Schaubild
Beschreibung der Methode
Schaubilder sind in der Geschichtsdidaktik ein zentrales Werkzeug, um historische Zusammenhänge und Strukturen in abstrahierter und übersichtlicher Form darzustellen. Sie dienen dazu, komplexe Inhalte zu verdichten, zu systematisieren und so für Lernende leichter zugänglich zu machen. Ihr primärer Zweck liegt in der visuellen Zusammenfassung und Reduktion des zuvor erarbeiteten Unterrichtsstoffs.
Schaubilder begegnen den Schüler*innen häufig in Schulbüchern oder als vorbereitete Tafelbilder. In diesen Fällen werden sie meist von der Lehrkraft erstellt und bieten eine klare Darstellung der zentralen Unterrichtsergebnisse. Die Lernenden zeichnen diese Schaubilder ab, wodurch sie die Möglichkeit haben, den Stoff zu wiederholen und einzuprägen.
Doch die Methode gewinnt an Tiefe und Wirksamkeit, wenn die Schüler*innen selbst Schaubilder erstellen. Dieser aktive Prozess fördert nicht nur das Verständnis der Inhalte, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu analysieren und strukturieren. Das Erstellen eigener Schaubilder erfordert, dass die Lernenden die zugrunde liegenden historischen Zusammenhänge verstanden haben und diese in einer klaren, funktionalen und ansprechenden grafischen Form umsetzen. Hierbei wird nicht nur die kognitive, sondern auch die ästhetische Dimension des Lernens angesprochen, da die Darstellung sowohl inhaltlich präzise als auch visuell ansprechend sein sollte.
Ein praktikabler Mittelweg zwischen vorgefertigten und selbst erstellten Schaubildern ist das Arbeiten mit sogenannten „Halbfertigprodukten“. Diese bieten den Schüler*innen eine vorgegebene Grundstruktur, die sie durch das Einfügen passender Begriffe oder die eigenständige Anordnung vorgegebener Elemente vervollständigen. Solche Übungen ermöglichen eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Stoff und fördern das Verständnis von Zusammenhängen, ohne die Lernenden zu überfordern.
Die vorgestellte Methode nutzt ein sogenanntes „Halbfertigprodukt“, das dazu dient, die Inhalte der Unterrichtsstunde zum Thema „Aufbau einer mittelalterlichen Stadt“ zu sichern und zu vertiefen.
Ablauf der Methode
Bevor das Schaubild gemeinsam mit den Schülerinnen erstellt wird, arbeiten diese in Kleingruppen an verschiedenen Stationen. Dort füllen sie zu bestimmten Themen Lückentexte aus, die anschließend im Plenum besprochen werden. Die Begriffe aus den Lücken dienen als Grundlage für das Schaubild. Wenn eine Schülerin einen richtigen Begriff nennt, darf sie oder er entscheiden, wo dieser im Schaubild platziert wird. Der Begriff kann entweder von der Schülerin selbst an die Tafel geschrieben, von der Lehrkraft eingetragen oder – wie im unten aufgeführten Praxisbeispiel – in Form vorgefertigter Bildkarten an die Tafel geheftet werden.
Benötigte Medien und Materialien
Tafel, Bildkarten, Kreide/Stift, Magnete zum Befestigen der Bildkarten, Monitor/Beamer
Variation der Methode
Eine mögliche Variation der Methode besteht darin, alle Schüler*innen gemeinsam an die Tafel zu bitten. Einige der Schüler*innen erhalten eine zufällige Bildkarte mit einem Begriff oder Symbol. Anschließend diskutiert die Klasse gemeinsam, wo die einzelnen Karten im Schaubild am besten platziert werden sollten. Dieser Ansatz fördert nicht nur das Verständnis der Inhalte, sondern auch die Teamarbeit und die Fähigkeit, Argumente auszutauschen und begründet Entscheidungen zu treffen.
Praxisbeispiel und Rückmeldung zur Methode
Das Thema der Unterrichtsstunde war „Die Stadt im Mittelalter“. Ziel war es, den Schüler*innen den Aufbau einer mittelalterlichen Stadt zu vermitteln, die sozialen Gruppen, die in der Stadt lebten, sowie deren Verwaltung zu erklären. Zur Vorbereitung wurden Plakate mit erklärenden Texten zu zentralen Begriffen wie „Kirche“, „Stadtmauer“ und „Handwerk“ erstellt. Passend zu den Plakaten erhielten die Schülerinnen einen Lückentext, den sie in Kleingruppen bearbeiten sollten.
Die Kleingruppen arbeiteten im Rotationsprinzip: Sie lasen nacheinander die Inhalte der Plakate und füllten die Lücken in ihrem Text aus. Währenddessen wurde an der Tafel eine Grundstruktur für das Schaubild vorbereitet, indem ein Fluss mit blauer Kreide skizziert wurde – ein charakteristisches Element vieler mittelalterlicher Städte.
Nachdem alle Gruppen den Lückentext bearbeitet hatten, wurden die Plätze wieder eingenommen. Im nächsten Schritt wurden die Begriffe aus dem Lückentext gemeinsam besprochen. Wer einen richtigen Begriff nannte, wie „Kirche“ oder „Stadttor“, durfte nach vorne kommen und die passende Bildkarte an der Tafel platzieren. So entstand schrittweise ein Schaubild, das den typischen Aufbau einer mittelalterlichen Stadt darstellte.
Zum Abschluss wurde eine historische Stadtkarte von Bremen auf einem Monitor gezeigt, um Gemeinsamkeiten mit dem erstellten Schaubild hervorzuheben und das Gelernte zu veranschaulichen.
Der Prozess der Erstellung des Schaubilds verlief etwas schleppend, was auf die geringe Beteiligung und die eingeschränkte Motivation der Teilnehmenden zurückzuführen war. Dies erforderte eine intensivere Moderation durch die Lehrkraft, was später als übermäßig steuernd kritisiert wurde. Außerdem wurde angemerkt, dass es sinnvoller gewesen wäre, wenn die Schüler*innen im Plenum gemeinsam entschieden hätten, wo die einzelnen Bildkarten platziert werden.
Ein weiterer Verbesserungsvorschlag betraf die abschließende Analyse: Statt die historische Karte Bremens selbst mit dem Schaubild an der Tafel zu vergleichen, wäre es besser gewesen, die Schüler*innen aktiv in den Vergleich einzubeziehen. Dadurch hätte die Eigenverantwortung der Lernenden gestärkt und der Erkenntnisprozess vertieft werden können.
Zuordnung zur AVIVA-Phase
Die Methode passt am besten zur Verarbeiten-Phase im AVIVA-Modell, weil sie den Lernenden ermöglicht, die erarbeiteten Inhalte aktiv zu vertiefen und anzuwenden. Nachdem das notwendige Vorwissen gesammelt und die wichtigsten Begriffe geklärt wurden, geht es darum, diese Inhalte in einem Schaubild visuell zu strukturieren und in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Durch die gemeinsame Diskussion und die aktive Teilnahme am Platzieren der Begriffe an der Tafel verarbeiten die Schüler*innen das Gelernte, indem sie es mit einer konkreten Darstellung verknüpfen. Dieser kreative und kollaborative Prozess fördert nicht nur das Verständnis der Thematik, sondern stärkt auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu ordnen und zu visualisieren, was typisch für die Verarbeitungsphase im Lernprozess ist.
Literatur
Sauer, Micheli. „Verarbeitung, Dokumentation und Präsentation von Lernergebnissen.“ In Mayer, Ulrich; Pandel, Hans-Jürgen; Schneider, Gerhard (Hrsg.). Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht. Wochenschau Verlag. (2016) S. 634-649.
Städeli, Christoph. „Die fünf Säulen der guten Unterrichtsvorbereitung: das AVIVA-Modell für den kompetenzorientierten Unterricht: Christoph Städeli.“ Folio: die Zeitschrift des BCH| FPS für Lehrkräfte in der Berufsbildung 6 (2010): S.20. https://edudoc.ch/record/87665/files/0610_staedeli_d.pdf (Letzter Zugriff: 10.01.2025)
Lizensierung
Schaubild © 2025 by Elia Neß is licensed under CC BY-NC-ND 4.0