Vor kurzem habe ich den Text „The McDonaldization of Society“ von George Ritzer gelesen. Kurz gesagt beschreibt der Begriff der „McDonaldization“, dass die Gesellschaft zunehmend Charakteristika von Fastfood-Restaurants annimmt mit zentralen Aspekten wie Effizienz, Kalkulierbarkeit, Voraussagbarkeit, Kontrolle, Vereinheitlichung und Gleichförmigkeit (kleiner Fun Fact: Der Begriff „Aldisierung“ wurde in der Schweiz 2005 wohl zum Wort des Jahres gewählt). Ritzer beschreibt in seinem Text außerdem Wege sich in seinem Alltag gewissermaßen gegen diese McDonaldisierung zu wehren indem man ihn, sehr zusammen gefasst gesagt, möglichst ent-rationalisiert. Er nennt z.B., dass man lokale Cafés und Läden unterstützen bzw. generell große Ketten boykottieren sollte, so viel wie möglich selber machen, darunter auch z.B. stricken und Gesellschaftsspiele spielen, selber kochen und so viel zu humanisieren und individualisieren wie man kann.
Ich fand es sehr interessant über dieses Phänomen zu lesen, da ich vor allem auf Social Media diesen Trend vom „Slow Living“ seit einiger Zeit sehr stark mit bekomme. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich selber älter geworden bin und die Leute um mich herum offensichtlich auch, aber ich habe schon das Gefühl, dass immer mehr Menschen, vor allem in unserer Generation, von der schnelllebigen Gesellschaft immer mehr gestresst sind und probieren ihr Leben irgendwie „langsamer“ zu machen. Auch wenn solche Dinge wie Nachhaltigkeit, Veganismus, Journaln oder Minimalismus sicher auch mit anderen Aspekten zu tun haben (wie z.B. generell mehr Aufmerksamkeit zum Thema mentale Gesundheit, Umweltschutz/Klimawandel), glaube ich schon, dass viele Menschen dadurch unter anderem probieren ihr Leben zu entschleunigen bzw. sich aus Dingen wie Massenproduktion/Massentierhaltung so gut es geht zu entziehen – was zugegeben in unserer Gesellschaft immer noch sehr schwer ist, auch wenn es in den letzten Jahren sehr viel einfacher geworden ist Second-Hand zu shoppen oder vegane Ersatzprodukte zu finden.
Sicher hat diese Schnelllebigkeit auch viel mit Social-Media selbst zu tun – was ich ein bisschen ironisch finde, da mir dort wie gesagt der Trend zum slow-living stark aufgefallen ist -, da man oft das Gefühl hat die ganze Zeit von einer Welle an Nachrichten und Videos überschwemmt zu werden, und außerdem auch die Möglichkeit hat immer neuen und schnellen Input fürs Gehirn zu bekommen, was sich für mich persönlich und ich glaube auch für viele andere manchmal sehr überfordernd anfühlt.
Und dann kommen auch noch solche Erfahrungen wie Corona hinzu, wo für mehre Monate oder vielleicht sogar Jahre bei sehr vielen Menschen durch die Einschränkungen gewissermaßen auf die Pause-Taste gedrückt wurde. Und ich glaube, dass egal wie die einzelnen Realitäten und Lebensumstände zu der Zeit genau aussahen, beinahe jeder war wahrscheinlich dazu gezwungen sich früher oder später mit seiner eigenen mentalen Gesundheit, eingeschränktem Konsum, neuen Freizeitbeschäftigungen, und generell mit seinen eigenen Prioritäten zu beschäftigen, da sehr vieles was zu unserem Alltag gehörte einfach weg gefallen ist.
Mir ist vor allem der Handarbeits-Trend sehr stark aufgefallen. So oft habe ich früher den Satz gehört, dass „das doch nur Omas machen“ und kaum Leute gekannt die Handarbeiten und heute gilt es zwar immer noch gewissermaßen als ein „Oma Hobby“, aber inzwischen höre ich dann eher sehr oft so was wie „am liebsten würde ich nur stricken und Tee trinken – wie eine Oma“.
Ich finde generell dieses ganze Phänomen des slow-livings sehr interessant, da ich dabei immer ein wenig das Gefühl habe, dass wir in vielen Aspekten auf gewisse Art und Weise wieder in die Vergangenheit zurück kehren – und ich meine das nicht im Sinne von „Rückschritt“ auf einer linearen Linie, sondern einfach als Wandel, der zufälliger Weise in eine Richtung verläuft, die wir so ähnlich schon mal hatten.
Und zum Schluss noch ein wie ich finde sehr schönes Zitat aus dem Text: „What else can you do? Suicide is one possibility, but that does seem too extreme, even to me.“