Projekt
Schulisches Lernen in einer digitalen Welt
Das Projekt Lernen in einer digitalen Welt untersucht die schulische bzw. schulbezogene Mediennutzung von Schülerinnen und Schülern im Bundesland Bremen (Förderung durch die Mercartor Stiftung, Laufzeit 2018-2021).
Fragestellung, Gesamtziel und Arbeitsziele des Vorhabens
Das hier beschriebene Forschungsprojekt zielt auf eine empirische Aufklärung des Spannungsverhältnisses von formalen, non-formalen und informellen, auf schulische Inhalte bezogene Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern, die sich aus der Digitalisierung/ Mediatisierung der Lebenswelt ergibt. Im Zentrum stehen dabei digitale lernbezogene Handlungspraxen von Heranwachsenden (wie die Nutzung von Erklärvideos/Tutorials auf partizipativen Videoplattformen, Lern- und Übungs-Apps auf Smartphones und Tablets, Informationsressourcen zu Schulinhalten wie z.B. Grammatikhilfen und Online- Enzyklopädien sowie Gruppen-Messenger wie z.B. WhatsApp) innerhalb und außerhalb von Schule. Diese Medienformate bieten den Schülerinnen und Schüler eine „alternative Lehrmeinung“ und könnten ggf. als eine kostengünstige bzw. -freie Alternative zu Nachhilfeangeboten und Förderangeboten dienen. Über eine „selbstselektierende Adressatenschaft“ bietet die Vielfalt z.B. der Erklärvideoangebote den Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, eine größere Passung zwischen Erklärduktus und eigenem Bildungshintergrund zu schaffen. So finden sich auf der öffentlichen Videoplattform YouTube eine große Anzahl von Erklärvideos, welche sowohl von Erklär-Amateuren, Nachhilfelehrenden oder Studierenden bereitgestellt werden, oft auch mit einem nicht-traditionellen Bildungshintergrund. Allerdings ist aus der Forschung zur digitalen Beteiligung hinlänglich bekannt, dass alleine der Zugang zu (Bildungs-)Angeboten keineswegs eine Nutzung garantieren, sondern dass vielmehr in einem „Matthäus-Effekt“ Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Bildungskapital zusätzliche (auch digitale) Ressourcen zur weiteren Optimierung ihrer bereits gut funktionierenden Bildungskarrieren nutzen. Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Haushalten dagegen nutzen diese Angebote ohne eine pädagogische Einbindung eher nicht.
Im Projekt werden dabei bezogen auf das Bundesland Bremen die folgenden sechs Ziele bearbeitet:
Z1. Gewinnung einer empirisch abgesicherten Beschreibung der schulbezogenen digitalen Handlungspraxen von Schülerinnen und Schülern (der Sekundarstufen 5. bis 12. Klasse): In welchen Kontexten (Unterricht, Hausaufgaben, Klassenarbeitsvorbereitung) nutzen Heranwachsende digitale Medien für die Schule? Wie unterscheiden sich diese Praxen bzgl. Unterrichtsfächern, Klassenstufen und weiteren Differenzdimensionen?
Z2. Empirische Rekonstruktion der schulbezogenen digitalen Kommunikationsrepertoires der Schülerinnen und Schüler außerhalb von Schule: Welche Medien nutzen die Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule für das schulbezogene Lernen in welcher Kombination? Wie wählen sie diese nach welchen Kriterien aus? In welchen Fächern werden digitale Medien wie genutzt?
Z3. Empirische Rekonstruktion der schulbezogenen digitalen Kommunikationsrepertoires der Schülerinnen und Schüler innerhalb von Unterricht: Welche Medien werden (aus Schülersicht) im Unterricht von den Schülerinnen und Schülern selbstständig oder unter Anleitung der Lehrenden in welcher Kombination eingesetzt?
Z4. Gewinnung einer empirisch abgesicherten Beschreibung der Eigeneinschätzung zentraler Medienkompetenzen und -gefährdungen der Schülerinnen und Schüler bezogen auf das KMK-Strategiepapier „Bildung in einer digitalen Welt“ (KMK 2016) sowie bisherige empirische Studien wie die IEA-ICILS Studie (Eickelmann & Bos 2011), IGLU/TIMMS (Eickelmann et al. 2014), der JIM/KIM-Studien des medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest, dem Bielefelder Medienkompetenzmodell (Treumann et al. 2007) sowie dem EU Kids Online 2018 Framework (Online Skills & Risks; Livingstone et al. 2018) zur besseren Kontextualisierung der Studienergebnisse sowie zur Identifikation von notwendigen Schwerpunktsetzungen einer schulischen Medienerziehung. Welche Medienkompetenzen glauben Schülerinnen und Schüler zu besitzen, wo identifizieren sie Lücken in ihren eigenen Kompetenzen, welche riskanten Praktiken üben sie aus und welche Schutzmaßnahmen kennen sie?
Z5. Eigeneinschätzung der motivationalen, volitionalen und kognitiven Effekte von digitalen Lernangeboten wie z.B. Videolernangebote und interaktive Übungen. Welche Veränderung bezüglich des Interesses, der Lernintensität und des Verstehens bzw. des schulischen Erfolges ergeben sich aus Sicht der Schülerinnen und Schüler?
Z6. Formulierung von Empfehlungen und Leitlinien für die schulischen Handlungsfelder Mediendidaktik (unterrichtlicher Einsatz digitaler Medien) sowie Medienerziehung (unterrichtliche Medienkompetenzförderung) (sensu des Strategiepapiers der KMK). Auf welche medialen Vorkenntnisse der Schülerinnen und Schüler kann zurückgegriffen werden? Welche Medienkompetenzen müssen in der Schule besonders gestärkt werden? Welche digitale Risiken sind durch medienerzieherisches Handeln zu reduzieren?