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Abschlussreflexion

Eine für mich zentrale Erkenntnis bezieht sich auf die Art und Weise, wie Schüler*innen am besten lernen: nämlich im sozialen Austausch miteinander. Dies ist mir besonders in der RV04, bei der es um mathematische Leistungsunterschiede ging, aufgefallen. Hier wurde darüber referiert, wie stark das Spielen zum Lernzuwachs beiträgt (vgl. Knipping et al 2017: 3-6), und dieses Spielen passiert natürlich nicht zwischen einzelnen Schüler*innen und der Lehrkraft sondern der Schüler*innen miteinander. Auch in der Vorlesung RV07 von Frank J. Müller, mit dem Oberthema der Inklusion, wurde der soziale Austausch als Lernmöglichkeiten beschrieben, als z.B. darüber berichtet wurde, dass Gruppentische zu einem besseren Klassenklima und beitragen und auch die Differenzierung der Lehrkraft unterstützen (Müller 2013: RV07, Folien 16-20). Dies deckt sich mit der entwicklungslogischen Didaktik von G. Feuser, welche mir im Rahmen meines Studiums der Inklusiven Pädagogik begegnet ist, und welche sich unter anderem auf Erkenntnisse der Behindertenpädagogik und der Kulturhistorischen Schule, wie beispielsweise Vygotskij, bezieht (Feuser 2018: 151). Dies macht deutlich, dass die Art und Weise, wie ich selber Schule erlebt habe, nämlich größtenteils im Frontalunterricht mit seltenen Gruppenarbeitseinheiten, kontraproduktiv für das Lernen der Schüler*innen ist. Diese Vorgehensweise im Unterricht kann und sollte auf alle Fächer angewandt werden, und beschränkt sich nicht nur auf den Mathematikunterricht.

Fürderhin erklärten die Dilemmata nach Greiner (2019) die Spannungen die unweigerlich durch den aktuellen Schulbetrieb und durch die verschiedenen Funktionen der Schule (vgl. Fand 2011: 42) entstehen. Greiner beschreibt hierbei sechs verschiedene Dilemmata, von denen ich zwei für besonders bedeutsam halte: das Kategorisierungsdilemma und das „Als-ob“-Dilemma. Das Kategorisierungsdilemma (hier sei auch noch auf das Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma aus RV07 hingewiesen, welches stark mit dem Kategorisierungsdilemma zusammenhängt) beschreibt, dass Inklusion immer eine differenzierte individuelle Diagnostik fordert, gleichzeitig aber auch immer Kategorisierungen ablehnt, während das „Als-ob“- Dilemma beschreibt, dass Schüler*innen mit Förderschwerpunkt und „leistungsschwache“ Schüler*innen im inklusiven Unterricht zu „extra“ Leistungen angespornt werden, andererseits ihre Leistungen jedoch nicht ausreichend gewürdigt werden. Als angehende Lehrkraft sollte einem bewusst sein, dass diese Spannungen sich im Schulalltag niederschlagen und auf die daraus resultierende schüler*innenspezifische Realität sensibel reagieren.

Die allgemeine Sensibilität für Heterogenität ist meines Erachtens ein „Grundpfeiler“ für gelungenen Unterricht. Wie bereits oben erwähnt, habe ich selber überwiegend Frontalunterricht erlebt, bei dem die Lehrkräfte kaum bis gar nicht individuell agieren und reagieren konnten bzw. können, da dieses Unterrichtsvorgehen nur sehr starre Regeln zulässt. In einer solchen Unterrichtsgestaltung kann nicht auf die Heterogenität  der Schüler*innenschaft eingegangen werden. Die Inhalte der Ringvorlesung, wie zum Beispiel die Fokussierung auf die eigene Verantwortung bei der (Nicht-)Reproduktion von Stereotypen oder auch Ansätzen zu einem gelungenen Unterricht durch Gruppentische und Projektvorhaben, bietet mir zu meiner eigenen Schulerfahrungen eine positive Kontrastfolie. Hiebei überraschte mich die von Professor Müller vorgestellten Ergebnisse zur Praxis der Gruppentische (Müller 2013: RV07, Folien 16-20), da diese in meiner eigenen Schulzeit von Eltern und Lehrkräften oftmals ungern gesehen wurde. Auch wenn Gruppentische keine „Lösung für alles“ bietet, so sind diese doch ein Anfang sich vom klassischen Schulunterricht zu lösen. Der Gedanke der Gleichheit und der Gerechtigkeit („Equality vs. Equity“, RV01, Folie 29) ist durch die gesamte Vorlesungsreihe besonders zum Tragen gekommen und sollte zur Einschätzung von gelungenem Unterricht – nämlich wenn jede*r Schüler*in auf seinem/ihrem Niveau unter Berücksichtigung seiner Schulbiographie die gleichen Inhalte individuell erlernen darf/kann – die Basis bilden.

Besonders interessant empfinde ich bei der momentanen gesellschaftlichen Lage das Thema Gender – es würde mich noch viel mehr interessieren, wie man als Lehrkraft bewusst gegen starre Rollen und unterbewusste Handlungen vorgehen kann um Schüler*innen sensibel gegenüber zu treten und Gender zu dekonstruieren. 

In der Vorlesung wurden zwar mehr als eine Einheit der Inklusion gewidmet, allerdings habe ich hier den Aspekt der „Intelligenz“ vermisst. Meines Erachtens werden im Schulalltag zu häufig Zuschreibungen anhand von IQ-Test-Ergebnissen der Schüler*innen gemacht und vielen Lehrkräften ist nicht bewusst, dass Intelligenz kein starrer Wert ist und hier oftmals eine „soziale Diskriminierung“ stattfindet (vgl. Bourdieu 1993: 254).

Zudem würde mich eine Vertiefung des Themas Migration mit mehr Informationen und Details interessieren, da, wie in der Vorlesung dazu betreffend gezeigt wurde, ein Großteil der Schüler*innen, auch ich, einen Migrationshintergrund hat (vgl. Karakaşoglu 2019) und dieser für die Schüler*innen, wie beispielsweise beim im Falle des Doing Culture, sowohl negativ als auch positiv, sehr präsent, sein kann.

Literaturverzeichnis:

Fend, Helmut (2011): Die sozialen und individuellen Funktionen von Bildungssystemen: Enkulturation, Qualifikation, Allokation und Integration. In: Hellekamps, S./Plöger, W./Wittenbruch, W. (Hrsg.): Handbuch der Erziehungswissenschaft. Bd. 3: Schule. Paderborn u. a. 2011, S. 41–53.

Feuser, Georg (2018): Entwicklungslogische Didaktik in: Müller, Frank J. [Hrsg.]: Blick zurück nach vorn – WegbereiterInnen der Inklusion. Band 2. Originalausgabe. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 147-165

Greiner (2019): wurde aus der Präsentation der Ringvorlesung 08 von Matthis Kepser entnommen, es gab leider keine weiteren Verweise auf die Primärquelle

Karakaşoglu, Yasemin/Linnemann, Matthias/Vogel, Dita (2019): Schulischer Umgang mit transnationaler Migration und Mobilität. Rückschlüsse aus Empfehlungen der Kultusministerkonferenz seit den 1950er Jahren

Knipping, Christina / Korff, Natascha / Prediger, Susanne (2017): Mathematik-didaktische Kernbestände für den Umgang mit Heterogenität – Versuch einer curricularen Bestimmung in: Christoph Selter, Stephan Hußmann, Corinna Hößle, Christine Knipping & Katja Lengnink (Hrsg.), Diagnose und Förderung heterogener Lerngruppen – Theorien, Konzepte und Beispiele aus der MINT-Lehrerbildung. Münster: Waxmann, 39-60

Bildquelle: „Take some time to reflect.“ von https://www.pinterest.de/pin/293648838181894566/ zuletzt aufgerufen am 26.07.2020

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RV 09 Heterogenitätskategorie Gender – Ansätze zur Entwicklung einer interkulturellen gendersensiblen Pädagogik

1. Erläutern Sie das in der Vorlesung thematisierte Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Genderdynamiken und -pädagogik in der Schule. Nehmen Sie dafür Bezug auf die in der Vorlesung genannten theoretischen Ansätze.
Um das Spannungsfeld zu erläutern, werde ich vorerst auf die Inszenierung und Zuschreibung eingehen. Die Zuschreibung meint, dass gewisse gesellschaftlich Merkmale für ein spezifisches Gender erwartet werden. Die Inszenierung beschreibt, dass sich Personen auf eine gewisse Art und Weise selber darstellen (um zum Beispiel den an sie herangetragenen Erwartungen zu entsprechen). Mittlerweile spricht man, analog zu „doing culture“, von „doing gender“ – man versteht darunter also die Herstellung von Gender durch  Zuschreibungen durch andere Personen. Dies bedeutet natürlich, dass sich Individuen in diesem Spannungsfeld bewegen – auf welche Art und Weise inszenieren sie sich, den Zuschreibungen entsprechend oder nicht? Und welche Konsequenzen hat dies für diese Individuen? Auf den schulischen Kontext bezogen spricht man hier auch von der Genderdynamik. Lehrer*innen interpretieren das Verhalten von Schülern zum Beispiel aufgrund ihres Geschlechts anders und reagieren dementsprechend auch anders – wenn der Junge die Klasse stört, dann gibt es einen Strich im Klassenbuch, wenn das Mädchen stört, dann nur eine Ermahnung. Laut Kaiser wird Jungen zugeschrieben, dass sie in der Schule häufiger stören und somit sozial inkompetent sind (Kaiser 1995:195), Mädchen sind im Gegensatz dazu ruhiger und disziplinierter (Stallmann 1991:54). Dies ist natürlich auch dann problematisch, wenn man bedenkt, dass Lehrer*innen laut Prof. Dr. Jutta Schöler dazu tendieren, bei Schüler*innen, bei denen sie besserer Noten erwarten, Fehler eher übersehen und bei Schüler*innen, bei denen sie schlechte Noten erwarten, stärker nach Fehlern suchen. Hier entsteht also eine doppelte Benachteiligung.
Zusätzlich werden Zuschreibungen aber nicht nur in der Hierarchie Lehrer*in – Schüler*in sondern auch unter den Schüler*innen getätigt oder auch im Familien- und Freundeskreis, sowie in der Gesellschaft allgemeine (Werbung etc.)
Die Auflösung dieses Spannungsfeld kann meiner Meinung nach durch eine sensible, aufklärende Pädagogik unterstützt werden.
2. Reflektieren Sie ihre bisherigen Praxiserfahrungen aus der eigenen Schulzeit und ersten Praktika zum schulischen „Genderplay“, möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung, Inklusion.
Wenn ich meine eigene Schulzeit reflektiere, dann fällt mir besonders die Schnittstelle von „Gender“ und „Leistung“ auf. Im Allgemeinen.kann ich die von Dr. Fantini Beobachtungen bezüglich der Bewertung von Schülern, wenigstens für meine Schullaufbahn, bestätigen. Die Jungs wurden von den Lehrer*innen schneller als Störenfriede bezeichnet, Aussagen wie „Typisch Jungen, die sind halt ungestüm“ fielen öfter als einmal.
Die Mädchen in meiner Klasse hatten im Durchschnitt schlechtere Noten im Fach Sport im Vergleich zu den Jungen, der Lehrer verglich offensichtlich die Leistungsfähigkeit der Mädchen mit der der Jungen und bewertete hier am „männlichen“ Maßstab.
Dazu muss ich jedoch fairerweise betonen, dass in meiner Schulzeit besonders jüngere Lehrkräfte die Schüler*innen fair behandelt haben und keine, für mich bemerkbaren, geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Erziehungsmaßnahmen bei Unterrichtsstörungen gemacht haben.
3. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika zum Thema „gendersensible Pädagogik“, auch hier möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung, Inklusion, um deutlich zu machen, dass die Kategorie Gender nicht für sich steht, sondern andere Dimensionen von Heterogenität oftmals wesentlich mit beeinflusst.
Transportieren Lehrer*innen bestimmte unterbewusst Genderbilder aufgrund eines bestimmten soziokulturellen Backgrounds,  und wenn ja, welches? Woran lässt sich dies beobachten (gibt es Bemerkungen, andere Anforderungen, überzogene Strafen etc)?
Welche Genderdynamik herrscht unter den Schülern?
Kann eine Vermischung von „doing culture“ und „doing gender“ auch unter den Schülern beobachtet werden und wenn ja, woran ist dies zu erkennen?
Quellen außerhalb der Vorlesung:
Interview mit Prof. Dr. Schöler, aufgerufen unter https://path2in.uni-bremen.de/themen/didaktik/ zuletzt am 17.06.2020
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RV 07 Doing it wrong, doesn’t make it wrong. Inklusive Pädagogik und ihre Umsetzung

1. Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler_innen mit Förderbedarf?

Der oben gezeigte Comic (auch in der Vorlesung zu sehen) zeigt die Art der Aussonderung, welcher Schüler*innen mit festgestelltem Förderbedarf ausgesetzt sind –  sie sitzen zwar rein physisch mit den anderen Schüler*innen in der Klasse, werden aber häufig separiert; der Sonderpädagoge der Klasse wird als Aufpasser eingesetzt, manchmal bekommen sie Parallelunterricht oder Therapie parallel zum Klassengeschehen. Es kann schnell passieren, dass Schüler*innen mit Förderbedarf als „Extra-Belastung“ angesehen werden, da das Labeln durch den Förderschwerpunkt die Kinder als jemanden outet, der einer umfangreicheren Förderung bedarf, auch trotz Co-Teaching. So stellen Baglieri et al. fest:

„In addition, the essentially static baseline from which we begin to imagine instruction too often creates a situation in which working with diverse students appears to be extra work for the general educator in the inclusive setting. Conventional wisdom suggests that this kind of work is best left up to those specifically “trained” to teach these students (i.e., the special educator). Problematic is the division of labor that can emerge in the co-teaching relationship —most often recommended for inclusion—that positions the consideration of particular students as marginal to the “regular” work of teaching. In turn, a synthetic, detrimental division is created between special and general educators just as it is between special and general education students. Thus, the supposed solution to the problem leads to newer and more intractable problems, which are well captured in research on co-teaching arrangements.“   (Baglieri et al 2010: 272)

Dies ist aber meiner Meinung nur deshalb der Fall, da die Klasse nicht von vornherein als heterogene Gruppe angesehen wird, in der jede*r Schüler*in, unabhängig vom Förderbedarf, einzeln betrachtet wird. Wäre dies der Fall, würde diese Sichtweise nicht so stark hervortreten – es liegt also am System Schule sich dahingehend zu ändern, dass Lehrkräfte die Mittel und Zeit an die Hand bekommen, um effizient und zieldifferent für alle Schüler*innen unterrichten zu können. Außerdem kann das Labeln durch den Förderschwerpunkt auch bei den Schüler*innen selber zu Problemen führen. Beispielsweise kann das Selbstwertgefühl darunter leiden, oder andere Klassenkameraden grenzen den/die Schüler*in aufgrund des Förderbedarfs aus.

2. Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung&Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler_in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Die Diagnose „FS W&E“ besagt, dass eine Beeinträchtigung in der Wahrnehmung und Entwicklung festgestellt wurde – auf welche Art die Schüler*innen eingeschränkt sind, geht daraus nicht hervor.
Die Diagnose „FS Lernen“ besagt, dass der/die Schüler*in Schwierigkeiten im Bereich des Lernens hat – ob ein Schüler langsam lernt oder Probleme mit der Aufmerksamkeit hat und welche Ausprägungen und Ursachen bestehen, geht aus der Diagnose nicht hervor.

Problematisch erscheint mir hierbei auch, dass bei diesen Förderschwerpunkten  auch der IQ-Wert zur Zuweisung der entsprechenden Bedarfe ermittelt wird (Ministerium für Bildung Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern 2015: 16-18.) Den IQ-Wert zu kennen, hilft einer Lehrkraft nicht weiter, um ihr weiteres pädagogisches Handeln zu planen.
Genau hierin liegt nämlich die Krux: Für eine adäquate Unterrichtsgestaltung ist die Zuweisung des Förderschwerpunkts zweitrangig, wenn nicht sogar obsolet, da zur Unterrichtsgestaltung die individuellen Ausprägungen und Auswirkungen von Bedeutung sind. Folgende Fragen können bei der Anpassung des Unterrichts eine Rolle spielen:

  • Wie viel Zeit braucht der/die Schüler*in ihm Aufgaben zu lösen?
  • Wie reagiert der/die Schülerin auf Lob/Kritik?
  • Ist eigenständiges Arbeiten nötig und braucht der/die Schüler*in hierbei Unterstützung?
  • Wie viel Struktur braucht das Kind, um eigenständig arbeiten zu können?
  • Welche Modalitäten helfen dem Kind besonders gut?
  • Welche Stärken kann ich mir als Lehrkraft zunutze machen?
  • Wie agiert das Kind im Klassenverband?
  • Gibt es körperliche Beeinträchtigungen (z.B. Hörminderung), welche berücksichtigt werden müssen?

3. Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Im Unterricht ist es wichtig, die Kinder auf vielen verschiedenen „Wahrnehmungskanälen“ zu erreichen. Hierzu ist es sinnvoll, mehrere Sinne anzusprechen – also visuell, auditiv, wenn möglich auch taktil-kinästhetisch. Dabei kann man den diversen Lerntypen besser gerecht werden und extra Unterstützung anbieten, denn einige lernen besser durch Schauen, andere durch Kommunizieren usw. Zudem ist es sinnvoll, verschiedene Schwierigkeitsgrade bereit zu stellen, wie in den Vorlesungsfolien am Beispiel des Buches „Pünktchen und Anton“ deutlich wurde. Außerdem können öffentliche Portale mit kostenlosem Material eingesetzt werden.
Auch ist es möglich, Mitschüler*innen in Aufgaben miteinzubeziehen – dadurch kann gleichzeitig auch das Gemeinschaftsgefühl der Klasse gesteigert werden. Aus Problemen, Interaktionen, persönlichen Themen der Schüler*innen in der Klasse können Themen für Projektwochen und Aufgabenstellungen entwickelt werden, wie beispielsweise im Interview bei Christine Carstens mit ihrer „Wolfsrudel“-Klasse/Foxpack (vgl. path2in Christina Carstens).
Weiterhin kann man sich mit anderen Lehrkräften oder ehemaligen Kommilitonen austauschen.

4. Wählen Sie eines der Lernvideos auf path2in.uni-bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video anzusehen.

Das Interview mit Ines Boban & Dr. Andreas Hinz zum Thema „4. Diagnostik“ ist einen Klick wert. Hinz berichtet realitätsnah und ohne Euphemismen über das Problem beim Dauer-Diagnostizieren und Labeln von Kindern. Auch wird berichtet, wie Schule ohne Förderschwerpunkte funktionieren kann. Das Ganze wird beispielhaft an einer Schule in Brunswick, Kanada, diskutiert. Dort kommen alle Kinder der Umgebung auf diese Schule, spezielle Einrichtungen gibt es nicht. Meiner Meinung nach stärkt dieses Video das Weiterdenken der Inklusion – oftmals kritisieren wir das bestehende System, wissen aber nicht immer, wie wir alternativ weiter verfahren sollen. Hier wird ein interessanter, präventiv gedachter Ansatz präsentiert, der zeigt, dass Inklusion auch ohne die Kopplung von Ressourcen an Förderbedarfe funktionieren kann, ganz ohne naiv oder utopisch zu sein. In dem Video wird erläutert, wie es möglich ist, dass in Brunswick Besprechungen von mehreren Schülern in 40 Minuten effektiv möglich sind – wohingegen in Deutschland diese Zeit für die Besprechung eines/einer einzelnen Schülers/Schülerin aufgebracht wird.

Weitere Quellen:

1. Ministerium für Bildung Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern (Hg.) (2015): Standards der Diagnostik für die Schulen Mecklenburg-Vorpommern (2015), S.16-18 aufgerufen von https://www.bildung-mv.de/export/sites/bildungsserver/downloads/Handbuch-Diagnostischer-Dienst-Update08122015.pdf am 03.06.2020

2. Interview mit Christina Carstens, aufgerufen unter https://path2in.uni-bremen.de/themen/inklusive-paedagogik-in-der-sekundarstufe/ am 03.06.2020

3. Interview mit Ines Boban und Dr.Andreas Hinz, aufgerufen unter https://path2in.uni-bremen.de/themen/diagnostik/ am 03.06.2020

4. Baglieri, Susan/ Valle, Jan W., Connor/ David J./ Gallagher, Deborah J. (2010):  Disability Studies in Education : The Need for a Plurality of Perspectives on Disability S.272

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RV 06 Meint Inklusion wirklich alle? Aktuelle Diskussionslinien und praktische Umsetzung

 

1. Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und begründen Sie die Auswahl.

  • Die zentralen Aspekte der Ringvorlesung 06 von Dr. Eileen Schwarzenberg waren für mich zum einen die übergeordneten Phasen der Inklusion und das Verständnis davon, was Inklusion bedeutet, um auf dieser Grundlage einordnen zu können, wo sich unser Bildungssystem überhaupt verordnen lässt, nämlich in der „inklusiven Exklusion“. Zum anderen schien mir das Soziale Modell der Behinderung, in welchem Behinderung als Soziale Konstruktion verstanden wird, als zentral, da die soziale Komponente von Behinderung in der Gesellschaft allgemein noch nicht durchgedrungen zu sein scheint – ansonsten ließe sich kaum der Disableismus erklären, dem Menschen mit Behinderung noch sehr häufig begegnen. Ein wichtiger Faktor, der in der Vorlesung nur kurz benannt wurde, ist auch die Intersektionalität. Bestimmte zugesprochene „Merkmale“ treffen auf verschiedene Schüler*innen zu und somit kann es zu einer privilegierten („Deutsch als Muttersprache“, „heterosexuell“, „christlich“, „Elternhaus mit gutem Einkommen“) oder benachteiligten Position und diversen Korrelationen kommen (die dann wie in dem Beispiel der „Jungs-Schule“ auch als Kausalität verwechselt werden). Eine Sache, die in dem Video weniger direkt angesprochen wird, für mich aber in dem Titel und in dem Thema Intersektionalität deutlich wird und mir sehr wichtig erscheint, ist, dass Inklusion sind nicht nur auf Menschen mit Behinderung bezieht, sondern wirklich auf ALLE  Menschen –  unabhängig von Migrationhintergrund, Religion, Behinderung, Gender, Sexuelle Orientierung usw. – jeder hast das gleiche Recht auf Bildung und ist dieser gleich würdig

2. Lesen Sie bitte die Fallbeispiele (unten als Datei angehängt; auch auf Stud.IP im Dateiordner RV06 zugänglich) und beantworten die Fragen.

  • Finn: Bei Finn viel mir als erstes auf, dass er, da kein Förderschwerpunkt „ausgewiesen“ zu scheint, keine besonderen Hilfestellungen bekommt. Dies hat mich insofern beim Lesen geärgert, als dass ich es schade finde, dass nicht präventiv gehandelt wird, sondern erst mit der Feststellung des Förderbedarf konkret gehandelt wird, und wieder die Ressourcenverteilung durch Feststellen von Förderbedarfen passiert. Warum kann Finn nicht auch ohne den Förderbedarf besser unterstützt werden?  Um seinen Lernprozess besser unterstützen zu können, wäre es sicherlich hilfreich mit ihm an seiner eigenständigen Arbeitsweise zu arbeiten und ihm viel Struktur zu bieten, da ihm die Freiarbeitsphasen besonders Probleme bereiten.

    Hanna: Bei Hanna fragte ich mich, ob sie die Förderung als eine Sonderbehandlung empfindet, welche sie als „schlechtere“ Schülerin outet, da bei ihr der Förderbedarf anerkannt ist, sie aber als besonders motiviert beschrieben wird, wenn sie die gleichen Aufgaben wie ihre Mitschüler*innen lösen kann. Bei Hanna scheint es mir wichtig, dass sie z.B. die Aufgaben, die sie lösen soll, selbst wählen kann ( z.B. Stationsarbeit, Wahl von unterschiedlichen Aufgabenniveaus). Man sollte auf jeden Fall miteinbeziehen, dass sie mehr Zeit für Aufgabenbearbeitungen braucht.Malik: Bei Malik fiel mir auf, dass er zum einen sehr schüchtern zu sein scheint (Selbstwertgefühl?) und zum anderen ein sehr gutes Gedächtnis hat. An dieser Stelle wäre es sinnvoll, wenn die Lehrkraft in den Unterrichtsstunden Möglichkeiten schafft, in denen er seine gute Gedächtnisleistung ins der Klasse nutzen kann und einen mündlichen Beitrag geben kann, eventuell auch durch eine feste Struktur oder ein Ritual der ganzen Klasse, sodass alle einbezogen werden. Da Malik noch bei einigen Namen seiner Mitschüler Problem hat, könnte man hierzu Merkspiele machen (Musikprojekt: Ein Lied mit allen Schülern der Klasse erfinden)  oder für einige Zeit noch Namensschilder aufbauen, damit er sich die Buchstabenfolgen der Namen besser merken kann.Lena: In dem Beispiel von Lena ist mir positiv aufgefallen, dass sie durch tägliche wiederkehrende Aufgaben in die Klassengemeinschaft eingebunden wird. Durch die körperliche Beeinträchtigung ist es wichtig, dass im Klassenraum genug Platz für den Rollstuhl ist, sodass Lena sich frei bewegen kann. Ich fände es weiterhin sinnvoll, Aufgaben für Lena zu suchen, die sie ohne ihre Assistenz schafft.

2. Reflektieren Sie bitte anschließend Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen:
a) Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (u.a. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

b) Welchen Meinungen sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Oberschulen und Gymnasien begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

  • In meiner eigenen Schullaufbahn gab es keine Inklusion von Menschen mit Behinderungen, ja nicht einmal eine Integration. In meiner Klasse und in meinem Jahrgang gab es keine Schüler*innen mit sonderpädagogischem Status, es gab maximal Förder- und Forderunterricht, dieser war jedoch einfach an „leistungsschwachen“ oder „leistungsstarken“ Schüler*innen orientiert. Während meiner Schulzeit änderte die Schule ihr Konzept immer wieder – die Schülerschaft wurde tatsächlich zunehmend vielfältiger und neue Schulgebäude wurden angepasst, in dem z.B. jeder Klassenraum einen kleinen Gruppenraum bekam. Diese Änderungen betrafen mich jedoch nicht mehr, sodass ich durch die Institution Schule leider keine Berührungspunkte mit dem Thema „Behinderung“ in klassischem Sinn hatte. Man kann also sagen, dass ich aus der Ferne die Entwicklung von der Exklusion zur inkludierenden Exklusion an meiner Schule beobachten konnte (von einer kooperativen zu einer integrativen Gesamtschule). Besonders schade finde ich diese diesbezügliche „Erfahrungsarmut“ unter dem Aspekt, dass, meiner Meinung nach, durch Interaktion und Berührungen mit Betroffenen ein guter Diskurs Sichtbarkeit entsteht, und sich nur so die Denkweise einer Gesellschaft ändern lässt -nämlich zunehmend Behinderung als soziale Konstruktion zu verstehen und dadurch (auch unterbewusst) diskriminierenden Aussagen und Handlungsweisen entgegenzuwirken. Ich kann zwar nicht aus Erfahrungen eines Schulpraktikums berichten, aber aus meinem Berufsleben. Ich habe in Niedersachsen als Logopädin gearbeitet, ein Großteil der Patient*innen die ich behandeln durfte hatte Beeinträchtigungen oder waren „behindert“ (Anm. der Autorin: Das Wort „behindert“ habe ich deshalb in Anführungszeichen gesetzt, da mir der Unterschied von „behindert sein“ und „behindert werden“ bewusst ist und ich hiermit zeigen möchte, dass ich diesen Begriff in dem Wissen benutze, dass diese Patienten in dem Gesundheitssystem so gesehen werden). Gerade in einem Beruf, der aus der Medizin abgeleitet ist, und in dem man Ärzten „untersteht“ und ihnen zuarbeitet, wurde das medizinische Modell, wenn dieses auch zunehmend verbessert wurde indem beispielsweise nach ICF gearbeitet wurde, propagiert und als einziges mögliches Modell dargestellt. In vielen Elterngesprächen mit stärker betroffener Kindern waren die Eltern froh, wenn ihre Kinder in spezielle Klassen für Sprachförderung oder in den Sprachheilkindergarten kamen, da sie das Gefühl hatten, nur dort bekämen ihre Kinder spezifischere Hilfe. Oft stand hinter dieser Ablehnung der Inklusion die Angst, dass das eigene Kind nicht genügend beachtet und gefördert wird, und die Probleme sich somit verstärken und ihr Kind von der Gesellschaft „abgehängt“ wird. Ich bin der Ansicht, dass Inklusion nach derzeitigem Wissensstand die einzige Option ist, die ALLE Menschen würdigt und gleich behandelt, weswegen meiner Meinung nach der negativen Presse eine positive Öffentlichkeitsarbeit entgegengestellt werden muss. Denn jede*r hat das gleiche Recht auf Bildung, dies ist auch in der UN-Behindertenrechtskonvention festgehalten.

3. Formulieren Sie bitte eine Beobachtungaufgabe für den inklusiven Unterricht für zukünftige Praktika.

  • Beobachtungsfragen, die man sich als Lehrkraft in Bezug zu, inklusive Unterricht stellen könnte, wäre zum Beispiel:
    Auf welche Weise werden die sonderpädagogischen Lehrkräfte eingesetzt, nur als „Aufpasser“ für Schüler*innen mit störenden Verhaltensweisen (Schäferhund-Pädagogik)?
    Wie nehmen Schüler*innen mit festgestelltem Förderbedarf sich selber wahr, wirkt der Förderbedarf sich negativ oder positiv auf ihr Selbstwertgefühl aus?
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RV05 Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für den Mathematikunterricht

1. Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule / Gymnasien) in Bremen diesbezüglich zu?

Im Allgemeinen müssen Unterschiede an sich kein Grund zur Sorge sein- jeder Mensch schneidet im Vergleich zu jemand anderem besser oder schlechter ab – der eine ist schöner, reicher, klüger usw. Die bittere Erkenntnis, schlechter als jemand anders zu sein, gehört meiner Meinung nach zum „Menschsein“ dazu, in jeglicher Dimension (Alter, Intelligenz, etc.).

Die Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schüler*innen sind insofern ein Grund zur Sorge, als dass sie ein Symptom der Chancenungleichheit im deutschen Bildungssystem darstellen. Ersichtlich wird dies z.B. in der Studie von Tiedemann/Billmann-Mahecha von 2004, in der festgestellt wurde, dass schon in der Grundschule Schüler*innen mit deutschsprachigem Hintergrund signifikant besser im Mathematikunterricht abschneiden. Die Langzeitstudie von SOKKE, welche 2009 bis 2013 Grundschüler*innen untersuchte, zeigte, dass die Unterschiede von Klasse 1 an bestehen und keinesfalls beim „durchlaufen“ der Klassen minimiert werden. Dies scheint sehr bedenklich zu sein. Zudem gibt es generell laut des Integrationsreports des BAMF auch Unterschiede je nach Migrationshintergrund – bspw. schneiden russische und polnische  Schüler*innen besser ab als Schüler*innen aus Serbien oder Italien (Siegert 2008:4). Dies bedeutet also, das Schüler*innen mit Migrationshintergrund von Beginn des Schuleinstiegs institutionell benachteiligt sind – dies sollte allerdings ein großer Grund zur Sorge sein.

Das zweigliedrige Schulsystem fördert meiner Meinungen nach diese Ungleichheit noch weiter. Statistiken zeigen, dass Schüler*innen mit Migrationshintergund seltener Gymnasien oder Universitäten besuchen (vgl. DGB 2010), sogenannte „Arbeiterkinder“ studieren seltener (vgl. Hochschulreport 2019). Viele Schüler*innen mit Migrationshintergrund haben nicht die Möglichkeit, auf ein Gymnasium zu gehen, weil zum Beispiel die Lehrer*innen denken, dass ihre Eltern sie nicht genug unterstützen können oder andere soziale Umdeutungen anstellen und ihnen entsprechende Schullaufbahnempfehlungen ausstellen (vgl. Bauer 2010). Gomolla und Radtke sprechen hierbei auch von institutioneller Diskriminierung. Die Studie der Rostocker Universität zur Inklusion, welche seit 2010 läuft, zeigt, dass „leistungsstärkere“ Schüler*innen in den Inklusionsklassen keine Leistungseinbrüche haben, „leistungsschwache“ Schüler*innen jedoch davon profitieren können (vgl. Universität Rostock: RIM- Evalutationsberichte ). Ich persönlich denke, dass wir als Studierende oftmals zu unkritisch mit unserem Bildungssystem umgehen –  denn wir gehen aus diesem selektierenden System als „Gewinner“ hervor (schließlich konnten wir Abitur machen und studieren nun Lehramt).

2. Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.

Für den/die Lehrer*in kann das Spielen im Unterricht vorteilhaft sein, da dabei gut beobachtet werden kann,ob die Schüler*innen Regeln begreifen, Strategien entwickeln und Zusammenhänge zwischen den fachlich gelernten Inhalten und dem Spiel erkennen und nutzen können. Für die Schüler*innen kann das Spiel zum einen eine größere Motivation zur Unterrichtsteilnahme sein, da sie sozial interagieren können, während sie lernen. Zudem ist die Aktivität „spielen“ für Kinder weniger negativ besetzt als das schulische Lernen. Auch kann dabei praktischer Nutzen von gekernten Inhalten gut verdeutlicht werden, wie am Beispiel des Spiels „Differenz“ aus der Vorlesungsfolie deutlich wurde. Vorteilhaft war es nämlich für die Kinder, das fachlich gelernte anzuwenden. Zudem können die Kinder durch den Austausch untereinander voneinander lernen in dem sie z.B. Strategien „abschauen“.

3. Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz. Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen helfen können, mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten.

Hat der/die Schüler*in eine Strategie beim Spielen?

Kann der/die Schüler*in seine/ihre Strategie in Worte fassen?

4. Benennen Sie zwei unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend vom Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können.

Eine Möglichkeit ist es, da ab der Sekundarstufe neuropsychologisch gesehen zunehmend auch die Metaebene besser genutzt werden kann, Aufgaben und Übungen zur Reflexion des eigenen Handelns beim Spielen in die Klasse zu geben. So könnten die Spielstrategien der gesamten Klasse zusammengetragen werden und danach die Kinder diese Strategien ausprobieren lassen. Dabei Schüler*innen die Schüler*innen dann herausfinden, welche Strategie sich besonders gut eignet und darüber diskutieren.

Auch könnten die Schüler*innen die Strategien auf andere Spiele übertragen um zu überprüfen, ob diese Strategien auch in anderen Kontexten hilfreich sein können. Dabei kann überlegt werden, warum eine Strategie aufgeht, oder warum nicht.

Quellenverzeichnis außerhalb der Vorlesungsfolien:

1. Siegert, Manuel (2008): Schulische Bildung von Migranten in Deutschland, aus der Reihe Integrationsreport Teil 1, Working Paper 13 der Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, online unter https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/WorkingPapers/wp13-schulische-bildung.pdf?__blob=publicationFile&v=11 zuletzt aufgerufen am 19.05.2020

2. Statistisches Bundesamt (2010): Jugendliche mit Migrations-hintergrund: Am Arbeitsmarkt doppelt benachteiligt in: DGB Arbeitsmarkt Aktuell Nr.06 S.3

3. Hochschulbildungsreport 2020 online unter http://www.hochschulbildungsreport2020.de/handlungsfelder/chancengerechte-bildung zuletzt aufgerufen am 20.05.2020

4. Bauer, Christine (201o): Bildungsbenachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund, erschienen in: Migrationspolitisches Portal Heimatkunde Heinrich Boll Stiftung, online unter https://heimatkunde.boell.de/de/2010/04/01/bildungsbenachteiligung-von-kindern-mit-migrationshintergrund zuletzt aufgerufen am 19.05.2020

5. Gomolla, Mechthild & Radtke, Frank-Olaf (2007): Institutionelle Diskriminierung.: Die Herstellung ethnischer Differenz in der Schule.

6.Voß,Stefan/ Marten,Katharina/ Mahlau,Kathrin/ Sikora,Simon/ Hartke, Bodo : Zum Leistungs- und Entwicklungsstand inklusiv beschulter Schülerinnen und Schüler mit (sonder-)pädagogischen Förderbedarfen auf der Insel Rügen, online unter: https://www.rim.uni-rostock.de, zuletzt aufgerufen am 19.05.2020

Bildverzeichnis:
„Calm down Einstein“ von https://me.me/t/calm-down-calm-down zuletzt aufgerufen am 20.05.2020

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RV04 – „Lässt sich ‚Heterogenität‘ im Klassenzimmer beobachten und was sieht man, wenn man so guckt?“

1. Wie begründen die Autor*innen dass sie nicht ´Differenz´ sondern ´Praktiken der Differenzierung` untersuchen wollen? Können Sie hier auch Bezüge zur Einführungsvorlesung über „Heterogenität“ herstellen?

Als Differenz bezeichnen Rose und Gerkmann „das Ergebnis eines (sicherlich z.T. impliziten) Vorganges des Unterscheidens […], der voraussetzt, Unterschiede zwischen Objekten oder Subjekten wahrzunehmen, zu identifizieren und zuzuschreiben. Sie also buchstäblich zu machen, indem etwas aufeinander bezogen, dabei aber vor allem ‚auseinander getragen‘ wird“ (Rose/Gerkman 2015: 139). Daraus folgt, dass Differenzen keine Gegebenheiten sind, die einfach nur wahrgenommen und benannt werden müssen, sondern dass Differenzen sich aus der Interaktion ergeben. Daher betrachten die Autorinnen es als sinnvoll, sich nicht den Differenzen direkt zu widmen, sondern vielmehr dem Entstehen, also den „Praktiken der Differenzierung“. Dies scheint mir auch insofern sinnvoll, da das Thema Heterogenität, auf welches die beiden Autorinnen auf Seite 192 kurz eingehen, die Differenzkategorien auch bereits betrachtet  (welche Kategorien gibt es, welche Machtgefälle/Privilegien existieren etc.).

2. Die Studie befasst sich mit individualisiertem Unterricht in der Sekundarschule und analysiert Kommunikationsprozesse zwischen Schüler*innen in der Gruppenarbeit im Projektunterricht. Inwiefern spiegelt sich in diesen Prozessen die „soziale Konstruktion von Leistungen“ wieder? Anders gefragt: Wie stellen die Schüler*innen leistungsbezogene Differenz her?

Um zu klären, wie Schüler*innen eine leistungsbezogene Differenz herstellen, muss erst einmal geklärt werden, welche Mechanismen der Differenzierung zugrundeliegen. Rose und Germann sprechen bei drei verschiedene Aspekte an: Das implizite Wissen über soziale Geregeltheit, „Verhaltensroutinen“ und Legitimität bzw. Normativität (Rose/Gerkmann 2015: 193). Wenn differenziert wird, bedeutet dies immer zugleich, dass eine gewissen Norm oder Kategorie zugrunde gelegt wird, anhand derer dann entschieden wird, welche Differenz gebildet wird (Rose/Gerkmann 2015: 194). Diese werden dann durch Verhaltensweisen verstärkt oder gehemmt, wobei unterbewusst  das Wissen um soziale Stellungen einfließt. Hier spielen auch Erwartungen an Normalformen eine große Rolle, welche auch schon in den anderen Seminaren („doing culture“) oder beim Thema Inklusion (Ableism) eine große Beachtung finden. Zudem machen Rose und Gerkmann auch darauf aufmerksam, dass sich bei jeder stattfindenden Differenzierung die Differenzierung selber weiter festigt und bestätigt (oder eben infrage gestellt wird). Hier kann man Parallelen zur Habitus-Theorie Bourdieus erkennen, die unter anderem besagt, dass sich gewisse Verhaltensweisen unterbewusst durch unsere Sozialisation reproduzieren (vgl. Bourdieu 1997: 33, Bourdieu 1998: 99,116,117). Diese Erwartungen und Normen, auf denen die Differenzierung beruht, sind soziale Konstrukte, weswegen man sagen kann, dass auch die Differenzkategorien nicht objektiv beobachtbare Kategorien, sondern konstruierte Phänomene sind.

Im Falle der Schüler stellt es sich so dar, dass sie als unterbewusste Norm Erwartungen an die Positionen „leistungsstark“ bzw „leistungsschwach“ haben; „leistungsstarke“ Schüler*innen zeigen sich bspw. aufmerksam, gucken sich an, beziehen sich auf den gemeinsamen Gegenstand usw – um in diese Kategorie zu kommen, muss der Schüler in jedem Falle so tun, als ob(Rose/Gerkmann 2015: 204). So werden die Schüler in unterschiedliche Positionen gebracht, und wiederum entsprechend ihrer Position adressiert – was wiederum zur Verstärkung der Position führt. In der Schule führt die „Omnipräsenz von Noten“ (Rose/Gerkmann 2015: 205) dazu, dass die Leistungsbewertung von Schüler*innen einen große Stellenwert einnimmt. Da Schule ein sozialer Ort wird, wird laut Rose und Gerkmann eine Übersetzung in eine soziale Dimension- als Sympathien/Antipathien oder Nähe/Distanz vollzogen (Rose/Gerkmann 2015: 206). Hierdurch verstärken die Schüler*innen unter sich die leistungsorientierte Kategorisierung.

3. Erläutern Sie, inwiefern sich die von Rose und Gerkmann festgehaltenen Beobachtungen von schultypischen Differenzierungen (nicht nur bezogen auf Leistung) innerhalb von Gruppenarbeiten mit Ihren eigenen Erfahrungen decken. Diskutieren Sie Ihre eigenen Erfahrungen vor dem Hintergrund des Textes!

Die in dem Text behandelten Situationen aus Gruppenarbeiten sind sehr weit verbreitet –  im Internet gibt es sogar Memes, bei denen es genau darum geht: Ein Teil der Gruppe arbeitet und der andere Teil der Gruppe lehnt sich zurück. Dies habe ich in meiner Schulzeit sehr häufig erlebt. Es gab eigentlich in jeder Klassenstufe bei mir „diese*n Eine*n“, bei dem man immer insgeheim hoffte, nicht mit ihr/ihm in eine Gruppe gesteckt zu werden. Dass hierbei jedoch verschiedene gruppendynamische Prozesse und Differenzierungsprozesse zugrundeliegen, haben wohl die wenigsten im Hinterkopf. Meiner Einschätzung nach würden die meisten „aktiven“ Schüler*innen von sich behaupten, gute Gruppenmitglieder zu sein und nicht die“inaktiveren“ Schüler*innen unterbewusst durch ihre Verhaltensroutinen in ihrer Aktivität zu hemmen – in den Beispielen im Text wurde jedoch sehr deutlich, dass die Schülerinnen, die sehr aktiv waren, genau dies unterbewusst taten.

 

Quellenverzeichnis:

1. N. Rose, A. Gerkmann (2015): Differenzierung unter Schüler_innen im reformorientierten Sekundarschulunterricht – oder: warum wir vorwiegend ‚Leistung’ beobachten, wenn wir nach ‚Differenz’ fragen in ZQF, 16.JG

2 . P. Bourdieu (1997): Die verborgenen Mechanismen der Macht Hamburg: VS Verlag (Stangl, 2020)

3. P. Bourdieu (1998): Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt am Main : Suhrkamp Verlag (Stangl, 2020)

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„Hangover Group Work“ von https://9gag.com/gag/aAYWqe0/hangover-group zuletzt aufgerufen am 12.05.2020

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RV01 – Heterogenität und Schule

  1. Bitte begründen Sie unter Rückgriff auf die Ausführungen in der Präsentation, warum Heterogenität im schulischen Kontext häufig als ´Herausforderung´, die bewältigt werden muss, wahrgenommen wird?

Das momentane Schulsystem ist größtenteils homogen, z.B. mit einheitlichen Curricula oder Rückstufungen. Nach Trautmann/Wischer ist Heterogenität in der Pädagogik als Reflexionsansatz zu denken, dies bedeutet nicht, das Kind selber, sondern das System Schule zu ändern, um den Anforderungen eines jeden Kindes gerecht zu werden (Trautmann/Wischer 2011, S.17-18). Lehrer*innen sind Teil dieses Systems. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und seine Gewohnheiten zu ändern, dass fällt oft besonders schwer (Verplanken/Orbell 2019: 67-85).
Wenn Lehrkräfte der Heterogenität in der Schule gerecht werden möchten, dann müssen sie als Teil des Systems Schule ihren Stunde individuell gestalten, anstatt bspw. der ganzen Klasse ein und denselben Aufgabenzettel hinzulegen. Dies kostet mehr Ressourcen – ob dies nun Zeit, Geld oder Lehrpersonal an sich ist. Hilfreiche Lehrstrategien wie das Co-Teaching können nur dann gut bewältigt werden, wenn genügend Ressourcen zum Austausch zwischen Lehrern vorhanden sind – oder wenn es überhaupt genügend Lehrer*innen an der Schule gibt. Aber auch die räumlichen Gegebenheiten müssten geändert werden: kleinere Klassenräume, die z.B. in 2 Räume geteilt werden können. Zudem wäre eine Bildungsdidaktik, die die kindliche Individualität aufgreift von Nöten, um den Lehrern, die momentan die ganze „Last der Individualisierung“ tragen, abzunehmen ( denn die Lehrer*innen sind nur ein Teil des Systems, und nicht das System Schule selbst). Solche, der Heterogenität angepassten, Methoden werden daher oft als „Herausforderung“ angesehen, da sie das ganze System Schule verändern und nicht von Einzelpersonen getragen werden können.

  1. Was ist damit gemeint, wenn von dem ´Konstruktionscharakter´ von Heterogenität die Rede ist? Bitte erklären Sie das in eigenen Worten.

Bei einer sozialen Konstruktion wird aufgrund von bestimmten Merkmalen eine Kategorie gebildet, anhand derer dann Menschen klassifiziert und ggf. auch hierarchisiert werden. Dabei werden die Merkmale in ihrer Komplexität reduziert und somit Stereotypen gebildet. Dies kann aber nur in Abgrenzung zu anderen gewählten Merkmalen geschehen, d.h. es wird immer eine „Norm“ zugrunde gelegt, um dann die „Normabweichung“ zu bestimmen (vgl. Abdul-Hussain/Hofmann 2013). Wenn man nun Heterogenität beschreibt, dann passiert dies auch an Differenzlinien der „Homogenität“, sei es nun im Bereich „Behinderung“, Religion oder Alter.

  1. Bearbeiten Sie eine der beiden unten aufgeführten Aufgabenstellungen (3a oder 3b)

3b) Welche Erfahrungen im Umgang mit der Corona-bedingten Ungleichheit der Bildungschancen von Schüler*innen machen Sie aktuell in ihrem Umfeld. Bitte reflektieren Sie diese mit Bezug auf die Stellungnahme der Bildungswissenschaftler*innen.

Ich wohne zurzeit zusammen in einem Haus mit meinem Bruder und seiner kleinen Familie. Beide Eltern sind seit der „Corona-Krise“ im Home-Office, da meine Nichte nicht in die Kita kann. Sie haben Glück, beide können sich tagsüber aufteilen, oder ich passe bei Engpässen auf. Meine Nichte hat in dieser kurzen Zeit gelernt, Fahrrad zu fahren oder kann nun ihren Namen schreiben, fast den ganzen Tag beschäftigt sich jemand mit ihr. Natürlich – sie geht noch nicht in die Schule. Aber trotzdem wird von Kindern in der Grundschule ein gewisses Niveau  erwartet, welches sie mitbringen sollen. Und so ist es auch in der Sekundarstufe. Mein Nachbarsjunge beklagt sich darüber, jeden Tag lernen und üben zu müssen – ich denke mir dabei, wie froh er darüber sein kann, dass seine Eltern sich darum kümmern (können). Die Corona-Krise scheint für bildungsnahe Haushalte lösbar, aber für Haushalte, in denen diese technischen oder zeitlichen  Möglichkeiten nicht gegeben sind, werden die Kinder nicht ausreichend unterstützt, weswegen ich mich den Sorgen der Bildungswissenschaftler anschließe, dass die Bildungschancen nach der „Corona-Krise“ wieder ungleicher als zuvor verteilt sein werden.

Zusätzliche Quellen außerhalb der Vorlesungsmaterialien:

Literaturverzeichnis:

1.Verplanken B., Orbell S. (2019): Habit and Behavior Change. In: Sassenberg K., Vliek M. (eds) Social Psychology in Action. Springer, Cham

2.Abdul-Hussain S.,Hofmann R. (2013): Diversität als Soziale Konstruktion abgerufen von https://erwachsenenbildung.at/themen/diversitymanagement/theoretische_grundlagen/soziale_konstruktion.php zuletzt aufgerufen am 22.04.2020

Bildverzeichnis:

1. „Die Lerngruppe ist sehr heterogen“ -Vielfalt als Normalität aufgerufen von https://www.vielfalt-lernen.de/2013/09/13/die-lerngruppe-ist-sehr-heterogen-vielfalt-als-normalitaet-anerkennen/ zuletzt am 22.04.2020