Studien mit der Realität verbinden durch die Studien-Praxis-Projekte (SPP)

Wir haben kürzlich erfahren, dass es an der Uni Bremen eine Initiative gibt, die Lehramtsstudierende mit der realen Schulpraxis verbindet. Die Studien-Praxis-Projekte (SPP) sind wenig bekannt, aber sie sind ein ideales Beispiel dafür, wie Studierende unser theoretisches Wissen und unsere Forschung auf die Probleme unseres Fachs in der Realität anwenden können. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich muss mich von Zeit zu Zeit daran erinnern, dass die Universität keine Blase der Wissensproduktion ist, die in Credit Points und Essays gefangen ist, sondern ein wechselseitiger Fluss des Dialogs mit der Realität. Es ist wichtig, über diese Projekte Bescheid zu wissen und daran teilzunehmen, weil sie uns mit den Problemen verbinden, mit denen die Welt außerhalb des Klassenzimmers konfrontiert ist. Tatsächlich verbinden sie uns mit dem kleinen Teil der Gesellschaft, zu dem wir am direktesten und effektivsten etwas beitragen können. Also aufgepasst: So machen es der FB02 und der FB12.

Die SPPs sind Möglichkeiten, mit von den Schulen vorgeschlagenen Fragen in geführten Teams (2-5 Personen) und mit Supervision/Feedback von beiden Parteien zu arbeiten. Sie dauern ungefähr 3-4 Monate. Tipp: Sie sind der perfekte Ort, um Kontakte in Schulen zu knüpfen und Ideen für die Masterarbeit zu finden, da eine Teilnahme im dritten oder vierten Semester empfohlen wird.

Bei dieser Gelegenheit habe ich mit drei Studierenden gesprochen, die am SPP teilgenommen haben: Joy Grosser, Bastian Grimmelmann und Vincent Wrissenberg. Sie studieren oder studierten an der Uni Bremen, um Lehrkräfte an Oberschulen und Gymnasien (Biologie und Chemie), am Gymnasium (Mathe und Chemie) oder an Grundschulen (Inklusive Pädagogik, Deutsch und Kunst) zu werden. Alle drei sind in ihrem Bereich auch tätig.

In ihren SPPs hatten sie die Möglichkeit, eng mit Schulen in Bremen, Vegesack und Bremerhaven zusammenzuarbeiten. Ihre Interventionen bestanden in der begründeten Gestaltung didaktischer Einheiten und digitaler Tools, die dabei halfen, spezifische Inklusionssituationen und Übergangsschwierigkeiten zwischen den Klassen zu lösen, das Interesse der Jugendlichen zu wecken und mit kultureller Vielfalt zu arbeiten. Vincents Projekt konzentrierte sich beispielsweise auf die Entwicklung von didaktischen Einheiten mit Mehr-Sinn-Geschichten, um unterschiedliche Erfahrungen des Vorlesens und des Leseverständnisses zu erzielen. Dies reichte von der Auseinandersetzung mit den Barrieren zwischen Kind und Buch und der sorgfältigen Auswahl von Bilderbücher, die gemeinsam mit der Bilderbuchbibliothek der Uni Bremen erfolgte, bis hin zur Erstellung eigener Geschichten sowie der Präsenzanwendung in verschiedenen Klassen von drei Schulen.

Obwohl SPPs einen praktischen Ansatz haben, unterscheiden sie sich stark von Praktika, da sie auf einer anderen Grundlage beginnen, bei der alle Beteiligten ihre Perspektive und ihr Wissen einbringen. Laut Joy ist diese Zusammenarbeit sehr wertvoll, weil sie sich wie auf Augenhöhe anfühlt. „Während die Lehrkräfte aus der Praxis berichtet haben, konnte ich Ideen aus den Seminaren mit einbringen und habe von meinen Dozenten im Hintergrund hilfreiche Literatur und Anregungen empfangen.“ Ein weiterer interessanter Aspekt im Vergleich zu Praktika ist die Themen- und Interessenfreiheit, die SPPs zulassen. Wie Vincent erklärte: „Das SPP ist eine freiwillige Geschichte, bei der man selbst viel Entscheidungsfreiheit hat, was mir persönlich im Praxissemester oder in Praktika oft zu kurz kam.“ Bastian berichtet zudem, dass es „beim SPP mehr darum geht, einen konkreten Beitrag zur Schulentwicklung zu leisten, also eigene Projekte für den Unterricht zu entwickeln“. Es ist wichtig zu wissen, dass die Studierenden während ihrer Entwicklung immer die Begleitung und Unterstützung von Kollegen und Mentoren hatten.

Mir ist klar, welchen Beitrag unsere Kolleg:innen für die beteiligten Schulen leisten, aber ich wollte auch hören, was sie von dieser Teilnahme haben, da sie vollkommen freiwillig ist und keine materielle Entschädigung beinhaltet. Der erste Vorteil war, eine thematische Basis und eine Datenquelle für ihre Masterarbeiten zu erhalten. Es wird jedoch auch der persönliche Wert der Erfahrung hervorgehoben und das Gefühl, dass die produzierten Ideen wirklich nützlich für jemanden sind und eine sichtbare Wirkung erzielen. Joy sagte, dass für sie das wertvollste am SPP der Austausch sei. Gemeinsam mit den Lehrkräften zu überlegen, wie ein guter inklusiver Unterricht aussehen kann. „Gleichzeitig hat man in einigen Punkten feststellen müssen, dass in der Uni gelerntes manchmal nur eine Wunschvorstellung ist und die Realität ganz anders aussieht.“

Abschließend auf die Frage, ob dieses Programm für alle geeignet ist, die sich auf das Unterrichten vorbereiten, lautet die Antwort ja!

Diejenigen, die die Erfahrung gemacht haben, meinen hierzu: „Das SPP liefert einen guten (und schnellen) Zugang, eigene Ideen zu entwickeln und umsetzen zu können, ohne große Hürden überwinden zu müssen. Es bringt vielfältige Möglichkeiten, die Schulentwicklung voranzutreiben.“ (Bastian) „Diese intensive Phase der Praxis kann in meinen Augen keines der Pflichtpraktika geben. Im SPP kann man seine Perspektive einbringen und etwas Eigenes kreieren.“ (Joy) „Die unterschiedlichen SPPs waren so divers und unterschiedlich spannend, dass alle auf ihre individuelle Art und Weise davon profitieren können.“ (Vincent)

Ich stimme Vincent zu, wenn er sagt: „Im Studium ist es meiner Erfahrung nach ein großer Mehrwert, mal nach links und rechts zu schauen, anstatt immer nur geradeaus zu laufen und den direkten Weg zu nehmen. Ich wünsche allen Mitstudierenden, dass sie ebenfalls die Möglichkeit bekommen, so tolle Erfahrungen zu sammeln, wie wir es getan haben. Darum sollten die SPPs im Lehramtsstudium meiner Meinung nach definitiv mehr Aufmerksamkeit bekommen.“ „Ich bin absoluter Fan vom SPP und würde es allen Lehramtsstudierenden, wie auch Schulen empfehlen“, bemerkt Joy.

Es scheint mir, dass wir tatsächlich daran interessiert sein sollten, ähnliche Verbindungen zu replizieren, bei denen alle Beteiligten gewinnen: Universitätsstudierende, Institutionen und die Gesellschaft im Allgemeinen.

Bei Interesse an weiteren Informationen oder konkreten Fragen zum Programm könnt ihr an spp@uni-bremen.de schreiben und die Webpage https://www.uni-bremen.de/zflb/projekte-forschung/schnittstellen-gestalten-qualitaetsoffensive-lehrerbildung/teilprojekte/studien-praxis-projekte/ besuchen.

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