Beitrag zur RV 08 am 23.05. – Die pädagogische Ordnung des individualisierenden Unterrichts aus der schultheoretischen Perspektive

1.) Fassen Sie die für Sie wichtigsten Einsichten, die Ihnen diese Perspektive eröffnet hat, zusammen.

Innerhalb der Vorlesung Prof. Dr. Idels wurden für mich besonders die Vorteile eines individualisierenden Unterrichts deutlich.
Ständiger Frontalunterricht und die klare Durchstrukturierung von Aufgabenstellungen und Unterrichtsalltag durch die Lehrperson nehmen dem Kind die Möglichkeit selbst entdeckend und motiviert zu lernen und fördern lediglich die Homogenität.
Innerhalb eines Schulalltags, der die Heterogenität der Schülerschaft berücksichtigt und auch dem Aufbau des Klassenraums nach Freiräume (wie die Möglichkeit zur Gruppenarbeit oder die Flexibilität der Zeit) bietet und auf die selbstständigen Schüler*innen ausgerichtet ist, nicht auf die Lehrperson, wird dies möglich. Beim individualisierten Unterricht wird dieses Ziel mit heterogenen Lernformen verfolgt. Individualisierender Unterricht bezeichnet kein vollständiges Konzept an Regeln und Abläufen, sondern die Berücksichtigung bestimmter zielgerichteter Aspekte im Bezug auf Vorgehensweisen im Unterrichtsgeschehen.
So hat mich auch die Auseinandersetzung mit den fachspezifischen LEB’s/Kompetenzrastern in meiner Annahme bestätigt, dass es sich hierbei um eine förderlichere Maßnahme als die der Notengebung handelt. Das Kompetenzraster eröffnet die Möglichkeit Einsicht in Beurteilungen zu erhalten um diese nachvollziehen zu können. Gegebenenfalls werden bestimmte Verhaltensweisen und Fähigkeiten individuell bestätigt, während an anderen gearbeitet werden kann.

2.) Reflektieren Sie in Bezug auf eigene Erfahrungen in Schule und Unterricht die Formen eines veränderten Umgangs mit Leistungsheterogenität, die in der Vorlesung angesprochen wurden.

Im Bezug auf das Anfertigen individueller Wochenpläne, die als individualisierender Unterrichtsanteil zur Unterstützung der Leistungsheterogenität erstellt werden, bin ich aufgrund meiner Vorerfahrung nicht überzeugt.
Innerhalb meines POE-Praktikums absolvierte ich mehrere Wochen an einer Schule, die mit Wochenplänen arbeitet. Hier erhielt zwar jedes Kind je nach Leistungsstärke einen individuellen Plan, jedoch wurde immer deutlicher, dass die Wochenplanarbeit den Kindern wenig bis keinen Spaß bereitete, da sie gedanklich ständig das Abarbeiten der nächsten Aufgabenstellung zu verfolgen schienen, ohne die Aufgabe selbst kontextbefreit wahrzunehmen.
War der Wochenplan erfüllt, mussten neue Aufträge her um die Kinder zu beschäftigen, die wiederholt darüber klagten nicht mehr denken zu können.
Was soll ich jetzt machen?„, war ein Satz, der ständig ertönte.
Ich denke das Prinzip zu verfolgen, jedes Kind individuell in seiner Gänze und die Gruppe als heterogen zu begreifen, ist vollkommen richtig. Jedoch ist der Wochenplan für mich mit einer anderen Schwierigkeit belastet. Dem Druck, der Gewohnheit und der scheinbar unendlichen Aneinanderkettung von Arbeitsaufträgen, die bereits am Wochenbeginn in ihrer ganzen Größe für die folgenden fünf Tage festgelegt sind.

Andere Formen des individualisierenden Unterrichts wie das Kompetenzraster und die Arbeit in Gruppen empfand ich auch in meiner eigenen Schulzeit als positiv. Hier wurde einem beiderseits auf unterschiedliche Art und Weise die Möglichkeit zur selbstständigen Entfaltung in verschiedenen Bereichen geboten.

3.) Welchen Beitrag leistet Ihrer Meinung nach eine solche schultheoretische Sichtweise für die Reflexion des Umgangs mit Heterogenität im Unterricht? Welche Fragestellungen könnten aus einer solchen Sicht in der Beobachtung von Unterricht in Praktika entwickelt werden?

In den vergangenen Ringvorlesungen wurde immer wieder deutlich, dass die Reflexion des Umgangs mit Heterogenität im Unterricht gerade durch die Lehrkraft unabdinglich ist um ein gerechtes und intaktes Lernklima zu schaffen.
Erkenntnisse, welche durch Fallbeispiele innerhalb der Unterrichtsforschung gewonnen werden, fördern den Reflexionsprozess und zeigen Möglichkeiten und Alternativen zur Unterrichtsgestaltung auf, die für Lehrer*innen und Schüler*innen von Nutzen sind.

Beobachtungsfragen:

Inwieweit wird individualisierender Unterricht umgesetzt? Inwiefern unterscheiden sich die Reaktionen der Schüler*innen in Motivation und Lernverhalten?

Ist es möglich lehrerbegleitet eine lernförderliche Unterichtssituation zu schaffen, in der Schüler*innen ohne Plan selbstständig Themenbereiche wählen und sich insofern mit ihnen auseineinandersetzen, als dass sie das Thema abschließen, sobald sie in alle für sie interessanten Bereiche vorgedrungen sind?

Beitrag zur RV 06 am 09.05. – Heterogenität im Deutschunterricht

1.) Fokussierung des Vorlesungsthemas

Die Vorlesung „Vielsprachigkeit und Gender als Herausforderung“ wurde gehalten von Prof. Dr. Matthis Kepser.
Schwerpunkt war die Interessen- und Leistungsvielfalt der Schüler*innen im Deutschunterricht.

Bezüglich der Interessenvielfalt wurden vor allem empirisch nachgewiesene Gendervorlieben diskutiert.
Jungen schnitten im PISA-Test um die 40 Punkte schlechter ab, als die Mädchen es taten. Berücksichtigt man hier den Fakt, dass die Schulthemen sich deutlich stärker mit den Interessenfeldern der Schülerinnen überschneiden als mit denen der Schüler, erfährt das Kind hier durch sein/ihr Geschlecht Bevor- oder Benachteiligung im Schulalltag. So zeigen beispielsweise die Unterschiede im Leseverhalten auf, dass Mädchen auch privat deutlich häufiger lesen und Jungen sich eher im Schulkontext dazu genötigt fühlen.

Im Bereich der Leistungsunterschiede von Schüler*innen wurde vor allem auf die Vielsprachigkeit der Kinder Bezug genommen.
Hier wurde das Konzept der language awareness / Sprachaufmerksamkeit vorgestellt, das Sprachvielfalt innerhalb einer Schulklasse zur Voraussetzung macht, die Gruppe eine ständige Förderung im sprachlichen Bereich erfahren lässt und die Vielsprachigkeit nicht als Defizit betrachtet, sondern als Ressource auszuschöpfen gedenkt. So können negative Leistungsunterschiede, die auf Sprachvielfalt und einem Migrationshintergrund der Kinder beruhen, ausgeglichen werden.

2.) Anwendung und theoriegeleitete Reflexion bisheriger Praxiserfahrungen

Bezüglich meiner eigenen Schullaufbahn habe ich im Bereich der Gendervorlieben häufig eine Tendenz der Lehrer*innen je nach eigenem Geschlecht, dahingehend wahrgenommen, dass sie sich während ihres Unterrichts vermehrt mit den eigenen, ihrem Geschlecht zugeschriebenen Interessenfeldern befassten und so der Unterricht dieser Lehrer verstärkt nur von gleichgeschlechlichen Schüler*innen genossen werden konnte.
Teilweise führte eine solche Ungleichheit der Berücksichtigung verschiedener Interessen zu plötzlichem Leistungsabfall der Schüler*innen bei einem Lehrerwechsel im Fachbereich.
Auch diese Erfahrung unterstützt die innerhalb der Vorlesung gewonnene Erkenntnis. Ein solcher, nahezu genderorientierter Unterricht sollte, in meinen Augen, aufgrund der hierbei erfolgenden Benachteiligung einer bestimmten Gruppe an Kindern, grundsätzlich vermieden werden.

Leider konnte ich auch während meiner Schullaufbahn und Schulpraktika keine Lehr- Lernsituation beobachten, in der auf Sprachaufmerksamkeit geachtet wurde.
Gerade in Erinnerung an meine vergangenen Praktika hat sich mir immer mehr erschlossen, dass die Vielsprachigkeit der Kinder hier häufig viel zu sehr als Defizit betrachtet wurde, da die Lehrer*innen beispielsweise davon ausgingen, die türkischsprachigen Kinder der Klasse würden sowieso nie den deutschen Sprachstand der erstsprachig deutschen Kinder erreichen.
Auch erinnere ich mich, dass ich es selbst, wie auch meine Mitschüler*innen während der Grundschulzeit als befremdlich empfand, das das einzige Kind in unserer Klasse, dessen Erstsprache nicht Deutsch war, zuhause eine andere Sprache sprach.
Ich denke es ist unabdingbar, gerade in Zeiten einer so hohen Zuwanderung, Sprachvielfalt zu berücksichtigen. Schüler*innen sollten sich auch mit dem anderen Kultur- und Sprachhintergrund ihrer Mitschüler auseinandersetzen und es sollte eine ständige Sprachförderung erfolgen, damit die Vielsprachigkeit der Kinder sich nicht negativ auf ihren Leistungsstand auswirkt, sondern von Lehrer*innen wie auch Schüler*innen als Potenzial betrachtet wird. Hierbei scheint language awareness ein Konzept zu sein, das genau das erzielen möchte.

3.) Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika

Um einerseits das Thema der Leistungsungleichheit durch Gendervorlieben und andererseits jenes durch Vielsprachigkeit zu vertiefen, habe ich zwei Beobachtungsaufgaben formuliert.

  1. Beobachtung zu Unterschieden im Leistungsverhalten bei genderorientiertem Unterricht
    -> Inwieweit unterscheidet sich das Teilnahmeverhalten von Schüler*innen am Unterricht, wenn dieser in drei verschiedenen Einheiten erstmalig auf weiblichen Interessenfeldern aufgebaut wird, betreffend des zweiten Versuches auf den Interessen der Jungen und beim dritten Unterrichtskonzept hier eine Rücksichtnahme auf die Interessen von Mädchen und Jungen vorausgesetzt wird?
  2. Beobachtung zur Auswirkung auf die sprachliche Entwicklung bei Nichtförderung eines vielsprachigen Kindes
    -> Inwieweit unterscheidet sich die sprachliche Entwicklung von einer beobachteten Gruppe an Kindern, die eine Förderung innerhalb der Vielsprachigkeit erfährt und einer, die keine Unterstützung bekommt?