April 12th, 2021

Interview mit der Polizei – § 238 StGB

Am 24.03.2021 um 11 Uhr hatten wir einen Interviewtermin mit einer Kriminalkommissarin von der Polizei Bremen.

Bevor wir die Aufzeichnung des Gesprächs starteten erklärte sie uns, dass es seit 2017 eine Neuregelung für die Stalking-Strafbarkeit gibt. Somit ist ein Täter schon strafbar, wenn nur die Möglichkeit einer Gefährdung des Opfers besteht (§ 238 StGB). Davor musste das Leben der betroffenen Person schon negativ beeinflusst sein, damit sich der Täter strafbar machte. Durch die neue Regelung ist auch eine schnellere Verfolgung des Täters möglich.

Nachdem sie uns dies erklärt hatte fingen wir mit dem eigentlichen Interview an:

SPEAKER: Was genau ist Ihr Bereich und womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Arbeit?

KRIMINALKOMMISSARIN: Ich mache häusliche Gewalt und Stalking und häusliche Gewalt ist ja mal, wenn die Leute noch zusammen in einer Hausgemeinschaft leben und oder geschieden sind. Häufig geht es dann ja um andere Sachen, wie Umgangsrechte und finanzielles und und und. Da überschneidet sich das. Aber Stalking kann ja auch eine verschmähte Liebe, oder sonst irgendwas sein, oder auch wirklich etwas krankhaftes von dem Täter, der halt meint, „die hat mich ganz besonders angeguckt und deswegen liebt die mich, die zeigt es nur niemanden“. Solche gibt es ja auch leider. Aber hier besteht ja bereits richtiger Kontakt. Im Bereich des digitalen findet häufig zuvor irgendetwas Persönliches statt und dann recherchieren viele Täter und finden dann, oder haben es noch von vorher, Facebook, Instagram und andere und belästigen dann auf diese Weise.

SPEAKER: Und wie häufig sind die Fälle des digitalen Stalkings oder der digitalen Belästigung?

KRIMINALKOMMISSARIN: Ich würde sagen – Zahlen kann ich nicht sagen – aber gefühlt spielen sich in meinem Bereich mindestens 70 Prozent irgendwie digital ab. 70 Prozent von den Stalking-Delikten hat auch irgendwelche Auswüchse im Bereich der digitalen Medien. Also Belästigung und so weiter.

SPEAKER: Das ist auf jeden Fall eine hohe Zahl.

KRIMINALKOMMISSARIN: Das würde ich sagen. Ich habe hier ein Beispiel (Fallakte wird hervorgesucht). Dies sind ein Mann und eine Frau, die zeigen sich immer gegenseitig an. Sie zeigt immer Nachstellung an. Die beiden waren ein Paar, dann waren sie wieder kein Paar, dann waren sie wieder ein Paar, haben alle Anzeigen zurückgezogen und ich wurde ganz feierlich zur Hochzeit eingeladen. Ich habe jedoch nicht zugesagt, weil ich relativ pessimistisch war, was die weitere Zusammenarbeit mit denen betraf und so war es dann auch; Jetzt sind sie aktuell nicht mehr verheiratet. Und sie zeigt an, dass er sie anschreibt, per SMS, WhatsApp und diese Messenger. Was sie nicht will. Dann hat sie sich eine Gewaltschutzverfügung geholt und das sind allein schon jeweils immer ein Delikt. Verstoß gegen richterliche Anordnung, Verstoß, Verstoß, Verstoß (blättert durch die Akte). Und dann Nachstellung und Stalking. Und er geht zum Beispiel so vor, dass er sie entweder anschreibt oder/und Liebesgeständnisse macht. Sie schreibt zurück, dass er sie in Ruhe lassen soll, dann macht er das natürlich nicht und so weiter. Er zeigt dann gelegentlich an, dass es falsch ist, was sie anzeigt. Und wir müssen dann wiederum dem Täter beweisen, dass es so gewesen ist und es muss dann auch die Beweise geben. Und beide werfen mit Beleidigungen und Drohungen um sich. Und so zieht es sich dann immer weiter.

SPEAKER: Es kommt einen fast so vor, wie ein schlechter Krimi.

KRIMINALKOMMISSARIN: Ja, genau, und weil sich sowas dann so in die Länge zieht haben wir auch Opfer die der Anzeigelust auch müde werden. Und dann gibt es extra so ein Opfertagebuch, das wir immer sagen, dass sie führen sollen, was auch als Beweismittel vor Gericht zählt.

SPEAKER: Und das Opfertagebuch wird verwendet, damit man alles auf einmal vor sich hat?

KRIMINALKOMMISSARIN: Ja, genau, sodass wir es anders haben, als bei dem Beispiel von eben. Anstatt die vielen Anzeigen wird dann eine Anzeige im Zeitraum von „…“ bis „…“ verfasst und dann wird angegeben „er hat so und so viele Male geschrieben“ und so weiter. Dass man alles zusammenfasst.

SPEAKER: Haben Sie denn auch Fälle wo alles komplett digital abläuft oder kannten die sich meistens vorher persönlich?

KRIMINALKOMMISSARIN: Wenn persönlich, dann eher, dass sie sich über solche Plattformen wie Tinder und Lovoo und was weiß ich noch kennen gelernt haben und geschrieben haben. Man hat sich vielleicht noch einmal getroffen und einer sagt dann, „das ist nichts für mich“ und der andere kann dann mit dieser Schmach schwer leben und beschuldigt die Person dann. Manche kommen auch auf ganz absurde Ideen, wie zum Beispiel eine Internetseite für die Person zu erstellen im Sinne von „ruft mich an, ich mache alles fürs kleine Geld“ und dann kriegt sie 400 Anrufe am Tag, ob sie irgendwelche sexuellen Handlungen anbietet. Und leider ist die Verfolgung von solchen Internetseiten nicht so einfach. Was es auch schwer macht, ist, dass die meisten wenig gewillt sind Social Media dann aufzugeben. Jeder hat Facebook und Instagram und niemand will es löschen. Wir raten immer dazu, aber das ist für die Leute schwer möglich. Das Leben spielt sich schon sehr viel online ab. Ich glaube die würden lieber ihre Wohnung aufgeben, als da ihren Instagram Account zu löschen. Und das gibt der Belästigung guten Boden, weil die Leute ja auch interessanterweise viel offener sind im Internet, als wenn man sich gegenüber sitzen würde und das öffnet zum Teil Tür und Tor für solche Situationen.

SPEAKER: Das Internet gibt einen eine bestimmte Anonymität und man ist doch seinen eigenen Raum geschützt.

KRIMINALKOMMISSARIN: Ja, und man meint ja auch, man kennt die andere Person, weil man lange mit der gechattet hat.

SPEAKER: Wir hatten ja auch eine Umfrage an unserer Universität durchgeführt und wir haben auch die Frage gestellt „Stellst du Bilder online? Und wenn ja/nein, warum/warum nicht?“ und ganz viele haben geschrieben, dass sie denken, es ist sicher, weil ihr Leben ja auch nicht so interessant ist.

KRIMINALKOMMISSARIN: Ja, und wenn das schon einer von sich glaubt – man muss das ja auch noch mal anders herum sehen – wenn die jetzt irgendwen kennen lernen und der sagt, „dich soll keine haben, ich liebe dich so sehr, dich soll keiner außer mir haben“ ist das ja zunächst schmeichelhaft. Und gerade für die Leute, die sagen, so spannend ist ihr Leben gar nicht, ist es schmeichelhaft. Das ist es auch, aber das kann Auswüchse annehmen und eine komische Dynamik bekommen, wodurch sich alles auch ins Negative entwickeln kann.

SPEAKER: Wie läuft denn der Prozess ab, wenn jemand dann Anzeige erstattet?

KRIMINALKOMMISSARIN: Derjenige geht zu einem Polizeirevier und die Beamten dort nehmen die Anzeige auf und dann wird geguckt, was das für ein Bereich ist. In diesem Fall dann ja „Häusliche Gewalt und Stalking“ und dann wird noch nach dem Bereich geguckt. Wir sind hier mit drei Frauen für den gesamten Bremer Osten zuständig, der geht Horn, Oberneuland, Borgfeld, Tenever, Sebaldsbrück, Hemelingen bis Hastedt. Das ist schon eine ganze Menge, wir sind ein großer Bereich. Und wir kriegen dann wie gesagt die Anzeigen, entsprechend verteilt, je nachdem ob wir den Geschädigten oder den Beschuldigten schon einmal hatten. Und dann kriegt man eine Akte und nimmt die Ermittlung auf. Man ruft die Geschädigten eigentlich sofort an und dann habe ich irgendwann mal was zusammengefasst, was wir fragen (Suche nach einem Dokument auf dem Computerbildschirm)… . Hier, sowas; Wir fragen dann wie die aktuelle Situation ist, wie viele Verstöße es auch nach dieser Anzeige gab, sodass ich die auch direkt anfordern und in einem Stück mit abarbeiten kann. Dann noch sowas wie, ob weiter Kontakt zum Beschuldigten besteht, was tatsächlich häufig noch der Fall ist aus irgendwelchen Gründen. Auch erfragen wir dann noch Sachen über den Beschuldigten, wie ob schon Bedrohungen kamen oder andere lebensgefährlichen Situationen. Manchmal siehst du ja auch schon an den Texten, wie jemand schreibt, ob an der Geschichte etwas falsch ist.

SPEAKER: Wie oft passiert es denn, dass Täter oder Opfer männlich/weiblich sind?

KRIMINALKOMMISSARIN: Frauen kommen in solchen Fällen tatsächlich häufiger vor, als man denkt, allerdings ist es da dann eher verschmähte Liebe, was sie antreibt. Die Frauen sind dann meistens richtig kreativ um Sachen über die Männer herauszufinden, sei es nun ein Werbesticker auf einem geschickten Foto oder sowas. Doch grundsätzlich sind es doch die Frauen, die häufiger Anzeige erstatten.

SPEAKER: Und ab wann würden Sie sagen, sollte die betroffene Person Anzeige erstatten?

KRIMINALKOMMISSARIN: Immer sofort. Ich glaube je schneller etwas aktenkundig ist, wir machen ja auch Gefährderansprachen, das heißt, wenn ich manchmal eine Akte kriege, dann rufe ich ja nicht nur die Geschädigte an, sondern auch den Beschuldigten und sage ihm, er soll es sein lassen. Wir fahren auch mit Kollegen vom Streifendienst hin zur Arbeit und sagen denen, sie sollen es sein lassen, wenn es massiv wird. Wir werden da schon aktiv und machen diese Gefährderansprachen. Bei einigen hilft es, bei anderen nicht.

SPEAKER: Und helfen diese Gefährderansprachen den wirklich?

KRIMINALKOMMISSARIN: Ich wurde sagen zu 50 Prozent helfen sie. Meistens bei den Leuten, die etwas zu verlieren haben, weil sie durch die Ansprache von der Polizei merken, dass es ernst wird, da wollen sie keine rechtlichen Konsequenzen riskieren. Bei anderen habe ich dagegen schon 20 Ansprachen gemacht und das interessiert die nicht. Wir arbeiten ja sowieso in verschiedenen Bereichen. Einmal sind wir ja im Strafrecht unterwegs, mit den Anzeigen, § 238, Nachstellung, Bedrohung, Nötigung sind Straftaten. Dann arbeiten wir natürlich auch im Bereich der Gefahrenabwehr, das ist Prävention bei uns und läuft nach dem Polizeigesetz. Da können wir zum Beispiel Platzverweise erteilen, dass einer sich da nicht mehr aufhalten darf und so weiter. Und dann haben wir noch den Bereich des Zivilrechts, der ja eigentlich nicht Polizeisache ist, sondern das Zivilrecht kommt dann bei uns mit ins Spiel, wenn die Geschädigte – sagen wir mal, eine weibliche Geschädigte – sich eine Gewaltschutzverfügung holt. Das heißt, sie geht zum Amtsgericht, wir kennen den Täter dann schon und sie stellt einen Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung, ein Annäherungsverbot. Dann geht das zum Richter – der sagt ja oder nein – und der erlässt einen Beschluss. Dies ist dann meistens ein halbes Jahr gültig. Interessant wird es dann, wenn der Beschuldigte gegen diesen Beschluss verstößt. Denn dann muss sie tatsächlich wieder zum Gericht gehen und einen Antrag stellen auf Ordnungsgeld/Ordnungshaft.

SPEAKER: Werden die Verfügungen denn auch eingehalten?

KRIMINALKOMMISSARIN: Tatsächlich würde ich sagen, ich denke, die meisten Verfügungen werden eingehalten. Manchmal ist es so, die sind ja nur ein halbes Jahr gültig, und dann direkt nach diesem halben Jahr geht es sofort weiter. Interesse hält lange.

SPEAKER: Was raten sie denn den betroffenen Personen? Was sollen sie tun?

KRIMINALKOMMISSARIN: Also insgesamt, und das würde ich auch immer raten fürs gesamte Leben: Eierrei bringt nichts. „Wir wollen nochmal reden, warum wir uns getrennt haben“, man hat sich getrennt, man hat sich so entschieden, es bringt nichts darüber noch einmal zu sprechen. Herumeiern bringt nichts. Man gibt ihnen den kleinen Finger und sie reißen einen den Arm heraus. Genau so ist das mit den Rechtfertigungen: „Er hat ja nur…“, „das war ja nicht so schlimm…“ und so weiter. Also ne, entweder man zieht einen Schlussstrich oder nicht. Immer wieder anzufangen mit der Person zu schreiben und zu diskutieren bestärkt diese Person nur. Ich hatte jetzt einen Mann, der hat eine ganz lange SMS geschrieben und hat dabei aber jedes einzelne Wort einzeln verschickt. Wir konnten das gar nicht ausdrucken, denn das wäre ein Buch geworden. Und so sollte man lieber einmal klipp und klar „Nein“ sagen und diese Personen blockieren. Und dann noch etwas: Immer alles aufbewahren. Nicht sofort den Chatverlauf löschen, weil man die Nachrichten nicht mehr sehen will. Immer alles aufheben, was bei einer Anzeige nützlich sein könnte.

[…]

SPEAKER: Was würden sie denn sagen, kann man präventiv machen um solche Fälle zu verhindern? Reicht es zum Teil schon sein Profil auf privat zu stellen?

KRIMINALKOMMISSARIN: Ich glaube schon, dass es hilft, klar. Und vielleicht auch einfach mal diese Leichtgläubigkeit ablegen. Dieses „Handynummer nach Lust und Laune vergeben“. Nicht jedem sofort die Handynummer geben. Nun muss ich auch sagen, dass ihr die Generation seid, die jetzt durch diese Corona-Geschichte ziemlich blöd dasteht. Jetzt für die Uni tauscht ihr wahrscheinlich tausendfach die Handynummer durch, weil es nicht anders geht. Es ist ja alles digital. Deswegen ist das „sich ausziehen“ digital sprichwörtlich durch Corona verstärkt. […]

SPEAKER: Betrifft sowas denn eher junge Leute?

KRIMINALKOMMISSARIN: Euer Alter tatsächlich weniger. Im Moment habe ich eher die, die ein bisschen verzweifelter sind, einsam. Immer eher so im Alter um die 30 oder 40 Jahre. Aber ich glaube es ist möglich, dass viele in dem Alter, in dem ihr jetzt seid, nicht zur Polizei gehen mit solchen Geschichten

SPEAKER: Denken Sie denn, dass das Thema digitales Stalking normalisiert wird, dadurch das heutzutage jeder die Social Media Plattformen nutzt?

KRIMINALKOMMISSARIN: Ja, ich glaube schon. Ich bekomme das ja mit bei Kollegen, die selbst Facebook oder Instagram haben, viele regeln das auch einfach alleine, wenn ihnen etwas komisch vorkommt. Und man weiß es ja selber, wie schnell eine Nachricht auch falsch verstanden wird.

SPEAKER: Würden Sie denn sagen, dass eine Plattform besonders häufig bei solchen Fällen auftaucht?

KRIMINALKOMMISSARIN: Also, Instagram und Facebook sind sowieso die Klassiker und dann natürlich vor allem noch diese kostenlosen Kontaktplattform wie Lovoo oder Tinder. Da lernen die sich halt kennen, tauschen natürlich die privaten Nummern aus und von da an entwickelt sich das dann weiter. Bei den Seiten, wo die Anmeldung was kostet ist das Risiko nicht so hoch, weil die Leute es dort halt ernster nehmen, wenn sie dafür Geld zahlen müssen. Es gibt auch mal die ganz seltenen Fälle, wo wir wirklich mal gar nicht wissen, wer der Täter sein könnte. Da hatten wir jetzt eine, die bekommt seit einem Jahr täglich SMS, wenn man die aber anguckt, ist die gleich wieder weg. Und sie wollte dann auch nicht ihr Handy aufgeben, sodass unsere Techniker da mit drauf schauen können. Und jeden Abend hat sie so einen Text bekommen, wie „du hattest ja heute einen schönen roten Pullover an“ oder „hat der Kaffee geschmeckt?“, etwas richtig Persönliches. Irgendwann hat es dann einfach aufgehört, aber bis heute wissen wir nicht, wer es war.

SPEAKER: Das ist gruselig. Noch mal etwas anderes, als wenn man die Bedrohung kennt.

KRIMINALKOMMISSARIN: Ja, genau. Und bei sowas weiß man halt auch, dass es jedem passieren kann. Bei den meisten ist es ja so, dass man einiges vermeiden könnte, wenn man etwas konsequenter ist, aber hier gibt es nichts, was die Person tun kann. Aber naja, mein nächster Termin wartet, wenn ihr noch irgendetwas braucht, dann sagt Bescheid.

[Aufnahme beendet]

April 12th, 2021

Typen von Stalkern

Wenn man nach dem Begriff Stalking im Internet sucht findet man sehr viele Websites. Hilfeseiten wie hilfetelefon.de oder Informationsseiten wie polizei-beratung.de. Dort werden dann auch die Motive von stalkenden Personen dargestellt, die vom Ausüben von Macht, Dominanz und Kontrolle bis hin zu Eifersucht und Rache gehen.  Wenn man dann weiter in Richtung Motive für Stalking sucht findet man diese Typen von Stalkern:

  • Der zurückgewiesene Stalker (the rejected Stalker): Hierbei handet es sich um einen Akt des Stalking, der aus dem Bruch einer Beziehung entsteht. Familienbeziehung, Liebesbeziehung oder etwas ähnliches. Die anfänglichen Motive hierbei sind häufig, dass die stalkende Person versuchen will, die Beziehung wieder herzustellen oder versuchen will, Rache auszuüben, weil sie zurückgewiesen wurde.
  • Der intimitätssuchende Stalker (the intimacy seeking Stalker): Das intimitätssuchende Stalking tritt auf, wenn die Person sich einsam füllt. Meistens sind die Opfer Fremde oder Bekannte, die in den Augen der stalkenden Person eine Beziehung verkörpern, die es geben könnte. Hierbei kommt es häufig vor, dass der Täter psychisch krank ist und Wahnvorstellungen z.B. darüber hat, dass die beiden schon längst in einer Beziehung sind.
  • Der inkompetente Verehrer (the incompetent Suitor):  Ähnlich wie bei dem intimitätssuchenden Stalker ist die Motivation hier Einsamkeit und Lust und die Opfer sind häufig Fremde oder Bekannte. Der Unterschied ist jedoch, dass der inkompetente Verehrer eher eine kurze Beziehung oder eine sexuelle Beziehung sucht. Normalerweise ist ihr Interesse in ein Opfer von kurzer Dauer, aber wenn sie weiter das Opfer umwerben, dann häufig, weil sie die Not des Opfers nicht mitkriegen oder dem gegenüber blind sind.
  • Der ärgergetriebene Stalker (the resentful Stalker): Ärgergetriebenes Stalking tritt auf, wenn der Täter denkt, er wurde falsch behandelt oder war in seinen Augen das Opfer von Ungerechtigkeit oder Demütigung. Auch hier kann ein Grund eine psychische Krankheit sein, die paranoide Vorstellungen verstärkt.
  • Der Jagdstalker (der predatory Stalker): Hierbei handelt es sich um Stalking, dass aus dem Begehren einer sexuellen Beziehung resultiert. Das Stalking befriedigt den Täter sexuell, oder dient dazu die Routine des Opfers herauszufinden, für einen eventuellen sexuellen Übergriff. Die Opfer sind hierbei meist Fremde, was dem Täter ein Gefühl von Macht über sie gibt, weil sie meistens nicht wissen, dass sie überhaupt gestalkt werden.

Dies sind die Umschreibungen der verschiedenen Typen von Stalkern. Wir finden, dass sich diese Typen auch gut auf das digitale Stalking und die digitale Belästigung anwenden lassen. Bei unserem Interview mit der Polizei Bremen hat die Kriminalkommissarin geschätzt, dass in etwas 70 Prozent ihrer Stalking Fälle irgendwelche Auswüchse in Social Media hat. Von Recherche über das Opfer bis hin zur eigentlichen Belästigung online kann alles dabei sein.

April 10th, 2021

Interview Teil 2

00:00:00

[…]

00:00:07
Speaker 2: Kurze Frage zu Beginn. Wie alt bist du?

00:00:08
Speaker 3: Ich bin 20 Jahre alt.

00:00:15
Speaker 1: Also ich habe die Fragen aufgeschrieben und wir hoffen natürlich, dass sich vielleicht noch ein paar Fragen im Verlauf ergeben werden. Wir haben uns vor dem Gespräch schon einmal getroffen, um ein bisschen über unsere Erfahrungen zu sprechen. Es ist ja schon krass, was so passiert, obwohl man es gar nicht richtig als Belästigung wahrnimmt, aber was letztendlich doch Belästigung ist. Wir hatten auch gerade schon über ein paar Situationen gesprochen, die uns passiert sind, wo wir uns gar nicht so gefühlt haben. Und erst im Nachhinein ist uns dann aufgefallen, dass es doch ein bisschen merkwürdig war und eigentlich nicht ganz normal. Also, jedenfalls du hast uns ja schon deine Geschichte bei What’s App erzählt. Danke auch erstmal dafür! Es war ja sehr ausführlich. Du hattest dir, glaube ich, sogar Notizen gemacht, oder?

00:01:09
Speaker 3: Ja, weil ich erst mal darüber nachdenken musste, da es schon relativ lange her war.

00:01:16
Speaker 1: Ja, ich glaube, du hattest gesagt  anderthalb bis zwei Jahre, oder? Also warst du dann auch schon achtzehn. Na ja, okay. Aber die erste Sache, die wir uns gerade noch gefragt hatten, weil du glaub ich nicht in deiner Audio darauf eingegangen bist, hatte der Mann eigentlich Bezüge zu dir? Hattet ihr gemeinsame Freunde, sodass du ihn auf Instagram als Freund angenommen hast? Und habt ihr in der gleichen Stadt gelebt? Oder was war der Grund, warum du ihn anfangs überhaupt angenommen hast?

00:02:01
Speaker 3: Ja, das ist eine gute Frage, ich glaube, es war so, dass ich zu dem Zeitpunkt noch einen öffentlichen Account hatte, und dann hatte er mich angeschrieben wegen irgendeiner Story auf Instagram, die ich gemacht habe. Ich weiß aber nicht, wie er auf mein Profil gestoßen ist. Vielleicht durch diese Bekannten von mir, die mit ihm in einem Sportverein waren. Aber das weiß ich eigentlich gar nicht so genau.

00:02:22
Speaker 1: Stimmt, das hattest du auch in deiner Audio gesagt.

00:02:25
Speaker 3: Ich glaube, er hat auch Medizin studiert. Und ich habe öfter mal so Sachen zu Tierversuchen gepostet und dann ist er darauf eingegangen. Irgendwann hat er mich ja dann gefragt, ob ich mal zu einem internationalen Kochen vorbeikommen würde. Aber wie er wirklich auf meinen Account gekommen ist, habe ich wirklich keine Ahnung.

00:02:46
Speaker 1: Hatte das Kochen denn irgendeinen Bezug zu irgendetwas, was du gepostet hast. Oder wie kam er auf das Kochen?

00:02:52
Speaker 3: Ich glaube, das war einfach an dem Tag, weil er mich anscheinend sympathisch fand und dann gefragt hat, ob ich vorbeikommen möchte.

00:03:05
Speaker 1: Generell ja auch nichts Verdächtiges. Tja, dazu kommt es dann später.

00:03:14
Speaker 2: Hast du ihn denn schon mal in Realität gesehen bzw. getroffen?

00:03:22
Speaker 3: Nein.

00:03:30
Speaker 4: Du hast ja gesagt, dass du dein Profil damals noch öffentlich hattest. Hast du das dann aus diesem Grund privat gestellt oder hatte das andere Gründe?

00:03:38
Speaker 3: Ja, ich habe das dann aus dem Grund zwischendurch privat gestellt. Trotzdem kamen weiterhin diese Anfragen und Kontaktversuche und ich habe mir zuvor immer wieder seine Stories angeschaut, um zu erfahren, ob er das ist. Mittlerweile habe ich es aber wieder öffentlich.

00:04:19
Speaker 2: Wusstest du denn, wie alt er ist? Oder wusstest du überhaupt irgendetwas über ihn?

00:04:22
Speaker 3: Also ich wusste seinen Namen und ich wusste, dass er so Anfang dreißig oder Ende zwanzig war und dass er erst vor Kurzem nach Deutschland gekommen ist, aber mehr wusste ich nicht.

00:04:42
Speaker 1: Ja, stimmt, du hast dein Profil wieder öffentlich gestellt. Hatte das denn einen bestimmten Grund? Hattest du das nur wegen ihm privat gestellt und jetzt, wo du denkst, dass es vorbei ist, wieder öffentlich gestellt?

00:05:14
Speaker 3: Ja. Irgendwann hat er mich dann in Ruhe gelassen und dann dachte ich, ja gut ich stelle es jetzt wieder auf öffentlich. Ja, warum weiß ich jetzt gar nicht so genau. Ich hatte das davor auch immer öffentlich. Keine Ahnung. Ich dachte, dass wenn ich dort jetzt eh schon Bilder hochladen, die nicht nur für meine Freunde bestimmt sind, dann kann ich’s ja doch öffentlich machen. Genau. Es ist natürlich immer noch eine wichtige Frage, da natürlich noch Potenzial besteht, dass so etwas wieder kommt.

00:05:50
Speaker 1: Aber was postest du denn genau? Denn es hört sich ja jetzt nicht so an, als würdest du jede Menge private Sachen posten.

00:05:56
Speaker 3: Ja, doch, ich poste schon Bilder von mir und was ich so mache. Also die üblichen Sachen, aber auch über politische Themen und das will man schon mit mehreren Leuten teilen.

00:06:15
Speaker 1: Wir wollten dich noch fragen, was für dich die schlimmste Situation war. Also hast du eine Situation erlebt, wo du richtig Angst hattest? Du hattest ja auch in deiner Audio gesagt, das er in seinen Stories immer persönliche Sachen reingeschrieben hat, die für dich bestimmt waren. Ich glaube, nach einer Weile hätte ich das auf jeden Fall sehr komisch gefunden. Sagen wir mal so.

00:06:49
Speaker 3: Ja, also bei mir war so ein Punkt erreicht, als er dann dieses Trikot für mich gemalt hatte mit meiner Rückennummer und meinem Verein und so weiter. Da wusste ich, dass er schon viel versucht hat, über mich rauszufinden. Da muss man ja erst einmal viel recherchieren, um die Rückennummer herauszufinden. Ja, und das Vereinslogo hat er auch genau abgezeichnet usw. Das würde ich nicht mal selber auswendig aus dem Kopf können.

00:07:21
Speaker 1: Also ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber dort, wo ich aufgewachsen bin, da hatten die Mannschaften immer einen Index auf der Stadtseite, sogar mit Fotos. Hattet ihr das auch? Da konnte man das einfach so nachrecherchieren, ohne dass es jemand wusste. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, vielleicht auch nicht so sicher.

00:07:58
Speaker 3: Die einzige Möglichkeit, wie man es bei uns rausfinden kann, ist die, wenn man auf Fußball.de geht und dann nach dem expliziten Verein sucht und dann in der Historie schaut, was da für Spiele stattgefunden haben und dann die Nummern heraussucht. So kann man es auf jeden Fall rausfinden.

00:08:14
Speaker 1: Aber das erfordert auf jeden Fall mehr Recherche. Wenn man dann weiß, dass derjenige die Recherche auf sich nimmt, um das herauszufinden. Ja, okay. Hast du denn in dieser Zeit dagegen schon mal was unternommen? Außer, dass du seine Accounts blockiert hast. Ist dir noch etwas anderes durch den Kopf gegangen. Oder hast du irgendetwas anderes überlegt zu tun?

00:08:44
Speaker 3: Ja, ich habe ihn auch auf Instagram gemeldet, aber sowas bringt nix. Dabei kommt nichts bei rum. Zwischenzeitlich hatte ich auch mal überlegt, zur Polizei zu gehen. Aber ich war mir nicht sicher und irgendwie tat er mir ein bisschen leid, weil das von ihm so verzweifelt wirkte. Du hattest ja auch gefragt, ob ich Angst hatte und ich dachte jetzt nicht: „Oh Gott, jetzt steht er gleich vor meiner Tür und ich muss Angst vor ihm haben.“ Ich habe es als belästigend empfunden und auch ein bisschen unheimlich, aber nicht wirklich, dass er mir was antun könnte oder so. Weil er irgendwie immer so nett wirkte. Trotzdem noch dazu verzweifelt irgendwie. Und dann dachte ich so ja gut, vielleicht ist dann auch gar nicht nötig und dann habe ich es auch ein bisschen verdrängt. Aber als ich dann später mit einer Freundin darüber geredet habe, hat sie gesagt: „Oh Gott, warum hast du nicht mal irgendwas unternommen.“ Und da ist mir das klar geworden, dass ich das besser hätte machen sollen.

00:09:44
Speaker 1: Ja, wie vorhin schon erwähnt, uns ist es auch erst im Nachhinein klar geworden, dass man irgendwas hätte ändern können.

00:09:52
Speaker 4: Im Nachhinein ist es immer leichter zu sagen „ Ach, hätte ich mal was gemacht.“ Aber in der Situation fällt einem das vielleicht gar nicht so auf.

00:10:06
Speaker 1: Wenn man dann in der Situation steckt, dann erscheint es auch nochmal ganz anders, weil man dann einfach nicht die Zeit hat, länger darüber nachzudenken und später fallen einem die Fehler auf, die man hätte ändern können. Hast du in dieser Zeit auch deiner Familie und deinen Freunden Bescheid gegeben, dass sie ein bisschen darauf achten sollen, weil da dieser Mann ist, der dich immer belästigt und er Sie vielleicht auch mal über dich anschreiben könnte?

00:10:39
Speaker 3: Ja, ich glaube, ich hatte das zwei Freundinnen erzählt und die haben ihn auch sofort blockiert. Also er hat Sie nicht angeschrieben, aber die haben ihn dann trotzdem vorsichtshalber blockiert. Meinem Freund habe ich es auch erzählt und er meinte dann auch, ich soll das Profil auf privat stellen. Genau. Und ich glaube, ich weiß nicht mehr genau, ob er ihn auch mal angeschrieben hat, dass er mich in Ruhe lassen soll. Ich glaube schon.

00:11:08
Speaker 2: Also hattest du auch Bilder mit deinem Freund auf Instagram. Also er wusste, dass du einen Freund hast.

00:11:14
Speaker 3: Ja, er hat das schon gesehen. Also vor allem, wenn er sich genau das Profil angeguckt hat, muss er das gesehen haben. Ich habe ihm das auch öfter gesagt.

00:11:41
Speaker 2: Aber glaubst du, er wollte nur eine Freundschaft? Also wenn du sagst, er war noch nicht lange in Deutschland, dass er einfach Kontakt gesucht hat?

00:11:59
Speaker 3: Ja, ich dachte, als er mich zum Kochen eingeladen hat und meinte, dass ich eine Freundin mitnehmen kann, dass das eigentlich ganz cool ist. Deswegen habe ich auch gesagt „Sag nächstes Mal Bescheid.“ Aber dann kam irgendwann dieses: „Oh, ja, ich habe mich in dich verliebt. Ich liebe dich.“ Und immer wieder solche Nachrichten, ohne dass wir uns jemals gesehen haben. Ich habe auch wirklich nicht viel mit ihm geschrieben, weil mir das irgendwann auch ein bisschen komisch vorkam und er mich überhaupt nicht kannte.

00:12:29
Speaker 1: Gab es denn einen Auslöser, warum er angefangen hat, dir Liebesbekundungen zu schicken? Oder kam das einfach von heute auf morgen?

00:12:45
Speaker 3: Ich glaube, dass kam von heute auf morgen. Mir fällt auch kein Anlass dazu ein.

00:13:49
Speaker 4: Was war denn der erste Auslöser bei dir, wo du gesagt hast:  „Okay, ich blockiere ihn jetzt?“ Also war das tatsächlich erst nach dem Ganzen „Ich liebe dich“ oder war das auch schon vorher?

00:14:01
Speaker 3: Ich glaube, dass war, als er meinte, „Ich liebe dich“ und ich ihm gesagt habe „Lass, mich bitte damit in Ruhe. Das wird nix. Ich habe einen Freund“ und so weiter als, er dann nicht aufgehört hatte, mich anzuschreiben, dann habe ich ihn blockiert.

00:14:36
Speaker 1: Würdest du denn sagen, dass du dadurch vorsichtiger geworden bist? Und bist du jetzt skeptischer gegenüber Leuten, die dich einfach anschreiben und die du wirklich gar nicht kennst?

00:15:01
Speaker 3: Ja, doch. Ich glaube, ich würde auf jeden Fall auf so Einladungen wie zum Beispiel zum Kochen nicht mehr eingehen. Früher habe ich auch öfter bei meinen Bildern oder Stories den Ort angegeben und das würde ich jetzt auch eher weniger machen.

00:22:50
Speaker 2: Okay, ich glaube, das waren fast alle unsere Fragen, oder?

00:22:53
Speaker 1: Ja, wir haben fast alles gefragt. Hast du noch irgendetwas, was du uns sagen willst oder was du anderen Leuten mit auf den Weg gibst?

00:23:11
Speaker 3: Ja, auf jeden Fall früher intervenieren. Und wenn man Angst hat und sich bedroht fühlt, sofort zur Polizei gehen und auch mit der Familie und Freunden sprechen. Also bei mir hat es auch schon geholfen, dass ich dann mit der Polizei gedroht habe. Dann wurde es auch weniger.

00:24:23
Speaker 1: Stimmt, das ist gar nicht mal so blöd, weil jeder eigentlich davor Angst hat, dass es wirklich richtige Konsequenzen gibt.

00:24:58
Speaker 4: Das ist jetzt eine sehr persönliche Frage, aber wünschst du dir denn jetzt im Nachhinein, du hättest irgendwas anders gemacht?

00:25:07
Speaker 3: Hm, ja vielleicht, dass ich ihn schon früher hätte blockieren sollen.

00:25:14
[…]

April 10th, 2021

Interview Teil 1

 

Am 9. März 2021 führten wir ein Interview mit einer betroffenen weiblichen Studentin. Zuvor schilderte sie uns in einer Sprachnachricht die Geschehnisse vor anderthalb Jahren. Ihr schrieb ein junger Mann auf Instagram, eine Nachricht, in der er sie fragte, ob sie nicht Lust hätte auf einen gemeinsamen internationalen Kochabend mit Freunden. Der Mann war für sie unbekannt. Sie wusste nicht, wie lange er schon auf Instagram ihr Freund war und woher er sie kannte. Sie antwortete daraufhin, dass sie leider keine Zeit hätte, aber beim nächsten Mal vielleicht dabei wäre.

In den nächsten Wochen reagierte er immer wieder auf ihre Instagram Stories[1]. Dabei hat sie sich noch nichts gedacht, da er freundlich war und nett wirkte. Als er ihr jedoch ihre Liebe beteuerte und er sie immer häufiger schrieb, dass er sie gerne näher kennenlernen würde, wurde ihr das immer unangenehmer. Zumal sie ihm deutlich gemacht hatte, dass sie kein Interesse hatte, sie einen Freund hat und er das bitte lassen soll.

Eine kurze Weile lang hörte sie von ihm nichts mehr, bis er einer Bekannten von ihr, die zufälligerweise mit ihm im gleichen Sportverein war, ein Geschenk mitgab. Er hatte ihr im Nachhinein vorgeworfen, dass sie das Geschenk nicht selber abgeholt hat. Sie hat daraufhin ihm nett gedankt und ihm nochmals deutlich gemacht, dass sie kein Interesse hat. Beim wiederholten Kontaktieren seinerseits fühlte sie sich jetzt deutlich belästigt, sodass sie seinen Account auf Instagram blockierte. Allerdings hörten die belästigenden Nachrichten nicht auf, da er sich immer neue Accounts mit neuen Namen erstellte. Er ist so vorgegangen, dass er für sie persönliche Nachrichten in seine Instagram Story postete und sie, wenn sie einen neuen Account gesehen hat, der ihr folgen wollte, sich erstmal die Story angeschaut hat, um zu erfahren, wer das ist. Dabei ist ihr klar geworden, dass nur er das sein kann. Auf diese Kontaktversuche reagierte sie nicht, sondern blockierte diese Accounts weiterhin.

Es fing mit Fotos von ihrem ganzen Namen im Schnee an und ging so weit, dass er irgendwann wusste, in welchem Fußballverein sie spielte und welche Rückennummer sie besaß. Sie machte ihren Standpunkt wiederholt deutlich und blockierte die Accounts. Nach einiger Zeit Funkstille bemerkte sie und ihre Freundinnen abends beim Fußballspiel ein Auto und einen Mann, der sie fotografierte. Als sie und ihre Freundinnen sich zu dem Mann umdrehten, rannte dieser zu seinem Auto und fuhr weg. Belegen, dass es der Mann war, kann sie leider nicht, aber der Gedanke kam bei ihr auf, sodass sie sich zunehmend unsicherer fühlte. Er kontaktierte sie weiterhin, bis sie und ihr Freund ihm mit einer Anzeige drohten. Das schien Wirkung zu zeigen, denn seitdem gab es keine Kontaktversuchen seitens ihm.

 

[1] „Bei […] Instagram Stories handelt es sich um kurzen visuellen Content wie zum Beispiel Bilder oder kurze Videos, die nach 24 Stunden automatisch aus der Timeline verschwinden.“
OnlineMarketing.de: Instagram Stories. URL: https://onlinemarketing.de/lexikon/definition-instagram-story [01.04.2021]

 

 

 

 

 

 

April 10th, 2021

Die Meinung unserer Eltern zu unserer Nutzung von Social Media

 

April 7th, 2021

Umfrage zum Thema „Digitales Stalking“

Im Rahmen unseres Projektes führten wir eine Umfrage über das Thema digitales Stalking durch, bei der wir die Teilnehmer*innen nach ihrem Umgang und ihren Erfahrungen mit Social Media befragt haben. Die insgesamt 178 Teilnehmer*innen waren überwiegend junge Erwachsene und überwiegend weiblich.

Wie sicher ist das Internet? Das ist eine Frage, die wohl schon jahrelang zu Diskussionen geführt hat. Auch wir haben diese Frage in unsere Umfrage eingebaut. So haben wir die Teilnehmer*innen gefragt, ob sie es für sicher halten, die eigenen Bilder online zu stellen.

Auf die Frage haben 65 Prozent der Teilnehmer*innen mit nein und 35 Prozent mit ja geantwortet. Auf die darauf folgende Frage, warum sie es für sicher bzw. nicht sicher empfinden, haben wir sehr unterschiedliche Antworten bekommen.

Viele der Teilnehmer*innen merkten an, dass das Internet nie vergisst – was einmal im Internet gelandet ist, verschwindet da auch so schnell nicht, weswegen viele das Internet für unsicher halten. Die Tatsache, dass ihre Fotos möglicherweise für die falschen Zwecke missbraucht werden könnten, bereitet ebenfalls einigen Teilnehmer*innen große Sorgen.

Eine Teilnehmerin merkte an, dass ihre Fotos sogar schon als Druckmittel gegen sie verwendet worden seien.

Auf der anderen Seite gibt es auch einige Teilnehmer*innen, die es als sicher empfinden, Bilder online zu stellen – einige schrieben, dass ihr Leben sowieso nicht spannend genug sei, um von irgendjemanden beobachtet zu werden. Viele schrieben auch, dass sie ihr Social-Media-Konto auf privat gestellt haben und sich deswegen keine Sorgen machen würden. Allerdings hat eine Teilnehmerin angemerkt, dass ihre Fotos trotzdem auf Google gelandet sind, obwohl sie ebenfalls ein privates Konto hat.

Einige gaben an, sehr bewusst zu posten und darauf zu achten, dass keine Fotos von ihnen im Internet landen, die ihnen im Nachhinein in irgendeiner Weise schaden könnten.

An den Ergebnissen kann man gut sehen, dass zwar die Mehrheit der jungen Menschen das Internet als nicht sicher empfinden, aber es trotzdem eine Minderheit gibt, die das Internet für sicher halten. Teilweise, weil sie Schutzmaßnahmen getroffen haben, mit denen sie sich sicher fühlen.

In unserer Umfrage haben ungefähr 30 Prozent angegeben, dass sie ein öffentliches Profil haben, 70 Prozent hingegen ein Privates. Nur 24 Prozent unserer Befragten teilen ihr Standort online.

Wir befragten unsere Teilnehmer*innen auch nach ihren Gründen, warum sie ihre Kontos privat oder öffentlich gestellt haben. Diejenigen, die es privat haben, schrieben häufig, dass sie ihren Content vor fremden Personen schützen wollen und es für ihre Privatsphäre oder Sicherheit tun. Andere, die ihr Profil auf öffentlich gestellt haben, meinten häufig, dass sie nichts zu Privates posten würden und ihr Profil deswegen nicht privat stellen müssen.

42 Prozent gaben an, all ihre Follower zu kennen, wohingegen 58 Prozent ihre Follower nicht komplett kennen. Die Mehrheit gab auch an, die Posts von anderen zu liken und zu kommentieren, was bedeutet, dass sie aktiv auf Social Media unterwegs sind.

26 Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig zu posten – die Mehrheit mit 64 Prozent gab an, nicht regelmäßig zu posten und nur 10 Prozent posten nie.

Aber warum stellen die Menschen überhaupt Fotos ins Internet? Wir fragten unsere Teilnehmer*innen, zu welchem Zweck sie Bilder, Daten oder Videos online stellen.

Viele antworteten darauf, dass sie ihre Fotos online stellen, um ihr Leben, insbesondere schöne Momente mit ihren Freund*innen und ihrer Familie bzw. einer Community zu teilen. Andere genannte Gründe waren unter anderem Selbstinszenierung, Langeweile und das Sammeln von Erinnerungen.

Die am häufigsten verwendeten Social Media Plattformen waren mit Abstand WhatsApp und Instagram, gefolgt von Snapchat, Facebook und TikTok.

Auch gab etwas über die Hälfte unserer Teilnehmer*innen an, seit der Corona-Pandemie Social Media häufiger zu nutzen. Kontaktmöglichkeiten sind eingeschränkt und häufig wird auf Social Media zurück gegriffen.

Aber ist Social Media wirklich so gefährlich, wie alle sagen? In unserer Umfrage gaben 61 Prozent der Teilnehmer*innen an, dass sie schon mal das Gefühl hatten, jemanden online zu stalken. Die Mehrheit unserer Teilnehmer*innen habe schon mal ungewollte Nachrichten erhalten und weit über die Hälfte habe sogar schon mal jemanden blockieren müssen.

Die Gründe, warum sie jemanden blockieren mussten, sind verschieden – oft wurde aber Belästigung angeführt. Das Verschicken von anzüglichen Bildern, Spam, Beleidigungen und merkwürdigen Nachrichten wurden sehr häufig genannt. Ein*e Teilnehmer*in schrieb sogar, dass jemand online ihre Adresse herausgefunden hätte. Jemand anders bekäme sogar Morddrohungen. Manche wurden auch von der eigenen Ex-Partner*in gestalkt.

Unsere Ergebnisse zeigen erschreckendes auf – die Mehrheit der Menschen, die online unterwegs sind, werden in irgendeiner Form belästigt, manche selbst trotz Sicherheitsvorkehrungen. Auch zeigt die Umfrage, dass die Gefahren des Internets von vielen noch unterschätzt werden.

März 1st, 2021

Interview – „Aufwand gegen Aufwand“

Unser erstes Interview führten wir mit einer Studentin, die gar nicht auf Social Media unterwegs ist. Wir fanden es interessant heraus zu finden, was dahintersteckt und wie sich dies bekräftigt hat.

Zuerst kam dennoch die Frage auf, was sie für Social Media Plattformen nutze. Ihre Nutzung beschränkt sich komplett auf den Gebrauch von E-Mail für die Universität und andere Notwendigkeiten wie StudIP, SMS oder Telefon.

Als sie noch klein war haben ihre Eltern diese Entwicklung beeinflusst und als sie dann das erste Mal richtig ins Internet ging hat sie für sich selbst überlegt, dass sie möglichst sparsam sein möchte, mit dem was sie preisgibt. Diese Einstellung hat sich ab da dann auch nicht mehr geändert.

Sie versuchte – aufgrund von privatem Interesse – herauszufinden, in wie weit das Internet Daten von anderen enthält. Im Verlaufe des Gesprächs bezeichnete sie das Internet als spinnennetzartig, weil man mit den richtigen Begriffen in der Suchmaschine fast über jede Person etwas herausfinden kann. Erst sucht man den Namen, dann verbindet man dies zum Beispiel mit der Universität oder dem Geburtsort. Und selbst wenn die Leute nicht wollen, dass man so leicht Informationen über sie finden kann, ist es manchmal leichter als gedacht. Dies kann man auch mit sich selbst machen und einmal schauen, was man über sich selbst im Internet finden kann.

Im Bezug darauf fragten wir sie, was sie davon hält, wenn denn jemand online präsent ist. Die Studentin antwortete, dass sie sich einfach ihrer Handlungen bewusst ist und auch der Informationen, die sie transportieren möchte. Generell hat sie auch nichts dagegen einzuwenden, dass Leute Social Media benutzen um sich selbst oder ihre Ideen zu vermarkten (quasi wie auf einer Internetseite). Aufgrund von den Datenschutzrichtlinien und anderen Faktoren auf den Social Media Plattformen würde sie nur niemals ein Projekt zum Beispiel für die Uni über Facebook realisieren.

Sie liest sich auch immer die Datenschutzerklärung durch, wenn sie ein Programm oder ähnliches zum ersten Mal nutzt. Manchmal sei es für sie sehr interessant und weil es nicht allzu lange daure, schade es auch niemanden. Nach einer Weile weiß man auch, auf was man achten muss und es dauert nicht mehr lange. Und man wisse dann ganz genau, was mit seinen Daten passiere. Alleine deswegen sei es das Lesen wert.

Danach äußerte sie noch ihre Meinung über den Satz „Was im Internet ist, bleibt auch im Internet“. Laut Gesetz sei es möglich, dass Informationen, Bilder usw. von Plattformen heruntergenommen werden, allerdings stimmt auch sie zu, dass es immer die Möglichkeit gibt, dass etwas zurückbleibt (z.B. Kopien usw.). Es sei Aufwand gegen Aufwand. Man muss selbst einen Aufwand betreiben, um dem Aufwand gegen zu wirken, den die Person mit den bösen Hintergedanken betreibt. Wenn man nichts gegen seine Situation tut, wird sich auch nichts ändern. Betroffene sollten sich immer Hilfe suchen, weil Sicherheit und Datenschutz immer sehr große Themen sind, die zu bewältigen sind, wenn man betroffen ist.

Februar 1st, 2021

Kann man sich vor digitalem Stalking schützen?

Ja, es gibt Schutzmaßnahmen, die man treffen kann, um sich im Internet nicht so leicht angreifbar zu machen. Die beste Methode, sich vor Stalkern zu schützen, wäre die, sich im Internet möglichst unsichtbar zu machen. Also so wenig Infos preiszugeben wie möglich, dazu würde auch der Verzicht von Social-Media-Accounts gehören. Jedoch ist im heutigen digitalen Zeitalter der Gebrauch von Smartphones, Tablets und Computer kaum noch wegdenkbar. Wer also nicht auf Instagram, Twitter & Co. verzichten kann/möchte, der sollte seine Sicherheitsansprüche hochschrauben.

Das bedeutet, die eigenen Sicherheitseinstellungen zu überprüfen, ob die Konten privat oder öffentlich sind. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten, was für persönliche Daten, also Bilder und Videos man postet—besonders bei Bildern mit Standortdaten. Zusätzlich sollte man vorsichtig sein beim Senden oder Empfangen privater E-Mails oder Nachrichten in einem öffentlichen WLAN, da diese bekanntermaßen unsicher sind. Aber eine der wichtigsten Grundregel ist es, alle seine Geräte und Plattformen mit einem starken Passwort zu schützen und dieses nicht an dritte weiterzureichen. Hinzukommt, dass man seine Passwörter regelmäßig wechseln sollte. Auch das Installieren von Antivirensoftwares kann dazu beitragen, dass man besser vor Cyberangriffen geschützt ist. Allerdings sollte man sich vorher informieren, wozu diese Softwares eigentlich dienen, um nicht auf Fälschungen reinzufallen. Diese Sicherheitsempfehlungen und Tipps sind nur eine Auswahl von Möglichkeiten, sich vor Cyberangriffen und Stalking zu schützen.

Mehr Infos findet ihr auch unter https://de.norton.com/internetsecurity-privacy-straight-talk-about-cyberstalking.html (Letzter Zugriff 01.02.2021)

Januar 29th, 2021

Illegale Nutzung legaler Software

Die grundsätzliche Definition vom digitalen Stalking ist das Ausspionieren von Einzelpersonen oder Unternehmen durch deren technische Geräte. Dabei kann die ausspionierende Person auf alles zugreifen, was das technische Gerät bietet; Kamera an- und ausschalten, Gespräche mithören, Nachrichten lesen usw.

In den meisten Fällen wird über einen direkten Zugriff auf das Gerät eine Überwachungs-App installiert. Diese Apps sind legal, weil sie normalerweise dafür da sind, das Netzverhalten der eigenen Kinder zu überprüfen, sodass die Eltern sehen können, was ihre Kinder mit dem Handy machen.

Da diese Apps über das Gerät der betroffenen Person erst einmal heruntergeladen werden müssen, handelt es sich meistens um Bekannte, die die Täter sind. So zum Beispiel (ehemalige) Freunde, Partner oder Familienangehörige.

Mehr Informationen hierzu unter https://www.polizei-dein-partner.de/themen/internet-mobil/detailansicht-internet-mobil/artikel/digitales-stalking.html (Letzter Zugriff 29.01.2021)

Januar 26th, 2021

Digitales Stalking – Themenvorstellung

Social Media Plattformen sind für uns in der heutigen Zeit alltäglich, selbstverständlich sogar. Fast jeder ist auf den verschiedenen Plattformen wie Facebook, Instagram usw. unterwegs. Vor allem die jüngeren Generationen unterschätzen dabei häufig die Gefahr, die mit Social Media einhergeht.

Man kann sich häufig nicht vorstellen, wie öffentlich das eigene Leben gemacht wird, sobald man online geht. Was online ist, bleibt auch online. Und so kommt es dann zum Teil zu den Fällen, wie man sie aus dem Fernsehen kennt.

Doch ab wann beginnt Stalking? Social Media lässt die Grenzen davon immer weiter verschwimmen. So kann man das Leben unzähliger Personen online verfolgen und quasi an ihrem Leben „teilnehmen“. Man weiß wer sie sind, was sie machen, wann sie was machen und wo sie sich befinden. Man weiß Details aus ihrem Leben, die diese Personen vielleicht nicht einmal willentlich preisgeben wollen.

Wir wollen versuchen, auf das Thema aufmerksam zu machen und ein Bewusstsein zu entwickeln für solches Handeln.

Um dieses Ziel zu erreichen wollen wir Interviews mit betroffen Personen oder Hilfsorganisationen führen, Fragebögen erstellen zum Umgang mit Medien und durch Beobachtung das Verhalten von Personen auf den Social Media Kanälen evaluieren.

Auch gehört für uns Belästigung zum Bereich des digitalen Stalkings. Vieles kann dazu führen, dass jemand zum Stalker wird. Auch kleinere Formen des Stalkings, wie die Belästigung auf den Social Media Plattformen gehören dabei dazu.

So individuell, wie wir als Personen sind, so individuell ist auch das Einschätzen der Gefahren von Social Media Plattformen. Der Eine fühlt sich belästigt bei einer unpassenden Nachricht und der Andere fühlt sich erst belästigt, wenn man zum Beispiel verstörende Bilder geschickt bekommt.

Auch wollen wir in unserem Projekt auf die Zeit seit März 2020 eingehen, weil durch die Corona-Pandemie viel mehr Zeit online verbracht wird. Wir wollen schauen, wie dies in Verbindung steht mit digitalem Stalking und digitaler Belästigung.

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