Kapitalistische Mahlzeit

Wir haben letzte Woche in der Vorlesung über den Geschmackssinn gesprochen. Ein wenig später am gleichen Tag, als mir die Vorlesung nochmal durch den Kopf ging, reflektierte ich mein eigenes Essverhalten. Mir fiel dabei auf, dass ich mittlerweile viel weniger esse, als ich es zu Hause bei meinen Eltern getan habe. Als meine Eltern noch für mich zahlten und ich noch fast gar kein Gefühl für die finanzielle Seite der Lebensmittel hatte, habe ich viel mehr gegessen. Da ich mittlerweile meinen Lebensunterhalt fast komplett selber bezahle, esse ich viel weniger. Ich bin von Natur aus eine sehr sparsame Person und dadurch dass ich weniger esse muss ich auch weniger Geld ausgeben. Das heißt aber nicht, dass ich ständig hungrig bin. Mein Körper hat sich irgendwie schon daran gewöhnt. Da ich als Studentin auch nicht allzu viel Geld verdiene gebe ich mein Geld dann eher für etwas anderes aus. 

Die Lebensmittelindustrie zählt zu den wichtigsten Industriezweigen in Deutschland. Dennoch sehen wir in den Nachrichten immer wieder Berichte zu Skandalen in der Lebensmittelproduktion wie das Pferdefleisch in der Lasagne oder vergammelte Fleischwaren. Aber so schnell wie sich die Empörung in der Gesellschaft breitmacht, so schnell ist sie auch wieder vergangen. Für das immer wiederkehrende Phänomen sind vor allem die tier- und gesundheitsschädlichen Methoden verantwortlich, die trotz bekannter Risiken und Missgunst fortgeführt werden, denn sie sichern den Profit, oder in der kapitalistischen Version „Gewinn“. So können die Lebensmittel in größerer Menge und dadurch für weniger Geld produziert werden.

Die Verbraucher*innen die die Produkte im Supermarkt kaufen freuen sich erstmal darüber weniger Geld ausgeben zu müssen, vor allem Menschen die nicht viel Geld für Lebensmittel zur Verfügung haben. Im Hinterkopf schwebt aber meist der Gedanke eines schlechten Gewissens, weil man unter Umständen Massentierhaltung unterstützt. Das qualitativ hohe Fleisch von Tieren aus Freilandhaltung oder das mit „Bio“ Siegel, kostet dementsprechend mehr und kann nicht von allen gekauft werden. So ähnlich verhält es sich auch mit so genanntem „gesundem“ Essen wie Obst, Gemüse, etwaige Fleischersätze oder ähnliches. In der Summe ist es oft teurer ein „gesundes“ Essen mit Zutaten aus dem Biomarkt, als ein Fertiggericht im Supermarkt zu kaufen. Wenn nun aber Menschen, die gerne mehr Geld für Lebensmittel ausgeben möchten, es aber nicht haben, frisch und gesund essen möchten, müssen sie nach bezahlbaren Alternativen suchen. 

Dies wirft bei mir die Frage auf, ob unsere kapitalistische Gesellschaft „gesundes“ Essen wie das sogenannte „Superfood“ nur für die reichere Hälfte unserer Gesellschaft bereithält. Was ist beispielsweise dann mit dem Vorurteil: „Hartz IV Empfänger würden sich nur schlecht ernähren aus dem Grund, dass sie faul seien“. Angenommen der Großteil der Empfänger Arbeitslosengeldes II ernährt sich tatsächlich in den Augen der Gesellschaftsstandards „schlecht“, wäre dies dann nicht auch dem Umstand geschuldet, dass sie nicht so viel Geld für Lebensmittel ausgeben können?  

Ich führe ähnliche Diskussionen oft mit Leuten aus meinem sozialen Umkreis, die beispielsweise durch eine abgeschlossene Ausbildung mehr Geld zur Verfügung haben als ich. Dann kommt oft die Frage, wie ich denn mit einem solch unausgewogenen Essverhalten zufrieden sein könne, worauf ich meist mit dem Geldargument antworte. Laufen wir gemeinsam durch den Biomarkt bin ich oft erstaunt wie groß der  Preisunterschied zu herkömmlichen Supermärkten ist. Die „guten“ und „gesunden“ Lebensmittel sind mittlerweile wieder die, die natürlich wachsen und in deren Produktion mehr Zeit investiert wird. Auch der regionale Anbau ist immer wichtiger geworden. Die klimaschützenden Intentionen dahinter sind löblich, aber meiner Meinung nach nicht allzu gut durchdacht. Denn so machen sie den Klimaschutz so zu einem Problem, dem sich fast nur die reicheren Bürger*innen annehmen können und die qualitativ hohen Lebensmittel werden zu Luxusgütern.  

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