Abschlussreflexion

1. Benennen Sie die für Sie zentralsten theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Bezug auf a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächer beziehen und b.) zwei generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht mit Bezug zu den relevanten Quellen benennen.

Meine zentralste theoretische Erkenntnis bezüglich der fachdidaktischen Aspekte bezieht sich auf das Konzept der „doppelten Heterogenität“ aus den Fachdidaktiken der Sozialwissenschaften. Dieses Konzept beschreibt die Beziehung von den Vorstellungen der Lernenden, der Fachlichkeit und der didaktischen Strukturierung und hängt dabei mit den verschiedenen Vorstellungen und Vorkenntnissen der SuS zu fachlichen Begriffen zusammen. In meinem Fach Politik ist dieses Konzept von großer Bedeutung, da das Verständnis der Fachbegriffe dort oft mit normativen Aspekten zusammenhängt. Andres Klee nennt als Beispiel das Verständnis des Begriffs „Gerechtigkeit“. Dieser Begriff kann je nach normativen Verständnis des Menschen z.B. als Chancengerechtigkeit, Gleichberechtigung, juristische Gerechtigkeit, etc. aufgefasst werden. Das Fach Politik ist zentral für die politischen Bildung von jungen Menschen und dient auch dazu, ihr Bewusstsein als mündige/r Staatsbürger/in in einer Demokratie zu festigen. Verschiedene Vorstellungen zu Fachbegriffen sollten daher angehört, verglichen und aufgearbeitet werden.
Im Fach Französisch ist das Konzept der „doppelten Heterogenität“ auch von Bedeutung. Beim Erlernen der Sprache werden so z.B. grammatische Fachbegriffe und Themenfelder behandelt. Je nach den individuellen Vorkenntnissen der SuS können diese in Zusammenhang mit der deutschen Sprache oder mit anderen Fremdsprachen gebracht werden, oder es kann auch gar keine Vorstellung zu den Begriffen existieren. Die Vorstellungen zu thematisieren und aufzuarbeiten erscheint deshalb durchaus auch als sinnvoll. Im Unterschied zum Fach Politik haben grammatische Fachbegriffe jedoch keinen normativen Charakter. Im Französischunterricht werden jedoch auch landeswissenschaftliche Aspekte behandelt, sodass bei solchen Fachbegriffen wieder ein normativer Charakter von Bedeutung sein könnte (vgl. Vorlesung vom 28.05.2019).

Als wichtige generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnis kann ich den Aspekt der „inkludierenden Exklusion“ nennen. Dieser theoretische Aspekt bezieht sich auf das Phänomen, dass Inklusion in Bildung und Erziehung offiziell zwar stattfindet, jedoch Organisationen sowie fehlende Profession faktisch eine Exklusion darstellen. Dies geschieht z.B. durch Sondereinrichtungen wie Förderschulen oder durch die Sonderbehandlung und räumliche Abtrennung an Regelschulen. Dieses Konzept halte ich für sehr wichtig, da ich denke, dass man dieses in der Praxis an den Schulen sehr gut beobachten kann (vgl. Vorlesung vom 14.05.2019).
Der Aspekt des individualisierenden Unterrichts, um Leistungsheterogenität in einer Klasse aufzugreifen war für mich ebenfalls sehr wichtig. Diese Form des Unterrichts folgt der Logik der Heterogenisierung und soll die Ordnung dezentralisieren, die Zeiten flexibilisieren, die Räume öffnen, Aktivitätszentren vervielfältigen, Einzelne bzw. Teilgruppen ansprechen und zur thematischen Ausdifferenzierung beitragen. Diesen Aspekt halte ich persönlich für zentral, da der Großteil der weiterführenden Schulen in Bremen Oberschulen sind, die nach dem Prinzip der Gemeinschaftsschulen, SuS aus allen klassischen „drei Schulformen“ in eine Klasse zusammenbringen. Der Aspekt der Leistungsheterogenität gewinnt also zunehmend an Bedeutung und macht Lösungsaspekte notwendig (vgl. Vorlesung vom 30.04.2019).

3. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium im Bezug auf das Modulthema UMHET. Bitte begründen Sie Ihre Wahl?

Im Verlauf des weiteren Studiums und im Bezug auf das Modulthema UMHET würde ich gerne mehr über den Themenbereich „Mehrsprachigkeit in der Schule“ erfahren. Dies begründet sich dadurch, dass ich einerseits mit dem Fach Französisch selbst eine Fremdsprache lehren möchte und dadurch Mehrsprachigkeit als Ziel der Schule für sehr wichtig erachte. Im Rahmen der Ringvorlesung konnten Informationen nur recht oberflächlich behandelt und kaum vertieft werden. Andererseits ist Bremen definitiv eine stark multikulturelle Stadt und damit allgemein stark von Mehrsprachigkeit geprägt. In der Ringvorlesung wurde erwähnt, dass heute in den Grundschulen mehr als die Hälfte der Kinder einen Migrationshintergrund haben. Angesichts dieser Bedingung der Mehrsprachigkeit an Schulen in Bremen halte ich den theoretischen Aspekt des Umgangs mit Mehrsprachigkeit an Schulen über den Sprachunterricht hinaus als sehr wichtig, da die Wahrscheinlichkeit, dass man mit diesem Punkt der Heterogenität in Berührung kommen wird, sehr groß ist. Da ich selbst auch zweisprachig aufgewachsen bin, habe ich zu diesem Themenbereich ebenfalls einen recht starken persönlichen Bezug und finde ihn sehr interessant.

Über den Themenbereich der religiösen Diversität an Schulen würde ich ebenfalls gerne mehr erfahren. In der Ringvorlesung wurde dieser Aspekt hauptsächlich anhand des Beispiels des Judentums beleuchtet. Auch hier war der Erkenntnisgewinn in Relation zum Umfang dieses Themas also sehr verkürzt. Ich denke, dass Bremen ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie im öffentlichen Leben verschiedene Religionen aufeinandertreffen. Dies findet natürlich auch in der Schule statt. Während meiner Wahrnehmung nach bestimmte religiöse Aspekte, z.B. des Christentums, in der Schule zunehmend an Bedeutung verlieren, gibt es weiterhin viele SuS, die sich den Regeln einer Religion unterordnen und diesen Lebenswandel auch in der Schule leben. Ich halte es also aus Sicht eines zukünftigen Lehrers für recht wichtig, theoretisch besser auf diesen Themenbereich vorbereitet zu werden.

4. Welche in den Vorlesungseinheiten von BAUMHET thematisierten Problematiken/Aspekte sehen Sie für sich persönlich als besondere Herausforderung? Wie könnten Sie sich, im Uni-Kontext oder auch darüber hinaus, auf diese Herausforderungen vorbereiten?

Für mich persönlich sehe ich den erziehungswissenschaftlichen Aspekt der Inklusion als besondere Herausforderung, auf die ich im zukünftigen Schulleben stoßen werde. In der Öffentlichkeit und in der medialen Berichterstattung werden häufig fehlende Rahmenbedingungen angesprochen, bzw. kritisiert. So soll es allgemein an qualifizierten Sonderpädagogen/innen fehlen und auch baulich soll es an vielen Schulen an benötigten Rahmenbedingungen mangeln. Ich denke, dass diese Problematik individuell je nach Schule unterschiedlich ausgeprägt sein wird. So denke ich, dass an einer Schule mit guter personeller und räumlicher Ausstattung die Herausforderung überschaubar bleiben sollte. An einer Schule, an der dies jedoch nicht gegeben sein sollte, würde ich jedoch die Herausforderung sehen allen SuS mit ihren individuellen Kenntnissen, Fähigkeiten,Voraussetzungen und Bedürfnissen gerecht werden zu können. Dies stellt meiner Meinung nach allein schon durch den Aspekt der Leistungsheterogenität eine gewisse Herausforderung dar.
Meine Befürchtung ist, dass um den Regelschüler/innen gerecht zu werden, die Inklusionsschüler/innen mit ihren Bedürfnissen „vernachlässigt“ werden könnten. Ich sehe die Gefahr, dass eine bequemere „inkludierende Exklusion“ hingenommen werden könnte, um die Sicherstellung des geregelten Unterrichts zu gewährleisten. In diesem Fall müsste allgemein das Ziel und der Sinn der Inklusion jedoch in Frage gestellt werden. Umso wichtiger erscheint es mir also persönlich, bezüglich dieses Themas gut vorbereitet zu sein. In meiner Schulzeit konnte ich nicht viele Erfahrungen mit der Inklusion sammeln und auch theoretisch sind meine Kenntnisse nicht sehr groß. Ein erster Schritt um gegen diese Herausforderung vorzugehen könnte es also sein, zunächst durch Fachliteratur und persönliche Erfahrungsberichte von Lehrkräften, die z.B. während des Orientierungspraktikums eingeholt werden können, meinen persönlichen Kenntnisstand bezüglich der Inklusion zu erweitern. Im Kontext der Universität ist es zudem möglich bei der Auswahl eines Seminars für das Modul BAUMHET, ein Seminar mit dem Schwerpunkt Inklusion auszuwählen. Im Wintersemester 2019/2020 wird z.B. das Seminar „Wie viel anders ist normal? Ein kritischer Diskurs zu Heterogenitätsvorstellungen im Rahmen der Inklusionsdebatte“ angeboten. Ebenso können aus persönlichen Interesse heraus, über die eigenen Studienfächer hinaus, gelegentlich Veranstaltungen des Studiengangs „Inklusive Pädagogik“ besucht werden, um mehr theoretische Aspekte einzuschnappen.

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