Vorhaben

Stadtplanung stellt für jede Regierung und Verwaltung einer Stadt eine Herausforderung dar, da es Unmengen von Ansprüchen, Vorgaben und Beschränkungen gibt, die Umsetzungsmöglichkeiten deutlich formen und beeinflussen. Meiner Meinung nach ist es für die Gestaltung einer Stadt, eines Stadtviertels oder einzelnen, bestimmten Orten aber von ebenso großer Bedeutung, was die Bewohner, Nutzer oder Konsumenten von Plänen und der letztendlichen Umsetzung halten. So gibt es momentan einige Visionen, Projektplanungen und Bauvorhaben, die das Gesicht der Stadt Bremen an einigen Orten maßgebend verändern werden und Auswirkungen auf das Leben ihrer Bewohner hat, z.B. das neue City Gate am Bahnhofsplatz. Der Hauptbahnhof ist ein sozialer Brennpunkt und Verkehrsknotenpunkt zugleich, wodurch viele Menschen sowohl für kurze als manchmal auch längere Zeit, gewollt oder ungewollt, zusammen kommen. Mich interessiert es daher, wie und warum (junge) Erwachsene (im Alter zwischen 18 und 30) ihre Zeit an bestimmten Orten der Stadt verbringen. Ich vermute dieses relativ neue, konkrete Interesse für die Stadt als Lebensraum rührt aus meinem Auslandssemester, welches ich im Wintersemester 2016/17 in Stockholm verbrachte. Diese Stadt war für mich komplett neu und unbekannt, sodass ich mich zunächst orientieren musste. Die Stadt an sich ist ein von Menschen künstlich konstruierter und errichteter Ort, der unterschiedlich an natürliche Strukturen angepasst wird, diese umorganisiert oder beseitigt. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass Menschen diesen Orten unterschiedlicher äußerer Gestalt diverse Bedeutungen zuschreiben, die voneinander abweichen, aber genauso gut identisch sein können. Ich selber gehe oder fahre sehr gerne durch die Stadt und entdecke neue Orte, an denen ich nur selten oder gar nicht war – auch noch nach fast drei Jahren, die ich nun in Bremen wohne. Es gibt aber auch viele Menschen, die sich ohne oder nur mit wenigen Ausnahmen immer an den gleichen Orten aufhalten und sich somit immer auf den gleichen Strecken und Linien hin und herbewegen. Mich interessiert daraus folgend auch, wie gut Menschen ihre „Heimatstadt“ kennen, ob und weshalb so etwas wie der Entdeckungsdrang mit der Lebenszeit in einer Stadt sinkt oder ansteigt und zu welchen Orten Menschen weshalb (keine) Beziehungen haben. Fortfahrend in Richtung einer Hypothese werde ich versuchen, die räumliche Bewegungen und Verortungen der befragten Akteure abzubilden und evtl. in einer Art Netzwerk innerhalb der Stadt Bremen darzustellen. Dieses sollte aufzeigen können, wo sich Menschen zeitlich gesehen am meisten oder am liebsten aufhalten oder eben nicht. Es wird sich ferner aus z.B. den Interviews ergeben, welche Abläufe, Regelmäßigkeiten und Besonderheiten wiederkehrend auftauchen und welche Ähnlichkeiten oder Abweichungen zwischen den Interviewten bestehen. Aus letzteren kann ich somit Vergleiche ziehen und über die Bedeutung von Räumen und Orten in der Stadt schlussfolgern. Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgenden drei Fragestellungen:

1.) Wie und warum bauen Individuen Beziehungen zu urbanen Räumen auf? 

2.) Welche Bedeutungen bekommen urbane Orte für Individuen? 

3. ) Wie bilden sich individuelle Netzwerke?

Die Ergebnisse meiner Untersuchungen werde ich auf einem selbst erstellten Blog (z.B. mit Wordpress) präsentieren und dabei auf verschiedene Methoden und Darstellungsweisen zurückgreifen. Mein Projekt wird allerdings keine komplette ethnografische Feldforschung, da ich nicht tief in das Feld eintauche und auch meinen eigenen Zugang zu dem Thema mit auswerte und vergleiche. Zur Datensammlung werde ich zunächst einen Stadtwahrnehmungsspaziergang bestreiten, um erste Ideen zu sammeln und mir meiner persönlichen Antworten zu den Fragen bewusst zu werden. Bereits dabei werde ich fotografieren, um meine Eindrücke festzuhalten. Im Anschluss werde ich mindestens ein narratives und/oder bewegtes Interview führen, um personal fokussieren zu können und somit Sichtweisen und Vorstellungen meiner Zielgruppe einzuholen, die ich miteinander vergleichen und daraus Schlüsse ziehen kann. Akteure im Raum sind somit mein Hauptinteresse. Zur Darstellung der oben erwähnten Netzwerke werde ich letztere entweder mit der Hand oder dem Computer versuchen zu zeichnen, sodass zu verfassten Texten und Fotografien auch ein weiteres Element hinzukommt. Wenn dies nicht funktionieren sollte, werde ich diese Art Mobilitätsdiagramm versuchen durch „mental mapping“ zu erstellen, indem ich die Interviewten oder zusätzliche Personen ihr Netzwerk zeichnen zu lassen. Im Laufe der Untersuchungen werde ich durchgehend die Fortschritte und Erkenntnisse aktualisieren und meine Hypothesen reflektieren. Mithilfe von Literatur werde ich mein Projekt theoretisch einrahmen, was mir für meine Bachelor- Arbeit helfen wird, die ich über das gleiche Thema schreiben werde. Dazu greife ich u.a. auf Literatur über Raum-Definitionen und die Raum-Debatte, (Nicht-)Orte, Stadttheorie, Stadtwahrnehmung(sspaziergänge) und soziale Räume und Imaginationen von de Certeau, Debora, Keith et al., Lefèvre, Foucault, Bourdieu, Latour und Bischoff et al. zurück.

Außerdem benutze ich Material aus dem Seminar „Ethnografische Stadtforschung“ aus dem Wintersemester 2015/16 und der cityInitiative Bremen Werbung e.V..

Ziel dieses Projektes und letztendlich Blogs ist es, der Stadt und möglichst vielen Bestandteilen dieser wieder mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung zu schenken. Dies kann in der Form geschehen, dass man wieder eine Art Entdeckungsdrang entwickelt und neue Orte wie Bars oder Ortsteile besucht oder einfach auf dem Weg zur nächsten Straßenbahnstation einen anderen Weg geht. Erreichen möchte das ich in Bezug auf mich selbst, aber ebenso den Lesern dieses Blogs zu Herzen legen, dh. sich seiner alltäglichen Lebensumwelt wieder bewusster zu werden und auch was außeruniversitäre oder -berufliche Aspekte angeht zu lernen. Denn meiner Meinung nach gibt es weniges, dass unbefriedigender ist als Stagnation.

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