Welche Sorge will ich dir heute Anvertrauen?

Die erste Krise meiner ersten sechs Lebensjahren, hatte ich nach einem Familienausflug ins Kino. Wir besuchten den Film „Unsere Erde“, ein Film, der die unterschiedlichsten Wildtiere und Pflanzenwelten rund um den Globus ablichtet. Mein Vater war und ist immer noch vollkommen vernarrt in die Erde und ihre Tier- und Pflanzenwelt, was er mir weitergegeben hat. Schon als Kind half ich ihm in unseren großen, Dschungel ähnlichen Garten, der direkt an einen Wald angrenzt. Er hat mir gezeigt, was für ein Wunder die Natur mit all ihrer Farbenpracht und den verschiedenen Gesängen ist. Doch dann musste ich mit meinen sechs Jahren zusehen ich, wie ein Weißer Hai eine Robbe zerfleischt oder ein Elefantenbaby seine Familie verlor, weil sie von einem Löwenrudel gejagt wurden. Er streifte alleine durch die Unendliche Kalahari, schreiend nach seiner Mutter. Bei dieser Szene habe ich auch nach meiner Mutter geschrien und habe mit ihr Hand in Hand die Vorstellung verlassen und weinend gewartet, bis mein Vater und meine Schwester aus dem Kinosaal kommen. Mir wurde versichert, dass der Elefant von dem Kamerateam wieder zur Herde geführt wurde, was natürlich eine Lüge war. Sobald wir daheim waren, schrieb ich eine Geschichte, von einer Insel, auf der alle Tiere vegetarisch sind und wenn sie von einer Pflanze aßen, wuchs sie sofort wieder in ihrer vorherige Form. Das war meine Art von Verarbeitung.

Doch das Thema ließ mich nicht los und so machte sich meine Mutter mit mir auf den Weg in einen Weltladen. Ich war verzaubert von all den bunt gemusterten und handgefertigten Unikaten in diesem wunderschönen Laden. Meine Mutter lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Verkäuferin, die in ihrer Hand kleine Miniaturfiguren hielt. Sie sagte nichts und schaute mich nur an und überreichte mir eine dieser kleinen Puppen mit warmen Händen. Ich konnte nicht beschreiben, welchen Bann diese circa fünf Zentimeter große Figur für mich darstellten, aber wenn ich sie in der Hand hielt, strahlten ihre gesichtslosen Köpfe eine Wärme aus und schienen mich anzulächeln. Die Arme waagrecht ausgestreckt als würde sie mir eine Umarmung anbieten, wofür sie natürlich zu klein waren. Die angedeuteten Gewänder waren von wunderschönen und vielseitigen Farben bestimmt und aus kleinen Stoffen oder Fäden dargestellt.

Als ich meine Augen kurz von ihr löste erklärte mir die Verkäuferin, dass sie „Sorgenpüppchen“ genannt wird und sie den weiten Weg aus Guatemala auf sich genommen hat, um meine Sorgen aufzusaugen und mir zu jeder Zeit zuzuhören. Sie legte das Sorgenpüppchen in eine kleines, gewebtes Aufbewahrungssäckchen, was von genauso spektakulären Farben geschmückt war. Ich nahm das Säckchen mit der kleinen Puppe mit nach Hause und hängt es an meine Kopfseite meines Bettes. Über die Jahre erzählte ich ihr viele, viele Sorgen von Streit, von Wut, von Ungerechtigkeiten und führte mich selber zu Ansätzen, wie ich meine Sorgen lösen konnte. Es wurde zu einem kleinen, ganz persönlichen Ritual. Die Traurigkeit und Sorge, der der Film in mir ausgelöst hatte, konnte ich dank diesem kleinen Sorgenpüppchen los lassen. Damals war ich erschüttert von dem natürlichen Kreislauf in der Natur und habe die Warnung des Klimawandels noch gar nicht umrissen. Das lässt mich nachdenken. Werden meine Kinder, noch ein solches Spektakel sehen können? Können sie von mir gezeigt bekommen, wie viel die Natur in uns Menschen bewegen kann und welche Kraft sie hat? Und wenn ich ihnen es noch zeigen kann, können sie es ihren Kindern noch beweisen?

Wenn ihr euch den faszinierten Blick auf das Wunder dieser Welt näherbringen wollt, es vertiefen oder nochmal ins Bewusstsein rufen wollte, dann empfehle ich euch die Doku-Reihe von „Unser Planet“.

Nichts im Vergleich zur wirklichen Berührung mit der Natur, aber ein guter Wegbegleiter für kalte Tage.

https://www.netflix.com/search?q=unser%20planet&jbv=80049832 (Link für Netflixabonnenten)