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RV06: Dr. Eileen Schwarzenberg – Meint Inklusion wirklich alle?

  1. Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und begründen Sie die Auswahl.

Ein zentraler theoretischer Punkt ist für mich der Übergang von der Integration zur Inklusion. Dass die Kinder mit Behinderung sich an das bestehende System anpassen oder auf Förderschulen gehen müssen, ist meiner Meinung nach immer noch ein Problem. Viele Regelschulen sind von ihrer Organisation her nicht in der Lage, Schüler und Schülerinnen mit Behinderung zu inkludieren. Dies wäre jedoch wünschenswert, wenn man irgendwann den letzten Punkt, der Überwindung des Begriffes Inklusion, erreichen will.

In diesem Zusammenhang fällt auch die Exklusion durch Organisation sowie durch Interaktion. Hier sehe ich auch einen Widerspruch, der momentan in unserem System besteht: einerseits sollen Menschen mit Behinderung gleichberechtigt behandelt und inkludiert werden, andererseits benötigen sie in der Praxis besondere Förderungen z.B. durch SonderlehrerInnen, was wiederum eine Exklusion zur Folge hat. Die einzige Möglichkeit, sich diesem Widerspruch zu entziehen, sehe ich in einer Umstellung des Systems von einer gruppenbasierten hin zu einer individuellen Ausrichtung. Somit könnte auf besondere Bedürfnisse eingegangen werden, wodurch nicht nur SchülerInnen mit Behinderung, sondern letztendlich alle SchülerInnen profitieren würden.

Ein weiterer sehr interessanter Punkt ist die Unterscheidung zwischen dem individuellen und sozialen Modell. Das individuelle Modell ist in Deutschland nach meinen Beobachtungen immer noch vorherrschend. Es braucht stärkeres Bewusstsein für das soziale Modell und eine Gesellschaft, die sich aktiv dafür einsetzt nach diesem sozialen Modell zu leben.

  1. Lesen Sie bitte die Fallbeispiele (siehe unten) und beantworten die Fragen.

Was fällt Ihnen spontan zu den beschrieben SuS ein? Was ging Ihnen beim Lesen durch den Kopf? Welche Rahmenbedingungen (räumlich/materiell etc.) müssen für die inklusive Bildung dieser SuS gegeben sein? Was würden sie konkret didaktisch-methodisch im Unterricht mit diesen SuS berücksichtigen?

Finn: Finn scheint von einer ruhigen Arbeitsatmosphäre mit klaren Regeln zu profitieren und viel Aufmerksamkeit der Lehrkraft einzufordern. Insbesondere bei Arbeitsaufträgen, bei denen die SuS selbstständig arbeiten müssen, scheint er Probleme zu haben. Eine kleine Klasse könnte dabei helfen, die äußeren Umstände herzustellen, die er braucht. Didaktisch wäre es möglich, die Freiarbeitszeit durch kleine Rituale zu unterbrechen, wie z.B. das zentrale Sammeln der fertigen Aufgaben. Eine Sensibilisierung der MitschülerInnen wäre eine weitere Möglichkeit, sodass mit allen gemeinsam eine Lösung gefunden werden kann.

Hanna: Positiv fällt hier auf, dass Hanna offensichtlich in der Lage ist, die gestellten Aufgaben mit viel Eifer zu lösen, auch wenn sie dafür sehr viel Zeit benötigt. Da sie positiv auf Lob der Lehrkraft reagiert, sollte dies auch fortgeführt werden. Ihr Arbeitsumfeld sollte gut organisiert und aufgeräumt sein. Zusätzlich zur Übung von Rechenmethoden könnte in der Fördergruppe auch geübt werden, wie sie sich auf Wesentliche Aufgaben konzentrieren kann, sodass sie weniger Zeit mit Kleinigkeiten verbringt. Eine didaktische Möglichkeit, ihr das Mithalten zu ermöglichen ohne gesonderte Arbeitsblätter zu erstellen, könnte hier eine Unterteilung in grundlegende und weiterführende Aufgaben sein, wobei die weiterführenden Aufgaben optional von SuS gelöst werden können, die bereits ein gutes Verständnis der Problemstellung entwickelt haben.

Malik: Eine aufmerksame und freundliche Lehrkraft könnte Malik dabei helfen aus sich herauszukommen. Malik profitiert von visuellen und auditiven Reizen, die ihm kombiniert mit seinem guten Gedächtnis beim Lernen helfen können. Daher ist es didaktisch besonders wichtig, den Unterrichtsstoff von Seiten der Lehrkraft in gut verständlicher Sprache und unterstützt von Bildern zu vermitteln. Eine Möglichkeit ihn zu unterstützen wäre, Bilder im Klassenraum z.B. zu den Lagebeziehungen aufzuhängen, sodass er sich daran orientieren kann. Zudem sollte er bei Wortmeldungen immer positiv bestärkt werden. Er könnte auch mehr Selbstbewusstsein durch Gruppenspiele erlangen, die auf Gedächtnisaufgaben und verbal formulierten Antworten basieren.

Lena: Bei Lena besteht durch ihre Assistentin besonders die Gefahr, exkludiert zu werden, weswegen es sehr gut ist, dass sie auch Alltagsaufgaben in der Klasse übernimmt. Durch Gruppenarbeiten könnte sichergestellt werden, dass sie sich neben dem Kontakt zur Assistentin und zur Lehrkraft auch aktiv mit ihren MitschülerInnen austauschen kann.

Reflektieren Sie bitte anschließend Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen:

  1. a) Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (u.a. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

Da ich bisher weder ein Praktikum an einer Oberschule oder einem Gymnasium gemacht habe noch Erfahrungen diesbezüglich aus meiner eigenen Schulzeit mitbringe, kann ich leider auf diese Frage nur eine eingeschränkte Antwort geben. Nach meiner eigenen Erfahrung in den wenigen Berührungspunkten, die ich bisher hatte, findet eher ein „Nebeneinander-her-leben“ im Sinne einer inklusiven Exklusion anstelle eines inklusiven Umgangs miteinander statt. So wurde in einem inklusiven Hort, in dem ich ein Praktikum machte, für die „I‑Kinder“ ein eigener Sonderpädagoge eingestellt, welcher auf die speziellen Bedürfnisse eingehen sollte. In der Praxis hat das leider dazu geführt, dass besonders ein Mädchen mit Down-Syndrom getrennt von den anderen Kindern betreut wurde und oft auch kein gegenseitiges Verständnis entstehen konnte. Vor der Einstellung des Sonderpädagogen war das Mädchen meiner Meinung nach besser integriert, allerdings war oft auch keine Zeit seitens der Betreuer ihr z.B. gesondert bei den Hausaufgaben zu helfen.

  1. b) Welchen Meinungen sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Oberschulen und Gymnasien begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

Auch auf diese Frage kann ich nur begrenzt antworten und meine Auffassungen basieren nicht auf praktischen Erfahrungen. Die Inklusion von SuS mit sonderpädagogischen Förderbedarf gestaltet sich meiner Meinung nach schwierig. Einerseits sind Lehrer an den Oberschulen bereits mit großen und auch heterogenen Klassen konfrontiert, sodass wenig Kapazitäten vorhanden sind, um auf SuS mit besonderen Bedürfnissen angemessen einzugehen. Andererseits bringt jede Unterstützung durch Sonderpädagogen oder gesondertes Lehrmaterial auch eine Sonderbehandlung dieser SuS mit sich, die sie von anderen SuS abgrenzt und klar als „anders“ definiert. Meiner Meinung nach bräuchte es eine grundlegende Umstellung des Unterrichts, sodass auf individuelle Bedürfnisse besser eingegangen werden kann.

  1. Formulieren Sie bitte eine Beobachtungaufgabe für den inklusiven Unterricht für zukünftige Praktika.

Besonders interessant finde ich die Interaktion zwischen SuS mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Daher könnte beobachtet werden, wie sich die SuS im Unterricht aber auch in den Pausen untereinander verhalten. Wird allgemein Rücksicht auf SuS mit sonderpädagogischen Förderbedarf genommen? Werden sie z.B. bei Gruppenaufgaben aktiv eingebunden oder findet hier eine Exklusion statt? Wie kann man die sozialen Interaktionen einordnen? Sind sie eher ablehnend und diskriminierend, bevormundend oder werden alle gleich behandelt?