Ein rauschendes Seminar
Es ist mittwochmorgens, ein kühler Wintermorgen und ich sitze im halbdunkeln auf dem Weg zur Uni. Ein vollgepackter Tag steht mir bevor. Direkt um Viertel nach Acht ein Seminar, von welchem ich früher gehen werde um pünktlich um viertel nach Zehn bei meinem General Studies Kurs in der Stadt sein zu können, um direkt danach wieder zum Campus zurück zu fahren. Wer kennt das nicht?
In unserer nordischen Kleinstadt-Metropole lässt sich dieses Hin und Her zum Glück leicht aushalten und ich freue mich auf das Seminar. Gemeinsam mit der Kunsthalle sollen wir Studis eine Veranstaltung im Rahmen ihrer aktuellen Ausstellung organisieren. Klingt super finden ich und ungefähr 30 weitere Studis. In der ersten Sitzung wird uns die Kunsthalle samt ihren einzelnen Bereiche vorgestellt. Wir sollen uns zum nächsten Mal für einen favorisierten Bereich entscheiden in welchem wir für das gesamte Projekt in Gruppen arbeiten werden. „Und was ist wenn ich mich nicht zwischen zwei Bereichen entscheiden kann?“ fragt eine Studentin in die Runde. „Kein Problem. Wir sprechen über alles im großen Plenum, also werdet ihr nicht nur in euren einzelnen Bereichen sein“ sagt eine Seminarleiterin. Toll! Denke ich mir, weil ich mir auch mit meiner Wahl unsicher bin.
Die einzelnen Bereiche von denen wir hier so kryptisch sprechen nennen sich übrigens Bildung und Vermittlung, PR und Marketing. Letztendlich lande ich durch schriftliche Abstimmung bei Bildung und Vermittlung und freue mich dass ich meine erste Wahl bekommen habe.
Bis zu diesem Punkt war mein einziger Kritikpunkt an dem Seminar die wechselnden und zu kleinen Seminarräume in der Kunsthalle. In den folgenden drei Sitzungen diskutierten wir dank schlechter Planung und Organisation dreimal über ein und dasselbe Thema jeweils satte 90 Minuten. Das Thema? Der Name der Veranstaltung. Nach zahlreichen zu nichts-führenden Abstimmungen und gemeinsamen Diskussionen, in mittlerweile gelangweilter Runde, wurde dann schlichtweg einfach der Name der am wenigstens Gegenstimmen bekam ausgewählt. Zufrieden oder überzeugt wirkte keiner so recht.
Insgesamt war die Veranstaltung so strukturiert dass in jeder Sitzung ein anderer Bereich der Schwerpunkt sein sollte und mit dem Schwerpunkt auch die „Dozenten“ wechselten. Da wir aber alle bei jeder Sitzung anwesend sein sollten um die Credit Points am Ende zu erhalten wurde eine Anwesenheitsliste geführt (ich muss hier nicht weiter erläutern warum Anwesenheitslisten an der Uni Bremen für viele Studis ein rotes Tuch sind). Die Anwesenheitsliste an sich konnte ich noch tolerieren, da wir außer der abschließenden Veranstaltung keine Prüfungsleistung abgeben sollten. Im Nachhinein hätte ich mir dennoch eine andere Lösung gewünscht – vielleicht eine schriftliche Reflexion des Seminars?
Denn in den folgenden Sitzungen saßen die Gruppen zwar gemeinsam im Plenum aber nur die Schwerpunkt-Gruppe unterhielt sich aktiv, die anderen Gruppen wurden öfters zur Ruhe ermahnt. Also hörten die Restlichen von uns hauptsächlich zu wie die Anderen 90 Minuten diskutierten. Dadurch näherte sich nicht nur meine Lust zu diesem Seminar schnell dem Nullpunkt sondern auch die Teilnehmerzahl sank. Ob dies den Veranstaltern aufgefallen ist? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, man könnte sagen die Kommunikation zwischen Veranstaltern und Studis hat etwas gehakt. Es schien als würden diese so reibungslos wie möglich noch dieses Studierenden-Projekt in ihren engen Zeitplan quetschen und es trotzdem schaffen den Studis zu viel kreative Luft nach oben zu lassen. Durch zu wenige konkrete Ansagen wurde das Seminar immer anstregender. Kurz danach entschied auch ich mich nach längerem Grübeln nicht mehr hinzugehen.
Ich schreibe diese Kritik weil mir das Aushalten schlecht-organisierter und strukturierter Veranstaltungen für Credit Points als ein immer wiederkehrendes Phänomen während dem Studium aufgefallen ist über welches sich viele Studis beschweren. Das finde ich sehr Schade! Was denkt ihr? Habt ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Wir sind an euren Geschichten aus dem Uni-Alltag interessiert!
[Anmerkung: Ich bin zwar nicht von der Organisation und Struktur des Seminars begeistert, habe aber nichts gegen die Veranstaltung selbst. Viele Studierende haben viel Fleiß und Arbeit in die Organisation und Planung gesetzt.]
Liebe Lara, schade, dass du so früh ausgestiegen bist. Wärst du nämlich dabei geblieben hättest du gemerkt wie toll wir StudentInnen zu einem Team zusammengewachsen sind und morgen sicherlich eine tolle Veranstaltung auf die Beine stellen. Dass du „nichts gegen die Veranstaltung selbst hast“ ist ja super, aber dass dieser Artikel einen Tag vor der Veranstaltung erscheint ist ja doch etwas provokant..
Vielleicht kannst du es ja einrichten und den Kunstrausch besuchen und dich von der Leistung, die doch noch erbracht wurde, überzeugen.
Ich wollte mit diesem Artikel auf die organisatorischen Defizite des Seminars eingehen und keinesfalls ein Urteil oder eine Kritik über die Teilnehmer des Seminars oder das Endprodukt fällen. Ich wünsche euch einen erfolgreichen Abend!
gehackt -> gehakt
Danke für den Hinweis :)
Schade, dass du deine Kritik, die du hier so klar formulieren kannst, nicht im Seminar geäußerst hast, du wärst auf offene Ohren gestoßen und hättest erlebt, dass ein Arbeiten auf Augenhöhe möglich ist, auf der beide Seiten voneinander lernen. Wärst du geblieben, hättest du zudem miterlebt, mit wie viel Eigenkritik die Leitung reagiert und welche Veränderungen sie eingeführt hat. Dabei hatte sie bereits von Anfang an betont, dass so ein Projekt Neuland für sie ist und sie nicht wissen, wie es sich entwickeln würde. Manche Projekte lassen sich nicht Schreibtisch planen, sondern entwickeln sich erst während der Durchführung. Mitzuerleben, wie auf ungünstige Entscheidungen reagiert worden ist (z.B. die Art wie von dir beschrieben in Gruppen zu arbeiten), war der beste Praxiseinblick, den man sich parallel zum eigentlichen Seminarinhalt wünschen konnte. In dieser Hinsicht war das Seminar ein doppelter Gewinn für mich. Für die Zukunft kann ich dir empfehlen, dich aktiv einzubringen und zu schauen, was du bewegen und gestalten kannst. Den Raum dafür, der uns Studenten im verschulten Studium so selten gegeben wird, hättest du hier gehabt.