Die Resilienz von Ökosystemen

von Thies Loose

Biodiversität ist ein entscheidender Faktor dafür, wie gut Ökosysteme mit Störungen von außen „umgehen“ können. Die Fähigkeit hierzu wird Resilienz genannt und ist von großer Bedeutung für die Zukunft: Diverseren Ökosystemen fällt es leichter, sich an Veränderung im Klima und an suboptimale Umweltbedingungen anzupassen. Aber warum führt mehr Diversität zu einer höheren Resilienz?

Zwei Faktoren sind hier wichtig: Der erste wird “Response Diversity“, also Reaktionsdiversität, genannt. Hiermit ist die Bandbreite an Reaktionen auf Veränderungen von Umweltfaktoren innerhalb einer funktionellen Gruppe gemeint. Ein Beispiel: In einem Wald, in dem die meisten Baumarten sich den gleichen optimalen Temperaturbereich teilen, würden Schwankungen, die von diesem Bereich abweichen, die Primärproduktion des Waldes signifikant beeinträchtigen. Wenn im Gegenzug viele verschiedene Primärproduzenten mit verschiedenen Temperatur-Optima vorkommen, wird das Ökosystem als Ganzes von Veränderungen weniger beeinträchtigt.

Neben der Reaktionsdiversität ist auch die funktionale Redundanz entscheidend. Wenn die Populationsgröße einer Spezies in einem Ökosystem fluktuiert, gilt dies auch für die Ökosystemfunktionen, zu denen die Spezies etwas beiträgt. Dieser Effekt ist weniger ausgeprägt, wenn mehrere Spezies ähnliche Ökosystemfunktionen erfüllen. Ein weiteres Beispiel: In einem Wald, in dem eine einzige Vogelart für die Samenverbreitung einer Reihe von Bäumen verantwortlich ist, würde das lokale Aussterben dieser Art dramatische Effekte auf die Lebensgemeinschaft des Waldes haben. Mit einer größeren Anzahl an Vogelspezies, die ähnliche Ökosystemfunktionen erfüllen (also „redundant“ sind), wäre die Samenverbreitung weniger bedroht.

In „natürlichen“ Ökosystemen lässt sich das Resilienz-Konzept zwar gut anwenden, in Städten wird es jedoch etwas komplizierter: Ständiger menschlicher Einfluss führt dazu, dass natürliche Prozesse verändert werden und natürliche Resilienz oft durch anthropogene Aktivitäten überschattet wird. Darüber hinaus gibt es untere Schwellenwerte der Biodiversität, unter denen Resilienz nicht „in Kraft tritt“. Dies ist in Habitaten mit einer kleinen Fläche (Zum Beispiel die Wiesen von Campus goes Biodiverse) oft der Fall. Allerdings kommt es darauf an, auf welcher Ebene man Diversität untersucht: Während eine kleine städtische Wiese keine nennenswerte Resilienz aufbauen kann, kann sie trotzdem wertvoll für die Gesamtresilienz der Gegend. Das passt zum Ziel von Campus goes Biodiverse: Als Teil eines Netzwerkes aus biodiversen Habitaten einen Beitrag zu einer diverseren (und damit resilienteren) Stadtnatur zu leisten.