Wenn aus Fremden Freunde werden
Es ist ein warmer Frühlingstag, viele Studis genießen die langersehnte Sonne auf dem Boulevard und kosten somit jede freie Minute zwischen ihren Kursen aus. Genau hier treffe ich mich mit Jan von der Initiative „Start with a Friend„. Mit einem festen Händedruck und sympathischen Lächeln begrüßt er mich, bevor wir uns setzen um uns zu unterhalten.
Ich wollte jetzt einfach mal mit der Frage anfangen, wer ihr so seid und was ihr eigentlich macht bei eurer Initiative?
„Start with a Friend“ ist eine bundesweite Organisation, die seit Ende 2014 besteht und mittlerweile haben wir 23 Standorte und Bremen […] ist seit November 2017 mit dabei […]. Wir vermitteln Tandempartnerschaften zwischen Geflüchteten und Locals. Das heißt den Menschen in der jeweiligen Stadt, hier wären’s die Bremer und Bremerinnen. Und die bringen wir zusammen, in ganz individuellen Tandems. Das heißt basierend auf Interessen, Hobbies, Eigenschaften, Bedürfnissen.
Was macht man dann so als Tandempartner?
Das ist unterschiedlich. Ähm, die Gestaltung ist völlig frei. Wir haben den groben Rahmen, dass man sich zwei Stunden in der Woche trifft und ob man dann einen Kaffee trinken geht oder sich beim Deutsch lernen hilft, Sport macht, das ist völlig freigestellt. Wir fragen was die Leute machen wollen, was für einen Schwerpunkt sie gern hätten und dann suchen wir jemanden der dazu passt.
Also so Match-and-Find?
Genau. Also, schon professioneller als ein Algorithmus, weil wir wirklich Leute zusammenbringen die ähnliche Interessen haben.
Und wie können geflüchtete Menschen oder Flüchtlinge euch finden? Oder geht ihr auf die zu oder wie funktioniert das genau?
Wir haben eine Website auf der man sich, sowohl als Local als auch als Geflüchteter registrieren kann. Und Geflüchtete schreiben uns so einen kurzen Text mit ihrer Email-Adresse, dann treffen wir sie hinterher, um sie aufzunehmen. Und eigentlich brauchen wir für Geflüchtete gar keine Werbung machen, weil das wie so ein Schneeballsystem ist. Die erzählen sich gegenseitig davon und es gibt ganz viele Standorte wo die Warteliste so lang ist, dass man sich momentan als Geflüchteter gar nicht anmelden kann. In Bremen aber nicht. Da haben wir schon auch Einige in der Warteliste, aber die ist jetzt nicht so riesig […]. In der Community erzählen sie sich gegenseitig davon und bringen auch einfach Freunde mal mit […].
Und was macht denn eure Initiative so interessant für Studierende an der Uni Bremen?
Ja, also ein Engagement bei uns als Tandempartner ist ganz flexibel und unkompliziert. Also flexibel in dem Sinne, dass man machen kann was man möchte im Tandem und das man auch keine festen Zeiten hat […]. Vielleicht trifft man sich mal Mittwochs, dann mal Sonntags. Das ist ja völlig egal und die Zielgruppe ist alles ab 18 [Jahren]. Aber wir haben ganz viele Studenten die dabei sind. Ich glaube jüngere Leute sind offen, gehen auf andere Leute zu und […] wir sind selber fast alle Studenten im Team. Also, wir sind sieben Leute ungefähr und davon eine die als Krankenschwester arbeitet und der Rest studiert auch […]. Und ich glaube einfach, dass wir viel freie Zeit haben, die man sinnvoll nutzen kann und Tandem ist einfach super dafür. Man lernt ganz viel dabei, man kriegt viel zurück.
Also bist du auch Tandempartner? Hast du auch persönliche Erfahrungen die du vielleicht weitergeben möchtest?
Ich hab selber keinen Tandempartner, aber dadurch das ich halt viele Leute vermittele kriege ich ja auch viele Rückmeldungen. Und das ist schon schön. Die schönsten Momente sind eigentlich die, wenn sich Leute bei mir melden, die wir zusammengebracht haben und sagen: „Hey, Wow! Das passt total gut“ […]. Man sollte für sechs Monate ungefähr da sein und sich zwei Stunden in der Woche treffen. Einfach um eine gewisse Konstanz und Regelmäßigkeit zu haben. Für diese sechs Monate sind wir immer ansprechbar, wir betreuen jedes Tandem. Das ist uns ganz wichtig […]. Wir haben im Bundesteam jemanden der bei schwerwiegenden Problemen helfen kann, wenn ein Trauma zum Beispiel auftritt […]. Aber genau, die schönsten Momente sind wirklich, wenn aus einer Tandempartnerschaft wirklich eine Freundschaft entsteht. Das ist ja auch unser Motto („Aus Fremden können Freunde werden„). Das habe ich schon oft erlebt […] Tandems die zum Teil nur auseinander gehen, wenn jemand zum Beispiel umzieht […]. Wir haben auch Community-Events, wie unseren Stammtisch […] und jetzt ist die Community [in Bremen] schon über 50 Leute groß.
Kann man zu den Community-Events auch aus bloßem Interesse hingehen?
Ja, zum Stammtisch kann man auch als Interessierte[r] kommen. Aber wir informieren zusätzlich einmal im Monat an einem Localabend. Also das ist ein Infoabend, der dann meistens in einem Café im Zentrum veranstaltet wird […] und dann können wir die Leute auch aufnehmen, falls sie das möchten. Wir führen kurze Gespräche und stellen ein paar Fragen, was die Leute machen, was Hobbies sie haben, wie sie ihre Freizeit verbringen. Um zu gucken, wie tickt der Mensch? […] Und wenn wir Kapazitäten frei haben organisieren wir auch zusätzliche Events. Eventuell nächsten Monat ein Theaterbesuch, aber jetzt im Sommer sind natürlich Sachen wie Grillen am Werdersee oder Fahrradtouren […], also da ist wirklich ganz viel denkbar.
Welche Altersgruppen treffen dann zusammen mit den Studierenden Locals?
Also, vom Alter her muss ich sagen, dass wir viele junge Leute haben. Also es gibt auch einige die sind Ende Dreißig, Mitte/Ende Dreißig, Aber vor allem junge Leute. So, ich würde sagen, Achtzehn bis Mitte Zwanzig.
Dann ist die Wahrscheinlichkeit ja auch höher, dass man ähnliche Interessen hat wenn sie gemeinsam was unternehmen möchten.
Ja, genau […]. Es ist wirklich super unkompliziert. Man bekommt jemanden der einem ähnlich ist, der gleiche Interessen hat und vielleicht auch einfach mit in den Freundschaftskreis integriert wird […].
Dann Danke ich dir für das Interview.
Für alle Interessierten unter euch findet am 24.04.2018 der nächste Infoabend der Initiative in Bremen statt. Um 19.30 Uhr könnt ihr gerne im Karton (Am Deich 86) vorbeischauen und euch selbst ein Bild machen.
Der nächste Stammtisch findet außerdem am 15. Mai 2018 ab 19 Uhr im Kukoon in der Neustadt statt.
Alle Bildrechte für diesen Artikel liegen bei: Start with a Friend e.V.
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