Warum Erinnern so wichtig ist – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Seit 1996 findet jährlich am 27. Januar der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus statt. An diesem Tag, 51 Jahre zuvor, wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit und zeichnet somit einen sehr besonderen Tag. Die Herausforderungen unserer Zeit, sei es wachsender Extremismus, Rassismus oder politische Unsicherheiten, machen deutlich, dass der 27. Januar mehr ist als ein historisches Datum – er ist eine Gelegenheit zur Besinnung und zum Dialog über die Werte, die unsere Gesellschaften gestalten sollten. Das Erinnern an den Holocaust, der Millionen Menschen das Leben kostete, trägt eine ethische Verantwortung in sich, uns daran zu erinnern, welche dunklen Pfade menschliche Gesellschaften betreten können. Es ist ein Aufruf, die moralischen Lehren der Geschichte zu beachten und gegen jegliche Form von Diskriminierung und Hass aktiv vorzugehen.
Auch die Uni Bremen hat am gestrigen Tag, Montag den 29.1.24, den Opfern des Holocaust gedacht und den Tag mit Vorträgen von Gastredner:innen im GW1 Hörsaal gestaltet.
Gerne möchte ich diese Veranstaltung der Uni als Ausgangspunkt miteinbeziehen, auch um zu verdeutlichen wie wichtig es gerade jetzt ist, sich zu erinnern.
Prof. Dr. Sascha Feuchert ist Professor für Neuere deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Holocaust- und Lagerliteratur und ihre Didaktik am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen und hat am gestrigen Tag einen Vortrag zum Thema ,,Schreiben als Widerstand: Texte aus den Gettos und den KZs als Zeugnisse der Selbstbehauptung vorgestellt
Dabei stellte er verschiedene Textformen vor, wie Gedichte, Chroniken, Tagebücher oder Briefe, die von Zeitzeugen und Opfern des Holocausts erstellt wurden und damit eine der wichtigsten Grundlagen der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus darstellt. Die Opfer berichten in diesen Schriften über Situationen in den Konzentrationslagern und über die schrecklichen Geschehnisse die ihnen und weiteren dort widerfahren sind. Die Erinnerungen sind teilweise sehr detailliert geschildert und enthalten manchmal sogar einzelne Zahlen, beispielsweise wie viele Menschen an bestimmten Tagen angekommen oder gestorben sind. Adressiert waren Briefe, Gedichte, Tagebücher an Gott, Verwandte wie Mütter oder Kinder oder an die Nachwelt. Oft wussten die Verfasser bereits, welches Schicksal ihnen bevorstand. Nach draußen gelangt sind diese Texte über die verschiedensten Wege, aber immer heimlich. Beispielsweise wurde ein Text in einer Thermosflasche versteckt vergraben wurden und erst Jahre später gefunden wurden.
Abgeschlossen hat Prof. Dr. Feuchert seinen Vortrag mit den Worten: ,, Ohne diese Texte der Selbstbehauptung wüssten wir heute nur sehr wenig über das, was wirklich Geschehen ist. Ohne diese Texte der Selbstbehauptung hätten die Nationalsozialisten ihr Ziel, nicht nur die Menschen zu vernichten, sondern auch die Erinnerung an sie, erreicht. Daraus wächst eine Verpflichtung. An uns.“
Erinnern ist heute wichtiger als je zuvor. Wir befinden uns in einer angespannten Stimmung in Deutschland und dürfen nicht vergessen, dass wir uns als Gesellschaft nicht zurückentwickeln sondern weiterentwickeln müssen, indem wir die Prinzipien von Respekt, Toleranz und Mitmenschlichkeit in den Mittelpunkt unserer Bemühungen stellen. In diesem Kontext ist der 27. Januar nicht nur ein historisches Datum; er ist ein lebendiger Appell, aktiv gegen jede Form von Diskriminierung, Hass und Menschenfeindlichkeit einzustehen. Und vor allem dürfen wir eins nicht: vergessen.
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