Auf dem Weg zu einer Schule für alle

Wenn man die Konsequenzen der Aussonderung von Schülern und Schülerinnen mit Förderbedarf betrachtet, fällt zunächst auf, dass es zwei verschiedene Möglichkeiten der Aussonderung dieser Schüler und Schülerinnen gibt. Zum einen werden immer noch einige Schüler und Schülerinnen mit Förderbedarf in Sonderschulen unterrichtet, zum anderen gibt es auch noch die exkludierende Inklusion, bei der sie zwar im selben Klassenraum bei den anderen unterrichtet werden, sie aber gesammelt in einem anderen Bereich, gesonderte Aufgaben bekommen. Das Problem bei den Förderschulen ist, dass die Schüler und Schülerinnen mit Förderbedarf unter sich bleiben und keine Möglichkeit haben zu lernen in einer Gesellschaft mit ganz unterschiedlichen Menschen zu leben und auch von anderen positive Verhaltensweisen zu lernen. Wenn man die exkludierende Inklusion betrachtet ist hierbei das Problem, dass das eigentliche Ziel der Inklusion verfehlt wird. Es wird nicht jeder Schüler individuell gefördert und auch der Unterricht und die Klasse als Gruppe wird nicht inklusiv gestaltet. Hierdurch fühlen sich die Schüler und Schülerinnen mit Förderbedarf nicht als Teil der Gruppe und auch die Schüler und Schülerinnen ohne Förderbedarf sehen sie nicht als Teil der Gruppe und als anders an.

Wenn Schüler oder Schülerinnen mit den Förderschwerpunkten Wahrnehmung und Entwicklung oder Lernen im Klassenverband sind, ist es wichtig zu wissen, was diese Diagnosen für Informationen enthalten. Diese enthalten nur die Information, dass diese Kinder mehr bzw. andere Ressourcen benötigen, als Schüler und Schülerinnen ohne oder anderem Förderbedarf. Diese Kategorien sind sehr oberflächlich und sagen lediglich aus, dass diese Kinder noch nicht der Norm entsprechend entwickelt sind oder Schwierigkeiten beim Lernen haben. Wie sich diese Kinder verhalten und was für Schwierigkeiten aber auch Stärken diese Kinder speziell haben, ist den verschiedenen Förderschwerpunkten nicht zu entnehmen. Es ist jedoch wichtig diese Informationen zu haben um den Unterricht gegebenenfalls anpassen zu können. Hierzu kann man sich mit dem Schüler, seinen Mitschülern und auch seinen Eltern zusammensetzen um diese und noch andere Informationen wie den bisherigen Werdegang und die Familiensituation einzuholen.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten der Vielfalt der Schüler und Schülerinnen gerecht zu werden. Beispielsweise kann der erweiterte Lese- und Schreibbegriff dabei helfen auch Schüler und Schülerinnen zu erreichen, die nicht die „normale“ Schrift lesen oder schreiben können. Dabei wird zum Beispiel mit Bildern oder Piktogrammen gearbeitet. Eine weitere Möglichkeit sind technische Hilfen, die Zugänge schaffen können. Auch unterschiedliche Niveau-stufen sind eine Möglichkeit mit allen gemeinsam Unterricht zu machen und dabei im Grunde den selben Stoff zu vermitteln. Diese Unterrichtsmaterialien sind zwar in der Erstellung sehr zeitaufwendig, jedoch gibt es schon viele frei zugängliche Materialien im Internet und man kann sich mit anderen Fachlehrerinnen und ehemaligen Kommilitonen zusammensetzen und Unterrichtsmaterialien austauschen.

Die Entwicklung der Sonderschulen stellt historisch eine Entwicklung dar, denn diese gab Schülern mit Förderbedarf die Möglichkeit zur Schule zu gehen. Dabei gab es für die Schüler und Schülerinnen die Begleitung und Förderung die sie benötigten. Jedoch war bzw. ist es nur ein Schritt auf dem Weg zu einer Gleichberechtigung.

Mathematische Leistungsunterschiede – Konsequenzen für das mathematische Lernen

Die Unterschiede von Schülern und Schülerinnen in den mathematischen Leistungen an sich sind kein Grund zur Sorge, denn jeder Schüler und jede Schülerin hat diverse Schwächen und Stärken. Der Abstand zu den Leistungsschwachen sollte jedoch auf keinen Fall zu groß sein, denn alle sollten die elementaren Fähigkeiten der Mathematik besitzen, um den Alltag bestreiten und einen Beruf ausüben zu können. Zudem ist es ein Grund zur Besorgnis, wenn die Leistungsunterschiede davon abhängig sind, ob man beispielsweise einen Migrationshintergrund hat oder nicht, denn jeder Schüler und jede Schülerin sollte die Möglichkeit dazu haben, sein volles Potential auszuschöpfen und nicht an unfairen Startbedingungen scheitern, die dann Grund für eine permanente Leistungsdifferenz sind.

Das Spielen im Mathematikunterricht ist angesichts von Leistungsunterschieden eine Chance für den Lehrenden auch den Schülern und Schülerinnen den Zugang zu Mathematik zu ermöglichen, die sonst nicht sehr viel Freude an Mathematikaufgaben haben. Auch die Schüler und Schülerinnen die schon über eine höhere Mathekompetenz verfügen haben die Möglichkeit ihr können im Spiel zu zeigen und eventuell versteckte Zusammenhänge leistungsschwächeren Schülern und Schülerinnen zu erklären. Ein großer Vorteil für die Lehrenden ist, dass sie mit einem Spiel gut den Einstieg in ein neues Thema gestalten können. Sie können so von vorne herein Verständnisprobleme aus dem Weg räumen, die eventuell sonst später für einzelne Schüler und Schülerinnen im persönlichen Gespräch geklärt werden müssten. Es ist also sowohl für den Schüler / die Schülerin, als auch für den Lehrer / die Lehrerin angenehmer, wenn der Einstieg in ein Thema oder ähnliches durch ein Spiel erfolgt.

 

Beobachtungsaufgaben für kommende Praktika, welche die Tiefenstruktur von Unterricht in den Blick nehmen:

Beobachten Sie, in welcher Art und Weise die Schüler und Schülerinnen kognitiv aktiviert werden. Werden sie spielerisch an ein Thema herangeführt oder wird entdeckendes Lernen auf eine andere Art und Weise umgesetzt?

Beobachten Sie, wie die Tiefenstruktur des Unterrichts sich auf das Verstehen der Lerninhalte bei den Schülern und Schülerinnen auswirkt. Wirken sie, als hätten sie ein Grundverständnis des vorliegenden Themas? Was könnte man eventuell tun um das Verständnis zu verbessern?

 

Selbstverständlich eröffnen sich auch Herausforderungen, wenn es um die adaptive Planung von Unterricht geht. Zum einen ist es wichtig, dass die lernstarken Schüler sich nicht unterfordert fühlen und sich bei Lernspielen und ähnlichem langweilen. Dazu kommt auch noch, dass darauf geachtet werden muss, dass die lernschwachen und lernstarken Schüler und Schülerinnen miteinander lernen und sich nicht die Lernstarken über den Lernschwachen erhaben fühlen. Es muss also gut geplant und durchdacht werden, damit die Planung erfolgreich ausgeführt werden kann.

Individualisierung von Unterricht als schulpädagogische Antwort auf Leistungsheterogenität

(1) Durch die neue Perspektive der Individualisierung von Unterricht als Antwort auf Leistungsheterogenität, habe ich für mich einige neue und wichtige Einsichten gewonnen.

Zum einen, dass durch Individualunterricht besser auf den Einzelnen eingegangen werden kann, denn Kindern mit Lernschwierigkeiten kann individualisierter Unterricht besser gerecht werden und auch Kindern, denen das Lernen sehr leicht fällt, können über die Mindesterwartungen hinweg Lerninhalte vertiefen, sodass jeder Schüler das bekommt, was er gerade braucht um seine Potenziale entfalten zu können. Zudem kann jeder in seinem eigenen Lerntempo arbeiten, dadurch kann Unter- bzw. Überforderung vermieden werden.

Darüber hinaus kann es bei Frontalunterricht, also wenn der Unterricht nicht individualisiert wird, passieren, dass der Lehrer ein falsches Bild des Wissensstandes der Schüler hat, da er sein Wissen über diesen nur anhand der Schüler, die sich am Unterricht aktiv beteiligen aufbaut.

Es gilt aber auch Vorsicht beim Umsetzen des Individualunterrichtes, denn es besteht die Gefahr, dass es zu Konflikten zwischen Leistungsschwachen und Leistungsstarken Kindern innerhalb des freien Lernens kommt. Eine soziale Differenz kann zum Beispiel durch die Begrenzung des Raumes für einzelne Schüler oder durch kompensatorische Hilfe bzw. Sonderbehandlung durch die Lehrkraft entstehen.

Im Endeffekt ist also die Homogenisierung als Umgang mit der Heterogenität nicht der richtige Weg, da nicht jeder einzelne Schüler gleich schnell versteht und lernt. Vielmehr liegt in der Heterogenisierung als Antwort auf Heterogenität die Lösung, denn hier wird unterschiedlich auf jeden einzelnen Schüler reagiert und durch die differenzielle Behandlung der Einzelnen werden wieder Unterschiedlichkeiten hervorgebracht die auch wünschenswert sind, da Jeder andere Stärken hat, die er hier ausbauen und einbringen kann.

(2) Meiner Meinung nach leistet die auch kritische Sichtweise auf die mit der Individualisierung verbundenen Herausforderungen und Probleme einen wichtigen Beitrag für die Reflexion des Umgangs mit Leitungs-Heterogenität im Unterricht.

Wenn man nur die positiven Aspekte der Individualisierung betrachten würde und die kritische Sichtweise vernachlässigt, schafft man bei der Umsetzung des Individualunterrichts, zum Beispiel in Form von freiem Unterricht wieder neue Probleme, wie soziale Konflikte, die dem Lernen und der Klassenatmosphäre schaden. Bei der Umsetzung sollten also auch immer Risiken und Gefahren beachtet werden, damit man diese so früh wie möglich erkennt und ihnen entgegengewirkt werden kann. Einige Risiken lassen sich möglicherweise auch von Vornherein beseitigen, wenn man nur um ihre Existenz weiß und sie nicht einfach ignoriert. Zudem können so auch die nötigen Ressourcen, die für eine gute Umsetzung der Individualisierung des Unterrichtes benötigt werden beschafft werden, sodass diese zur Verfügung stehen und die Individualisierung nicht von Anfang an scheitert.

(3) In der Beobachtung von Unterricht in Praktika könnten aus einer solchen Sicht Fragen wie,

„Findet hier eine Individualisierung im Unterricht statt? „wenn ja, wie wird diese umgesetzt?“,

„wie ist die Lernatmosphäre?“ „wodurch ist diese geprägt?“,

„wie gehen die Lehrer mit den Risiken und Gefahren der Individualisierung um?“,

„gab es eventuell Konflikte? „wenn ja, wie gehen die Lehrer mit ihnen um, hätten sie vielleicht vermieden werden können?“ und

„Bestehen genügend Ressourcen (Fachkräfte, passende Materialien, etc.) damit Individualisierung erfolgreich stattfinden kann?“

entwickelt werden.

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