Othering als Gefahr begegnungspädagogischer Konzepte

„Othering“ entsteht, wenn man sich einer Gruppe zugehörig fühlt und diese von anderen Gruppen differenziert und distanziert. Hierbei entsteht das Problem, dass andere von besagter Gruppe ausgegrenzt werden und zwischen den Gruppen wenig bis kein Kontakt herrscht. Die eigene Gruppe wird dabei oft als „besser“ empfunden und in gewisser Weise auf die anderen Gruppen herabgesehen. Diese Probleme werden didaktisch dann erzeugt, wenn SuS aufgrund einer bestimmten Eigenschaft (z. B. Leistung, Religion o. Ä.) einer Gruppe zugeordnet und somit aufgrund dieser Eigenschaft von den übrigen Schülern getrennt werden.
In meiner eigenen Schulzeit wurde, als die SuS das Lesen erlernen sollten, von der Lehrerin ein neues Projekt eingeführt: Die „Lesemütter“. Anstatt das Lesen gemeinsam in der Klasse zu üben, wurden die SuS in vier verschiedene Gruppen aufgeteilt. Die drei Gruppen mit den SuS, die sich beim Lesen schwer taten, wurden von drei Müttern von Schülern aus der Klasse betreut, die Gruppe mit den am weitesten fortgeschrittenen SuS von der Lehrerin.
Die Idee dahinter war einerseits, dass die SuS in einem vertrauteren Umfeld gemeinsam das Selbstbewusstsein entwickeln sollten, Texte vorzutragen, und andererseits, dass sie einander besser kennenlernen sollten, da die Klasse gerade erst neu entstanden war. Deshalb sollten die ursprünglichen Gruppen erst mal nur einen Monat zusammen lernen, danach sollten sie durchgemischt werden.
Das Projekt scheiterte allerdings genau an diesem Punkt. Die SuS wollten in ihren Gruppen bleiben, da sie hier bereits Freundschaften geschlossen hatten. Zudem weigerten sich gerade die SuS aus den von den Müttern betreuten Gruppen, vor den anderen vorzulesen, da diese ja aus der „besseren“ Gruppe stammten und sie sich nicht vor ihnen blamieren wollten.
Obwohl die SuS durch das Projekt zusammengeführt werden sollten, wurde also eher der gegenteilige Effekt erzielt: Es kam zu einer Art Cliquenbildung und damit zu einer Spaltung der Klasse.

Innere Differenzierung im Politikunterricht

Skizzieren Sie für eines Ihrer Unterrichtsfächer ein Beispiel für innere Differenzierung genauer, das Sie auf drei (von Ihnen zu wählende) Felder von Thaler anwenden. Diskutieren Sie im Anschluss, welchen Arten von Heterogenität durch die gewählten Felder der Differenzierung auf welche Weise in besonderem Maße Rechnung getragen wird.

Im Politikunterricht kommt es häufig dazu, dass auch aktuelle Themen behandelt werden oder wenigstens Bezug auf aktuelle Themen genommen werden kann, um einen Bezug zum Inhalt des Unterrichts herzustellen.
Um ein neues Thema mit aktuellem Bezug einzuführen, könnte man zunächst mit einer Diskussion im Plenum beginnen: der Lehrer zeigt beispielsweise eine Karikatur oder lässt die SuS einen aktuellen Artikel lesen. Diese/r wird zunächst gemeinsam diskutiert, um sich dem Thema anzunähern.
Im Anschluss werden die SuS in Gruppen aufgeteilt, in denen sie sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen sollen. Diejenigen, die mit dem Thema bereits vertraut sind, da sie beispielsweise die Nachrichten verfolgen oder sich aus eigenem Interesse damit befasst haben, bilden eine Gruppe und setzen sich weiterführend mit dem Thema auseinander, diskutieren also beispielsweise zukünftige oder analysieren bisherige Entwicklungen. Die anderen SuS bilden ebenfalls Gruppen und setzen sich erst mal nur mit dem Thema auseinander, indem sie recherchieren und sich grundlegend mit dem Thema und eventuell dazugehörigen Modellen vertraut machen. Die SuS dürfen sich aber auch dagegen entscheiden, in der ersten Gruppe zu arbeiten.
Am Ende werden die Ergebnisse wieder im Plenum zusammengetragen. Die zweite Gruppe beginnt und stellt erst einmal die Rechercheergebnisse vor, woraufhin die erste Gruppe ihre Analyse der Situation präsentiert.
In dieser Art der Unterrichtsführung finden sich nach Thalers Feldern der inneren Differenzierung das Unterrichtsgespräch (bei der Diskussion zu Anfang), die Ziele (einerseits das Erarbeiten eines Themas und andererseits eine tiefergehende Auseinandersetzung damit) und aus letzterem resultierend auch ein unterschiedlicher Schwierigkeitsgrad. Es wird hier hauptsächlich auf Leistungsheterogenität eingegangen. Die SuS, die sich mit dem Thema bereits auskennen und sich zutrauen, sich damit in einem größeren Umfang zu befassen, erhalten diese Möglichkeit, während die anderen SuS mit den Grundlagen beginnen und sich dem Thema somit in einem für sie angenehmeren Tempo annähern können.