Was bleibt vom Bremer Modell?

von | Jun 10, 2021

Das Projekt Spurensuche

Was ist das überhaupt für ein Projekt? Lest hier, was das Ziel der Ausstellung ist und wer dahinter steckt.

AStA

Wenn ihr Lust bekommen habt, den Geist des Bremer Modells im AStA am Leben zu halten, schaut doch mal hier vorbei.

Gespensterreigen an der Universität Bremen

Das Bremer Modell ist Vergangenheit, ist tot und so tief begraben, dass wir ganz schön tief graben mussten, um wenigstens in seine Nähe zu kommen. Das Tote kommt nicht so einfach zurück. Eher gleicht es einem Wiedergänger, einem Gespenst. Ein Gespenst, das gekettet scheint an die lichtlosen Katakomben des GW 2, das doch einst ein helles Schloss des freien Lernens für eine freie Gesellschaft sein wollte.

Einigen wenigen, denen die neoliberal optimierte, hierarchisch strukturierte Bologna-Universität ans Herz gewachsen ist, jagt es ab und zu noch ein bisschen Schrecken ein: als Gespenst eines vermeintlichen Kommunismus, einer radikalen Linken der 1970er, als Schatten einer echten, gleichberechtigten Mitwirkung von politisierten Studierenden an ihrer Universität. Doch im Großen und Ganzen, so scheint es, ist das Gespenst des Bremer Modells zur Folklore geworden, zum fröhlichen Halloween-Geist, an den man man sich lächelnd erinnert wie an eine Kinderkrankheit, die zwar fürchterlich gejuckt hat, aber letztlich nie wirklich gefährlich war. Warum wir über das Gespenst dann lächeln? Du weißt, warum.

Doch auch wenn man manchmal noch meint, aus dem Augenwinkel einen Zipfel des Gespensterkleids zu erhaschen, so hat sich doch ein neuer Untoter den Campus zu eigen gemacht: Im Gewand der Bologna-Universität hat uns alle zusammen, die Lehrenden wie die Studierenden, ein Credit-Point-Alp, ein Noten-Mahr unterworfen. Es gibt noch ein paar Räume, in denen das Gespenst des Bremer Modells sich ab und an wohlfühlt: in autonomen Seminaren, in einigen wenigen Lehrveranstaltungen, in den AStA-Fluren und vielleicht auch in den wenigen verbleibenden Gremien, in denen Studierende noch nennenswerte Mitspracherechte haben.

Aber auch wenn es ab und zu noch über den Campus geistert, so drückt sich unser Gespenst doch selbst in den Schatten, wenn es des Bologna-Schreckens gewahr wird, weil das Alp die Peitsche des schnellen Studierens schwingt. Und seine kritisch-politische Kraft fließt dann allzu oft hinaus aus der Universität, die doch eigentlich als Ort des kritischen Denkens entworfen worden war. Die Idee wabert noch durch die Gänge, aber die einstige Kraft scheint sich in andere gesellschaftliche Räume verlagert zu haben, die eher Selbstverwirklichung und politische Handlungsfähigkeit versprechen.

Aus einem Gespenst wird wohl kein lebendiger Mensch mehr. Und doch verkörpert es eine Idee: vielleicht immer noch ein bisschen furchterregend für die einen, aber doch für viele andere, auch für uns Spurensucher*innen, an ein Früher erinnernd, in der freiheitliches, gemeinsames Lernen im Rahmen gesellschaftspolitisch relevanter Fragen ein echtes Anliegen einer Hochschule sein konnte, einer Hochschule, die nicht zuallererst an der Einwerbung von Drittmitteln interessiert war, sondern an einem Zusammenleben ohne Ausbeutung und Unterwerfung.

Diesem Geist des Bremer Modells die Treue zu halten und danach zu streben, ihm immer wieder gedankliche Freiräume zu schaffen – Freiräume des Streitens, Freiräume, die nicht von Hierarchie und CP-Druck durchdrungen sind – das ist die weiter bestehende Verpflichtung des Bremer Modells. Das ist es, was bleibt.