Bildquelle:
Herrmann, Rafael (2016): Three men walking at Medienhafen Düsseldorf. Public Domain. Link: https://cc0.photo/2016/01/14/three-men-walking-medienhafen-dusseldorf/
Beschreibung und Ziele der Methode
Die Methode „Ein Schritt nach vorne kommt ursprünglich nicht aus der schulischen Pädagogik sondern aus der politischen Bildung. Ziel der Methode ist eine Sensibilisierung von gesellschaftlichen Rollen und Verhältnissen als auch die Entwicklung von kritischen Denken (vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte 2024: online).
Benötigte Materialien
Für die Methode werden verschiedene Schriftkarten benötigt, sowie ein Ort mit viel Platz, auf dem sich die Gruppe gut bewegen kann. Für die Verteilung der Zettel könnte sich beispielsweise auch ein großer Hut eignen.
Ablauf der Methode
Zunächst gibt die Lehrkraft den Hut rum, aus dem sich die Schüler*innen einen Zettel nehmen können. Auf dem Zettel befindet sich eine Rollenbeschreibung mit Informationen, wie beispielsweise „Geflüchtete Frau aus Sudan, 20 Jahre alt, wohnt erst zwei Jahre in Deutschland und spricht Deutsch auf A2 Niveau“ oder „Mann mit weißer Hautfarbe, 43 Jahre alt, Rechtsanwalt“. Im Laufe der Methode müssen die Schüler*innen sich in ihre Rollen hineinversetzen und aus deren Perspektiven entscheiden, wie sie sich zu verhalten haben.
Nachdem die Karten ausgeteilt wurden, stellen sich die Schüler*innen in einen Ort mit viel Platz in einer Reihe auf. Die Lehrkraft steht mit Abstand weiter vor Ihnen und stellt den Schüler*innen eine Reihe von Aussagen zu denen sich die Schüler*innen aus Perspektive ihrer Rollen erhalten müssen. Stimmen die Schüler*innen einer Aussage zu, dann müssen Sie einen Schritt nach vorne gehen. Sollten sie dieser Aussage nicht zustimmen, müssen sie stehen bleiben.
Die Aussagen könnten beispielsweise lauten:
- Ich spreche gut deutsch
- Ich habe keine Zukunftssorgen
- Ich kann wählen gehen
- Ich bekomme Unterstützung, wenn es mir psychisch nicht gut geht
Von den Positionen der Schüler*innen wird ersichtlich, welche Rollen im Alltag sehr von Armut und Diskriminierung betroffen sind und welche eher weniger. Nachdem die Fragen gestellt wurden, decken die Schüler*innen ihre Rollen auf und es wird im Plenum über das Beantworten der Fragen reflektiert als auch darüber, was diese Methode zeigt.
Mögliche Abwandlungen
Im Rahmen einer Präsentation in einem Seminar zur AVIVA-Thematik wurde das Konzept der Methode „Ein Schritt nach vorne“ genommen und inhaltlich abgewandelt und auf das Thema Künstliche Intelligenz angewendet. Hierbei ging es nun nicht mehr um eine Sensibilisierung von gesellschaftlichen Rollen sondern um eine Sensibilisierung des eigenen Verhaltens und Erwartungen in Bezug auf KI-Nutzung.
Die Fragen lauteten diesmal wie folgt:
1. Ich nutze KI als Hilfsmittel, um Texte zu korrigieren.
2. Ich lasse Teile von schriftlichen Texten für die Uni mit KI erstellen.
3. Ich habe KI schon mal als Quelle der Inspiration genutzt.
4. Wenn ich für Arbeiten recherchiere, vertraue ich den Arbeiten von KI
5. Ich habe immer noch Lernerfolge, wenn ich Teile meiner Aufgaben und Hausaufgaben von KI bearbeiten lasse.
6. Ich habe KIs schon einmal persönliche Dinge aus meinen Leben anvertraut, um Ratschläge zu bekommen
7. KIs sind eine Bereicherung für die Gesellschaft und keine Bedrohung
Eine positive Befürwortung dieser Aussagen (also ein Schritt nach vorne) drückt eine eher positive Haltung gegenüber KI aus, wohingegen eine negative Beantwortung (Ein Schritt zurück oder stehen bleiben) eher eine Skepsis gegenüber KI ausdrückt.
Die Methode unter Berücksichtigung des AVIVA-Modells
Innerhalb der AVIVA-Lernphasen (vgl. Städeli 2010: 20) lässt sich die Methode ‚Ein Schritt nach vorne‘ besonders gut in die Phase „Vorwissen aktivieren“ integrieren (vgl. ebd.). Hierbei geht die Methode jedoch auch ein Stück weit über das rein inhaltliche Vorwissen aktivieren hinaus, da sie (Im Falle der KI-Abwandlung) Schüler*innen schnell in eine reflektierende Haltung über die eigenen Verhaltensmuster und Vorstellungen bringt.
Auch wenn die Methode teils andere Effekte erzielt als alleinig das Vorwissen zu aktivieren – nämlich als Reflexion über sich und zu einen bestimmten Thema – lässt sie sich gut in das AVIVA-Model integrieren. Gerade auch, weil der folgende Schritt „Informieren“ (vgl. ebd.) auf die erbrachten Effekte aufbauen kann und eine inhaltliche Vertiefung bietet zur Thematik, die in ‚Ein Schritt nach vorne‘ eröffnet wurde.
Quellen
Deutsches Institut für Menschenrechte (2024) (Autor*innen unbekannt: Ein Schritt nach vorne. Link: https://www.kompass-menschenrechte.de/uebungen/ein-schritt-nach-vorn (zuletzt abgerufen am 11.Februar 2025)
Städeli, Christoph. „Die fünf Säulen der guten Unterrichtsvorbereitung: das AVIVA-Modell für den kompetenzorientierten Unterricht: Christoph Städeli.“ Folio: die Zeitschrift des BCH| FPS für Lehrkräfte in der Berufsbildung 6 (2010): S.20. https://edudoc.ch/record/87665/files/0610_staedeli_d.pdf (Letzter Zugriff: 12.01.2025)
Lizensierung
Ein Schritt nach vorne by Lukas Holländer is marked with CC0 1.0