Sei mutig!

Autor: Maxime

Zwischenperformance

Nun kam es zum aktiven Teil der Performance. Dieser war ein wichtiger Bestandteil für unsere End Performance. Sie diente uns zum Austesten von Möglichkeiten und Grenzen, die sich mit der Gruppe bieten. Wir wollten sehen, ob die Ideen und Überlegungen, die wir uns gemacht haben, angenommen werden und ob der gewünschte Effekt, den wir uns erhofften, eintreffen wird. Die Grundidee war, der Gruppe ein Erlebnis zu bieten, in dem sie ihre eigene Fähigkeit für Zivilcourage erfahren können und eventuell daran zu wachsen. Es sollte zum Eingreifen anregen und Mut fördern, sowieso die Hemmschwelle für ein Eingreife in eventuellen Situationen senken. Dieses wollten wir mithilfe eines Theaters zum Mitmachen erreichen. Dabei war es uns wichtig niemanden in diese Situation zu zwingen, sondern auch den Freiraum  zu geben, währenddessen den Raum bzw. die Situation zu verlassen, weswegen wir dies zu Anfang kommuniziert haben.

Die Szene sollte eine alltägliche Szene sein, die überall passieren kann und wahrscheinlich auch vielen Leuten schon so oder ähnlich passiert ist. Es handelt sich um eine Situation in einem Bus, bei dem zwei Mädchen auf dem Nachhauseweg von der Disko sind und im Bus von einem Mann sehr unangenehm belästigt werden. Dies geschieht zuerst verbal und zuletzt auch körperlich. Dabei wurden die Rollen des Busfahrers , der beiden  Mädchen und des unbekannten Mannes von uns übernommen. Um die Szene möglichst real für alle Beteiligten wirken zu lassen, haben wir den Aufbau wie in einem Bus konzipiert. Vorne hat der Busfahrer Platz genommen. hinter dem Busfahrer saßen alle kommilitonen in 2er reihen rechts und liks verteilt. ganz hinten nahmen nach dem Einsteigen die Mädchen  auf einem 4er Sitz platz. So konnten die Kommilitonen eher durch Zuhören die Szene beobachten. Zusätzlich gab ihnen das auch die Möglichkeit, sich aktiv umzudrehen, um den Schauspielern die Teilhabe zu signalisieren. 

Im folgendem wird die Szene in Dialogform dargelegt:

Rollen: Der Busfahrer, Zwei Freundinnen: Ari und Bella, der unbekannte Mann

Busfahrer: Moin Manni,, wie sieht es bei dir aus? Ich bin noch auf Tour aber gleich Feierabend, ist ja jetzt schon 3:48 Uhr. Bin grad Abzweig Anhausen, hier liegt ja auch der Hund begraben, noch nicht mal ne Straßenlaterne funktioniert hier…

Und das Stück bis Freihof zieht sich… meine Güte … ja ja 

Aber hatte bisher ne ruhige Nacht, jetzt schon nur noch ne Handvoll  Fahrgäste , lohnt ja fast gar nicht ,.. aber gleich  kommt noch die Haltestelle an der Eisenschänke, die letzten Nachtschwärmer aufgabeln. 

Jo, genau, dann hören wir uns Mach es jut, bis Morgen 

 

*Zwei junge Mädchen um die 18  steigen ein und setzen sich relativ weit nach hinten in den Bus*

 

Ari: Uff Endlich sitzen …. aber das war ja wohl ein mega Abend

Bella: Erste Party nach Corona, war schon gut voll … auch haben ja auch echt viele Leute wiedergesehen.

Ari: Ja, Mann! Hat Laura dir eigentlich Hallo gesagt? Die ist direkt zu mir gekommen, hat wohl vergessen, was sie letztens abgezogen hat..

Bella: Ja echt ey, aber scheiß drauf!… Die hatte alle Lampen an und hat ja gar nichts mehr gemerkt .

 

*Der Bus hält an der nächsten Haltestelle und ein Mann steigt in den Bus*

 

Busfahrer: Zigarette aus Kollege!

 

* Der Mann pustet den letzten Zug seiner Zigarette in den Bus, guckt sich im Bus um und steuert schließlich gezielt auf die Mädchen zu. Die beiden Mädchen schauen sich fragend an, als sich der Mann zu Ihnen auf der 4-er Platz setzt.*

 

Mann: Was macht ihr zwei Hübschen denn nachts alleine hier?

 

*Er mustert die Mädchen mit einem anzüglichen Blick von oben nach unten. Die Mädels gucken verunsichert und drehen sich etwas weg.*

 

Mann: Ihr seht so aus, als wärt ihr in der Eisenschänke gewesen.

B: …Ja ja genau ..

Mann: Sei doch nicht so schüchtern

 

*Mann streichelt Bella über den Oberschenkel*

 

A: Fass sie nicht an!

 

*Eine Frau schaut von ihrem Handy auf und beobachtet die Situation*

 

Mann: Tut mal nicht so als hättet ihr keinen Bock ! So wie  ihr ausseht  wollt ihr doch angesporchen werden

Ari: Ne eigentlich nicht

Bella: Ne echt nicht 

Mann: Ich nehm euch auch beide mit , gar kein Problem. Wo wollt ihr denn aussteigen?

Bella: Da wo du nicht aussteigst

Ari: Lass mal nach vorne setzen

Bella: Ne man… seh ich gar nicht ein, wir saßen hier zuerst.

 

*Mann stubst Bella fester an*

 

Mann: Ist doch nichts dabei, Mensch, mach dich mal locker.

Bella: Ich bin locker , such dir einen anderen PLatz und lass uns in Ruhe

Mann: Ich sitz doch hier nur , das wird ja wohl noch erlaubt sein,… lächelt doch lieber mal 

Bella: Nein, safe nicht

Ari: Und für dich schon gar nicht

Mann: Ich flirte doch nur mit euch , ihr beiden seit doch bestimmt singel bei den engen jeans die ihr beide anhabt, in meiner Jeans wirds auch grad enger..

Ari: Bahh oh gott

 

*Mann fässt sich demonstrativ in den Schritt*

 

Bella: Es reicht jetzt, verpiss dich mal

Mann: Stellt euch nicht so an , ich kenne solche Weiber wie euch , die müssen doch nur mal richtig durchgef**** werden. 

 

*Die Frau legt ihr Handy zur Seite und schaut die Mädchen direkt an*

 

Frau: Belästigt der Typ euch? 

 

*Ari und Bella nicken dankar. Die Frau steht auf und stellt sich zu den Mädchen*

 

Frau: Du hast die Mädels gehört. Sie zu dass du sie in Ruhe lässt und dich woanders hinsetzt  sonst rufe ich die Polizei

 

*Der Mann ist genervt und verzieht sich mit einem verächtlichen stöhnen*

 

Zum Ende der Zwischenperformance  wurden alle Kommiliton/innen eingeladen, an die Tafel zu kommen und sich mithilfe eines Zeichens an einer Mut-Skala selbst einzuschätzen. Die Ergebnisse werden wir an einem späteren Zeitpunkt noch einmal betrachten und einen Bezug dazu herstellen. 

 

Fazit unserer Zwischenperformance 

Wie fanden wir es?

Aus unserer Sicht war die Zwischen Performance ein voller Erfolg. Es war sehr hilfreich für uns, die Reaktionen und das Feedback der Gruppe zu (mitzu)bekommen. Wir konnten sehen, dass es zwar einen gewissen Eindruck gemacht hat, der letzte Schritt zum Eingreifen jedoch gefehlt hat. Daraus haben wir gezogen, dass wir für die End-Performance mehrere Szenen verschiedener Toleranzgrenzen bieten möchten, um ein Eingreifen zu erleichtern oder häufiger möglich zu machen. Wir konnten mit hilfe der Zwischen Performance das Vortragen, Schauspielern und den Einsatz unserer Stimmen proben. Wir haben gemerkt, wem welche Rolle am meisten zusagt, um dies auch für die End Performance zu übernehmen. 

 

Wie fanden es die Kommilitonen?

Aus der Sicht der Kommiliton/Innen wurde die Zwischen Performance als sehr eindrucksvoll beschrieben. Der gewünschte Effekt, dass sich die Personen als Teil einer realen Szene fühlen sollen, ist eingetreten. Einige berichteten von einem beklemmenden Gefühl, als die Gespräche zwischen dem Mann und den beiden Mädchen immer unangenehmer wurden. Zudem ist genau so etwas einigen im echten Leben schon einmal passiert, weswegen sie sich noch besser in diese Situation einfühlen konnten. Einige drehten sich während des Schauspiels auch, um dem Mann das Gefühl zu geben, beobachtet zu werden. Aktiv eingegriffen hat jedoch niemand. Dies lag zum einen an einer gewissen Unsicherheit der Person selbst und an der Ungewissheit über die Reaktion des Mannes, wie sich im anschließenden Reflektionsgespräch herausstellte. Zudem bestand Unsicherheit darüber, was in der Szene noch passieren könnte. Eine gewisse Hemmschwelle existierte also bei allen Beteiligten aus verschiedenen Gründen. Wann diese jedoch übertreten worden wäre, war den Teilnehmern unklar. Für diesen Fall haben wir einen zusätzlichen Kommilitonen eingeweiht, der in der Situation die Frau spielt, eingreift und somit Zivilcourage beweist, indem sie den Mädchen aus der Situation hilft. 

 

Endperformance 

Unsere Endperfomance war das Ergebnis aus dem was wir aus den Selbstexperimeten gelernt, aus den Seminaren mitgenommen und aus der Zwischenperformance gezogen haben. Von der Theorie war sie,  wie unsere Zwischenperformance , nur etwas ausgedehnter und länger. Wir wollten unseren Kommilitoen so richtig was bieten und wir denken das haben wir auch geschafft. 

Seht selbst!

 

Antanz-Szene 

“Auf dem Dancefloor”

 

Ari: Würdest du das bitte lassen, ich tanze hier mit meinen Mädels.

Typ: Nun hab dich nicht so

Ari: Nein, wirklich, ich möchte das nicht.

 

*Der Typ reibt seinen Körper weiter an Ari *

 

Bella: Alter, jetzt hör endlich auf, sie möchte das nicht.

Typ: Ach kommt schon Mädels, wir wollen doch alle nur Spaß haben.

 

*Freundin 1 versucht den Typen wegzuschubsen, dieser lässt sie aber nicht los*

*Ein Mann kommt aus der Menge und zieht den Typen weg von Freundin 1*

 

Mann: Ey Kollege, lass die Mädels mal jetzt in Ruhe und fahr dich runter.

Typ: Alter, wer bist du denn? Fass mich nicht an und lass mich meinen Spaß haben.

Mann: Du kannst hier nicht jede einfach angrabschen und antanzen.

Typ: Versau mir meine Tour nicht. Nur weil du Lappen keine abbekommst, ich kenn’ solche Weiber, die machen sich immer rar. Das ist genau deren Masche

Mann: Junge, wie redest du? Hab mal ein bisschen Respekt

Typ: Was für Respekt? Ich kann machen, was ich will. Soll ich mal meine Kollegen holen, wenn du das so nicht checkst?

 

*Der Mann lacht*

 

Mann: Brauchst du Verstärkung oder was?

 

*Der Typ holt aus und schlägt dem Mann mit der Faust ins Gesicht, dieser geht zu boden*

 

Typ: ich zeig dir jetzt wer hier Hilfe braucht

 

*Der Typ tritt den am Boden liegenden Mann in den Bauch und gegen den Kopf*

*Der Typ zückt ein Messer*

*Die Freundinnen sind verängstigt und wissen nicht was sie machen sollen*

 

In dieser Szene wurde bereits von einer Kommilitonin eingegriffen. Sie intervenierte in dem Moment, wo der eine unbekannte Mann das Mädchen gegen ihren Willen antanzt. Somit kam es erst gar nicht zu einer weiteren Eskalation mit umstehenden Beobachtern oder schlimmeren Übergriffen. 

 

K.O.-Tropfen-Szene

“Passt auf Euch auf!”

 

*Laute Musik spielt auf der Tanzfläche*

 

Ari: Alter die Musik ist so heftig heute

Bella: Ja echt! Ist aber auch wie in einer Sauna hier drin, von einer Klimaanlage haben die wohl auch noch nichts gehört

Ari: Wir können ja glech malwas trinken gehen, was möchtest du denn?
Bella: mh ich weiß nicht, das ist immer so mega teuer

Ari:ja sonst müssen wir whl ausm Wasserhahn trinken wir früher immer haha

Bella: Auch voll peinlich, ich weiß grad nicht, lass uns noch kurz warten

Ari: ja gut kein Problem

 

*In diesem Moment kommen zwei jünge Männer auf die Freundinnen zu und lächeln freundlich*

 

Chris: Hey ihr beiden, wir haben euch vorhin bein reingehen schon gesehen, ich bin Chris

Simon: Hi und ich bin Simon. *Zu B* Und du bist mir direkt aufgefallen, du kannst dich echt gut bewegen.

 

*Die vier begrüßen sich und stellen sich einander vor*

 

Bella: das ist aber süß von dir, ich bin Bella und das ist Ari

Chris: Habt ihr denn Lust was mit unszu trinekn

Ari: Ach das passt ja gut, wir wollten eh grad an die Bar

Chris:Was mögt ihr denn gerne ?
Bella: Einfach zwei Gin Tonic, aber wir kommen einfach mit 

 

*Alle 4 gehen wir Bar und unterhalten sich, C bestellt an der Bar für alle die Getränke*

 

Ari: Ohaa was sagst du 

Bella: Simon ist ja wohl mal mega ute 

Ari: Ja Chris aber auch, der hat mir eben so tief in die Augen geguckt als wir uns unterhalten haben, das lieb ich ja immer 

Bella:Ja ich glaub uhc dass der dich mega gut finet

 

*Währenddessen drehen sich Chris und Simon zueinander und stehen etwas abseits von den Mädels*

 

Chris: Jackpot alter

Simon: Meinste?..

Chris: Ja klar die beiden sind doch perfekt

Simon: BIn mir irgendwie unsicher die waren doch voll nett

Chris: Hä ja da ist es doch und dazu fahren sie auch noch voll auf uns ab

Simon: Ja gut stimmt

Chris: Wir beschleunigen das ganze einfach etwas, würden doch eh mit denen in der Kiste landen

Simon: Ja gut, dann aber jetzt oder nie !

 

*Einer der Jungs holt ein kleines Fläschchen aus seiner Hosentasche und tropft in die Getränke der Mädchen eine Flüssigkeit. Die beiden Jungs gucken sich um , Simon verrührt die Getränke etwas mit dem Strohhalm. Die jungs nehmen die Gläser und gehen rüber zu den Mädels*

 

Chris: Hier ihr beiden, na dann mal Prost

Ari: Dankeschööön

Bella: Mega danke Jungs

 

*Eine fünfte unabhängige Person die das Geschehen beobachtet hat greift schließlich in letzter sekunde ein*

 

Barkeeper: Mädels trinkt das nciht, die jungs haben da was rein gemacht 

 

*Der Barkeeper dreht sich zu den Jungs*

 

Barkeeper: Das ist absolut widerlich von euch , verzieht euch sofort von hier, könnt draußen gleich mal auf die Polizei warten, ich hab den Türstehern schon Bescheid gegeben. 

 

Einbezug der Kommilitonen

Wie wir euch bereits erzählt haben, wurden Kommiliton/Innen während der gesamten Performance direkt mit einbezogen. Jede/r hatte die Möglichkeit sich einzubringen und Zivilcourage zu beweisen, wenn es sich richtig angefühlt hat. Die Studierenden, die nicht eingegriffen haben, konnten alternativ aus der Situation lernen, die eigenen Grenzen zu erfassen und den Anderen beim Eingreifen zuzusehen oder beizustehen. 

 

Unsere Lernmethode würden wir als eine Mischung aus Improvisationstheater und dem versteckten Theater beschreiben. Das versteckte Theater hat seinen Ursprung bei Augusto Boal. Er benutzte diese Art von Theater um in den 60er und 70er Jahren gegen die Militärdiktatur in Brasilien zu protestieren. Aufgrund dessen ist diese Art von Theater immer sinnvoll, um auf kritische Themen aufmerksam zu machen. Das Unsichtbare Theater zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es nicht ortsgebunden ist und immer und überall stattfinden kann. Besonders hervorzuheben ist, dass hier die Passanten unmittelbar hineingezogen werden, ohne es zu wissen. davon wollten wir uns distanzieren. Da unsere Performance in einem geschützten Rahmen mit dem Kurs stattfand, wurden auch alle vorher eingeweiht. Zusätzlich haben wir die Möglichkeit geboten, die Szenerie zu verlassen. 

Aus diesem Grund ist es auch eine Art Improvisationstheater für uns und alle Mitwirkenden, da sich jeder flexibel auf ein eventuelles Mitwirken einstellen kann.
In jedem Moment, in dem wir uns ein Eingreifen erhofft haben, wurde auch eingegriffen. Dies hat wahrscheinlich deswegen so gut geklappt, da das Konzept der Performancem und die erste Szene bereits bekannt waren. Somit sinkt die individuelle  Hemmschwelle immer mehr. Zusätzlich wird man durch das vorherige Eingreifen eines anderen dazu ermutigt, es ihm in der kommenden Szene gleichzutun.

Das Ausmaß des Lerneffekts wollten wir allerdings auch noch einmal visuell darstellen, weswegen wir zum Ende der Szene die bekannte Mut Timeline erneut als Projektor Bild an die Wand geworfen haben. Jeder durfte sich erneut einordnen, wie mutig er sich findet. Im Vergleich zur letzten Einschätzung war bei allen eine Steigerung des individuellen Mutempfindens zu vermerken.

 

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