Gendersensible Pädagogik in der Schule

Das was einem Geschlecht zugeschrieben wird, was für unterschiedliche Vorlieben die unterschiedlichen Geschlechter haben und wie man damit dann in der Schule und in der Erziehung umgeht wurde schon immer unterschiedlich interpretiert. Es gab große Denker, die früher beispielsweise der Meinung waren, dass Frauen nicht studieren sollten. Dies wird heute als Deformierung der Frauen enttarnt, damals waren solche Aussagen jedoch nicht unüblich.
Heute gibt es in der Grundschule kaum noch männliche Lehrkräfte. Dies führt dazu, dass Schüler ein Stück weit determiniert werden, denn wenn man die Schüler und Schülerinnen befragt, aus welchem Grund es überwiegend weibliche Lehrkräfte gibt bekommt man beispielsweise zur Antwort, dass Frauen eben schlauer seien als Männer und Frauen auch eher für die Erziehung und Pflege zuständig seien und die Männer im Gegensatz dazu eher sportliche, technische und gefährliche Berufe erlernen würden. Dies zeigt auf, dass ein Großteil der Jungen denkt, sie könnten keinen sozialen Beruf erlernen und ein Großteil der Mädchen glaubt, sie sollten eben dies tun.
Wenn man im Bezug auf die Geschichte der Genderpädagogik die Debatte von ca. 1900 bis 1960 über die Koedukation, also den gemeinsamen Unterricht für Jungen und Mädchen betrachtet, zeigte diese zwei extreme Seiten auf. Die eine Seite war sehr dagegen und argumentierte damit, dass eine sexuelle Überreizung passieren würde und die Mädchen die Jungen stören würden. Sie meinen die männliche Schule sei nicht für Mädchen und sie waren der Meinung, dass homogene Lerngruppen sehr viel besser seien als heterogene Gruppen. Auf der anderen Seite standen die Befürworter, die in der Koedukation vielmehr bessere Bildungschancen und auch Gerechtigkeit für die Mädchen sahen. Sie waren der Meinung, es würden sich positive Effekte sowohl für die Mädchen als auch für die Jungen einstellen. Als dann schließlich in den 1960er Jahren die Koedukation eingeführt wurde, beschränkte sich dies in der Praxis zunächst auf die Schaffung sanitärer Anlagen, also Mädchentoiletten in Jungenschulen.
Auch heute gibt es immer noch Zuschreibungen und Selbstinszenierungen bei Schülern und Schülerinnen. Es gibt die Zuschreibung für Mädchen, dass die ruhig, diszipliniert, gut angepasst wären und keine hohes Selbstvertrauen hätten. Jungen wird dagegen eher soziale Inkompetenz zugeschrieben. Das Zwei-Drittel-Aufmerksamkeitsgesetzt besagt, dass Jungen zwei Drittel der Aufmerksamkeit bekommen, und sie deswegen mehr Selbstbewusstsein hätten. In Wirklichkeit ist es aber kein wirklicher Vorteil für Jungen, denn die meiste Zeit ist es eher die Sanktionierung aufgrund derer sie mehr Aufmerksamkeit bekommen. Eine weitere These ist, dass Mädchen in den MINT Fächern strukturell und durch die Lehrkräfte benachteiligt sind. Diese Benachteiligung findet auch immer noch statt, es darf aber nicht vergessen werden, dass es auch viele Lehrkräfte gibt, die gerade Mädchen fördern und motivieren. Auf der anderen Seite gibt es auch Hinweise darauf, dass Jungen einen Nachteil in den sprachlichen Fächern haben.
Der Einfluss durch Familie und Gesellschaft ist auch etwas, was beim Blick auf Gender nicht vernachlässigt werden darf, denn in jeder Kultur gibt es auch wieder Unterschiedlichkeiten, was Jungen und Mädchen an Eigenschaften zugeschrieben wird. Nach der integrativen Position ist „… nur die Unterscheidung Mann und Frau […] kulturell variabel, nicht auch die Eigenschaft Mann und Frau zu sein.“ (N. Luhmann, S. 50)

Im Endeffekt wäre es also sehr gut, wenn mehr Männer für die pädagogische Arbeit mit Jüngeren gewonnen werden könnten und Jungen und Mädchen in der Schule auch Gehör finden, denn sie selber haben das größte Wissen über ihre eigene Lebenslage. Sehr wichtig ist auch, dass man sich als Lehrkraft immer wieder selber reflektiert und schaut, wie man sich selber inszeniert. Und man darf nicht vergessen das Geschlecht in einem Kontext von Ethnizität und sozioökonomischer Herkunft zu verstehen.

In meiner Schulzeit habe ich auch ein Paar Erfahrungen zu dem Thema Gender gesammelt. In der Grundschule hatte ich einen Mathematiklehrer, der immer meinte Mädchen könnten nicht gut in Mathe sein. Er ging meist sehr viel mehr auf die Fragen von Jungen ein, als auf die Fragen von uns Mädchen und machte sich auch häufig über Mädchen lustig.
Im Gegensatz dazu habe ich in der weiterführenden Schule und im berufsbildenden Gymnasium in den Naturwissenschaften und anderen Fächern in denen bisher bzw. teilweise immer noch strukturelle Benachteiligungen vorlagen, immer wieder eine spezielle Forderung der Mädchen erfahren.  Es gab zum Beispiel die Möglichkeit für die Mädchen an einem Chefpraktikum teilzunehmen und in technische Betriebe hineinzuschauen.
In meiner Grundschulzeit gab es mehr weibliche Lehrkräfte als männliche Lehrkräfte, jedoch gab es ab der Mittelstufe ein sehr ausgewogenes Verhältnis der Lehrerinnen und Lehrer.

Eine mögliche Beobachtungsaufgabe für das kommende Praktikum zum Thema „gendersensible Pädagogik“ wäre, ob jegliche bewusste oder unbewusste Zuschreibungen oder Selbstinszenierung durch Lehrende oder Schüler bestehen. Wenn dies zu erkennen ist, ist zu betrachten wie sich dies äußert. Interessant ist auch zu beobachten, ob im Bezug hierauf der ethnische Hintergrund eine Rolle spielt und wie sich dies zeigt. Darüber hinaus wäre eine Beobachtung des Naturwissenschaftlichen Unterrichts im Umgang mit Gender überaus aufschlussreich.

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