Wäre die Welt schwarz und weiß nicht grau?

Wäre die Welt schwarz und weiß nicht grau?

Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir sie mit unserem Verstand so gestalten wollen. Die Wunder, die mystischen Momente müssen wir wegrationalisieren und sie in Erklärungen verbergen. Aber ich will nicht alles erklären. Ich will mich manchmal in der Mystik verlieren. Ein unbeschreibliches Gefühl einfach als dieses stehen lassen. Mich damit beschäftigen und darüber reden. Einen kleinen Ausweg aus dem Farbgemisch der weiß und schwarzen Welt. Die Welt und meine Anschauung von ihr mit Farben durchströmen. Und das will ich teilen. Ich will über Religionen, über das Wunder des Lebens und über übersinnliche Erfahrungen reden. Dabei muss man auf keinen Punkt oder Lösung des Rätsels kommen. Diese Gedanken hängen verstärkt in meinem Kopf seit der Beschäftigung mit dem sechsten Sinn. Ich habe meine Präsentation darüber gehalten und in einer wundervollen Gruppenarbeit einen wahren Austausch darüber gehabt. Auch in der Vorlesung habe ich eine Offenheit der Teilnehmenden gespürt. Normalerweise habe ich oft einen kollektiven Riegel vor diesen Dingen wahrgenommen, die nicht in einfachen Sätzen verpackt werden können. Ich will, dass wir Mut haben und uns trauen in diese Welt einzutauchen, sie Teil unserer Realität machen, die doch sowieso schon surreal ist. Sonst bleibt uns lediglich eine graue Welt, wo Träume und Wunder keine Bedeutung haben. Sonst bleibt uns lediglich eine Welt, die wir nur in Zahlen und „Fakten“ festhalten können, wo gewisse Gefühle verloren gehen.

Welche Verantwortung trägt die Kulturwissenschaft?

Am 19.02.21 bin ich zum Bremer Marktplatz gegangen, um den Opfern des rassistischen Anschlages des letzten Jahres in Hanau zu Gedenken und meiner Solidarität den Betroffenen gegenüber Ausdruck zu verleihen. 700 weitere Menschen standen mit mir auf diesem Platz, auch um ein Zeichen gegen den strukturellen Rassismus in Deutschland und weltweit zu setzen. Nach der Gedenkkundgebung bin ich mit schweren Herz nach Hause gegangen. Wie kommt es, dass dies in der deutschen Bevölkerung als Einzeltat abgestempelt wird? Wieso kann sich die weiße Bevölkerung, zu der ich auch gehöre, nicht ihrer Schuld und ihrer Engstirnigkeit bewusst werden? Das sind nur zwei meiner vielen, schweren Gedanken zu dieser Zeit. Ich habe mich mit meiner Rolle in unserer Gesellschaft beschäftigt. Dazu gehört auch Studierende der Kulturwissenschaft zu sein. Ich habe mich gefragt, worin sehe ich die Aufgabe der Kulturwissenschaft? Ich sehe ihre Aufgabe in der Veranschaulichung und vor Augen Führung des strukturellen Rassismus. Ich sehe ihre Aufgabe darin, den Betroffenen als Sprachrohr zu dienen um ihren Zorn, ihre Angst, ihre Trauer und ihre Stärke mitzuteilen. Ich sehe ihre Aufgabe darin ein Teil zur Aufklärung der Kolonialzeit beizutragen. Ich sehe ihre Aufgabe darin die immer noch fest in der Gesellschaft verankerte westliche Vorherrschaft aufzubrechen und abzubauen. Und es ist nicht nur die Aufgabe der Kulturwissenschaft, sondern auch unsere als Studierende dieses Faches, meine und deine.

Meine Achterbahnfahrt

Das erste Semester in der Kulturwissenschaft geht zu Ende und ich schaue darauf zurück.  Die Zeit verlief für mich wie eine Achterbahn. Die anfängliche Aufregung der Erstellung des Stundenplans, die ersten Vorlesungen, Seminare, Tutorien und die „Begegnungen“ mit den ganzen fremden Gesichter bis hin zur ersten eigenen Wohnung. Nach den ersten Wochen habe ich mich langsam zurecht gefunden und wurde entspannter, wodurch ich mich voll und ganz auf die spannenden Thematiken einstellen konnte. Ich mag die reflektierende Art und Weise auf unsere Gesellschaft zu schauen und mein Horizont wurde aufjedenfall immer ein Stück erweitert. Mir gefallen die Diskussionen, die kreativen Noten und die Möglichkeit seine Person mit einzubringen. Manchmal rennen meine Gedanken gegen die Wette und können nicht erwarten als erster ausgesprochen zu werden. Wäre da nicht Corona, was die meisten meiner Tiefphasen eingeleitet hat. Zusätzlich zum Stress von Abgaben und auch oft nervigen Computersitzungen kommt die Isolation. Durch Corona musste ich mir mehr Zeit geben und lernen nicht immer alles von mir abzufordern. Ein Tiefpunkt war meine Quarantänezeit während Weihnachten, in denen ich eigentlich einen Stapel Texte von KMW abackern musste. Nach zwei Tagen der Quälerei mit Zero- Outcome, entschied ich mich KMW für dieses Semester abzulegen. Das war ein Schritt näher zu mir und meinem allgemeinen Wohlbefinden, aber auch eine gewisse Enttäuschung für mich, dass ich dieses Leistung nicht erbringen konnte. Doch es war eine gute Entscheidung, denn danach ging es wieder zu neuen Höhepunkten. Das Leben als Student pendelt sich für mich langsam ein und auch wenn ich mich auf die Semsterferien freue, gefällt mir die thematische Vielfalt in der Kulturwissenschaft, die mich über meine vier Wände hinaus denken lässt.

Teilnehmende Beobachtung von Esther

29. 02. 2021, 14:30 Uhr

Ich gehe für meine Teilnehmende Beobachtung in den Seitenstraßen des Sielwalls umher. Es schneit große Schneeflocken, die sich zu einer weißen Decke auf dem Gehweg und den Autos legen. Ich kann bei jeden meiner Schritte ein Knistern hören und den Schnee unter meinen Fußsohlen spüren. Die Luft riecht kalt, nass aber auch sehr frisch. Auf meiner Haut im Gesicht kann ich die Kälte spüren. Etwa 20 Meter von mir entfernt sehe ich sechs Kinder, drei Mädchen und drei Jungen, die gemeinsam mit einem Erwachsenen eine Schneeballschlacht über die Straße veranstalten. Daraufhin forme ich auch einen Schneeball, um zu sehen wie das ist. Der Schnee fühlt sich kalt und nass an und beginnt bereits frühin meinen Händen  zu schmilzen und diese kalt werden zu lassen. Alle Kinder tragen Schneehose und eine dicke Winterjacke außer ein Mädchen, sie trägt Jeans. Alle kreischen und lachen laut, während sie sich hinter den Autos verstecken. Ich laufe nach dieser Betrachtung weiter. Mir kommt ein Fahrradfahrer entgegen, der sich bemüht auf der zugefrorenen Straße voran zu kommen. Sein Gesicht ist hauptsächlich von einem Schal und einer Mütze verdeckt, genauso wie seine Hände von Handschuhen. Ich kann das Rattern seiner Fahrradkette hören und das Rutschen der Räder auf dem Eis. Er fährt an mir vorbei. Ein paar Meter weiter, ich bin an einer Kreuzung, an deren einen Ecke ein geschlossenes Restaurant ist. Vor diesem steht eine Mann und ein Frau. Sie betrachten in diesem Moment beide einen zwei oder drei jährigen Jungen, der in einem Schlitten sitzt und sich an dessen Schnur festhält. Die Schnur endet in der Hand der Frau. Daneben steht ein Schneemann, der mir bis zur Hüfte reicht. Er trägt eine Süßkartoffelnase, deren Duft ich nicht wahrnehmen kann. Man hört von weiter hinten Gelächter eines Kindes und eines Mannes. Der Mann zieht zwei Kinder, nicht älter als sechs, in zwei Schlitten durch die Straße. Zu dem Gelächter kommt noch das Motorengeräusch der Autos und ihrer durchdrehenden Reifen, die nur mit Mühe ein und ausparken können.

Man kann feststellen, wie besonders es für Bremer ist, einen Tag im Schnee zu verbringen. Noch nie habe ich in diesen kleinen Straßen so viele Menschen und vorallem Kinder gesehen oder so freudig wahrnehmen können.