Februar 2nd, 2021

Prüfungsaufgabe – Beobachtungsprotokoll

Datum: 25.12.2020

Ort: In der Nähe von Reutlingen

Zeitraum: 10:25 – 11:15

Nachdem ich für die Weihnachtsfeiertage wieder zu meiner Familie nach Süddeutschland gefahren bin, fragte ich meine Mutter, ob sich mich zu unserem Lieblingsaussichtspunkt auf der Schwäbischen Alb fahren kann. Die Fahrt dauerte ungefähr 20 Minuten mit dem Auto. Wir kamen an dem kleinen Hügel in der Nähe von Reutlingen, Baden-Württemberg an, und meine Mutter fand einen guten Parkplatz, von dessen Stelle ich einen guten Überblick über die Umgebung hatte.

Trotz des Corona-Virus zog es die Menschen raus in die Natur, mit mit Freunden, der Familie oder auch alleine einen Spaziergang durch die verschneite Winterlandschaft zu machen.

Neben unserem Auto, standen noch neun weitere Kleinwagen auf dem Parkplatz. Alle, bis auf eins, hatten ein lokales Nummernschild. Das einzige Auto von „außerhalb“ hatte das Kennzeichen „DU“, was für Düsseldorf steht. Entweder war es ein Firmenfahrzeug, oder der Besitzer besuchte wahrscheinlich auch seine Familie über die Weihnachtsfeiertage, so wie ich.

Als ich mich umblickte konnte ich jedoch nur einen Mann und zwei kleine Mädchen sehen, die den Schlittenberg nach oben gelaufen sind. Zumindest der Körpergröße, Statur und Kleidung nach, würde ich sagen, dass es ein Mann und zwei Mädchen waren. Die anderen Autobesitzer waren nirgendwo zu sehen.

Der kleine Hügel war komplett von Schnee bedeckt, und von vielen ebenfalls schneebedeckten Bäumen umrandet. Die Hügelspitze war dagegen von jeglicher Vegetation befreit. Kein Busch oder Strauch war zu sehen.

Um es mir ein bisschen gemütlicher zu machen, öffnete ich den Kofferraum unseres Autos und setzte mich im Schneidersitz mit meinem Notizblock im Schoß hin. Ich sah meiner Mutter eine Weile hinterher, wie sie Richtung Wald lief, um einen kleinen Winterspaziergang zu machen, während ich meine Beobachtungsaufgabe machte.

Der Mann, eventuell auch der Vater der beiden Mädchen, da sie ihn mehrfach „Papa“ nannten, zog einen Holzschlitten und einen von den roten flachen „Poporutschern“ den Schlittenhang hinauf. Er machte ziemlich große Schritte und war daher auch wesentlich schneller an der Hügelspitze angelangt, als die beiden Kinder. Diese hatten kleine Schwierigkeiten den verschneiten Hang hinaufzulaufen. Der Schnee berührte schon fast die Knie der Mädchen, und sie schrien und lachten, während sie ihrem Vater zuriefen, auf sie zu warten mit dem Schlittenfahren.

Es dauerte ungefähr noch 4 weitere Minuten, bis die Mädchen ebenfalls die Hügelspitze erreicht hatten. In der Zeit, die sie noch den Hügel hinaufliefen, schaute ich mir den Mann noch einmal genauer an.

Auf die Distanz war es schwer zu sagen, welche Haarfarbe er hatte. Wahrscheinlich dunkelbraun/schwarz. Sein Wintermantel war ebenfalls schwarz, aber er hatte von seiner Achsel zum Saum laufend zwei rote Streifen auf beiden Seiten. Ich glaube er hatte die passende Schneehose an, denn auch diese war schwarz und hatte zwei roten Streifen von der Hüfte hinab zu den Hosenbeinen. Das eine Mädchen trug eine pinke Winterjacke, das andere Mädchen eine rot/orange. Beide trugen ebenfalls die passende Hose zu der Jacke und eine sie hatten beide eine hellblaue Bommelmütze auf.

Als die Mädchen den Mann erreichten, setzten sie sich zu zweit auf den Holzschlitten, während der Mann auf dem roten Plastikschlitten Platz nahm. Ich konnte sie laut von „drei“ runter auf „eins“ zählen hören, bevor sie sich mit ihre Füße abstießen und den Hang Richtung des Parkplatzes runterfuhren. Die Mädchen lachten sehr laut und ich konnte auch ein leises Grummeln hören, das von dem Mann ausging. Die drei machten sich noch zwei weitere Male auf den Weg den Schlittenhang hinauf zu laufen.

Es dauerte ungefähr 20 Minuten, bis ich eine Gruppe mehrerer Personen aus dem Wald Richtung Parkplatz laufen sah. Sie nahmen den gleichen Weg, den meine Mutter vor fast einer halben Stunde eingeschlagen hatte. Vielleicht sind sie sich im Wald auch begegnet.

Ich konnte die Gruppe lachen hören, doch auf die Distanz konnte ich noch nicht genau sagen, wie viele Menschen dazugehörten. Ich wartete einige Minuten bis sie näher an dem Parkplatz waren und ich zählte sieben Personen. Drei Erwachsene und vier Kinder, die vor den Erwachsenen herumrannten. Die Frau ganz links sah sehr klein und zierlich in ihrem großen Wintermantel aus. Die Frau in der Mitte wirkte etwas größer, während der Mann ganz rechts beide Frauen um mehr als einen Kopf überragte. Er musste sich ein bisschen nach vorne beugen, wahrscheinlich um zu verstehen, was die Frau ganz links sagte.

Es machte den Anschein, als genossen sie die Gesellschaft der jeweils anderen. Sie lächelten und waren sichtlich in das Gespräch vertieft. Sie alle trugen dunkle Kleidung im Vergleich zu den Kindern. die mittlerweile den Parkplatz erreicht hatten. Der Kleidung und den Frisuren nach zu urteilen waren es drei Jungs und ein Mädchen. Das Mädchen schien die älteste und größte zu sein.

Der kleinste Junge sah mich in dem Kofferraum sitzen und „erwischte“ mich dabei, wie ich ihn und seine Familie und vielleicht auf Freunde beobachtete. Seine Brille war ganz beschlagen, wahrscheinlich eine Folge von der Kälte und seinem warmen Atem. Er schaute mir für fast eine Minute in die Augen, es wurde mir tatsächlich sehr unwohl und es war ein unangenehmes Gefühl so lang Augenkontakt zu halten. Als ich den Blick von ihm abwendete, bemerkte ich, dass auch die drei Erwachsenen den Parkplatz erreicht hatten und mich alle drei anstarrten. Der Mann hob seine linke Augenbraue und die Atmosphäre veränderte sich spürbar. Ich hatte das immense Bedürfnis mich und meine Aufgabe erklären zu müssen, da es nicht alltäglich ist, dass jemand mit einem Notizblock im Kofferraum eines Autos sitzt und Kinder, beziehungsweise Familien beobachtet.

Ich erklärte, dass ich für ein Tutorium an der Uni ein Beobachtungsprotokoll schreiben muss und nichts böses vorhabe. Die Frau in der Mitte nickte und schlug dem Mann leicht mit ihrem Handrücken auf die Brust. Die drei Erwachsene liefen langsam an mir vorbei, ohne noch einmal in meine Richtung zu schauen. Der kleine Junge hingegen stand immer noch ein paar Meter entfernt und schaute mich an. Ohne groß zu überlegen, winkte ich ihm kurz zu. Ein großes Grinsen breite sich auf seinem Gesicht aus. „Hallo!“ sagte er. Ich hörte wie ein Name gerufen wurde „Niklas“ und der Junge schaute in Richtung der Erwachsenen und der anderen drei Kinder. Der Junge, Niklas nehme ich an, drehte sich langsam um und ging in Richtung der Gruppe. Er schaute einmal über seine Schulter und schrie „Tschüssi“ bevor in das große Auto einstieg. Auch die anderen Kinder und die Erwachsenen teilten sich auf die zwei Autos auf und fuhren langsam von dem beschneiten Parkplatz.

Mir wurde bewusst, dass dieser Parkplatz für diese Gruppe nur ein Ort war, an dem sie einige Minuten verweilten, um zu parken und sich zu orientieren. Für mich war dieser Parkplatz aber in der letzten Stunde ein wichtiger Ort, mit dem ich mich viel befasst habe. Die Bedeutung mag noch so simpel sein, aber nicht jeder Ort ist nur ein Ort. Und das wurde mir an diesem Tag klar. Ich habe so viel gesehen und erlebt, und dabei ist doch nicht allzu viel passiert.

Nachdem die zwei Autos schon einige Minuten verschwunden waren, sah ich meine Mutter in der Ferne. Ich beschloss also, meine Sachen zu packen und mich im Auto wieder aufzuwärmen. Meine Finger waren schon blau von der Kälte und ich bemerkte erst da, wie sehr ich zitterte. Ich nahm meinen Notizblock und setzte mich auf den Beifahrersitz und machte die Sitzheizung an.

 

Christin

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