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Im Rahmen des Seminars habe ich mich vertiefend mit dem Inverted Classroom Model

(ICM) auseinandergesetzt, sowie mit Gamification in diesem Zusammenhang. Im Fol-

genden Bericht werde ich die Ergebnisse meiner Recherche reflektieren und auf die mei-

ner Meinung nach größten Chancen sowie die Risiken eines gamifizierten ICMs einge-

hen.

Durch das ICM soll die Zeit im Klassenraum, die zuvor für die Vermittlung von Inhalten

benötigt wurde, für Vertiefungs- und Übungsphasen genutzt werden. Dies setzt voraus,

dass die Schüler_innen (SuS) sich zuvor mit den Inhalten auseinandergesetzt haben, was

bereits der erste kritische Punkt in diesem Modell ist. Zunächst muss nämlich sicherge-

stellt sein, dass alle SuS nach Unterrichtsende Zugang zu den Materialien haben und die

nötige Technik bedienen können, um die Inhalte abzurufen. Dies stelle ich mir unter Um-

ständen und je nach dem sozioökonomischen Umfeld der SuS schwierig vor und kann zu

Mehraufwand für die Lehrkraft führen. Nur weil der Zugang sichergestellt ist, bedeutet

dies aber nicht automatisch, dass die SuS sich auch mit den Inhalten befassen und sie

verstehen, wenn dies nicht unter der Aufsicht der Lehrkraft geschieht. Dieser Punkt gilt

zwar auch für traditionelle Hausaufgaben, aber dabei werden Inhalte vertieft, geübt und

diskutiert und nicht wie beim ICM von den SuS in Eigenregie erschlossen. Es erscheint

mir daher riskanter, den SuS derart viel Verantwortung für ihr Lernen zu übergeben.

Wenn die SuS die Inhalte nämlich nicht verstehen oder sich nicht mit ihnen auseinander-

gesetzt haben, kann die Vertiefungsphase im Unterricht nicht zielführend oder nur einge-

schränkt stattfinden. Daher gilt es meiner Meinung nach besonders bei der Einführung

des ICM, dass die Lehrkraft zunächst eine Sicherung des Wissensstandes der SuS macht,

bevor mit der Übung und Vertiefung der Inhalte fortgefahren wird.

Um die SuS dazu zu motivieren, sich mit den Inhalten zu befassen und Verantwortung

für ihr eigenes Lernen zu übernehmen, kann Gamification eingesetzt werden. Das bedeu-

tet, dass spieltypische Elemente in das ICM eingebaut werden, ohne dass daraus ein Lern-

spiel wird. Hierbei wird in strukturelle und inhaltliche Gamification unterschieden. Struk-

turell heißt, dass das System gamifiziert wird, also auf der Plattform, wo die Lerninhalte

bereitgestellt werden, Abzeichen erteilt werden, wenn die SuS alle Inhalte einer Lernein-

heit abgeschlossen haben oder dass ein Skillbaum ihnen den Lernweg aufzeigt, den sie

durch das Bearbeiten der Inhalte einschlagen. Solche Elemente können meiner Meinung

nach zu einer besseren Übersicht für die SuS dienen und manche SuS anspornen, besser

als ihre Klassenkamerad_innen sein zu wollen. Andererseits kann gerade letzteres im

Umkehrschluss auch dazu führen, dass SuS den Anschluss verlieren beziehungsweise re-

gelrecht demotiviert werden, wenn sie als letzter das Lernziel erreichen und das im

schlimmsten Fall auch noch von allen SuS eingesehen werden kann. Es muss also sicher-

gestellt sein, dass die Veröffentlichung von Ergebnissen nur unter Einverständnis der SuS

erfolgt und sie auf einen sensiblen Umgang miteinander geschult werden. Dies gilt aber

ebenso für den traditionellen Unterricht.

Um wirkliches Interesse an dem Material, das es zu bearbeiten gilt, hervorzurufen, ist

inhaltliche Gamification besser geeignet als strukturelle, denn hierbei werden die Inhalte

selbst gamifiziert. Das kann in Form einer Geschichte, in die der Lernstoff eingebettet

wird, geschehen oder dadurch, dass die SuS aus unterschiedlichen Medien wie Text, Au-

dio oder Video auswählen können. Hierdurch kann die im ICM gewünschte Verantwor-

tungsübernahme der SuS für ihr eigenes Lernen meiner Meinung nach gefördert werden,

aber es bedarf auch zusätzlicher Arbeit und Kompetenzen der Lehrkraft, um die Lernin-

halte inhaltlich zu gamifizieren. Ich möchte abschließend auf das Thema der Medienkom-

petenz und Materialbeschaffung eingehen, da es meiner Meinung nach das größte

Problem bezüglich eines gamifizierten ICMs darstellt.

Inhaltsvermittlung findet im traditionellen Unterricht in Form von Lehrervorträgen oder

durch Medien wie Texte, Videos oder Audiodateien statt. Im ICM sollen vor allem circa

zehnminütige Videos genutzt werden, was dazu führen kann, dass der Umgang mit ande-

ren Medienarten nicht ausreichend gelehrt wird und bestimmte Kompetenzen, wie das

Leseverstehen, nicht im selben Maße gefördert werden wie es in der traditionellen Unter-

richtsgestaltung der Fall ist, sofern die Lehrkraft unterschiedliche Medien verwendet. Da-

her sollten im ICM meiner Meinung nach entweder auch andere Medienarten eingesetzt

werden und die Videos immer um Untertitel ergänzt werden. Diese Forderung verstärkt

allerdings den Kritikpunkt der Materialbeschaffung und den Aufwand für die Erstellung

geeigneter Materialen. Mit steigender Klassenstufe erhöht sich die Komplexität der In-

halte und es wird zunehmend aufwändiger, die Inhalte so zu überarbeiten, dass sie in

Form von zehnminütigen Videos dargestellt werden können, die dann im besten Fall auch

noch für den inklusiven Unterricht differenzierbar sind. Hier muss es Unterstützung für

die Lehrkräfte geben in Form von Fortbildungen auf geeignete Software und Datenban-

ken, wo Inhalte geteilt und optimiert werden können, sowie in Form von einem Ausbau

an mediendidaktisch ausgebildetem Personal, das die Lehrkräfte bei der Auswahl, Opti-

mierung und Erstellung von Inhalten unterstützen. Hier sehe ich besonders in Bremen

fortschrittliche Angebote durch die landesweite Lernplattform für Schulen, itslearning.

Für sie gibt es beispielsweise eine Kooperation mit der Firma sofatutor, durch die Videos

für unterschiedliche Fächer und Jahrgangsstufen bereitgestellt werden. Inwiefern diese

Angebote weiter ausgebaut werden und es ausreichend Fortbildungen für die Lehrkräfte

gibt, kann ich allerdings noch nicht beurteilen. Damit werde ich mich im weiteren Verlauf

meines Studiums und meiner Forschung befassen.

Alles in allem kann durch ein gamifiziertes ICM meiner Meinung nach viel gewonnen

werden, besonders da SuS in ihrem Tempo und nach ihren Kompetenzen und Vorlieben

die Lerninhalte bearbeiten und sich aneignen können. Für die Lehrkraft erscheint es al-

lerdings zunächst sehr viel Arbeit zu sein, die Inhalte angemessen zu gestalten und be-

reitzustellen. Hier bedarf es Möglichkeiten des Austausches und der Kollaboration zwi-

schen mehreren Lehrkräften, denn das vorteilhafte an digitalen Materialien ist ja, dass sie

einfach zu reproduzieren sind, sofern die Technologie kompatibel ist. Sofern diese Hürde

überwunden wird, sehe ich einen großen Vorteil in der Verwendung des ICMs darin, dass

die SuS bei der Übung und Vertiefung der Lerninhalte von der Lehrkraft und ihren Mit-

schüler_innen unterstützt werden können.

 

 

 

 

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