Rv 10_ 24.06.19.- Dr. Elsabeth Hollerweger- Erlesene Geschlechter-Genderkompetenzen im Literaturunterricht

1) Meine bisherigen Erfahrungen im Bezug auf gendersensiblen Literaturunterricht basieren auf mein sechswöchiges Orientierungspraktikum und mein dreiwöchiges POE im Rahmen der inklusiven Pädagogik. Bei beiden Lerngemeinschaften, die ich kennenlernen durfte, wurde während der Frühstückspause immer aus einem Buch vorgelesen. Das war eines ihrer Rituale.

Ein Buch handelte von einer Kinder-Detektiven-Gruppe, die sowohl aus Jungen, als auch aus Mädchen bestand (an den genauen Buchtitel kann ich mich leider nicht mehr erinnern). Ich hatte nicht den Eindruck, dass den Jungen und Mädchen eine typische Jungen-/ Mädchen Rolle zugeschrieben wurden. Um jedoch dies beurteilen zu können, kannte ich das Buch nicht gut genug. Aber allein das nicht nur Jungen in der Detektiven Rolle zu finden waren, hatte schon mal einen positiven Eindruck auf mich hinterlassen.

Ein anderes Buch war „Das Sams“. An einen Textauszug kann ich mich noch genau erinnern und zwar gab es dort eine Situation, bei der das Sams genauer von einem Jungen beschrieben wurde. Der Junge hat gerätselt, was das Sams für eine Person sei. Es schien, als sei das Sams weder Junge noch Mädchen, weder Mensch noch Tier.

 

2) Welche Bücher sind geeignet und welche sind nicht geeignet für einen gendersensiblen Literaturunterricht? Und warum?

Welche Rollen nehmen Mädchen und Jungen ein, bei der von den Kindern selbstausgewählten Literatur?

Mit welcher Rolle kann sich ein Kind identifizieren?

 

3) In der Praxis würde ich der Annahme, dass Jungen Lesemuffel und Mädchen Leseratten seien, wie folgt entgegenwirken: Kinder sind von Natur aus interessiert. Es liegt an mir bzw. an der Lehrkraft und seiner Umgebung, dass Interesse bei dem jeweiligen Kind zu wecken, egal ob Mädchen oder Junge.

Rv09: Prof. Dr. Lydia Murmann- „Welche Heterogenitätsdimensionen spielen im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht eine besondere Rolle?“

Rv09: 17.06.19 – Prof. Dr. Lydia Murmann – „Welche Heterogenitätsdimensionen spielen im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht eine besondere Rolle?“

 

  1. Das Fallbeispiel verdeutlicht meiner Meinung nach ganz gut, dass sich das Mädchen nicht interessengeleitet für eine der Aufgaben entscheidet, sondern vor dem Hintergrund der „sozialen Eingebundenheit“ (psychologisches Bedürfnis nach Deci und Rayan, 1993). Das Mädchen entscheidet sich gegen ihre eigentlichen Interessen, weil sie anscheinend die Gruppenzugehörigkeit wichtiger einstuft. Es kann aber auch sein, dass das Mädchen ein verzehrtes Selbstkonzept mit der Zeit entwickelt hat, weil ihr als Mädchen vorgelebt wird/wurde, das handwerkliche Sachen, Männer und Jungen Sache und nichts für Mädchen ist.
  1. Die didaktische Entscheidung der Lehrkraft, zwei verschiedene Aufgaben zur Wahl zu stellen, ist vom Ansatz her ein guter Gedanke, aber dadurch „Jungen- und Mädchengerechte Aufgaben“ zu differenzieren, nicht. Was sind schon „Jungen- und Mädchengerechte Aufgaben“? Dies ist eine sehr stereotypisierte Denkweise, die vermieden werden sollte.
  1. Mit dem Ziel des Kompetenzausgleiches impliziert die Lehrkraft durch die „gleichgerechte Genderaufteilung“ (Junge/Mädchen), eine bestimmte Zuschreibung. Die Lehrkraft hat dadurch ein bestimmtes Bild von den Fähigkeiten der Jungen und ein bestimmtes Bild von den Fähigkeiten der Mädchen. Die Schülerinnen und Schüler können dadurch in dem Glauben gehalten werden, nur weil sie ein Junge/ ein Mädchen sind, bestimmte Kompetenzen automatisch zu besitzen, was falsch ist. Es gibt Jungen, die nicht technikbegabt sind, genauso gibt es Mädchen, die technikbegabt sind. Wenn die Lehrkraft also davon ausgeht, dass Mädchen, weil sie Mädchen sind, nicht technikbegabt sind, und Jungen es sind, weil sie Jungen sind, dann wird das Selbstkonzept der Kinder (v.a. der Mädchen) nicht positiv beeinflusst, da die Mädchen eine Art dieser Zuschreibung unbewusst annehmen, es sei denn sie reflektieren und widersprechen das Vorhaben/die Begründung des Kompetenzausgleiches der Lehrkraft.
  1. Mögliche Forschungsfrage: Was sind die Themen im Sachunterricht, die Jungen und Mädchen interessieren? Gibt es häufige Unterschiede und Gemeinsamkeiten? Eine Befragung der Schülerschaft und der Lehrkraft kann Sinn machen, um herauszufinden, ob gendersensibel unterrichtet wird und ob/wie die Kinder dies wahrnehmen.

Ringvorlesung mit Prof. Dr. Natascha Korff: Eine Schule für wirklich alle? Ziele, Herausforderungen, Beispiele

  1. Ein anschlussfähiger Aspekt kommt aus der Erziehungswissenschaft und beinhaltet einen der neun Prinzipien zeitgemäßer Grundschularbeit: Die „Chancengleichheit und Achtung vor dem Anderen“ (Leitkonzept zeitgemäßer Grundschularbeit aus http://grundschulverband.de/leitlinien 2017). Dabei geht es im Wesentlichen darum die Chancengleichheit und Teilhabe aller an den Errungenschaften unserer Gesellschaft zu ermöglichen, sowie die Achtung vor der Individualität und die unveräußerlichen Rechten des jeweils Anderen zu stärken.
  2. Ein Positivbeispiel aus meiner bisherigen Praxiserfahrung ist der Jahrgangsübergreifende Unterricht, in der 1. bis 4. Klasse zusammen unterrichtet wurden. Mein Eindruck war es, dass die Kinder mehr Verantwortungsgefühl lernten und der Unterricht durch differenzierte Wochenplanarbeit zumindest im Ansatz erfolgreich umgesetzt wurde. Die Lehrkraft hätte meines Erachtens noch mehr Zusammenarbeit, anstelle Stillarbeit in den Vordergrund stellen können, um partizipatorische Lernerlebnisse zu schaffen, Teamfähigkeit und das Gemeinschaftsgefühl der Schülerinnen und Schüler zu stärken.
  3. Mein nächstes Ziel zur Reduktion von Barrieren an Schulen wird sein: Lernarrangements zu organisieren, bei denen ich meinen Unterricht (mit Hilfe eines kompetenten/ kooperativen Teams) auf die Vielfalt der Schülerschaft hin planen werde, um den Fokus auf die Interessen und Stärken des Lernenden zu lenken. Dadurch erhoffe ich Lernen mit positiven Gefühlen zu verbinden, ohne dabei Leistungsdruck und Wetteifer untereinander hervorzubringen, sondern die Entwicklungen des Einzelnen durch individuell angepasste Herausforderungen positiv zu beeinflussen.