Abschlussreflexion

(1)Aus der Vorlesung „Umgang mit Heterogenität“ konnte ich für mich einige wichtige theoretische Erkenntnisse gewinnen. Zunächst einmal sehr grundlegend was Heterogenität ist und durch welche verschiedenen Faktoren die Heterogenität in der Schule bedingt wird. Heterogenität ist die Unterschiedlichkeit und Einzigartigkeit der Schüler*innen und wird nicht nur durch das Geschlecht, die Herkunft und das Alter bedingt, denn auch die Leistungsfähigkeit, die Religion, mögliche Behinderungen und das Alter der Schüler*innen spielen eine wichtige Rolle. Hierdurch ergibt sich, dass jede*r Schüler*in individuelle Förderung benötigt und nicht alle die gleiche Unterstützung brauchen, um die gleichen Aufgaben zu bewältigen und Lernziele zu erreichen. Durch individuellen Unterricht hat jeder die gleiche Chance sein eigenes Potenzial bestmöglich auszuschöpfen. In vielen Schulen wurde und wird auch heute noch der individualisierte Unterricht als pädagogisches Problem gesehen. Was mich auch an meine eigene Schulzeit erinnert hat, war ein Zitat, welches in der Vorlesung „Individualisierung von Unterricht“ angeführt wurde.

Die Schule „erweitert nicht, sondern sie verengt vielmehr die pädagogische Tätigkeit; sie verhindern die Anschließung an Individuen, denn die Schüler erscheinen massenhaft in gewissen Stunden“ (Johann Friedrich Herbart 1810).

Hierdurch wird auch deutlich, dass es nicht einfach ist den individualisierten Unterricht durchzuführen und dass die heutigen Lehrer vor vielen Herausforderungen stehen, die es aber heißt anzugehen.

Bewusst geworden ist mir hier auch noch einmal, dass eine Norm in einer Gesellschaft oder auch eine Norm in der Schule nur konstruiert, also von uns selbst erschaffen ist. Dies kann man auch gut daran erkennen, was in den verschiedenen Kulturen als normal angesehen wird und was als Abweichung von eben dieser Norm gilt.

Eine weitere Erkenntnis, die ich gewinnen konnte ist, dass Leistungsunterschiede für sich genommen nicht besorgniserregend sind, da jede*r Schüler*in seine/ihre eigenen Stärken aber eben auch Schwächen hat. In diesen Fällen gibt es beispielsweise die Möglichkeit des spielenden Lernens, um leistungsschwächere Schüler an Unterrichtinhalte heranzuführen. Problematisch wird es aber, wenn die schwachen Leistungen mit Heterogenitätsfaktoren, wie einem Migrationshintergrund, korreliert sind. Dies würde bedeuten, dass diese Schüler*innen nicht so gefördert werden, wie sie es eigentlich müssten und ihr volles Potenzial gar nicht erst ausgeschöpft werden kann. In diesem Fall muss nach den Gründen für solche schwachen Leistungen gesucht werden, um etwas an den Umständen zu ändern.

Ein weiterer Aspekt, der in der Vorlesung beleuchtet wurde, war die Problematik von Sonderschulen. Meine Vorerfahrungen, die ich mit Sonderschulen gemacht habe, waren bisher eigentlich sehr positiv. Ich dachte, dass die Schüler*innen an dieser Schule genau die Förderung erhalten, die sie auch benötigen und dass solche Förderungen in Regelschulen gar nicht möglich seien. Meine Einstellung zu Sonderschulen hat sich zwar noch nicht vollständig aufgelöst, aber ich verstehe die Problematik. Schüler die auf eine Sonderschule gehen, bleiben immer unter sich und haben so nicht die Möglichkeit positive Verhaltensweisen von anderen zu übernehmen und lernen möglicherweise negative Verhaltensweisen. Zudem haben weder sie die Möglichkeit an der Gesellschaft teilzuhaben, noch die Schüler*innen, die eine Regelschule besuchen, die Möglichkeit schon früh zu lernen, dass die Welt heterogen und voll von individuellen Menschen ist.

Auch das Thema der Religion als Faktor der Heterogenität wurde innerhalb der Vorlesung genauer betrachtet. Hier wurde deutlich, dass es nicht nur darum geht, dass es verschiedene Religionen gibt, es wurde vielmehr betont, dass auch eine Heterogenität innerhalb der einzelnen Religionen besteht. Diese entsteht durch unterschiedliche Interpretationen und Auslegungen. Zudem verändern sich die Religionen auch ständig, stehen also unter einem Wandel.

Da ich Biologie und Deutsch auf Lehramt studiere, haben mich die Inhalte zur Deutschdidaktik auch sehr interessiert. Zum einen die Vielfalt der Sprachen nicht nur als Barriere zu sehen, sondern auch als Chance wahrzunehmen, wobei es hier nicht nur um andere Landessprachen geht, sondern auch um andere Dialekte und Fachsprachen. Was mich überrascht hat war, dass Jungen im Deutschunterricht nicht die gleichen Leistungen erbringen wie Mädchen. In der Pisa Studie von 2009 zeigte sich, dass die Lesekompetenz zwar bei Mädchen und Jungen von 2000 bis 2009 gestiegen ist, jedoch der Unterschied zwischen den Jungen und den Mädchen konstant blieb. Die Gründe hierfür liegen zu einem großen Teil daran, wofür Jungen und Mädchen sich interessieren. Bei einer Untersuchung, die Mädchenbücher und Jungenbücher in den Fokus didaktischer Forschung stellte, zeigte sich, dass der Anteil der Mädchenbücher in der Datenbank FIS-Bildung verzeichneter Titel von 1989-2016 bei 38 lag, der der Jungen hingegen nur bei 8. Dies zeigt, dass eher Bücher mit Themen, die Mädchen interessieren behandelt werden. Dies wiederum führt dazu, dass ein Großteil der Jungen sich nicht so sehr für den Unterricht begeistert und dieses Desinteresse führt bei manchen Lehrkräften dazu, dass sie eine an Kategorien orientierte, undifferenzierte Denkweise gegenüber Jungen und Mädchen im Deutschunterricht entwickeln. Das Problem wird hierdurch leider nur verschärft, da man auch weniger Leistung erbringt, wenn weniger Leistung von einem erwartet wird. Es ist also wichtig, dass in Zukunft mehr Inhalte behandelt werden, die auch für Jungen relevant sind um auch diese für den Deutschunterricht zu begeistern.

Bezogen auf die Fachdidaktik des Faches Biologie kann ich mir gut vorstellen, dass die Methode des spielenden Lernens, die im Zusammenhang mit der Leistungsheterogenität im Mathematikunterricht vorgestellt wurde, eine gute Möglichkeit wäre, leistungsschwächeren Schülern und Schülerinnen kompliziertere Inhalte näher zu bringen. Zudem wären gestufte Lernhilfen auch eine gute Möglichkeit, um allen die gleichen Inhalte zu vermitteln, unabhängig davon, wie gut ihr Verständnis für das Unterrichtsfach ist.

Bei der Deutschdidaktik ist es wichtig, wie oben schon erwähnt, Inhalte zu wählen, bei denen für jeden etwas dabei ist. Zudem ist es auch sehr wichtig sich selber immer wieder zu reflektieren, um so herauszufinden ob undifferenzierte Denkweisen bei der Wahrnehmung und Bewertung von Schülern vorliegen, um diese gegebenenfalls verändern zu können. Eine weitere Methode die im Deutschunterricht angewendet werden könnte, um individualisierten Unterricht umzusetzen, wäre, dass Texte, die bearbeitet werden sollen, den gleichen Inhalt haben, aber in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden realisiert sind, sodass jeder unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit am Unterricht partizipieren kann.

(3)Im weiteren Verlauf meines Studiums würde ich gerne noch mehr über die verschiedenen Ansätze zur Verwirklichung der Inklusion lernen. In der Vorlesung wurde davon gesprochen, dass Kinder, die einen Anspruch auf einen Förderbedarf haben, nicht unter sich in Förderschulen bleiben, sondern dass alle Schüler*innen gemeinsam an einer Schule unterrichtet werden sollten. Ich denke es wäre sehr wichtig zu lernen, wie man speziell mit Kindern umgeht, die mehr Hilfe benötigen als andere Kinder, denn ich möchte jedem meiner Schüler*innen gerecht werden und jedem/-r den Unterricht bieten, den er oder sie braucht um sein/ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Zudem würde ich gerne mehr über die Mehrsprachigkeit im Unterricht erfahren. Auch wenn Mehrsprachigkeit gut ist und als Ressource angesehen werden sollte, bin ich mir nicht ganz sicher, wie ich mit Kindern umgehen soll, die deutsch nicht verstehen, weil sie beispielsweise aus Krisengebieten nach Deutschland geflüchtet sind. Mir ist noch nicht klar, wie ich innerhalb des Unterrichts, aber auch vor allem im Deutschunterrichts, mit diesen Schüler*innen umgehen soll. Wie kann ich dafür sorgen, dass auch sie etwas aus dem Unterricht mitnehmen und welche Möglichkeiten habe ich, um sie in den Unterricht mit einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, Deutsch nach und nach besser zu verstehen?

(4)Für mich persönlich sehe ich als besondere Herausforderung die Planung und Durchführung des individualisierten Unterrichts. Ich denke, dass der individualisierte Unterricht ein sehr wichtiges Element der Inklusion darstellt und dass dies das Ziel ist, was es zu erreichen gilt. Für mich ist besonders deutlich geworden, dass hierfür viele Ressourcen benötigt werden, es kostet mehr Zeit den Unterricht vorzubereiten und es wird auch mehr als eine Lehrkraft benötigt um den Schülern in der Unterrichtsstunde die nötige Unterstützung zu geben, die sie brauchen. Hier habe ich die Befürchtung, dass man in der Zeit, die einem zur Unterrichtsvorbereitung zur Verfügung steht, keinen guten individualisieren Unterricht vorbereiten kann oder auch nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung steht. Eine mögliche Vorbereitung wäre, sich mit Lehrer*innen zu unterhalten und sich ihre Erfahrungen zum individualisierten Unterricht anzuhören. Eventuell wissen sie, was gut und was weniger gut funktioniert oder haben Methoden oder Quellen guten Unterrichtsmaterials, welches sich für individualisierten Unterricht eignet.

Eine weitere Herausforderung sehe ich darin, dass Schüler und Schülerinnen sich aufgrund ihrer Religion gegenseitig Ärgern oder dass es zu Mobbing aufgrund von unterschiedlicher Ausübung der gleichen Religion oder unterschiedlicher Religionen kommt. Hier ist es sehr wichtig aufzuzeigen, dass jede*r seiner Religion so ausleben kann wie er/sie es selber möchte. Ich denke, wenn es innerhalb einer Klasse zu Streit in Glaubensfragen kommt, ist es schwieriger zwischen den Parteien zu vermitteln, denn jede*r könnte der Meinung sein, er/sie habe recht. Es gibt jedoch kein richtig oder falsch bei solchen Fragen, weswegen es eher auf den Konsens ankommt, dass jeder das glauben darf, was er oder sie gerne möchte. Man könnte sich in Vorbereitung auf solche Konflikte mit den unterschiedlichen Religionen, die Schüler*innen haben, auseinandersetzten und eventuell auch hier mit erfahrenen Lehrern und Lehrerinnen sprechen, die schon Erfahrungen mit solchen Konflikten gemacht haben.

One Response to “Abschlussreflexion”

  1. September 24th, 2019 | 13:27

    Liebe Louise-Swantje,
    es wird deutlich, dass die Vorlesung Sie in vielerlei HInsicht mit neuen Einsichten und Erkenntnissen zum Umgang mit Heterogenität in der Schule ´versorgt´ hat und Sie sich haben anregen lassen, auch im HInblick auf ihre eigenen Fächer noch weiter zu denken. Bezüge zu einzelnen Vorlesungseinheiten sind klar hervorgehoben, auch theoretische und empirische Erkenntnisse.
    BEstanden.
    Yasemin Karakasoglu

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