und der Umgang damit

Monat: April 2018

Denkräume anregen

Doppelte Heterogenität 

spielt besonders im Kunstunterricht eine große Rolle. Um Werke richtig beobachten und analysieren zu können, muss man zunächst darüber sprechen. Darüber, welche Arten der Wahrnehmung möglich sind – wie kann ich Sinneseindrücke am besten sprachlich entäußern, sodass mich meine Klassenkameraden verstehen? Was verstehe ich unter dem Begriff Tiefe,  oder Stimmung ? Betrachtet man dann gemeinsam ein Bild eines bekannten Malers, werden nach stiller Beobachtung Eindrücke gesammelt: ein Schüler sagt womöglich, das Bild mache ihn nervös, da die Pinselführung unruhig und durcheinander aufgetragen worden sei. Darauf wird die Schülerin neben ihm vielleicht entgegnen, genau das verursache ihn ihr ein euphorisches Gefühl der Abenteuerlust, da die Striche sich wild und frei auf der Leinwand austoben. Im offenen Gespräch bekommt jeder im Raum die Chance, die eigenen individuellen Eindrücke zu vermitteln; wobei alle gleichermaßen von allen Eindrücken profitieren, denn sie eröffnen jedem im Raum neue Wege, an das Bild heranzutreten. Es gibt dabei kein richtig oder falsch, sondern viele nebeneinander existierenden, gleichwertigen Wahrnehmungsweisen, die miteinander fusioniert ein wunderbares, großes Ganzes bilden können. 

 

Im Unterricht habe ich die Aufgabe, ihre Vorstellungen zu erheben. Das kann man im Kunstunterricht durch kreative Praxisaufgaben erreichen, indem es als ersten Schritt keinen festen Arbeitsauftrag gibt, sondern sie zu einem Oberthema wie Farbe frei gestalten lässt. Es gibt keine Vorgabe, was die Realisierung betrifft. Wenn alle damit fertig sind, wird als zweiter Schritt ein Museumsrundgang gemacht, bei dem jeder die Chance bekommt, sich zu dem Werk zu äußern, das gerade betrachtet wird. Es dürfen Fragen gestellt werden, die der Schöpfer beantworten kann, der im Anschluss präsentiert, was er ausdrücken wollte. Auch hier gibt es kein richtig, oder falsch, sondern viele verschiedene Wahrnehmungsweisen. Der Künstler kann hierbei viel über sein eigenes Werk lernen und es mit anderen Augen betrachten. Wertschätzung spielt dabei eine große Rolle, damit die SuS im Klassenverband lernen, dass es schöner ist, gewürdigt zu werden, statt beleidigt. Wenn sich niemand über den nächsten lustig macht, traut sich auch jeder, selber etwas zu seiner Schöpfung zu sagen – man kann sich nicht blamieren. Als dritten Schritt kann ich, basierend auf den kreativen Ergebnissen, ähnliche Werke von berühmten Künstlern zeigen , die wir dann offen zusammen analysieren. Dabei finden sich oft enorme Ähnlichkeiten zwischen den Künstlerwerken und denen der SuS, was ein Gefühl von ich kann das auch vermittelt – Selbstvertrauen wird aufgebaut, man fühlt sich den berühmten Größen näher.

Besonders im Bezug auf Arbeitsaufträge, wird es interessant zu beobachten, wie die einzelnen SchülerInnen sie interpretieren. Ist die Aufgabe zum Beispiel beurteile die Wirkung der Tiefe in diesem Bild mit See kann es sein, dass einer sich zur womöglich Tiefe des Sees äußert. Der Nächste sagt etwas zur Perspektive, oder meint die tiefe Farbgebung zu erkennen. Jeder hat eine eigene Definition zu Begriffen, so auch bei Tiefe. Das muss mir klar sein, denn es ist mein Auftrag, es an die SuS weiterzugeben, damit das Lernen immer auch ein offener Austausch ist. 

Soziokulturelle Heterogenität – Erziehungswissenschaftliche Perspektiven

Im Laufe unserer Geschichte kam es durch unterschiedliche Faktoren wie Kriege, Arbeitermangel, Armut, etc. immer wieder zu Migrationsprozessen.  Als das Ganze anfing, war die Begeisterung bei uns in Deutschland eher mäßig – im Heidelberger Manifest 1981, sprach man sogar von der „Angst um die Unterwanderung des deutschen Volkes“, „Überfremdung unserer Kultur, Sprache und unseres Volkstums“ und davon, dass alle Völker sich durch individuelle Traditionen und auch genetisch voneinander unterscheiden; Integration beeinträchtige diese Diversität zwischen den Völkern, was als negativ angesehen wurde.

Auch heute stößt Zuwanderung nicht überall auf jubelnde Zurufe und freundliche Gesichter, dabei ist offensichtlich, dass ohne Migranten, die Zahl der in Deutschland Lebenden, drastisch gering wäre. Es wird außerdem außer Acht gelassen, dass in Bezug auf Schulen erhebliche, revolutionierende. finanzielle Investitionen für Projekte wie Sprachförderung, Hausaufgabenhilfe und Integrationsmaßnahmen, mit Erfolg durchgeführt wurden.

Ich selbst habe an meiner eigenen Schule Erfahrungen mit der Thematik sammeln können. Kurz bevor ich eingeschult wurde, zog ins Nachbarhaus eine iranische Flüchtlingsfamilie mit sechs Kindern. Die Meisten fand ich ehrlich gesagt ziemlich blöd (ich fand generell alle anderen Kinder blöd), aber eins der Mädchen, Ide, wurde meine Freundin und Spielgefährtin; wir waren gleich groß, im gleichen Alter und verstanden uns trotz Sprachbarriere blendend – damit hatte es sich schnell erledigt, sie lernte die Sprache unglaublich schnell. Ich erinnere mich gut daran, dass ihr Vater vor der Einschulung oft bei uns Zuhause war, um Informationen zum Ablauf zu erfragen. Es war nicht so, dass er nicht bereits bei jeder Anlaufstelle um Hilfe gebeten hatte, sondern so, dass meine und Ides zukünftige Schule ihm keine Auskunft geben wollte. Und obwohl sie in weniger als einem Jahr Deutsch gelernt hatte, wurde sie nach wenigen Wochen Erstklässlerunterricht auf meiner hübschen Vorort Grundschule auf eine Förderschule geschickt. Ich habe sie dort einmal besucht und nie wieder, das war ein prägendes Ereignis.

Meine Grundschule war meiner Meinung nach ausländerpädagogisch ausgerichtet, da niemand die Absicht hatte, Ide (oder andere Migrationskinder) dauerhaft in den Schulablauf zu integrieren. Darum gaben sich die LehrerInnen bei Hilfestellungen für diese Kinder weniger Mühe, sie würden schließlich sowieso nicht bleiben und uns ohnehin kaum verstehen. Die Kinder wurden als temporärer „Ballast“ betrachtet und auch von uns einheimischen Kindern mit Argwohn betrachtet – nicht jeder hatte, so wie ich schon vor der Schulzeit interkulturelle Kontakte knüpfen können, da die Meisten der Vorort Schule aus eben diesem Vorort stammten, wo Migranten einfach nicht vertreten waren. Das Verhalten der LehrerInnen beeinflusste uns SuS negativ im Bezug auf Freundschaften, die man lieber mit Lena aus Deutschland als mit Zümre von wo Anders knüpfte.

Ein Lichtblick war meine Mittelstufe, ein bunter Mix aus Kindern verschiedener Länder. Dort wurde viel wert auf Anti-Diskriminierungs Veranstaltungen gelegt, in denen gepredigt wurde, wie schlecht Diskriminierung ist und in welchem Maß sie uns schadet. Um zu demonstrieren, wie enorm wir voneinander profitieren können, wurden gemeinsame Essen veranstaltet, bei denen jeder etwas mitbringen durfte, was zuhause gekocht wurde. Es gab dann zum Beispiel Frühlingsrollen, Nudelsalat, enorm viele türkische super leckere Teigwaren und und und – mit Essen konnte man bei uns Schülern sowieso immer punkten. Eine super Sache, wir hatten feste Klassengemeinschaften und Diskriminierung kam „nur“ im Rahmen von geschmacklosen, scherzhaften Anspielungen vor („Du Jude“ für jemanden, der geizig Strichlisten von geliehenem Brötchengeld führte, „Du Kartoffel“ für einen klischeehaften Deutschen, etc.). Ein heikles Thema, doch dadurch, dass jede einzelne Kultur gleichermaßen auf diese Art durch den Kakao gezogen wurde, war es auf eine seltsame Art einvernehmlicher Humor. Das ordne ich klar ins antirassistische Konzept ein, da der Abbau von Diskriminierung groß geschrieben wurde und über das Schulsystem hinaus auch die Eltern der SuS sensibilisierte und durch die Veranstaltungen in Kontakt mit verschiedenen Kulturen brachte. Für uns neue Lehrer Generation, die wir als Schüler solche Prozesse durchlaufen konnten, ist Diskriminierung in Bezug auf „Ausländer“ kein Thema mehr – denn Ausländer als Solche, gibt es für uns nicht. Irgendwo kommt jeder her, von wo, spielt keine Rolle, außer natürlich, es geht ums Essen (her mit den Baklava!).

 

Für mein kommendes Praktikum wird interessant zu beobachten, wie Lehrkörper heutzutage mit gemischten Klassen umgehen, wie gemischt das Kollegium selber mittlerweile ist und wie die LehrerInnen den SuS richtiges Verhalten im Umgang mit Heterogenität vorleben.

Durch das richtige Vorleben, wie es an meiner Schule der Fall war, wird man frei von diskriminierendem Ballast, der einem die Sicht vernebelt. Veranstaltungen, wie das gemeinsame Essen mit Familien, könnte man auch Freunde und Bekannte hinzuziehen. Das würde eine Möglichkeit bieten, jedem die Vorzüge interkultureller Gruppen zu demonstrieren, nicht nur denjenigen, die es in der Schule lernen.

 

Heterogenität in Schulen – How to handle that

Heterogenität.

Was das bedeutet, muss zunächst geklärt werden. Gibt man den Begriff bei Wikipedia ein, erhält man folgendes Ergebnis:

 

„Heterogenität (auch: Inhomogenität) bezeichnet die Uneinheitlichkeit der Elemente einer Menge hinsichtlich eines oder mehrerer Merkmale.“ (ff.)

Okay, gut. Die Elemente der Menge sind im Fall Schule ganz eindeutig die Schüler und Schülerinnen als Individuen betrachtet, während mit Menge die SchülerInnen nicht einzeln, sondern als Gruppe gemeint sind. Ihre Merkmale verweisen auf ihre verschiedenen Hintergründe und Eigenschaften, die ihren Lernprozess beeinflussen. Ob ein Kind beispielweise durch eine Erkrankung wie Asperger oder Autismus, im Vergleich zu den Kindern ohne diese Krankheit, einen Nachteil beim lernen in der Schule hat. Oder ihre sozialen Hintergründe, die ebenfalls einen großen Einfluss auf die Schulnoten haben.

Heterogenität in Schulen bezeichnet also die variierenden Merkmale der SchülerInnen, die sich durch Herkunft, psychische/physische Einschränkungen, Konfession, etc. aufteilen und berücksichtigt werden müssen, um das Lernen für alle SchülerInnen verständlich zu gestalten.

Aber wie kann ich als Lehrinstanz mit heterogenen Lerntypen arbeiten und welche Methoden gibt es, so unterschiedlichen Kindern die gleichen Chancen auf Verständnis zu geben? Wie entscheide ich, welche Merkmale den Lernprozess beeinflussen und woran messe ich meine Entscheidung?

Im Zeitalter der Inklusions-Schulen ist das eine unumgängliche Thematik, in die die kommenden Vorlesungen Einblicke und (hoffentlich) auch produktive Lösungsvorschläge bieten. Ich bin gespannt !

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