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RV10: Dr. Sabine Horn; Clara Suchodolski – Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu? Zum Umgang mit Antisemitismus in Bildungsinstitutionen

1. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie wichtig erscheinende Situationen und wie Sie diese vor dem Hintergrund dieser Vorlesung bewerten würden.

Bis jetzt hatte ich, soweit ich mich erinnern kann, keine direkten Berührungspunkte mit Antisemitismus. Zu meiner Schulzeit wurde das Thema nur am Rande des Geschichtsunterrichts und auch nicht als aktuelles Problem angesprochen, was ich rückblickend als Versäumnis empfinde. Da ich mich auch nicht aktiv mit Antisemitismus beschäftige und auch in meinem Umfeld (bis auf die gelegentliche Diskussion von medialen Vorkommnissen) nicht darüber gesprochen wird, bin ich sicher, dass ich viele antisemitische Äußerungen auch gar nicht als solche erkenne, da mir einfach das Vorwissen um Vorurteile fehlt.

2. Welche Fragen haben sich für Sie durch den Vortrag ergeben? In welchen Bereichen fühlen Sie sich noch unzureichend informiert oder vorbereitet, um sich mit Antisemitismus in der Schule als Lehrkraft zu befassen?

Mich würde interessieren, ob es Studien darüber gibt, wie die Einstellung von bereits unterrichtenden Lehrkräften zu Antisemitismus ist. In der Vorlesung wurde besonders die Einstellung von angehenden Lehrkräften thematisiert, jedoch wäre besonders ein Vergleich sehr interessant. Auch hätte ich gerne erfahren, welche konkreten Maßnahmen gegen Antisemitismus es bereits gibt (nicht nur als Ausblick) und wie und mit welcher Wirkung sie eingesetzt werden.

3. Beschäftigen Sie sich mit folgendem Szenario: Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen war. Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.

Zunächst einmal finde ich es besonders wichtig, dass sowohl Mobbing als auch Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Diskriminierung mit den SuS im Klassenverband besprochen werden, damit ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, was bestimmte Äußerungen anrichten können und wie sie politisch und geschichtlich behaftet sind. Ein Gespräch mit dem betroffenen Schüler kann helfen, um direkt zu erfahren, wer an den Übergriffen beteiligt war und einen guten Überblick über die Situation zu bekommen und gleichzeitig dem Betroffenen Unterstützung und Hilfe zuzusichern. Falls die übergriffigen SuS ermittelt werden können, halte ich auch hier ein Einzelgespräch und evtl. auch ein Gespräch mit den Eltern für angebracht, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Eine Bestrafung oder eine Einbeziehung der Schulleitung halte ich erst dann für notwendig, wenn das Problem weiterhin bestehen bleibt und es zu weiteren Übergriffen kommt. Deswegen muss die Situation auch weiter gut beobachtet werden, um rechtzeitig einschreiten zu können. Das Thema sollte auch mit anderen Lehrkräften besprochen werden, um sie auf das Problem aufmerksam zu machen und sich über weitere mögliche Übergriffe oder Beobachtungen zu informieren.

Ich denke, am wichtigsten ist es, das Problem nicht unter den Teppich zu kehren, sondern aktiv mit allen Beteiligten zu reden und gleichzeitig (oder am besten schon im Vorfeld) Präventionsarbeit in Form von Aufklärung zu leisten, um das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit der SuS aber auch der Lehrkräfte  gegenüber Antisemitismus zu erhöhen.

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RV08: Prof. Dr. Matthis Kepser – Heterogenität 2020

1. Greiner (2019) formuliert verschiedene Dilemmata, die mit der Forderung nach Inklusion an den Schulen verbunden sind. Nehmen Sie zu dreien Ihrer Wahl Stellung.

Differenzstärkungsdilemma: In inklusiven Schulen wird die Heterogenitatswahrnehmung aufgrund der Sichtbarkeit großer (Leistungs- und Verhaltens-)Differenzen noch verschärft: Extreme Heterogenität erfordere ≫komplexe Differenzierung≪ (Gonzalez et al. 2016, S. 335). Vergleichsdifferenz erzeugt potenziell besonders für Schüler mit Problemen mögliche Beschämungs- und Abwertungserfahrungen.

Dies ist meiner Meinung nach ein sehr relevantes Dilemma, welches ich auch in meiner eigenen Schulzeit erfahren habe.

In einigen Situationen war die Differenzierung hilfreich. So hatten wir z.B. im Matheunterricht einen Schüler, der sehr schlecht war, was auch alle wussten. Dies war sicher für ihn etwas unangenehm, hat aber auch dazu geführt, dass unser Lehrer sich besonders viel Mühe gegeben hat, ihm die Dinge verständlich zu erklären und der Rest der Klasse hat dementsprechend auch Rücksicht genommen. Als er dann tatsächlich eine ganze Note besser geworden ist, war das ein kollektives Erfolgserlebnis.

Die meisten Differenzierungen haben jedoch eher, wie von Greiner beschrieben, dazu geführt, dass sich SuS abgewertet und beschämt gefühlt haben und ihre Leistungen am liebsten vor den anderen versteckt hätten. Da wir bereits eine sehr sozial hilfsbereite Klasse an einem Gymnasium waren, stelle ich mir dieses Problem in anderen Klassen als noch deutlich gravierender vor. In diesem Fällen war zudem zu beobachten, dass die Lehrkräfte zwar die Differenz deutlich gemacht haben, jedoch im weiteren Unterricht wenig bis gar nicht darauf eingegangen sind.

Dementsprechend denke ich, dass dem Differenzstärkungsdilemma auf zwei Weisen begegnet werden muss: erstens muss abgeschätzt werden, wie groß die Wahrscheinlichkeit für eine abwertende Reaktion der MitschülerInnen ist. Zweitens muss die Lehrkraft sehr sensibel vorgehen, damit die SuS den Vergleich als Chance wahrnehmen, nicht als Strafe, und den SuS immer wieder unterstützen. Auch kann an dieser Stelle vermittelt werden, dass SuS, die vergleichsweise gute Leistungen erbringen, auch profitieren können, indem sie schwächeren SuS Sachverhalte erklären.

Autonomiedilemma: Das allgemeine Ziel gesteigerter Lernerautonomie setzt bereits erhöhte Selbstregulationsfähigkeiten voraus – Autonomie beim Lernen zu ermöglichen, stärkt (nur) die (leistungs-)starken Schüler und befestigt den berühmten Matthäus-Effekt (›Wer hat, dem wird gegeben‹) beim Lernen. Inklusiver Unterricht antwortet darauf, indem er zwei Settings für unterschiedliche Lernziele installiert: »academic task structures« (Abels 2016, S. 331) und »social partizipation structures« (ebd.).

Das Autonomiedilemma zeigt sich nun auch besonders in der Corona-Krise und der resultierenden Fernlehre. Diejenigen SuS, die bereits vorher in der Schule gut mitkamen und selbstständig gearbeitet haben, kommen auch zu Hause mit dem Stoff gut zurecht. Diejenigen, die nicht gut selbstständig arbeiten können, bleiben jetzt in der Fernlehre noch weiter zurück, da die Unterstützung durch eine präsente Lehrkraft ausfällt.

Dieses Dilemma ist deshalb meiner Meinung nach eines der wichtigsten, da sich dieses Schema natürlich auch nach der Schulzeit noch fortsetzt. Eine wichtige Aufgabe seitens der Schule ist es daher, Lernerautonomie nicht vorauszusetzen, sondern dies als eine zu erlernende Fähigkeit anzusehen und in diesem Zusammenhang Strategien und Möglichkeiten mit den SuS auszuarbeiten, wie autonomes Lernen funktioniert.

›Als ob‹-Dilemma: Die ethnographische Unterrichtsforschung hat paradoxale Interaktionspraxen im inklusiven schulischen Alltag aufgezeigt, die eine Doppelbotschaft an (leistungsschwächere) Schüler übermitteln: Förderungsbedürftige Schüler werden – gemessen an ihrem Lernniveau – zu besonderen Leistungen ermutigt, aber ihre Leistungen werden weder klassenöffentlich ernstgenommen noch gewürdigt werden (Prengel 2017, S. 15).

Bei diesem Dilemma halte ich es für besonders wichtig, dass transparent kommuniziert wird, welche Leistungen wie bewertet werden. So gibt es z.B. oft die Möglichkeit für SuS, weiterführende Aufgaben als „Extraufgaben“ zu lösen, welche dann von einer Lehrkraft besondere Anerkennung erhalten, im Gegensatz zu den „normalen“ Aufgaben, die in diesem Beispiel dann nicht weiter gewürdigt werden. Dies wäre der Gegensatz zu dem von Greiner genannten Beispiel, in dem Förderschüler für besondere Leistungen keine Anerkennung erhalten. Generell sollten alle erbrachten Leistungen Anerkennung durch die Lehrkraft erfahren, sodass sich die SuS in ihrer Arbeit wertgeschätzt fühlen

2. Die Vermittlung und Reflexion der deutschen Sprache ist nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, sondern fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip. Wo sehen Sie in Ihrem (ggf. zweiten) Fach Möglichkeiten, um

a) Vielsprachigkeit als Ressource zu nutzen,

Im Fach Chemie sehe ich nicht sehr viele Möglichkeiten, Vielsprachigkeit zu nutzen. Ein Ansatzpunkt könnte hier das bessere Verständnis von Chemikaliennamen sein, die oft aus dem Lateinischen oder Englischem stammen oder angelehnt sind, was jedoch auch durch eine kurze Erklärung auch verständlich gemacht werden kann. Zudem könnten besonders in der Oberstufe englischsprachige SuS profitieren, welche sich eingehend mit den Themen beschäftigen möchten, da ein Großteil der Fachartikel auf Englisch geschrieben ist.

Das Fach Religion ist in dieser Hinsicht schon wesentlich interessanter, da hier unterschiedliche Religionen behandelt werden, die natürlich nicht dem deutschen Sprachraum entspringen. Hier könnte man mit Hilfe vielsprachiger SuS auch kleine Beispiele einer Originalschrift oder Inschriften thematisieren, welche durch einen SuS, der diese übersetzen bzw. verstehen und erklären kann, dem Rest der Klasse zugänglicher gemacht werden.

b) gendersensibel Unterrichtsgegenstände auszuwählen und Aufgaben zu konstruieren. (ACHTUNG! Ein * genügt dafür nicht!)

Chemie ist ein naturwissenschaftliches Fach. Wie bei den meisten Naturwissenschaften (mit Ausnahme von Biologie) besteht hier oft das Vorurteil, dass Jungen hier begabter seien als Mädchen. Dies führt meiner Erfahrung nach dazu, dass Schülerinnen sich oft weniger für diese Fächer interessieren, da sie der Meinung sind, hier im Vergleich mit den Mitschülern schlechtere Leistungen zu erbringen, egal wie sehr sie sich anstrengen. Ich denke, es ist sehr wichtig, früh zu vermitteln, dass auch ein Fach für Chemie für Schülerinnen interessant und verständlich sein kann. Chemie spielt in beinahe allen Bereichen des Alltags eine Rolle, von Putzmitteln über Kosmetika bis hin zu Raketentreibstoff gibt es eine Fülle von Anwendungsbereichen. Gendersensible Aufgaben zu konstruieren besteht meiner Meinung nach nicht darin, etwas zu finden, was alle SuS gleichermaßen anspricht, sondern eine große Vielfalt an Experimenten und Anwendungsbereichen zu zeigen, sodass sich jede/r repräsentiert fühlt. So gibt es ruhige, aber schön anzusehende Experimente wie den chemischen Garten, bei dem aus anorganischen Verbindungen hübsche Gebilde im Reagenzglas wachsen. Andere Experimente sind laut, rauchen oder explodieren sogar (kontrolliert). Auf keinen Fall darf von vorneherein von der Lehrkraft angenommen werden, welcher Schülertyp sich für welche Art der Chemie interessiert.

 

 

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RV07: Prof. Dr. Frank J. Müller – Auf dem Weg zu einer Schule für alle

Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf?

Durch das Aussondern der Schüler/-innen mit Förderbedarf werden sie in eine Schublade gesteckt, was sich negativ auf ihr Selbstvertrauen auswirken kann. Zudem werden sie damit von den anderen Schüler/-innen getrennt, welche ihnen in einer integrativen Umgebung als Vorbild dienen können. Kinder lernen viel durch Beobachtung, nicht nur Erwachsener sondern auch und besonders anderer Kinder. Befinden sich im Umfeld also nur Kinder mit Förderbedarf, können z.B. Problembewältigungsstrategien oder bestimmte soziale Verhaltensweisen nicht oder nur teilweise von anderen abgeschaut werden. Es können sogar Eigenheiten von anderen Kindern übernommen werden, die sich negativ auf die Entwicklung auswirken. Ich denke, dass es deswegen für Schüler/-innen mit Förderbedarf besonders wichtig ist, integrativ am Schulunterricht teilnehmen zu können, damit sie die besten Voraussetzungen für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und Fähigkeiten haben.

Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Nützt die Diagnose Down-Syndrom Ihnen als Lehrer_in mehr? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Die Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ ist meiner Meinung nach nicht genau genug gestellt, da nicht differenziert wird, um welche Wahrnehmungen und vor allem um welche Entwicklung es sich handelt. Bei einem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ muss hier ein zieldifferenter Unterricht erfolgen. Handelt es sich hingegen um eine körperlich-motorische oder eine emotional-soziale Entwicklung, kann das Kind zielgleich mit anderen Kindern unterrichtet werden. Kinder mit der Diagnose „Förderschwerpunkt Lernen“ werden zieldifferent unterrichtet, was bedeutet, dass hier mit einem separaten Rahmenplan gearbeitet werden muss. Eine Diagnose Down-Syndrom wäre nur dann nützlich, wenn die Lehrkraft umfassend mit dem Down-Syndrom vertraut ist und daraus ableiten kann, welche Art der Förderung benötigt werden könnte. Auch hier können jedoch je nach Kind individuelle Förderbedarfe bestehen, sodass es deutlich sinnvoller ist, gezielt nach den Problemen und bereits hilfreichen Unterstützungsansätzen eines Kindes zu fragen, statt sich auf eine allgemeine Diagnose zu verlassen. Diese kann deshalb meiner Meinung nach nur als richtungsweisend angesehen werden.

Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Die Unterrichtsmaterialien können überarbeitet und angepasst werden, sodass durch vereinfachte Sprache, das Verwenden von Bildern und Symbolen oder durch die Nutzung zusätzlicher Medien wie Videos oder Audios ein besseres Verständnis der Materialien erreicht werden kann. Es kann auch hilfreich sein, wenn Schüler/-innen, die denn Stoff bereits verstanden haben, diesen ihren Mitschüler/-innen noch einmal in eigenen Worten erklären. Auch andere Lehrer/-innen können dabei helfen, Materialien zu erstellen.

Wählen Sie eines der Lernvideos auf path2in.uni-bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video anzusehen.

Ich habe mir das Video Gesetzliche Grundlagen und Spielräume angesehen. Das Video hat mir vor allem noch einmal verdeutlicht, wo die Problemstellen in unserem Schulsystem liegen und vor allem auch dazu ermuntert, sich diesen bewusst zu werden und etwas dagegen zu unternehmen. Ich fand das Video sehr inspirierend, da es mir gezeigt hat, dass es Lehrer/-innen gibt, die mit vollem Einsatz und darüber hinaus dafür kämpfen, dass ihr Schüler/-innen einigermaßen gut durch das Schulsystem kommen.