Prüfungsaufgabe – Beobachtungsprotokoll

24. Februar 2021

Beobachtungsprotokoll

Einkaufszentrum “Multi Süd”, Leer (Ostfriesland) 

8. Januar 2021/ von 17:05 bis 18:29 Uhr 

 

Bevor ich beginne über die Sachen zu schreiben die ich beobachtet habe, möchte ich etwas ankündigen. Alle Menschen, die in diesem Text erwähnt worden sind, habe ich als entweder Mann oder Frau bezeichnet anhand stereotypischen Geschlechtsmerkmalen. Meine Bezeichnungen muss nicht der Wahrheit entsprechen. 

 

Da ich mein heutiges Protokoll über Mund- und Nasenschutzmasken schreibe, habe ich mich wieder dafür entschieden in einem Einkaufszentrum zu beobachten, da alle Kunden/Kund*innen sich hier an die Maskenpflicht halten (sollen).

 

Das Einkaufszentrum ist ein Agglomerat von unterschiedlichen kleinen Läden wie zum Beispiel “Thalia”, “Juwelier Schröder”, “Nanu-Nana” und “Multi” (Supermarkt). Ich sitze im Einkaufszentrum auf einer großen Holzbank am Eingang von Multi. Hinter mir ist ein Schuhladen der intensiv nach Plastik riecht. Neben dem Eingang sind ein paar kleine Läden. Ich höre die Hintergrundmusik die ich unter den Pop Genre einordne. Hinter mir und vor mir höre ich Menschen die miteinander sprechen. Da die Lautstärke im Einkaufszentrum jedoch sehr laut ist, kann ich nicht verstehen worüber sie sprechen. Es ist sehr laut hier. Das Einkaufszentrum ist dank den vielen Lampen an der Decke sehr gut beleuchtet. Da ich eine Maske trage, fällt es mir schwer einige Gerüche zu erkennen, aber der Geruch von Zigaretten und Essen ist erkennbar. Der Mülleimer rechts von mir stinkt. 

 

Ich beobachte, wie zwei Menschen durch das Einkaufszentrum gehen und sich zum Ausgang begeben. Beide schieben einen Einkaufswagen vor sich her. Ein Wagen ist voll, der andere Wagen jedoch leer. Eine Frau schiebt ihren Wagen an mir vorbei und ich höre das rascheln von der Einkaufstüte die sie gerade versucht zu falten. Sie schaut mich an mit großen Augen. Viele, wenn nicht sogar alle Menschen halten ein Handy in der Hand und schauen so lange darauf, bis deren Wagen gegen eine/n andere/n Kunden/Kund*innen fährt. Alle Kunden/Kund*innen hier, tragen eine Maske die den Mund und die Nase bedeckt. Ich sehe OP Masken, FFP2 Masken und selbst gebastelte Masken in allen Farben. Nicht alle tragen eine Maske, manche tragen einen Schal oder ein Multifunktionstuch. Ein paar Menschen fallen mir auf, da sie die Masken so tragen, dass die Nase nicht bedeckt ist. Einige Kunden/Kund*innen tragen Brillen und jedes Mal wenn die dann Ausatmen sieht man, wie die Gläser beschlagen. So geht es der Frau die gerade an mir vorbei gelaufen ist. Sie trägt eine rote Brille mit großen Gläsern und jedes Mal wenn sie ausatmet beschlagen die Gläser und sie muss kurz anhalten um diese dann zu putzen. 

Zwei Menschen laufen an mit vorbei und ich nehme an, dass es sich um ein Pärchen handelt. Die beiden tragen gleichfarbige Masken. Eine kleine Frau schreitet aus einem Laden heraus. Sie trägt eine DHL Jacke, weshalb ich davon ausgehe, dass sie ein DHL Mitarbeiter*in ist. Ihre Maske sieht so aus, als ob sie drei Größen zu groß sei, da diese ab und zu von ihrer Nase rutscht. Das “zu-große-Maske” Phänomen habe ich schon einige Male in der Fußgängerzone von Leer beobachtet. 

Ein erwachsener Mann schiebt seinen Wagen durch den Laden. Eine Frau und ein Kind begleiten ihn. Es könnte sich hier um eine kleine Familie handeln. Die Maske von dem Mann ist nicht über die Nase gezogen und während ich ihn beobachte schaut er mich sehr böse an. 

Die Kunden/Kund*innen hier im Einkaufszentrum laufen sehr schnell durch den Laden. Keiner bleibt kurz zum flanieren stehen oder schaut in einen Laden rein. Das Reinigungsteam des Einkaufszentrum ist erkennbar anhand deren Reinigungswagen. Sie laufen an mir vorbei und die Mülltüte die an dem Reinigungswagen befestigt ist, bringt keinen Angenehmen Geruch mit sich. Noch zehn Minuten nachdem das Team an mir vorbei lief, hatte ich immer noch das Gefühl, dass die Mülltüte neben mir steht. 

Die Stoffmasken entdecke ich hier in allen Formen, Farben und Muster. Ein Mann lief in das Einkaufszentrum und hatte auf der Maske einen riesigen Mund aufgemalt. Es sah aus wie ein Mund aus den Comic-Büchern. Der Mund sah aus als wäre er doppelt so groß wie sonst. Zusätzlich sind Masken mit politischen Aussagen, Sprüche oder Witze zu sehen. Mir fiel eine aus, auf der “Black Lives Matter” stand. Auf einer Anderen stand “Schutz auch für Geflüchtete” und auf noch einer stand “No human is illegal”. Einige Masken von Unternehmen wie “Meyer Werft”, “Louis Vuitton” und “Nike” sind mir auch aufgefallen. 

Ein paar Meter von mir entfernt hörte ich eine ältere Frau wie sie mit einem kleineren Junge diskutierte. Ich nehme an, dass es sich um die Oma von ihm handelte. Sie sprach sehr laut und deutlich und erklärte ihm, dass er seine Maske ordentlich tragen soll und nicht nur über den Mund, sondern auch die Nase. 

Interessanterweise waren es bis jetzt nur Männer die, die ihre Maske nicht korrekt getragen haben. Ein Mann beobachtet mich von der Ferne. Er schaut mich genau an und kommt dann zu mir. Er kommt mir sehr nah und schaut auf meinen Laptop. Er war mir so nah, dass ich kurz überlegt habe, ob ich was sagen soll. Nach ein paar Sekunden entscheidet er sich neben mich zu setzen und dort ein Brötchen zu essen. In seinem Einkaufswagen sehe ich einige Bierflaschen und eine Vodka Flasche. Seine Kleidung ist etwas unordentlich und schmutzig und er trägt einen Strohhut. Während er isst, fallen viele Krümel auf den Boden. Nachdem er gegessen hat, geht er in Richtung ausgang. 

Es ist schon 17:36 Uhr und das Einkaufszentrum ist sehr leer. Für einige Minuten passiert nichts erwähnenswertes, doch dann läuft eine Frau in das Einkaufszentrum ohne Maske. Da sie höchstwahrscheinlich dreimal so breit ist wie ich, werde ich nicht derjenige sein, der sie darauf hinweist, dass eine Maske eigentlich eine sehr coole Sache ist. Sie läuft in den Laden mit so viel Energie, dass sie höchstwahrscheinlich einen 300 km/h schnellen ICE stoppen könnte indem sie sich vor dem stellt. Der Zug wäre schrott und ihr wäre nichts passiert.

 

Wenn mich jemand nun bitten würde mein Beobachtung in diesem Einkaufszentrum zusammenzufassen, würde ich drei wörter dafür haben: Schnelle-Anonyme-Mission. Die Kunden/Kund*innen tragen (meistens) ihre Masken und rennen dementsprechend relativ anonym. Wenn ich sage rennen, dann meine ich auch rennen. Die Kunden/Kund*innen kommen mit einer schönen Liste von Zuhause in den Einkaufswagen, kaufen was nötig ist, und rennen wieder raus. Wenn man einen Blitzer in den Supermarkt stellen würde, dann würde dieser gar nicht hinterher kommen mit den ganzen “zu-schnell-Läufern”. Das ganze “schöne” am Einkaufen ist weg, da die Menschen so wenig Zeit wie möglich im Laden verbringen wollen, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Zusätzlich fällt der ganze Smalltalk weg. Keine Kunden/Kund*innen schnattern noch mit anderen Kunden oder mit Kassierern. Die einzige Interaktion passiert zwischen Kunde und Handy. 

 

Die Masken. Eingeführt als etwas was die Bevölkerung vor “dem Virus” schützen soll. Ein Stück stoff was die Schminke im Gesicht ruiniert und die Unterhaltungen in “Wer-kann-am-lautesten-Schreien” Wettbewerbe verwandelte. Aber nun vergessen wir mal kurz die Menschen die sich gegen den Schutz vor einem Virus stellen und konzentrieren wir uns auf die solidarischen und emphatischen Menschen von Leer. Diese Menschen haben ein simples Objekt in ein Mode Accessoire verwandelt mit dem sie zum Beispiel ihre Meinung äußern (oder ihren Reichtum (Louis V.)). Es ist beeindruckend was eine Kultur mit einem Gegenstand machen kann. Während ich hier saß habe ich mir Gedanken über ostasiatische Länder gemacht und deren “Masken-Kultur”. Seit dem SARS Outbreak im Jahr 2003 und der Vogelgrippe im Jahr 2006, verwandelten sich Masken in einen großen Teil deren Kultur. 

Are masks changing the culture in western countries too?

-Finn

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3 Comments Add your own

  • 1.    Finn  |  Februar 24th, 2021 at 21:00

    Falls Jemand weiß wie „Kunde/Kunden“ richtig gegendert wird, bitte mal anmerken 😀

  • 2.    Teresa  |  März 2nd, 2021 at 13:42

    Hallöööööchen,
    ich finde deinen Text sehr schön zu lesen. Vor allem dass du ´Humor´ mit eingebaut hast, finde ich toll. Masken verändern auf jeden Fall die Kultur. Die Interaktion zwischen Masken-tragenden Menschen ist ganz anders als vor zwei Jahren oder wenn jemand keine Maske trägt, wird die Person direkt anders behandelt. Und die `Einkaufs-Kultur` hat sich auch sehr verändert (wie du auch geschrieben hast). Sie ist viel hektischer und anonymer geworden. Ich weiß trotzdem nicht, ob ich Masken als Teil der Kultur betrachten würde. Eher als Must-have, dass die Kultur in gewisser Weise beeinflusst.
    Und es ist Kund*innen bzw. Kund:innen, soweit ich informiert bin.
    Liebe Grüße,
    Terizaaaaa

  • 3.    Jan  |  März 3rd, 2021 at 12:00

    Hi Finn,
    interessante Beobachtung. Ja Maske plus Brille ist ein nerviges Handicap. Ich finde auch das die schon vorherrschende Anonymität in der Öffentlichkeit mit dem Tragen der Maske gestiegen ist.

    Jan

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