Koloniales Erbe Bremens: Baumwolle

Abb 1: Bremen, Schiff mit Baumwolle wird gelöscht

von Milan Boje & Thorben Sander

Bremens Koloniales Erbe hat wie das, der gesamten Bundesrepublik Deutschland seinen Ursprung in dem Bestreben des deutschen Kaisers nach einem „Platz an der Sonne“. In den Deutschen Kolonien im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden sog. Kolonialwaren für die aufstrebende Wirtschaftsnation im Zuge der indus-triellen Revolution für das Kaiserreich vor allem durch Landwirtschaft angebaut und exportiert. Kolonialwaren bezeichnen hierbei Luxusgüter wie Tabak, Kaffee, Kakao aber auch die kostbare Baumwolle, welche durch die im 19. Jahrhundert gegründete Baumwollbörse in Bremen eine besondere Bedeutung einnimmt.

„der Platz an der Sonne“

„Imperrare“, bezeichnet im lateinischen die Herrschaft über andere. Und genau das, beschreibt den europäischen Imperialismus im 19. und 20. Jahrhundert ziemlich genau. Um den immer größer werdenden Hunger der aufstrebenden europäischen Industrienationen zu stillen Erobern und Annektieren die Nationen Länder auf der ganzen Welt um besondere Ressourcen in die Heimat zu schicken und somit den wirtschaftlichen Aufstieg der eigenen Nation sicherzustellen. Um das Bremische Koloniale Erbe zu verstehen muss man verstehen in wie weit sich das deutsche Kaiserreich vor allem in Afrika ausgebreitet hat um an ihre kostbaren Waren zu gelangen.

Dieses ist vor allem Verbunden mit dem Gefühl von Überlegenheit und Gewalt. Durch ihren Technologischen Fortschritt in Europa fühlen sie sich bereits den anderen Nationen der Welt überlegen und rechtfertigen damit die Annektierung und die Beherrschung der Kolonien. Somit sahen die ehemaligen europäischen Nationen den Kolonialismus als notwendiges Instrument.

Eine ehemalige deutsche Kolonie stellt dabei die heutige Republik Togo dar. Vor allem von hier aus wurde die kostbare Baumwolle in die deutsche Heimat exportiert.

Als relativ späte und im Vergleich unbedeutende Kolonialmacht beanspruchte das deutsche Kaiserreich ab 1885 durch teilweise gewaltsame Eroberungszüge die nördlichen Teile des heutigen Togo. Durch Grenzabkommen mit den benachbarten Kolonialmächten Großbritannien und Frankreich entstanden ab 1885 bis 1912 die Grenzen des heutigen Togo, welches bis 1916 als „Deutsche Kolonie Togo“ oder „Togoland bezeichnet wurde. Bärwald (2017)

Exportgut Baumwolle

Neben anderen Exportgütern wie Erdnüssen, Tabak oder Kaffee wurde vor allem die Baumwolle nach Deutschland exportiert. Insgesamt wurden etwa 2/3 der produzierten Waren in Togo für den deutschen Markt produziert. In den Bremischen Häfen angekommen, kam die produzierte Ware vor allem in die die sogenannte Baumwollbörse, welches historische Gebäude auch heute noch in der Bremer Altstadt zu erkennen ist.

Die Bremer Baumwollbörse

Die Bremer Baumwollbörse ist auch ein noch heute aktiver deutscher Verein, welcher heute für die Überwachung und den Schutz aller am internationalen Baumwollhandel beteiligten Akteure zum Ziel hat. Heute verfasst die Bremer Baumwollbehörde Rahmenbedingungen, welche den Fairen Handel mit Baumwolle aus allen Ländern der Welt zum Ziel hat und übergeordnet anerkannt wird.

1872 wurde die Bremer Baumwollbörse als Handelskontor für die importierte Bremer Baumwolle aus Übersee gegründet. Im Zuge des zunehmenden Welthandels und des immer größer werdenden Kolonialen Einflusses nahm auch die Zahl der in Bremen gehandelten Baumwolle aus den Kolonien rasant zu. Bis zur Weltwirtschaftskrise erreichte die Bremer Baumwollbörse ein Handelsvolumen von rund 2,6 Millionen Ballen (ca. 560.000 Tonnen).

Im Zuge des ersten Weltkriegs verlor Deutschland die Kolonialen Herrschaftsgebiete in Afrika, wodurch die Kolonie Togo und die damit verbundene Baumwollproduktion durch den Versailler Vertrag an Frankreich fiel. Schildknecht, Karl Heinz  (1999)

Das Erbe der deutschen Kolonialherrschaft

Neben der ökonomisch eher unbedeutenden Kolonie Togo, ist vor allem der Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia ein Sinnbild für das Erbe des deutschen Kolonialismus in Afrika. Die dortige Bevölkerung revolutionierte gegen die sogenannte deutsche Schutzmacht im Jahr 1904-1908. Durch ins Land geschmuggelte Waffen organisierten sich die im heutigen Namibia lebenden Hereros und begannen einen Angriff auf die deutsche Bevölkerung und Einrichtungen. Erst mit einberufen von Deutscher Verstärkung scheiterte das Vorhaben der Revolutionären und führte durch die Kriegsführung der deutschen Kolonialherren zum Niederstrecken der Herreros. Bei kontrollierten Tötungen und Inhaftierungen in deutsche Lager verloren 60.000 Herero und 10.000 Nama ihr Leben. Weißköppel, Cordula (2019)

Heute wird die Niederschlagung und Tötung der Herreros und Nama durch die deutschen Kolonialherren durch die Genfer Konvention der Vereinten Nationen als Völkermord angesehen. Das deutsche Auswärtige Amt hat erst 2015 die Ereignisse offiziell als Völkermord bezeichnet. Mamzer et al. (2016)

Erinnerung

In Bremen erinnert heute das Überseemuseum mit der Dauerausstellung „Afrika“ an die Kolonialwaren und den Völkermord in Namibia. Das Antikolonialdenkmal im Bremer Nelson-Mandela-Park, dem Elefanten aus Backstein gilt als das zentrale deutsche Kolonialdenkmal und symbolisiert seit der Unabhängigkeit Namibias 1990 die Ausbeutung des Afrikanischen Kontinents durch die Deutsche Herrschaft und die Ermordung der dortigen Bevölkerung durch die Besatzungsmächte. Der damalige Bremer Bürgermeister Klaus Wedemeier sagte bei der Feierlichkeiten am Tag der Namibischen Unabhängigkeit:  „Kein Kontinent unserer Erde ist durch den europäischen Kolonialismus derart zerstückelt, ökonomisch und ökologisch zerstört und in seiner Identität verletzt worden wie Afrika.“ Weißköppel, Cordula (2019)

Baumwolle auch heute noch umstrittenes Exportgut

Auch heute noch ist der Handel und Anbau von Baumwolle umstritten 99% der weltweiten Baumwollbauern leben in Entwicklungsländern und durch seine Anfälligkeit für Schädlinge werden teilweise auch für den Menschen giftige Pestizide für ihren Anbau benutzt, für kein anderes Landwirtschaftliches Gut wird so viel Pflanzengift benutzt wie für Baumwolle. Zudem ist auch heute noch Kinderarbeit eine verbreitete, traurige Tatsache im Internationalen Handel mit Baumwolle.

Literatur

    • Weißköppel, Cordula (2019): Bremens koloniales Erbe: Expertin fordert stärkere Aufarbeitung (online) https://www.presseportal.de/pm/100150/4340930
    • Schildknecht, Karl Heinz  (1999): Bremer Baumwollbörse. Bremen und Baumwolle im Wandel der Zeiten
    • Baumwollbörse Bremen (2018): DIE BREMER BAUMWOLLBÖRSE (online) https://baumwollboerse.de/baumwollboerse/
    • Bärwald, Annika (2017): Bremer Baumwollträume.
      Bremer Wirtschaftsinteressen und das Streben nach
      Rohstoffautarkie im kolonialen Togo (online) https://media.suub.uni-bremen.de/bitstream/elib/3362/1/00106146-1.pdf
    • Mamzer et al. (2016): Bremen eine Stadt der Kolonien

Abbildungen:

Abb 1: Bundesarchiv Bild 183-R96987, Bremen, Schiff mit Baumwolle

5 Gedanken zu „Koloniales Erbe Bremens: Baumwolle

  1. Hat irgendjemand mal „Empire of Cotton“ bzw. „King Cotton“ von Sven Beckert gelesen? Dieses Buch stand vor einiger Zeit im Zentrum eine Veranstaltungsreihe an der Uni Bremen (Eine Uni, ein Buch) und thematisiert die historischen und politökonomischen Dynamiken des globalen Kapitalismus anhand der Baumwolle. Sehr spannend!

    NYT Book Review: https://www.nytimes.com/2015/01/04/books/review/empire-of-cotton-by-sven-beckert.html

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