und der Umgang damit

Kategorie: Allgemein

RV09 – Genderperspektiven

RV09 – Dr. Christoph Fantini: Genderperspektiven

Diesmal wurde das Spannungsfeld der Genderpädagogik in Schulen thematisiert. Dabei ging es um die Zuteilung signifikanter Verhaltensmuster im Lernprozess, wobei Jungen und Mädchen getrennt voneinander betrachtet werden.
Man kennt es aus der eigenen Schulzeit: Die Mädchen sind gut in Deutsch, dafür können die Jungen Mathe besser. Die Jungen sind die Sportler, jedoch sozial total inkompetent, während die Mädchen den Sport nicht mögen, aber ruhig und überlegt sind und eine tolle Heftführung pflegen.
Schwer zu glauben, dass dieses stereotypisierte Bild auch heute noch in Schulen vermittelt wird, indem LehrerInnen in Fächern, die den Jungen zugeschrieben werden, den Fokus auf eben diese legen, während die Mädchen vernachlässigt werden – und auch andersherum.

In meiner eigenen Schulzeit war es ganz klar der Sportunterricht – oh, du schlimmstes aller Fächer, wie verhasst du mir doch warst.
Es mag daran liegen, dass ich immer nur sehr alte, sehr verstockte, männliche Sportlehrer hatte (wer kann es wissen), doch der Unterricht lief bei mir ab, wie in den Filmen über die sportlichen Aktivitäten der Hitlerjugend. Dabei wurden die Jungen in den glanzvollen Fokus gerückt, die zwei Besten des letzten Spiels durften dann Teams für das Nächste aufstellen.
Und hier waren wir also, im demütigendsten Szenario eines jugendlichen Mädchens, das bis ganz zum Schluss auf der Bank sitzen musste, bis alle „Guten“ vergriffen waren und nur noch die dort saßen, die keiner haben wollte. Wie filmreif. Und wie groß  die Schmach wurde, wenn man einen Jungen aus der Klasse süß fand, der einen dennoch nicht auswählte.
Die Jungen wurden natürlich alle zuerst gewählt, selbst dem unsportlichsten Jungen wurden mehr Skills zugeschrieben, als dem athletischsten Mädchen – ‚Mädchensportarten‘ wie Leichtathletik, Volleyball, oder gar Yoga und Pilates, zählten nicht als Sport, damit konnte man im Schulsport nicht punkten.
Nach der entwürdigenden Auswahl wurde dann gespielt – wobei gespielt hier eher durch ums Überleben gekämpft ersetzt werden müsste. So, wie die pubertären Jungen mit einem harten Ball um sich schossen und alle aus dem Weg rammten, um zum Tor zu gelangen. Bei uns war das allseits geliebte Eisbein Standard, von fair play keine Spur, mit einem wohlwollend lächelnden Sportlehrer am Spielfeldrand, der uns Mädchen beim untergehen zusah.

Das klingt übertrieben, aber so ist es tatsächlich gewesen und dabei war ich nicht einmal eines der wirklich unsportlichen Mädchen – ich möchte nicht wissen, wie grauenhaft es für sie gewesen sein muss, wenn es schon mir so verhasst war.

Irgendwann haben wir Mädchen dann eine nach der Anderen ständig absichtlich unser Sportzeug vergessen, um nicht mehr mitmachen zu müssen. Das äußerte sich natürlich in den Noten, was eventuell zu solch irreführenden Annahmen führt, Mädchen seien im Sport weniger leistungsstark als Jungen.                     Natürlich haben Jungen durch ihren evolutionär bedingten Körperbau in vielen Sportarten einen körperlichen Vorteil, dennoch bringen auch Mädchen enorme Kräfte auf und glänzen durch sportliches Geschick. Der Schulsport unterdrückt das jedoch gänzlich und ist für pubertäre Jugendliche ein wahrer Horror, das waren wahrlich dunkle Jahre für mich. Im Abitur hatte ich dann endlich die Wahl, welchen der furchtbaren Sportkurse ich am wenigsten hasse und für mich aussuchen möchte – und was sah ich da? Es wurde tatsächlich ein Yoga Kurs angeboten! Ausnahmslos jedes Mädchen wollte diesen Kurs belegen, die Jungen haben natürlich alle gelacht, nicht wissend, wie anstrengend und hart Yoga sein kann.
Und was soll ich sagen, die Jungen, die mit im Kurs waren, haben sehr gelitten; von Flexibilität keine Spur, dafür verkürzte Oberschenkelsehnen vom Nicht-Dehnen nach dem „Männersport“. Auch für uns Mädchen war es nicht leicht, es wurden Muskeln trainiert, von denen man nicht wusste, dass sie existieren. Aber es war so wunderbar friedlich, gemeinsam zu leiden, Jungen und Mädchen gleichermaßen, dass man das gerne in Kauf genommen hat und sich jede Woche wieder darauf gefreut hat. So sollte es immer sein.
Mittlerweile mache ich täglich Yoga, dank diesem Kurs in meiner Abiturzeit – so viel zu, was man in der Schule macht, braucht man im späteren Leben nicht mehr.

Im Praktikum wird es interessant sein, zu beobachten, wie viel Aufmerksamkeit die Lehrkörper tatsächlich den Jungen und wie viel den Mädchen schenken. Ob beispielsweise in Mathe die Jungen stärker gefördert und gefordert werden, als die Mädchen, oder ob die Beiträge der Mädchen im Deutschunterricht tatsächlich von einer besseren Qualität sind, als die der Jungen. Und ob die SchülerInnen sich in diese Zuweisungen einfügen, oder mittlerweile „rebellieren“ und nicht in Stereotype eingeteilt werden möchten.

Auf dem Weg zu einer Schule

RV08: Professor Dr. Frank J. Müller: Auf dem Weg zu einer Schule

Reflektieren sie die Konsequenzen der Aussonderung von SchülerInnen mit Förderbedarf
Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt, Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten?
Wie können Sie der Vielfalt der SuS gerecht werden und welche Verbündeten können Sie dazu gewinnen?

SchülerInnen mit Förderbedarf auszusondern, bringt einige Probleme mit sich. Das Wohl des Einzelnen wird hierbei gefährdet – spezielle Förderbedürfnisse der zu fördernden SchülerInnen werden übersehen, was im späteren Verlauf der Schullaufbahn problematisch werden kann. Dazu kommt die Tatsache, dass die Förderschüler meist alle zusammen in eine Klasse sortiert werden, in der allein der Lehrer Hilfestellung anbieten kann. Besser wäre es, wenn sie von SchülerInnen lernen könnten, die keine Förderung brauchen, ja vielleicht sogar gefordert werden müssen. Das gegenseitige voneinander Lernen und sich Unterstützen sind Prozesse, die immer wieder wichtig werden, ganz besonders im Schulalltag. Davon abgesehen sollte sich kein Kind fühlen, wie ein Sonderling, der sich auf eine negative Art von den Anderen Kindern einer Regelklasse unterscheidet.
Jedes Kind ist einzigartig, so auch die speziellen Förderschwerpunkte. In einer großen Gruppe Förderschüler, gilt es, zwischen Kindern mit Problemen in der Wahrnehmung und Entwicklung, und Kindern mit Problemen bei Lernprozessen, zu unterscheiden. Tut ein Kind sich schwer damit, zu lernen, ist der Förderbereich ein grundlegend Anderer, als der der Kinder mit Entwicklungs- und Wahrnehmungsstörungen. Die Zuordnen ist ein immens wichtiger Schritt, der von uns Lehrkörpern schwer zu gehen wird – dafür sollte man genau wissen, wen man vor sich hat, wo die individuellen Förderbedürfnisse liegen, welche Hintergründe mit zu berücksichtigen sind, etc. Der Austausch mit den Eltern der SchülerInnen ist dabei von entscheidendem Vorteil, denn niemand kennt sie so gut, wie die Personen, die tagtäglich mit ihnen unter einem Dach leben. Alles diesbezüglich Aufschlussreiche sollte mit in die Überlegungen einbezogen werden, so auch eventuell vorliegende Patientenakten, Berichte von Medizinern, oder Therapeuten.
Der Vielfalt der SchülerInnen gerecht zu werden, scheint mir eine nahezu unmögliche Aufgabe zu sein. Dennoch kann ich mich als Lehrerin bemühen, niemanden meiner Lerngruppe auszulassen, Themensprünge erst zu wagen, wenn wirklich alle das vorherige Thema verstanden haben und dafür zu sorgen, dass innerhalb meiner Klasse eine kreative Symbiose zwischen Förder- und Forderkindern herrscht. Die Kinder sollten sich auch untereinander helfen können, besonders, wenn ein spezielles Thema schwer zu erlernen ist und ich die Menge der Fragen nicht alleine bewältigen kann.
Zum Glück kann ich immer meine Kolleginnen und Kollegen konsultieren, die -hoffentlich- hilfsbereit versuchen, Lösungen mit mir auszutüfteln, oder zumindest wissen, an wen ich mich im Notfall noch wenden kann.

Interreligiöse Konflikte im Unterricht

Durch stetige Zuwanderung verschiedenster Kulturen, ist die religiöse Vielfalt deutscher Schulklassen in den letzten Jahren enorm erblüht. Das ist wunderbar, kann aber im Unterricht auch für Konflikte sorgen. Besonders im Religionsunterricht besteht ein Konfliktrisiko, da er, durch die christliche Prägung des Landes, hauptsächlich auf das Christentum eingeht. Die SuS sollen im besten Fall jedoch die vielfältigen Religionen kennen lernen, die diese Welt zu offerieren hat, sich gegenseitig achten und dafür sorgen, dass Attribute der jeweiligen Religionen nicht auf entsprechende SuS bezogen werden, oder andersherum. Eine einzige Person spiegelt keine ganze Glaubensgemeinschaft, dafür sind die individuellen Religionen viel zu vielfältig.

Um die kleinen Köpfe der SuS mit unvoreingenommenem Wissen über verschiedene Religionen zu füllen, ist es sinnvoll, Vertreter der Selben in die Klasse einzuladen. Diese können intensive Einführung betreiben, Interesse wecken und Antworten geben, die ich als Lehrerin wahrscheinlich nicht gegeben hätte. So haben alle die gleiche Basis, von der aus individuell entschieden werden kann, was einem persönlich gefällt und was nicht. Anstatt sich in glaubensabhängige Kleingruppen aufzuspalten, entsteht so die Möglichkeit, einen großen harmonierenden Klassenverband zu entwickeln. in dem gleichgestellt diskutiert und hinterfragt werden kann. Den subjektiven Blickwinkel zu erweitern und zu einer pluralisierten Wahrnehmung zu gelangen.

In meiner Schullaufbahn habe ich relativ oft die Schule gewechselt, hatte aber nur an einer davon Religionsunterricht. Meine Klassen waren immer kulturell durchmischt, dennoch war der Religionsunterricht der deutsche Standart. Konflikte gab es keine, das mag aber daran gelegen haben, dass die meisten mit Migrationshintergrund in Deutschland geboren worden waren und nebenbei bemerkt sowieso niemand in Religion aufgepasst hat. Darüber hinaus gab es verschiedene Aktionen, um uns SuS in neue Kulturen eintauchen zu lassen, unter Anderem Ausflüge in Kirchen und Moscheen. Gewiss war das mit dafür verantwortlich, dass ich allen Religionen möglichst unvoreingenommen begegnen kann – oder es liegt daran, dass ich nie getauft worden bin und in früheren Zeiten als gottlose Heidin bezeichnet worden wäre. Ich finde die Materie Religion extrem spannend und faszinierend, aber als Realistin glaube ich an die Wissenschaft und finde keine Antworten im Glauben. Diesbezügliche Diskussionen mit diversen Oberhäuptern der Glaubensgemeinschaften habe ich geliebt, zumal sie es -wenn sie wirklich gut waren und deep in ihrer Materie verankert- immer wieder geschafft haben, mich sprachlos und grübelnd zurückzulassen.  Jedoch waren die Diskussionen selten, der Standart war sehr sehr trockener vortragsähnlicher Unterricht. Ganz Anders als der Alternativkurs der anderen Schulen: die Philosophie. Ich könnte Bücher damit füllen, zu umschreiben, wie sehr ich dafür brenne – aber das ist eine andere Geschichte.

Für kommende Praktika würde ich gerne persönliche Statistiken erstellen und zählen, wie viele Konflikte es tatsächlich aufgrund verschiedener Religionen gibt und auf welche Art diese gelöst werden – wie tief wird dabei gegraben, um den Kernkonflikt herauszuheben ? Und inwieweit betrifft das Thema meine Fächer Germanistik und Kunst ? Gewiss gibt es Überschneidungen, die es herauszuarbeiten gilt.

Herausfordernd wird für mich, das Religionsthema ernst zu nehmen und zu verstehen, dass es Menschen gibt, die buchstäblich für ihren Glauben töten würden. Religionslos erzogen worden zu sein, ist für mich ein Segen und das darf ich nicht zu leichtfertig raushängen lassen, sondern muss es mit Bedacht einsetzen, um Alle an Alles heranzuführen.

Sprachliche Heterogenität im Deutschunterricht

Diesmal fielen viele Begriffe, die man aus dem aktuellen schon zu kennen glaubte: MigrationshintergrundSeiteneinsteiger, DaZ – Deutsch als Zweitsprache.  Aber aufgepasst! Sieht man genauer hin, bemerkt man, dass es wahnsinnig viele verschiedene Definitionen dieser Begriffe gibt, die meist in unterschiedlich variierenden Kontexten gebraucht werden. Wer glaubt, die jeweilige Begriffsdefinition zu kennen, sollte dennoch konkret nachhaken, in welchem Kontext der bekannte Begriff gerade gebraucht wird. Ich nehme mich selber als Beispiel; naiv ging ich ins Seminar und dachte, einen Migrationshintergrund haben alle, die eingewandert sind. Tatsächlich ist die amtliche Definition jedoch viel weiter gefasst: einen Migrationshintergrund habe ich, wenn ich selber, oder einer meiner Elternteile, die deutsche Staatsangehörigkeit nicht von Geburt an besessen habe.  Okay, gut zu wissen – mit meinem Spaniervater habe ich nämlich auch selber einen Migrationshintergrund.

Seiteneinsteiger hingegen, sind neu zugewanderte Kinder und Jugendliche, die ihre Schullaufbahn nicht in Deutschland begonnen haben (meiner früheren dümmlichen Definition des Migrationshintergrunds entsprechend). Sie sind schwer zu labeln, das heißt, es ist fast unmöglich sie zu kategorisieren. Nehmen wir beispielsweise eine Gruppe neu zugewanderter Kinder im gleichen Alter: Kind A hat in der Heimat eine wunderbare Bildung genossen und es nicht ganz so schwer, ins deutsche Schulsystem einzutauchen. Kind B hingegen hat niemals eine Schule gesehen, geschweige denn einen Text gelesen. Wenn man kein Naturtalent vor sich hat, wird Kind B es wirklich schwer haben, mit Kind A und allen anderen SuS der Klasse, in die es später eingegliedert werden soll, mitzuhalten.  Da durch Kriege und Wirtschaft die Zuwanderung in den nächsten Jahren nicht aufhören wird, stehen all diese Kinder im (bildungs-) politischen Fokus, denn es muss möglich gemacht werden, das Schulsystem so anzupassen, dass alle mit den gleichen Chancen für die Zukunft aus der Schule entlassen werden. Die Vorkurse in Bremen waren zunächst ein Gemisch aus Klassen, in denen alle Altersstufen vertreten waren. Das war nicht besonders förderlich für die einzelnen Jahrgänge und wurde schnell geändert, jetzt gibt es für alle Klassenstufen einzelne Vorkurse, die sich mit der Alphabetisierung auseinandersetzen und versuchen, die Kinder mit möglichst wenig Zeitverlust in die Regelklassen einzugliedern. 

Da ich selber keine Erfahrungen im Praxisbereich besitze, habe ich meine Mutter interviewt, die Lehrerin einer Grundschule ist.

Sie hat erzählt. dass sich die Kinder an ihrer Schule, die keinen Vorkurs besucht haben, meist im Mittelfeld bewegen: sie haben zwar keine spezielle Förderung genossen, sind dafür aber oft sehr fleißig und ambitioniert. Azra und Yalda heißen die zwei Mädchen in ihrer Klasse, beide haben zwei Jahre gebraucht, um die deutsche Sprache zu lernen. Zwei Jahre, in denen sich das ganze Kollegium die Haare raufte, wie sollte es zu schaffen sein, den beiden etwas beizubringen? Wie, wenn sie so gut wie nichts verstehen, was man sagt? Im dritten Jahr kam dann jedoch die Wende, beide holten schnell auf, still und leise hatten sie alles Wissen aufgesaugt und waren jetzt in der Lage, alles Gelernte anzuwenden. „Quasi über Nacht, so war das Gefühl bei uns.“ Yalda gewann sogar einen Wettbewerb, an dem auch deutsche Kinder teilnahmen, weil sie einfach die Beste war.

Die in Deutschland aufgewachsenen Kinder, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, waren im dritten Jahr einfach überholt worden. Um jedoch mit denen mitzuhalten, die hier in liebevollen Familien aufgewachsen sind, alle Mittel und Fördermethoden genießen, die man geboten bekommen kann und Deutsch als Erstsprache sprechen, bedarf es allerdings erstens der Vorkurse und im weiteren mehr Förderzeit. Was die LehrerInnen der Schule aber sehr fasziniert, ist die Tatsache, dass zugewanderte Kinder oft in einem ungewohnt hohen Maß für die Schule brennen und dass das Feuer nicht nachlässt, sondern eher angefacht wird, je mehr sie lernen können.

Allerdings hat es ihrer Meinung nach immer auch damit zu tun, in welchem Umfeld sich die SuS außerhalb der Schule bewegen, ob die Familien mit zugewandert sind, welche Sprache zuhause gesprochen wird und ob jemand ein Auge auf sie hat.

Denkräume anregen

Doppelte Heterogenität 

spielt besonders im Kunstunterricht eine große Rolle. Um Werke richtig beobachten und analysieren zu können, muss man zunächst darüber sprechen. Darüber, welche Arten der Wahrnehmung möglich sind – wie kann ich Sinneseindrücke am besten sprachlich entäußern, sodass mich meine Klassenkameraden verstehen? Was verstehe ich unter dem Begriff Tiefe,  oder Stimmung ? Betrachtet man dann gemeinsam ein Bild eines bekannten Malers, werden nach stiller Beobachtung Eindrücke gesammelt: ein Schüler sagt womöglich, das Bild mache ihn nervös, da die Pinselführung unruhig und durcheinander aufgetragen worden sei. Darauf wird die Schülerin neben ihm vielleicht entgegnen, genau das verursache ihn ihr ein euphorisches Gefühl der Abenteuerlust, da die Striche sich wild und frei auf der Leinwand austoben. Im offenen Gespräch bekommt jeder im Raum die Chance, die eigenen individuellen Eindrücke zu vermitteln; wobei alle gleichermaßen von allen Eindrücken profitieren, denn sie eröffnen jedem im Raum neue Wege, an das Bild heranzutreten. Es gibt dabei kein richtig oder falsch, sondern viele nebeneinander existierenden, gleichwertigen Wahrnehmungsweisen, die miteinander fusioniert ein wunderbares, großes Ganzes bilden können. 

 

Im Unterricht habe ich die Aufgabe, ihre Vorstellungen zu erheben. Das kann man im Kunstunterricht durch kreative Praxisaufgaben erreichen, indem es als ersten Schritt keinen festen Arbeitsauftrag gibt, sondern sie zu einem Oberthema wie Farbe frei gestalten lässt. Es gibt keine Vorgabe, was die Realisierung betrifft. Wenn alle damit fertig sind, wird als zweiter Schritt ein Museumsrundgang gemacht, bei dem jeder die Chance bekommt, sich zu dem Werk zu äußern, das gerade betrachtet wird. Es dürfen Fragen gestellt werden, die der Schöpfer beantworten kann, der im Anschluss präsentiert, was er ausdrücken wollte. Auch hier gibt es kein richtig, oder falsch, sondern viele verschiedene Wahrnehmungsweisen. Der Künstler kann hierbei viel über sein eigenes Werk lernen und es mit anderen Augen betrachten. Wertschätzung spielt dabei eine große Rolle, damit die SuS im Klassenverband lernen, dass es schöner ist, gewürdigt zu werden, statt beleidigt. Wenn sich niemand über den nächsten lustig macht, traut sich auch jeder, selber etwas zu seiner Schöpfung zu sagen – man kann sich nicht blamieren. Als dritten Schritt kann ich, basierend auf den kreativen Ergebnissen, ähnliche Werke von berühmten Künstlern zeigen , die wir dann offen zusammen analysieren. Dabei finden sich oft enorme Ähnlichkeiten zwischen den Künstlerwerken und denen der SuS, was ein Gefühl von ich kann das auch vermittelt – Selbstvertrauen wird aufgebaut, man fühlt sich den berühmten Größen näher.

Besonders im Bezug auf Arbeitsaufträge, wird es interessant zu beobachten, wie die einzelnen SchülerInnen sie interpretieren. Ist die Aufgabe zum Beispiel beurteile die Wirkung der Tiefe in diesem Bild mit See kann es sein, dass einer sich zur womöglich Tiefe des Sees äußert. Der Nächste sagt etwas zur Perspektive, oder meint die tiefe Farbgebung zu erkennen. Jeder hat eine eigene Definition zu Begriffen, so auch bei Tiefe. Das muss mir klar sein, denn es ist mein Auftrag, es an die SuS weiterzugeben, damit das Lernen immer auch ein offener Austausch ist. 

Soziokulturelle Heterogenität – Erziehungswissenschaftliche Perspektiven

Im Laufe unserer Geschichte kam es durch unterschiedliche Faktoren wie Kriege, Arbeitermangel, Armut, etc. immer wieder zu Migrationsprozessen.  Als das Ganze anfing, war die Begeisterung bei uns in Deutschland eher mäßig – im Heidelberger Manifest 1981, sprach man sogar von der „Angst um die Unterwanderung des deutschen Volkes“, „Überfremdung unserer Kultur, Sprache und unseres Volkstums“ und davon, dass alle Völker sich durch individuelle Traditionen und auch genetisch voneinander unterscheiden; Integration beeinträchtige diese Diversität zwischen den Völkern, was als negativ angesehen wurde.

Auch heute stößt Zuwanderung nicht überall auf jubelnde Zurufe und freundliche Gesichter, dabei ist offensichtlich, dass ohne Migranten, die Zahl der in Deutschland Lebenden, drastisch gering wäre. Es wird außerdem außer Acht gelassen, dass in Bezug auf Schulen erhebliche, revolutionierende. finanzielle Investitionen für Projekte wie Sprachförderung, Hausaufgabenhilfe und Integrationsmaßnahmen, mit Erfolg durchgeführt wurden.

Ich selbst habe an meiner eigenen Schule Erfahrungen mit der Thematik sammeln können. Kurz bevor ich eingeschult wurde, zog ins Nachbarhaus eine iranische Flüchtlingsfamilie mit sechs Kindern. Die Meisten fand ich ehrlich gesagt ziemlich blöd (ich fand generell alle anderen Kinder blöd), aber eins der Mädchen, Ide, wurde meine Freundin und Spielgefährtin; wir waren gleich groß, im gleichen Alter und verstanden uns trotz Sprachbarriere blendend – damit hatte es sich schnell erledigt, sie lernte die Sprache unglaublich schnell. Ich erinnere mich gut daran, dass ihr Vater vor der Einschulung oft bei uns Zuhause war, um Informationen zum Ablauf zu erfragen. Es war nicht so, dass er nicht bereits bei jeder Anlaufstelle um Hilfe gebeten hatte, sondern so, dass meine und Ides zukünftige Schule ihm keine Auskunft geben wollte. Und obwohl sie in weniger als einem Jahr Deutsch gelernt hatte, wurde sie nach wenigen Wochen Erstklässlerunterricht auf meiner hübschen Vorort Grundschule auf eine Förderschule geschickt. Ich habe sie dort einmal besucht und nie wieder, das war ein prägendes Ereignis.

Meine Grundschule war meiner Meinung nach ausländerpädagogisch ausgerichtet, da niemand die Absicht hatte, Ide (oder andere Migrationskinder) dauerhaft in den Schulablauf zu integrieren. Darum gaben sich die LehrerInnen bei Hilfestellungen für diese Kinder weniger Mühe, sie würden schließlich sowieso nicht bleiben und uns ohnehin kaum verstehen. Die Kinder wurden als temporärer „Ballast“ betrachtet und auch von uns einheimischen Kindern mit Argwohn betrachtet – nicht jeder hatte, so wie ich schon vor der Schulzeit interkulturelle Kontakte knüpfen können, da die Meisten der Vorort Schule aus eben diesem Vorort stammten, wo Migranten einfach nicht vertreten waren. Das Verhalten der LehrerInnen beeinflusste uns SuS negativ im Bezug auf Freundschaften, die man lieber mit Lena aus Deutschland als mit Zümre von wo Anders knüpfte.

Ein Lichtblick war meine Mittelstufe, ein bunter Mix aus Kindern verschiedener Länder. Dort wurde viel wert auf Anti-Diskriminierungs Veranstaltungen gelegt, in denen gepredigt wurde, wie schlecht Diskriminierung ist und in welchem Maß sie uns schadet. Um zu demonstrieren, wie enorm wir voneinander profitieren können, wurden gemeinsame Essen veranstaltet, bei denen jeder etwas mitbringen durfte, was zuhause gekocht wurde. Es gab dann zum Beispiel Frühlingsrollen, Nudelsalat, enorm viele türkische super leckere Teigwaren und und und – mit Essen konnte man bei uns Schülern sowieso immer punkten. Eine super Sache, wir hatten feste Klassengemeinschaften und Diskriminierung kam „nur“ im Rahmen von geschmacklosen, scherzhaften Anspielungen vor („Du Jude“ für jemanden, der geizig Strichlisten von geliehenem Brötchengeld führte, „Du Kartoffel“ für einen klischeehaften Deutschen, etc.). Ein heikles Thema, doch dadurch, dass jede einzelne Kultur gleichermaßen auf diese Art durch den Kakao gezogen wurde, war es auf eine seltsame Art einvernehmlicher Humor. Das ordne ich klar ins antirassistische Konzept ein, da der Abbau von Diskriminierung groß geschrieben wurde und über das Schulsystem hinaus auch die Eltern der SuS sensibilisierte und durch die Veranstaltungen in Kontakt mit verschiedenen Kulturen brachte. Für uns neue Lehrer Generation, die wir als Schüler solche Prozesse durchlaufen konnten, ist Diskriminierung in Bezug auf „Ausländer“ kein Thema mehr – denn Ausländer als Solche, gibt es für uns nicht. Irgendwo kommt jeder her, von wo, spielt keine Rolle, außer natürlich, es geht ums Essen (her mit den Baklava!).

 

Für mein kommendes Praktikum wird interessant zu beobachten, wie Lehrkörper heutzutage mit gemischten Klassen umgehen, wie gemischt das Kollegium selber mittlerweile ist und wie die LehrerInnen den SuS richtiges Verhalten im Umgang mit Heterogenität vorleben.

Durch das richtige Vorleben, wie es an meiner Schule der Fall war, wird man frei von diskriminierendem Ballast, der einem die Sicht vernebelt. Veranstaltungen, wie das gemeinsame Essen mit Familien, könnte man auch Freunde und Bekannte hinzuziehen. Das würde eine Möglichkeit bieten, jedem die Vorzüge interkultureller Gruppen zu demonstrieren, nicht nur denjenigen, die es in der Schule lernen.

 

Heterogenität in Schulen – How to handle that

Heterogenität.

Was das bedeutet, muss zunächst geklärt werden. Gibt man den Begriff bei Wikipedia ein, erhält man folgendes Ergebnis:

 

„Heterogenität (auch: Inhomogenität) bezeichnet die Uneinheitlichkeit der Elemente einer Menge hinsichtlich eines oder mehrerer Merkmale.“ (ff.)

Okay, gut. Die Elemente der Menge sind im Fall Schule ganz eindeutig die Schüler und Schülerinnen als Individuen betrachtet, während mit Menge die SchülerInnen nicht einzeln, sondern als Gruppe gemeint sind. Ihre Merkmale verweisen auf ihre verschiedenen Hintergründe und Eigenschaften, die ihren Lernprozess beeinflussen. Ob ein Kind beispielweise durch eine Erkrankung wie Asperger oder Autismus, im Vergleich zu den Kindern ohne diese Krankheit, einen Nachteil beim lernen in der Schule hat. Oder ihre sozialen Hintergründe, die ebenfalls einen großen Einfluss auf die Schulnoten haben.

Heterogenität in Schulen bezeichnet also die variierenden Merkmale der SchülerInnen, die sich durch Herkunft, psychische/physische Einschränkungen, Konfession, etc. aufteilen und berücksichtigt werden müssen, um das Lernen für alle SchülerInnen verständlich zu gestalten.

Aber wie kann ich als Lehrinstanz mit heterogenen Lerntypen arbeiten und welche Methoden gibt es, so unterschiedlichen Kindern die gleichen Chancen auf Verständnis zu geben? Wie entscheide ich, welche Merkmale den Lernprozess beeinflussen und woran messe ich meine Entscheidung?

Im Zeitalter der Inklusions-Schulen ist das eine unumgängliche Thematik, in die die kommenden Vorlesungen Einblicke und (hoffentlich) auch produktive Lösungsvorschläge bieten. Ich bin gespannt !

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