es zu mehreren Um- und Anbauten, da z.B. die hygienischen Umstände unter der Überfüllung litten (vgl. ebd.: 40ff.).

Von 1986-1996 saßen im Wilhelm Wagenfeld Haus „abgelehnte Asylbewerber und Hungerflüchtlinge ein, Menschen aus unterschiedlichen Staaten und Kulturen, die mit großen Hoffnungen nach Deutschland gekommen waren – Sicherheit vor Verfolgung in der Heimat, vielleicht auch der Traum von etwas Teilhabe am Reichtum und an der Freiheit dieses Landes“ (ebd.: 51). Sie saßen dort unter menschenunwürdigen Bedingungen, die auch zu einigen Selbstmordversuchen führten. Da die katastrophalen Umstände mit der Zeit immer wieder für Schlagzeilen und Kritik sorgten, wurde es schließlich in ein Ausstellungshaus umfunktioniert. Damit fand die „Abschiebehaft am Ostertor“ ihr Ende (ebd.: 52). Heute befindet sich in dem ehemaligen Gefangenenhaus die Wilhelm Wagenfeld Stiftung, das Design Zentrum Bremen und die Gesellschaft für Produktgestaltung e.V.. Verschiedene Ausstellungen können dort besichtigt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Info-Flyer Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache (Quelle: Staatsarchiv Bremen o. J.)

 

Quellen:

Bartetzko, Dieter; Fricke, Dieter; Lubricht, Rüdiger (1998): Die weiße Wache. Das Wilhelm Wagenfeld Haus am Ostertor in Bremen. Bremen: Aschenbeck & Holstein.

Info-Flyer Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache vom Staatsarchiv Bremen


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